Montag, 16. Dezember 2019
Thema: Umwelt
Oder
Der Klimawandel in den Haushaltsreden der Frechener Ratsparteien


Die digitalen Suchfunktionen sind sehr hilfreich, kann man mit ihnen doch die Haushaltsreden der Frechener Parteien in Windeseile auf den je interessierenden Sachverhalt prüfen.

Nun haben die Parteien ja im Herbst gemeinsam einen „Klimabeschluss“ gefasst, auf den D.Zander von der Perspektive für Frechen hingewiesen hat:
Ich finde es als zielführend und richtungsweisend, dass wir zum Klimaschutz einen Mehrheitsbeschluss im Rat gefasst haben
Nach dem Worten: „Klima“ bzw. „Klimaschutz“ also durfte die Suchfunktion die Reden durchsuchen.

Wenig überraschend dabei, dass B.v. Rothkirchs Haushaltsrede gänzlich ohne jeden Verweis auf das Thema „Klima“ auskommen konnte. Steuersenkungen sind auch 2020 immer noch das Thema, mit dem die FDP glaubt ihr Wähler*innenklientel am ehesten erfreuen zu können.

Ebenso fokussiert J.Ulbricht von der Linken. Auch hier findet die Klimakrise nicht statt, wegen lückenhafter sozialer Ausrichtung hat die Linke den Haushalt abgelehnt.

Doch auch die CDU hat’s nicht so sehr mit dem „Klimaschutz“, wie die Rede von K.Palussek zeigt. Allen verbalen Annäherungen im letzten Jahr zum Trotz ist der „Klimawandel“ nur störendes Beiwerk, verursacht es doch Dinge, mit denen man sich lieber nicht beschäftigt hätte:
Einer weiteren globalen Entwicklung kann sich Frechen ebenfalls nicht entziehen. Dem Klimawandel –der wird hier bei uns ja den schon erwähnten Strukturwandel nach sich ziehen.
Genau, ohne Klimawandel kein Strukturwandel – es hätte so schön sein können – wenn da das Klima nicht zwischen gekommen wäre. Daher gilt jetzt: Dagegenhalten, aber unauffällig:
Der Klimawandel geht uns alle an, aber wir sollten deswegen jetzt nicht in blinden Aktionismus verfallen.
Genau, wer irgendwelche weitergehenden Veränderungen fordert, verfällt dem blinden Aktionismus. So spiegelt die Haushaltsrede die innere Haltung der CDU zum Thema wieder: das machen, was man nicht mehr verhindern kann, aber bis dahin: feste auf der Bremse stehen.

Da scheint die SPD ja schon um Meilen weiter, aber das scheint auch nur so, denn viele sinnvolle Einzelmaßnahmen ergeben noch kein wirkliches Konzept und insbesondere bei der Mobilität wohnen, ach zwei Seelen in der Brust der SPD. H.G. Eilenberger, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender des Gesamt- und Standortbetriebsrates bei Ford ist sozusagen die Personifizierung dieses Zwiespalts.
So spricht er in seiner Rede von der Verkehrswende, vom Ausbau des ÖPNV und von der wachsenden Bedeutung des Fahrradverkehrs. Aber von Verkehrswende reden, am Ende des Tages aber ein optimiertes Parkraumkonzept und einer Rumdumsanierung des Parkhauses Josefstraße befürworten zeigt, dass das mit der Verkehrswende nicht mehr ist als eine rhetorische Floskel. Ebenso widersinnig, einer Begrünung der Stadt das Wort zu reden und gleichzeitig alle verfügbaren Flächen für Gewerbeansiedlungen vorzuschlagen.
Die aktuellen Forderungen der SPD werden, dem Trend folgend, nun unter dem Begriff „Klimawandel“ gefasst, hätten aber schon vor 10, 15 oder 20 Jahren erhoben werden können. Ein bisschen mehr ÖPNV und ein bisschen besser isolierte Gebäude, da sollte man 2019 kein allzu großes Aufhebens drum machen. Und nur 19 Jahre nach Verabschiedung des „Erneuerbare Energie Gesetzes“ bemerken, dass es vielleicht städtische Dächer geben könnte, die photovoltaikfähig sind, das ist denn schon eher wieder ein Treppenwitz der Geschichte.
Das klingt nur etwas besser als die bewusste Missachtung des Themas durch die CDU, ein grundsätzlich anderes politisches Bewusstsein der SPD ist dahinter nicht erkennbar.

Bleiben noch die "Perspektive für Frechen" und die Grünen.
Schauen wir auf die Perspektive dann dokumentiert der erste Satz zum Thema Klimawandel den Zwiespalt den diese bürgerliche Formation empfindet:
Effektiver Klimaschutz ist ab sofort zwingend geboten, wir müssen ihn uns aber auch leisten können.
Die Perspektive will „effizienten Klimaschutz“, will die „praktische Umsetzung“ und will alles auf den „Prüfstand stellen“. Und so wird der Klimaschutz, seien wir ehrlich, den ökonomischen Interessen untergeordnet: Das Parkhaus muss saniert werden, da andernfalls die Fußgängerzone (ökonomisch) nicht am Leben zu halten sein, die Gewerbesteuer muss weiter sprudeln, und weitere Gewerbeansiedlungen sind implizit gewünscht, wenn mit Verweis auf potentielle Interessenten für eine Gewerbeansiedlung, einer Senkung der Gewerbesteuer das Wort geredet wird.
Der Widersinn ist spürbar, denn Gewerbeansiedlungen benötigen Flächen und führen zu einem vermehrten Verkehrsaufkommen, sind also mit konkretem Klimaschutz keinesfalls vereinbar.
Man möchte es mit einer Redewendung sagen: »You can't make an omelet without breaking eggs«. Man kriegt keinen Klimaschutz ohne Opfer zu bringen.
Aber Opfer will auch die Perspektive nicht wirklich erbringen. Noch immer herrscht die Illusion, man könnte das Klima retten, ohne grundlegend in unsere wirtschaftliche Verfassung einzugreifen.

Die Grünen aber, so möchte man hoffen, die wissen das. Oder?
Jedenfalls ist der Redeinstieg M.Erbachers ein dramatischer, ein den drohenden Gefahren angemessener:
Unsere Gesellschaft wird im Jahr 2030 einen Wandel zu einer nachhaltigeren Lebensweise vollzogen haben - oder wir werden den Niedergang unserer Lebensgrundlagen erfahren.
Und das Ganze wird mit einer öffentlichen Debatte des Jahres 2014 kontrastiert, wie sie möglicherweise in Frechen noch stattgefunden haben mag:
Vor fünf Jahren war die öffentliche Debatte geprägt von der Frage, ob es einen Klimawandel überhaupt gibt.
Aber inzwischen ist Frechen auf dem Weg zur „klimaneutralen Stadt“, dank der Grünen und innerhalb von nur 5 Jahren.

Dumm nur, wenn man seit 5 Jahren in einer Jamaika-Koalition steckt, hochgesteckten Erwartungen genügen will und im Grunde nichts vorzuweisen hat. Das ist auch M.Erbacher aufgefallen:
Wir befinden uns aber immer noch in der Phase der Planung und Konzepterstellung. Die Umsetzung von Maßnahmen, die zu einer tatsächlichen Senkung der Treibhausgase führen wird, steht noch aus.
Aber auf dem Weg in den Abgrund ist man in Frechen schon einen Schritt weiter gekommen, denn auf dem Weg zur klimneutralen Stadt wurden dank der Grünen „Konzepte für eine klimafreundliche Mobilität und für die energetische Stadtsanierung“ entwickelt und man hat sogar eine Stelle für Klimaschutzmanagement beschlossen.
Mal ehrlich, im Grunde haben die Grünen in den vergangenen 5 Jahren nichts erreicht. Viele warme Worte und wenn es konkret zu werden droht, dann passiert einfach nichts oder das Falsche:
Die Grünen hätten gerne bessere Radwege, einen Ausbau des Radwegenetzes. Passiert ist nichts.
Die Grünen hätten gerne mehr ÖPNV und eine bessere Anbindung mit der Linie 7 nach Köln. Nun gibt es endlich ein paar Bahnen mehr und einen besseren Takt, da steckt die Straßenbahn auf der Dürener Straße in Köln im Autostau.
Die Grünen hätten gerne mehr Bäume, mehr Wasser für die noch lebenden Bäume und viele Neupflanzungen, tja, mit jedem weiteren Hitzesommer sterben die Bäumer schneller als sie nachgepflanzt werden können, fehlt es doch an Geld und Fachkräften für die Pflanzungen.
Und gerne würden die Grünen ja weniger Flächen versiegelt sehen, aber dann werden neue Gewerbegebiete ausgewiesen.
Mit anderen Worten: bei der Beauftragung von Gutachten und Plänen waren die Grünen sehr erfolgreich. Sobald es aber konkret werden müsste, also ökonomische Interessen tangiert sind, erleben die Grünen, dass in der Jamaika-Koalition die anderen das Sagen haben.
Man muss sich schon die Frage stellen, warum die Grünen Teil dieser Koalition geworden sind. Ihre Seele haben die Grünen verkauft aber nichts erreicht in einer Stadt, die den Klimawandel nur in Sonntagsreden ernst nimmt, ansonsten aber so handelt, als gäbe es das Problem überhaupt nicht.

Die Haushaltsreden dokumentieren diese Haltung auf das Deutlichste.




Dienstag, 10. Dezember 2019
Thema: Umwelt
Die heißesten Jahre in Deutschland:



Die heißesten Sommer in Frechen:




Quelle: Zeit-Online


Und laut dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) soll es noch wärmer werden:




Quelle: Landesamt


Das Frechener Stadtgebiet gilt dem LANUV durchgehend als Siedlungsraum mit einer sehr ungünstigen thermischen Situation. Das bedeutet, dass die Anzahl der tropischen Nächte, also Nächte mit mehr als 20 Grad Celsius, das die Anzahl der sehr heißen Sommertage zunehmen werden und die dabei auftretenden Höchsttemperaturen werden weiter ansteigen.
Thermisch sehr ungünstig ist die lokale Situation, da es kaum ausreichende Flächen in und um die Stadt herum gibt, auf denen ausreichend Kaltluft entstehen kann, die durch Zirkulation die Stadt abkühlen könnte.

Das LANUV geht deshalb davon aus, dass zukünftig über 80% der Frechener Bevölkerung unter ungünstigen thermischen Verhältnissen leben werden.

Die Gegenmaßnahmen, die vom LANUV vorgeschlagen werden, lassen sich einfach zusammen fassen:

1. Erhöhung des Grünanteils
2. Sicherung bzw. Wiederherstellung des Luftaustausches

Der erste Punkt könnte bspw. bedeuten, dass man statt eines Parkplatzes einen Park errichtet. Man könnte so etwa an den Parkplatz an der alten Synagoge denken.

Der zweite Punkt besagt, dass kaltluftproduzierende Flächen gesichert oder wiederhergestellt werden müssen, damit sie eine klimaökologische Ausgleichsfunktion für hitzebelastete Siedlungsbereiche erfüllen können.
Dies Flächen müssen vor Versiegelung, Bebauung oder Luftverschmutzungen gesichert werden.

Da sind wir, wenn man die Karte des LANUV genau studiert, schnell bei den für eine Bebauung vorgesehenen Flächen auf Grube Carl, aber auch so manche Fläche, die hier in der Stadt als Gewerbefläche diskutiert wird fällt in diese Kategorie.

Welche Frechener Partei hat einen konkreten Plan, wie mit den sicher kommenden Belastungen umgegangen werden sollen?

Welche Partei nimmt sich der Gesundheit und dem Wohlergehen der Frechener Bürgerinnen und Bürger angesichts des Klimawandels an?

Wer hat den Mut, eine klimapolitisch motivierte und dringend notwendig kommunale Kehrtwende zu fordern, eine Verdrängung des Autoverkehrs aus dem Stadtgebiet, um Platz für eine nicht automobile Mobilität und für eine Erhöhung des Grünanteils zu schaffen?

Ja, man müsste sich mit den lokalen Wirtschaftsinteressen anlegen. Wer unserer Parteien hätte denn hierzu den Mut?

Die Kommunalwahlen 2020 wären der geeignete Zeitpunkt zu dem alle Parteien mit Konzepten und Ideen, vor allem aber mit konkreten Umsetzungsplänen zum Schutz der Bevölkerung vor den Belastungen des Klimawandels an die Öffentlichkeit gehen müssten.

Leider müssen wir davon ausgehen, dass unsere lokalen Parteien noch nicht einmal ansatzweise auf die Herausforderungen des Klimawandels reagiert werden.




Montag, 14. Oktober 2019
Thema: Umwelt
Der Rat der Stadt hat sich in seiner letzten Sitzung am 08. Oktober 2019 gegen die Ausrufung des lokalen Klimanotstandes ausgesprochen.
Dies ist eine in sich konsequente und stringente Entscheidung, da weder die Verwaltung noch die hiesigen Parteien bereit sind, sich den Anmutungen der Klimakrise zu stellen.

Liest man die Anträge der Parteien die im Zusammenhang mit den Notstandsbeschlüssen anderer Kommunen auch in Frechen formuliert wurden, so stellt man fest, dass die Uhren in Frechen anders gehen. Abseits der einleitenden Sätze, die „zügiges globales Handeln“ (FPD) fordern, die von „weltweiten Bemühungen über Jahrzehnte, den Ausstoß von Klimagasen zu reduzieren“ (Grüne) fabulieren, oder ganz allgemein finden, dass „negative Auswirkungen auf das Klima zu vermeiden“ (Perspektive für Frechen) seien, findet sich nachfolgend keine konkreten Vorschlägen, was auf kommunaler Ebene getan werden könnte.

Die „Perspektive für Frechen“ findet, dass man doch bitte schön mal in die Klimadiskussion einsteigen solle und ja, „klimafreundlichen Entscheidungen und Maßnahmen sollte Priorität eingeräumt“ werden.
Die FDP verlagert das Problem gleich mal auf die nächsthöheren Etagen und findet, dass Frechen fordern solle, dass Bundes- und Landesregierung NRW umfassend und regelmäßig über den Klimawandel, seine Ursachen und Auswirkungen“ informieren solen.
Daneben soll Frechen immerhin „die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit bei „relevanten Entscheidungen berücksichtigen“ und „Entscheidungen prioritär behandeln, die den Klimawandel oder dessen Folgen abschwächen.“ Und dann soll doch Frechen „gegenüber Wirtschaft und Bürgern für die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen werben.“

Die FDP-Formulierungen finden sich dann alle wieder im gemeinsamen interfraktionellen Antrag von FDP, CDU und Grünen. Das Ganze wurde in diesem Antrag noch ergänzt um die übliche kommunale Vertagungspraxis, in dem man einerseits vorschlägt, einen Arbeitskreis zu gründen und andererseits die Erstellung eines Klimaschutzkonzeptes beauftragen und, Achtung „Highlight“, die Stelle eines/einer Klimaschutzmanagers/-in schaffen will.

Das klingt doch mal gut, ist aber Mumpitz, denn konkret heißt das Alles gar nichts.

Konkret bleibt festzuhalten, dass in den vergangenen Jahrzehnten fast nichts unternommen wurde, um den Ausstoß von Klimagasen zu reduzieren. Weder lokal, noch national oder global. Das der Menschheit zur Verfügung stehende Zeitfenster, um die gravierendsten Folgen der Klimakatastrophe noch zu vermeiden, wird von Tag zu Tag kleiner. Irgendwelche Träume von der Wundermaschine, mit deren Hilfe sowohl die Klimagase der Atmosphäre entzogen werden und gleichzeitig das massive Artensterben und die Zerstörung der Umwelt gestoppt werden könnten, sind eine große Illusion. Dieser öffentlich gelebte technizistische Machbarkeitswahn ist nur funktional zu verstehen, da man mit Verweis auf technische Erfindungen, die noch zu machen sind und deren Umsetzung in noch weiterer Ferne liegen, aktuelle Veränderungen erfolgreich ausbremsen will und auch ausbremst.

Vor diesem Hintergrund sind die Äußerungen der Frechener Parteien zum Klimanotstand zu bewerten.

So wird von „relevanten Entscheidungen“ gesprochen, ohne dass auch nur ein einziger Hinweis erfolgt, welche Entscheidungen in das Raster „klimarelevant“ fallen könnten und die Aussage, man wolle „die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit“ (…) berücksichtigen“, schafft auch kein wirkliches Vertrauen. „Berücksichtigen“ beschreibt eine politische Leerformel, denn beim „Berücksichtigen“ ist man zu nichts verpflichtet, insbesondere dann nicht, wenn man bestimmte Grundsätze nur bei „relevanten Entscheidungen“ „berücksichtigen“ will.

Aber es klingt halt gut.

Es wird aber sofort eine weitere Einschränkung formuliert. Bei den „relevanten“ Entscheidungen dürfe das Ziel nur lauten, dass die Entscheidungen, „soweit möglich“ positiven Einfluss auf den Klimawandel nehmen sollen. Mit anderen Worten: wenn andere Aspekte eine deutlich höhere Priorität genießen, so dürfen auch negative Einflüsse auf den Klimawandel in Kauf genommen werden.

Das nennt sich dann: Kollateralschaden, es gibt halt Wichtigeres als das Klima.

Aber „täterätää“, es wird ja nun ein/e Klimaschutzmanager/-in eingestellt und der oder diese wird uns retten. Naja, nur ein bisschen und nur auf Zeit, denn er oder sie soll nur befristet eingestellt werden. Und dann soll er oder sie sich auch nur um die Erstellung des Klimaschutzkonzeptes kümmern. Und wenn dann ganz viel klimaneutral erzeugtes Papier vollgeschrieben ist, dann wird der/die Klimamanager/in die Stadt Frechen auch wieder verlassen dürfen. Inzwischen werden die übrigen Ressorts der Stadt munter Entscheidungen vorbereiten und umsetzen, die grundsätzlich alle als irrelevant im Hinblick auf das Klima zu betrachten sind.

Und dann hat Frechen ein Klimakonzept und alles wird gut. So viel Lösungsorientierung war selten in Frechen. Echt.

Der Vertreter der SPD, Jürgen Weidemann, sprach die Haltung des gesamten Stadtrates, politisch vielleicht etwas unklug, aber in seiner Offenherzigkeit dafür glaubwürdig, sehr deutlich aus. Die Möglichkeiten der Stadt, auf den Klimawandel Einfluss zu nehmen, sei gering und im Bereich Gebäude und Fuhrpark sei schon vieles geregelt. (KStA v. 12./13.10.2019)

Ein Armutszeugnis, denn natürlich kann auf kommunaler Ebene einiges unternommen werden:
So entstammen gut ein Fünftel der CO2-Emissionen in Deutschland dem Verkehr. Will man diese Emissionen reduzieren, dann muss man in das individuelle Mobilitätsverhalten eingreifen. Mit Angeboten und mit Verboten. Auf lokaler Ebene wäre dabei daran zu denken, dass man endlich ein flächendeckendes Netz an abgetrennten Fahrradwegen baut (=Angebot) und gleichzeitig den Verkehrsraum, den man Autos eingeräumt hat, reduziert, also Parkplätze am Straßenrand zurückbaut, Autospuren zu Gunsten von Radwegen reduziert und generell das Parken im öffentlichen Raum so unattraktiv wie möglich gestaltet und mit einem hohen Preis belastet.(=Verbot). Erweiternd müsste man ganz dringend den schienengebundenen Nahverkehr ausbauen, also die Linie 7 nach Habbelrath verlängern, man müsste über eine neue Ringbahn nachdenken, die statt eines autobahnmäßigen Ausbaus der Bonnstraße, Pullheim – Brauweiler – Frechen – Hürth und Brühl verbindet. Ebenso wichtig wäre eine Verlängerung der Linie 1 bis zum westlichen Ortsende von Königsdorf und ein Ausbau der P+R-Angebots (=Angebot). Man könnte über überdachte Fahrradabstellplätze nachdenken und am Bahnhof Königsdorf ein Fahrradparkhaus wie in Horrem errichten.
Alles wunderbare Angebote, zielführend und in der Folge emissionsmindernd, da nur ein massiver Ausbau von schienengebundenem ÖPNV und der separierten Radwege dazu führen werden, dass die Menschen sich von ihren eingeübten Mobilitätsverhalten lösen und auf andere Verkehrsmittel umsteigen.



Für Köln wird für 2050 im heißesten Monat des Jahres ein Anstieg der Höchsttemperaturen um fast 6 Grad prognostiziert, berechnet auf der Basis eines CO2-Eintrags in die Atmosphäre, der bis zum Jahrhundertende mit einem Temperaturanstieg von 1,5 bis 2 Grad korrespondiert. Also alles eher konservativ und vermutlich viel zu positiv gerechnet. Selbst wenn der CO2-Ansteig jetzt massiv gebremst würde, muss in Köln also mit Höchsttemperaturen von deutlich über 30 Grad, in der Spitze von mehr als 35 Grad gerechnet werden. Da wird Frechen nur unwesentlich darunter liegen. Damit werden dann regelmäßig Temperaturen erreicht, die für ältere und kranke Menschen schnell tödlich werden können.
Statt nun also großräumig neue Wohn- und Gewerbegebiete zu planen, wäre es daher sinnvoller, einen Grünflächenentwicklungsplan aufzustellen.

Dabei geht es nicht nur darum, für genügend Bäume und Grünflächen zu sorgen, um die eng bebauten Stadtzonen gegen die kommenden extrem belastenden Hitzetage zu wappnen, nein, es muss auch damit gerechnet werden, dass die stadtbildprägenden Bäume, so etwa die Platanen, in den kommenden Jahren zu fällen sind.
Denn die Klimakrise führt zu einer trocken-heißen Witterung, die mit Wassermangel verbunden ist. Davon profitieren Pilze wie der Massaria-Pilz, der Platanen befällt. Bei älteren Platanen bildet sich dadurch verstärkt Totholz, das leichter bricht. Dieser Pilz war noch vor 10 Jahren in Deutschland unbekannt. Dank der steigenden Temperaturen ist er hier nun heimisch. Die Robinie ist durch den Eschenbaumschwamm bedroht, die Kastanie durch die Kastanienminiermotte, aus Asien kommend wurde der Laubbockholzkäfer hier heimisch, der gesunde Laubbäume befällt und zerstört. Die Liste der hier dank höherer Temperaturen heimisch gewordener Baumschädlinge könnte leicht verlängert werden. Es reicht, sich vorzustellen, wie der Freiheitsring, wie die Fußgängerzone, wie der Marktplatz ohne seine Platanen, wie der alte Friedhof neben St. Audomar ohne seine Kastanien aussehen wird.

Es gäbe also viel zu tun, aber: lassen wir es liegen. Nach diesem Motto handelt der Frechener Stadtrat mit der impliziten Unterstützung aller Parteien.

Dank der Fridays for Future – Bewegung wird aber täglich offenkundiger, dass diese Form des gepflegten Nichtstuns an ihr logisches Ende stößt. Die Wahlergebnisse der letzten Monate sprechen eine deutliche Sprache. Die Parteien, die systematisch jegliches Handeln verweigert haben, und bis heute gerne Handeln vortäuschen, wurden abgestraft. Die Grünen haben, im Grunde unverdient, davon profitiert.

Man denke nur an die Frechener Jamaika-Koalition und ihre klimapolitische Erfolgsbilanz. Wem hierzu etwas Substantielles einfällt, ist aufgefordert, darüber zu berichten ….

Aber die FFFs werden weiter demonstrieren. Extinction Rebellion wird weiter Straßen und Brücken blockieren. Das Frühjahr wird kommt und mit ihm wird deutlich werden, wie viele Bäume, die letzten beiden, der Klimakrise geschuldeten, heißen und trockenen Sommer nicht überlebt haben werden. (Wer mit offenen Augen durch Frechen läuft, kann die Baumleichen schon jetzt sehen. Und es werden mehr werden.)

Es ist zu hoffen, dass wir bei den Kommunalwahlen im kommenden Spätsommer auch hier erleben werden, dass das in der Bevölkerung gewachsene Bewusstsein über die Klimakrise sich auch im Wahlverhalten niederschlagen wird. Weder SPD, FDP und CDU dürften davon profitieren und für die Grünen ist zu hoffen, dass Anhänger und Anhängerinnen der FFF die Partei majorisieren, verjüngen und programmatisch wieder auf Kurs bringen.

Ein Erfolg der jetzigen Grünen ist klimapolitisch nicht mehr als ein Pyrrussieg.




Donnerstag, 4. Juli 2019
Thema: Umwelt
„Der Klimawandel hat das Potenzial, unsere natürlich Umwelt und die Weltwirtschaft schwer zu schädigen, und seine Bekämpfung ist eine der größten Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht.“
So Angela Merkel im Jahre 2007. Und im gleichen Jahr ergänzte sie:
“Ein Weiter-So gibt es nicht. Der Klimaschutz ist die größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts.“

Im Grund war also alles gesagt. Trotzdem passierte nichts und die entscheidende Merkelsche Aussage fiel im Februar 2009 im Zusammenhang mit der Finanz- und nicht mit der Klimakrise:

"Ich halte das Vorgehen für alternativlos."

Wäre doch der Kampf gegen die Aufheizung ebenso alternativlos angegangen worden wie all die Maßnahmen im Rahmen der Bekämpfung der Finanzkrise …

Aber, die Klimakrise verschärft sich, sozusagen täglich, doch je drängender das Problem erscheint, desto weiter in die Zukunft werden die Entscheidungen bisher vertagt. Aktuell hoffen viele Politiker/-innen, dass die Sommerferien die „Fridays for Future-Bewegung“ einschlafen lässt. Dann, so die Hoffnung, kann man das Klimathema auch wieder etwas in den Hintergrund schieben. Endlich wieder „Business as usual“ betreiben.

Woran liegt dieses widersinnige Verhalten, vor dem Hintergrund, dass das Wissen über die Ursachen der Klimakrise seit Jahrzehnten ebenso bekannt ist wie das Wissen um die Folgen? Schlimmer noch, die Klimakrise hat die Erde bereits fest im Griff, die Effekte der Aufheizung sind nicht mehr zu übersehen und die Prozesse scheinen schneller abzulaufen, als die Wissenschaft angenommen hat. So tauen die Permafrostböden schneller auf als gedacht, heute bereits haben sie einen Zustand erreicht, der eigentlich erst 2090 erreicht sein sollte, die Eisverluste der inländischen Gletscher sind höher, die Meereisflächen verschwinden schneller, der Eisverlust Grönlands ist höher als erwartet. Jährlich erleben wir mehr Extremhitzetage und die Trockenheit in Europa nimmt zu. In Indien werden inzwischen lebensfeindliche Temperaturen von mehr als 50 Grad Celsius erreicht. Oder zurück auf die lokale Ebene: auf einer Veranstaltung berichtete ein Schadensregulierer einer in Köln ansässigen Versicherung, ohne eine Verbindung zur Klimakrise herzustellen, dass er diesen Job seit 25 Jahren mache. Früher habe es Frühjahrs- und Herbststürme gegeben, inzwischen gebe es auch regelmäßig Sommerstürme. Wer die Prognosen der Klimaforscher/-innen zur Kenntnis genommen hat, der weiß, dass es sich hier um die erwartbaren Folgen der Klimakrise handelt, ebenso wie lokale Starkregenereignisse und damit einhergehende Überschwemmungen. Die Klimakrise geht uns hier an den Geldbeutel andernorts ist sie bereits tödlich.

Warum aber passiert nichts, warum wird nicht gehandelt?

Hierzu eine Geschichte, die man vielleicht als Analogie zur Erklärungssuche heranziehen kann:
In vielen Unternehmen sind derzeit Unternehmensberater unterwegs, die das Thema „Digitalisierung“ treiben. Die gerne vorgetragene Story hierzu lautet, dass viele Unternehmen den umwälzenden Charakter der Digitalisierung nicht begreifen würden, da sie im „alten Denken“ verhaftet seien. Als „altes Denken“ wird dabei das Denken verstanden, das auf erworbenen Erfahrungen aufbauend diese in die Zukunft verlängert und auf dieser Basis die Geschäfte plant und steuert. Digitalisierung, so die Behauptung, wirke aber wie ein Bruch, wie ein „disruptive change“ so das schöne neudeutsche Wort. Als Beispiel dient immer die Firma Kodak, die zu den wichtigsten Firmen für fotografische Ausrüstung, vor allem für Filmmaterial, gehörte. Diese Firma habe auch die Grundlagen für die digitale Fotografie gelegt, das darin liegende wirtschaftliche Potential aber nicht erkannt, da dieses außerhalb des eigenen Erfahrungshorizonts gelegen sei und habe deshalb die Erfindungen, Entwicklungen und Rechte verkauft. Anschließend sei Kodak vom Erfolg der digitalen Fotografie überrollt worden und in Konsequenz in den Konkurs gegangen.
Der hier erfundene Begriff des „disruptive change“ ist nun nicht wirklich neu. Der Nationalökonom Josef Schumpeter begriff schon 1942 Wirtschaftskrisen auch als Prozesse der „kreativen Zerstörung“, bei denen im Prozess der Krise Neues entstehe und dadurch auch neues Wachstum generiert werden könne. Im Grunde bricht der neumodische Begriff des „disruptive change“ diese in einer Wirtschaftskrise erfolgende „schöpferische Zerstörung“ von einer gesamtwirtschaftlichen Ebene herunter auf die Ebene eines Einzelunternehmens bzw. der Ebene einer Gruppe von Unternehmen, die sich am Markt mit ähnlichen Geschäftsmodellen bewegen. Die Digitalisierung zerstört alte Geschäftsmodelle und erschafft neue. Unternehmen, die in alten Denkgewohnheiten verbleiben, die ihrem Erfahrungswissen mehr vertrauen als den Neuerungsversprechen sind in diesem Prozess der technologischen Erneuerung in ihrer Existenz bedroht.
Nun, vielleicht wirkt die Digitalisierung der Wirtschaft in dieser Form, entscheidend aber ist etwas anderes, worauf die Unternehmensberater/-innen mit ihrer Arbeit abzielen:
Sie wollen aufzeigen, dass der technologische Wandel historisches Erfahrungswissen rasch entwertet und ein „neues Denken“ in den Unternehmen Einzug halten müsse. Und viele Unternehmen haben dies als Herausforderung angenommen.
Wenn nun die Klimakrise neumodisch als „disruptive change“ verstanden wird, dann steht die Menschheit vor einem ähnlichen Problem wie die Unternehmen angesichts der Digitalisierung. Der durch die Aufheizung der Atmosphäre angestoßene Wandel verläuft aus Sicht der Menschheit derartig schnell, dass das gesamtgesellschaftliche historische Erfahrungswissen innerhalb kürzester Zeit überflüssig zu werden droht.

Diese kapitalen Veränderungen schlagen sich aber bisher nirgendwo wirklich nieder. Alle öffentlich zugänglichen Prognosen zur Zukunft der Menschheit, der Wirtschaft, einer Stadt oder Region schreiben die Entwicklungen der vergangenen Jahre fort. Nur ein Beispiel: in einem Artikel über die zukünftige Entwicklung der Volkswirtschaften in den kommenden 30 Jahren wird erklärt, dass sich die stärksten Volkswirtschaften 2050 im pazifischen Raum befinden werden. Hier sei die wirtschaftliche Entwicklung dynamischer als bspw. in Europa, hier fänden sich die höchsten Zuwachsraten. Hier, so der Tenor, liegt die Zukunft der Weltwirtschaft.

Nur, ist das auch stimmig, wenn man die bisher schon beobachtbaren Folgen der Klimakrise mitbetrachtet? Kann Indien seine Dynamik halten, wenn die Temperaturen ins Lebensfeindliche kippen? Was passiert, wenn die indischen Megacities ihre Grundwasservorräte aufgebraucht haben werden, einzelne Städte haben den Punkt bereits erreicht, und der notwendige Regen, der bisher mit großer jahreszeitlicher Regelmäßigkeit kam, nicht mehr fallen will? Müssen diese Städte dann mit „Wasserunruhen“ rechnen? Was passiert, wenn ganze Küstenstriche vom steigenden Meeresspiegel geflutet werden und Sturmfluten immer weiter ins Innenland vordringen, wenn die wirtschaftlichen Zentren unter Wasser stehen? Was bleibt dann übrig von einer Prognose, die den schwerwiegensten Bruch der Entwicklung nicht integriert hat?

Vergleichbares findet sich überall, sei es bei der Zunahme des weltweiten Flugverkehrs oder bei den Prognosen für die Zunahme des Autoverkehrs oder des Warentransports, national ebenso wie international.

Diese gesamten Betrachtungen kranken daran, dass sie historische Entwicklungen in die Zukunft fortschreiben, wobei die nicht formulierte Prämisse immer lautet: es geht so weiter, wie wir es die letzten 10, 20, 30 Jahre erlebt haben. Diese Prämisse beschreibt unser historisches Erfahrungswissen und führt uns alle in die Irre.
Dies ist den Menschen schon einmal passiert. 1789 brach in Frankreich die Französische Revolution aus und nur wenige Jahre später war nichts mehr wie zuvor, denn die Ereignisse in Frankreich haben bisher Undenkbares für breite Massen denkbar gemacht.
Ein König, der vor ein Gericht gestellt und zum Tode verurteilt werden kann – vor 1789 undenkbar.
Ein Volk, dass sich selbst regieren kann – vor 1789 undenkbar.
Dem Individuum innewohnenden Menschenrecht – vor 1789 undenkbar.
Ein Ende von Sklaverei und Leibeigenschaft – vor 1789 undenkbar.

Unsere heutige Welt beruht auf einem Ereignis, das radikal mit dem historischen Erfahrungswissen vieler Jahrhunderte brach und dem Träumen, Denken und Handeln eine neue Welt eröffnete.

Die Klimakrise ist ein ebensolches einschneidendes Ereignis. Nur bringt uns die Klimakrise kein neues Jahrhundert der Befreiung des Träumens, Denkens und Handelns sondern es zwingt uns zu einschneidenden und schmerzhaften Maßnahmen, um überhaupt eine Zukunft zu haben, in der wir alle noch träumen, denken und handeln können.




Donnerstag, 13. Juni 2019
Thema: Umwelt
Vor einigen Tagen hat die Stadt Köln bekannt geben, dass sie an der Aachener Straße an der westlichen Stadtgrenze eine Pförtnerampel setzen will. Damit soll die Anzahl der während der Stoßzeiten Richtung Kölner Innenstadt fahrenden Autos von stündlich 1.200 auf 700 reduziert werden. Das ist wohl notwendig, damit die geplanten Schnellbusse, die auch auf der Aachener Straße verkehren sollen nicht zu „Staubussen“ degenerieren.

Die Reaktion der Königsdorfer CDU passt vollständig in die Kategorie „Realitätsverweigerung“. Die CDU-Königsdorf lehnt die Pläne vehement ab, weil durch die Pförtnerampel der „gemeine Rhein-Erft-Pendler“ aus Köln ausgesperrt werde. Ja, genau das ist das Ziel einer Pförtnerampel. Die Stadt Köln will die Belastung reduzieren. Man könnte jetzt sagen, hätte ihr schon früher einfallen können, denn es leben viele Menschen an der Aachener Straße in Köln, deren Belastung durch den automobilen Lärm und Dreck solange weder in Köln und noch viel weniger in Königsdorf interessiert hat, solange die Stadt Köln keine Lösung für die Schnellbusse suchte. Nun also will Köln die Belastung mit Hilfe einer Pförtnerampel intra muros reduzieren. Und schon stellt die CDU-Königsdorf fest, dass er „gemeine Rhein-Erft-Pendler“ nun die eigene Gemeinde mit Lärm und Schmutz belastet. Zugegebenermaßen eine schlimme Situation für die Anwohner*innen der Aachner Straße in Königsdorf.

Nur, die CDU-Königsdorf macht sich keine Gedanken über das Pendlerunwesen und mögliche grundsätzliche Abhilfen sondern verbleibt im Empörungsmodus. Das Verhalten der Stadt Köln zeuge von „unfassbarer Ignoranz“, so gehe „man nicht mit Nachbarn um!“, das könne „nicht das letzte Wort sein“.

Man vertauscht Ursache und Wirkung, um sich mit dem Problem nicht auseinander setzen zu müssen. Nicht die Pförtnerampel ist das Problem, sondern der automobile Pendler.

Inzwischen müsste es selbst in Frechen-Königsdorf angekommen sein, dass das Auto das Problem und nicht die Lösung ist, nur in Königsdorf sieht man das anders.

Warum plant man denn nicht längst eine Verlängerung der Linie 1 bis ans östliche Ortsende von Königsdorf inklusive der Errichtung eines großen Park&Ride-Parkplatz? Und bis es zur Verlängerung kommt, könnte man auch in Königsdorf und Pulheim mit Hilfe von Schnellbussen für eine Entlastung der Straßen sorgen. Warum fordert niemand eine Sanierung der Radwege entlang der Aachener Straße in Köln und einen entsprechenden Ausbau unter Wegfall von Parkplätzen in Königsdorf? Warum streitet man sich nicht mit der Landesregierung über Tempo 30 auf der Aachener Straße oder plant selber eine Pförtnerampel östlich von Königsdorf?

Dass nun auch die Frechener SPD ins gleiche Horn stößt, muss nicht verwundern. Eine Verkehrspolitik, die nicht autozentriert ist, ist für diese Partei nicht vorstellbar, oder wie soll man den Frechener SPD-Fraktionschef Hans Günter Eilenberger anders verstehen: „Was die Stadt Köln da plant, ist eine Verkehrspolitik nach dem Sankt-Florians-Prinzip zu Lasten der Nachbarstädte“?

Was muss geschehen, damit der „gemeine Rhein-Erft-Pendler“ darüber nachdenkt, ob man mit anderen Verkehrsmitteln nicht auch ans Ziel kommen könnte? Das Auto sollte schon längst ein Auslaufmodell moderner Mobilität sein. Wer aber nicht mehr in der Lage ist, über sein Lenkrad hinauszudenken, wird sich dieser einfachen Wahrheit verschließen.

Nein, diese beiden Parteien brauchen keinen Youtuber Rezo, oder wie ihn neckisch Philipp Amthor, der Jungbrunnen der CDU nannte, „Rezo, du Zerstörer“, das können die CDU- und SPD-Kader ganz alleine. Wer sich die katastrophalen Wahlergebnisse der beiden Parteien bei der Europawahl in Frechen ansieht, der weiß, dass selbst in Frechen das Thema Klimakatastrophe angekommen ist.
Und das Thema wird auch nicht mehr von der Agenda verschwinden, es wird uns die kommenden Jahre und Jahrzehnte begleiten und zwar mit wachsenden negativen Auswirkungen auf unser tägliches Leben.
Umsonst und ohne Veränderungen des eigenen Verhaltens wird sich die Klimakatastrophe nicht abwenden lassen. Darüber sollten SPD und CDU in Frechen schnellstens nachdenken. Die Abwendung von einer autozentrierten Verkehrspolitik wäre ein erster lokaler Schritt. Die Klimakatastrophe nimmt keine Rücksicht auf denkfaule ehemalige Volksparteien.

Aber zurück zur Pförtnerampel: alle Aufgeregtheit ist komplett überflüssig, denn das Kölner Verkehrsdezernat wird von Frau Andrea Blome geleitet, einer treuen CDU-Seele, deren Herz, wenn man die Kölner Verkehrspolitik der vergangenen Jahre Revue passieren lässt, für das Automobil schlägt. So wurden aus vom Rat der Stadt geforderten reinen Busspuren auf der Aachener Straße für die Schnellbusse nun Buslinien, die immer dann abseits der Aachener Straße verlaufen, wenn durch echte Busspuren das Autofahren auf der Aachener gestört werden könnte. Womit das Thema Schnellbus vermutlich bereits der Vergangenheit angehört. Und das ist sicherlich noch nicht das Ende der Entwicklung. Frau Blome und ihr Dezernat werden aus den ursprünglich geplanten Schnellbussen kölnfunktionale Staubusse machen. Dazu braucht es dann auch keine Pförtnerampel.

Mit Frau Blome ist es wie mit dem berühmten kläffenden Hund, von dem Herrchen oder Frauchen beruhigen immer sagen: „der beißt nicht, der will nur spielen.“




Freitag, 7. Juni 2019
Thema: Umwelt
Wer wissen will, warum die CDU bei den Europawahlen so abgeschmiert ist und warum die Grünen derzeit einen Lauf haben, der muss sich nur das Interview durchlesen, dass das Handelsblatt mir Friedrich Merz geführt hat.
Daraus ein Zitat, das den Abstand zwischen der CDU und der Realität beschreibt:
Wie kann die Union deren Aufschwung aufhalten? Ich würde ihren Umweltpopulismus mit der Wirklichkeit konfrontieren. Die Grünen schwimmen auf einer Welle von Sympathie, weil sie eine schöne neue Welt versprechen und auf komplexe Fragen zu einfache Antworten geben. Ich würde ihnen die Frage stellen, wie und wovon unsere Kinder und Enkelkinder denn in 20 oder 30 Jahren eigentlich leben sollen.
Dazu zwei Informationen, die sozusagen zeitgleich durch die Presse laufen:
1. Die monatliche Kohlendioxidkonzentration hat im Mai 2019 mit 414,8 parts per million (ppm) einen neuen Höchststand erreicht. Das sind 3,5 ppm mehr als im vergangenen Jahr. Vor einigen Jahrzehnten lag der jährlich Zuwachs noch bei 0,7 ppm in den 1980er Jahren steigerte er sich auf 1,6 ppm, inzwischen sind wir bei jährlich 2,2 ppm jährlich. Tendenz weiter steigend.

2. Die Methankonzentration in der Atmosphäre ist aktuell um das 25-fache höher als in der vorindustriellen Zeit. Seit 2007 stieg der Methananteil in der Luft um 5,7 parts per billion (ppb) jährlich. Die Klimawirkung von Methan übersteigt diejenige von Kohlendioxid um das 25-fache. Für das Klima ein Supergift, das vor allem bei der Massentierhaltung und bei der Zersetzung von organischem Material unter Luftabschluss entsteht. Die größten Methanlager finden sich (noch) im Permafrostboden in den Polargebieten.

Nun ist es ja so, dass die Grünen nur die glücklichen Gewinner, sozusagen der Kollateralschaden der Fridays-Bewegung sind, der es gelungen ist, die bereits laufende Klimakatastrophe zum beherrschenden politischen Thema der vergangenen Monate zu machen. Und weder die Fridays-Bewegung noch die Grünen versprechen uns eine schöne neue Welt, wenn auch die Grünen deutlich positiver unterwegs sind als die Fridays-Bewegung. Aber die Antworten der Wissenschaftler/-innen, die die Fridays unterstützen, geben sind nicht wirklich einfach. Sie sind nur eindeutig und sie lassen sich sehr vereinfachend formulieren. Sozusagen auf den kleinsten Nenner verdichtet, sagen die Lösungsvorschläge alle: „Weniger ist mehr“: weniger CO2-Verbrauch, weniger individuelle Mobilität mit Hilfe von Verbrennungsmotoren, weniger Flugreisen, weniger Fleisch. Denn andernfalls werden wir die Erde in einen für Menschen kaum mehr bewohnbaren Planeten verwandeln.

Und so kommt „Umweltpopulismus“ daher, findet Herr Merz? Da sollte wohl mit dem Schlagwort „Populismus“ mal schnell diffamiert werden. Umweltschutz ist also populistisch. Erinnert sich noch zufällig jemand, wie die klimastreikenden Schülerinnen und Schüler aus der CDU (und der AFD) heraus gefaltet wurden für ihr Engagement? Wie in der Öffentlichkeit statt über die Klimakrise über die Schulpflicht diskutiert wurde? Und wie die CDU das Thema um’s Verrecken nicht in den Griff bekam? Wo war denn wohl die populistische Anwandlung beheimatet, bei den Schülerinnen und Schülern oder bei der CDU?
Es ist jedenfalls das erste Mal, dass man von den Menschen Verzicht verlangt und sich dafür als „Populisten“ beschimpfen lassen muss.

Und was weiß Herr Merz zur Klimakatastrophe selbst zu sagen?
Dann fragen die Grünen, ob wir denn in einer Welt leben wollen, in der wir nicht überleben können.

Das ist der Dissens, über den wir in unserer Demokratie offen streiten müssen. Ich bin mir sicher, dass wir da als Stimme der Vernunft viel Zustimmung von der arbeitenden Bevölkerung bekommen. Denn als Verursacher von unter drei Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes kann Deutschland die Welt nicht im Alleingang retten. Aber wir haben und entwickeln neue Technologien, die weltweit eingesetzt werden können. Die latente Technikfeindlichkeit der Grünen hilft dem Klimaschutz nicht, sie schadet ihm. Und darüber müssen wir reden.
Auch hier scheitert Herr Merz an der Realität. Es ist keine demokratisch zu entscheidende Frage, ob die Welt, wie wir sie kennen, untergehen wird oder nicht. Die Welt wie wir sie kennen, wird zerstört werden, wenn nicht schnellstens gehandelt wird. Der Selbstzerstörungsprozess ist bereits angelaufen alleine aufgrund der Situation, dass wir Menschen zu verschwenderisch mit den begrenzten Ressourcen der Erde umgegangen sind. Jetzt muss die Menschheit auf die Bremse treten. Und wie beim rechtzeitigen Bremsen entscheidet die Reaktionszeit über Erfolg oder Misserfolg.

Und dabei gilt dann die einfache Regel, dass man am besten, wie es so schön heißt, vor der eigenen Haustüre anfängt, denn nur hier ist ein direktes Handeln möglich. Der doppelte Verweis auf die Verantwortung der anderen („Deutschland kann die Welt nicht im Alleingang retten“) und die deutsche Technologie (der feuchte Traum deutscher Ingenieure: wir erfinden die Weltrettungsmaschine), ist ein Ablenkungsmanöver und verweist darauf, dass die CDU weiter gerne auf Zeit spielen möchte.
Das Ziel hierbei ist klar: man möchte sich harte Entscheidungen ersparen, die bei der ganzen Bevölkerung eine Änderung bisheriger Lebensgewohnheiten erzwingen würden. Das wird nicht auf ungebremste Begeisterung stoßen. Insbesondere nicht in einem politischen System, das sich daran gewöhnt hat, Zugewinne als Verteilungsmasse zu nutzen. Niemandem wird etwas weggenommen, alle erhalten mehr, da die Rentner/-innen, da die Familien, da die Bauherren, da die Autobesitzer ...

Nun stehen wir vor der Situation, dass Entscheidungen anstehen, die, wenn den Vorschlägen der Wissenschaftler/-innen gefolgt wird, dazu führen wird, dass wir alle weniger haben werden, weil Produkte und Dienstleistungen verteuert werden müssen, um unser aller Verhalten ins Klimaschonende umzulenken. Weniger Fleisch, weniger Auto, weniger Flugreisen, weniger Kreuzfahrten, weniger Flächenverbrauch.

Die CDU verweigert sich dieser Einsicht. Das scheint selbst vielen Wählerinnen und Wählern der CDU aufgefallen zu sein. Für die CDU könnte man hoffen, es handle sich um ein Generationenproblem, aber auch die Junge Union ist, trotz der Andeutung von Jugendlichkeit im Namen, ebenso aus der Realität gefallen.

Der Niedergang hat erst begonnen.




Dienstag, 28. Mai 2019
Thema: Umwelt
Es gibt Tage, da erstaunt einen selbst der KStA, so etwa am letzten Freitag (24.05.2019), als auf der Meinungsseite der Psychologe Stephan Grünwald, Geschäftsführer des „rheingold“-Instituts zu Wort kam, der über die Bewegung „Fridays for Future“ schrieb. Sein Institut hat mittels Tiefeninterviews der Motivlage der streikenden Schülerinnen und Schüler nachgespürt, die zwischen Revolte gegen eine lethargische Politik und Kampf nach (elterlicher) Anerkennung schwanken würden. Er charakterisierte die Bewegung daher noch als „Kuschel-Revolte“.
Entscheidend dabei sein letzter Absatz:
„In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob die Bewegung im unentschiedenen Kuschelkurs austrudelt oder ob sie durch radikalere Forderungen einen Generationenkonflikt riskiert, der tatsächlich den gesellschaftlichen Bequemlichkeitskonsens angreift. Diesen polarisierenden Streit würde das Land brauchen, um vorwärtszukommen und in Sachen Klima aktiv zu werden.“
Ja, da hat er Recht, noch tut die Debatte niemandem wirklich weh. Selbst die Europawahlen, mit dem für CDU und SPD katastrophalen Abschneiden, wird daran wenig ändern. Es handelte sich nur um Europawahlen und die politischen Machtverhältnisse in Bund, Ländern und Kommunen sind weitestgehend intakt. Selbst die Grünen, aktuell im 7. Himmel, sind nur auf Bewährung. Sie werden den Generationenkonflikt als erste erleben. In Köln melden die aus der jugendlichen Umweltbewegung entstammenden Neumitglieder erste Ansprüche an. Indirekt stellen sie die „Reker-Koalition“, die Kölner Variante von Jamaika, in Frage und verweisen zu Recht darauf, dass es in Köln viele Pläne und Entscheidungen gibt, die aus Köln eine umweltfreundlichere Stadt machen könnten, dass aber seit Jahren, ach Jahrzehnten, nichts umgesetzt werde. Korrekt. Und die eigene grüne Partei mit den inzwischen grauhaarigen Mandatsträger und –trägerinnen sind integraler Bestandteil der Kölner Verweigerung durch Nichtstun.

Und dies ist keine Kölner Spezialität. Die Grünen haben es sich in den Machtgefügen der Republik gemütlich gemacht. Sie sind müde, träge und bequem geworden. Sie haben ihren Frieden mit der Republik und dem Kapitalismus gemacht.
Was die Grünen erleben ist ein zweiter Frühling, aber ein geliehener. Sie verdanken ihren Erfolg einer Bewegung die sich abseits der parteiförmiger Strukturen und in bewusster Absetzung von den Parteien gebildet hat. Es ist das Glück der Grünen, dass die überparteilichen Aufrufe der Bewegung „Fridays for Future“, klimabewusst zu wählen, im bundesdeutschen Parteiengefüge nur mit einem „wählt Grün“ übersetzt werden konnte.

Das muss so nicht bleiben, denn die Bewegung drängt über den bundesdeutschen Bequemlichkeitskonsens hinaus. In den Forderungen ist dies bereits angelegt, da die „Fridays“ anscheinend als einzige begriffen haben, dass die Zeit für Entscheidungen sehr endlich ist. Die Wissenschaft gibt uns Menschen noch rund 10 Jahre, um tiefgreifende Maßnahmen gegen die Klimakatastrophe zu ergreifen. Die Menschheit hat also nur noch rund 10 Jahre Zeit, um die Erwärmung der Atmosphäre in einem für Natur, Mensch und Gesellschaften erträglichen Rahmen zu halten. Ähnlich problematisch ist der Schutz der Biodiversität. Auch hier müssen in einem kurzen Zeitraum grundsätzliche Entscheidungen für Natur und Umwelt getroffen werden, denn andernfalls werden wir das vierte Massenaussterben der Erdgeschichte erleben. Und dieses Mal ist es menschengemacht.

Bienenschutz ist wichtig, aber beim Thema Biodiversität nur die kleinste unserer Baustellen.
Auffällig ist, dass alle Parteien inklusive der Grünen sich sehr viel von technischen Lösungen versprechen, Lösungen, die entweder noch gar nicht vorhanden oder noch nicht ausgereift sind oder die vielleicht in hochentwickelten Ländern Verbesserungen bringen könnten, im weltweiten Maßstab aber nicht mehr sind als Tropfen auf einen heißen Stein.
Und über die Zeiträume, die notwendig wären, solche technischen Lösungen umzusetzen, darüber schweigen unsere technikaffinen Propheten.

Gerne wird dabei die Digitalisierung als neues Allheilmittel zur Rettung der Menschheit philosophiert, wir vergessen in unserer digitalen Abgehobenheit aber die realen materiellen Grundlagen jeglicher menschlichen gesellschaftlichen Existenz.

Reden wir also über das Materielle am Beispiel von vier Grundstoffen menschlicher Existenz: Stahl, Sand, Soja und Baumwolle (mman könnte auch andere wählen ...).

1. Ist menschliches Leben heutzutage ohne Beton denkbar? Kein Neubau, keine U-Bahn, keine Brücke in den uns heute bekannten Formen existierte ohne den Baustoff Beton. Beton ist Infrastruktur. In Abwandlung der Fleischerwerbung kann man sagen: Beton ist ein Stück Lebenskraft. Aber: der zur Betonproduktion notwendige Grundstoff Sand ist endlich und sein Abbau zerstört Landschaften. Ein Schutz der Umwelt bedeutet hier, dass der Abbau von Sand eingeschränkt wird.
Und - Kapitalismus verpflichtet - dass er mit allen Kosten die bei Abbau, Verarbeitung, Transport und Renaturierung entstehen, belastet wird. Auch die Natur, der Lebensraum von Tieren und Pflanzen, die zerstört wird, muss mit einem Preis versehen werden. Spätestens dann wäre absehbar, dass Beton kein preiswerter Baustoff mehr ist, sondern teuer und damit wertvoll.

2. Ist menschliches Leben heutzutage ohne Stahl denkbar? Stahl steckt als Armierung im Beton, nur in dieser Kombination halten Brücken, Häuser und U-Bahn-Tunnel zusammen. Stahl steckt in jedem Auto, in jeder Maschine, ohne Stahl keine Industrie, kein Flugzeug, kein Zug, kein Kraftwerk. Die Liste ist unendlich. Und wo kommt der Grundstoff für die Stahlproduktion her? Europa hat noch eine kleine Produktion in Schweden, die größten Eisenerzlager liegen aber im brasilianischen Amazonas, wo zu Sklavenbedingungen im größten Tagebau der Welt Eisenerz gefördert wird. Dazu werden Ureinwohner/-innen vertrieben, der Urwald großflächig zerstört und die bei der Förderung entstehenden hochtoxischen Stoffe werden in flüssiger Form hinter instabilen Deichen „gelagert“. In den vergangenen Jahren sind Deiche gebrochen, die unterhalb der Deiche liegenden Dörfer wurden überflutet, Menschen erstickten im toxischen Schlamm, die Flussläufe und Uferzonen verwandelten sich in Todeszonen.
Auch hier muss gelten: Kapitalismus verpflichtet - alle Kosten der Zerstörung von Lebensraum, Natur, Umwelt und Menschenleben müssen im Preis enthalten sein. Ein möglicherweise durch Glyphosphat zerstörtes Menschenleben ist in den USA ein Mrd. Dollar wert. Welchen Wert haben im giftigen Schlamm erstickte Menschen in Brasilien?

3. Ist menschliches Leben ohne Baumwolle denkbar? Na ja, unser Kleiderschränke wären deutlich leerer, die Anzahl an Modelabels, Boutiquen und Laufstegen deutlich geringer. Tierische Grundstoffe wie Wolle dagegen können den weltweiten Bedarf an Baumwolle nicht ersetzen.
Baumwolle wird unter hohem Einsatz von Pestiziden produziert. Erntearbeiter werden damit besprüht mit gesundheitlich grausamen Folgen. Die größten Produktionsländer sind Indien, China und Brasilien. Die Arbeitsbedingungen sind, wenn wundert’s, nur hinreichend als Sklavenarbeit zu definieren. Dank Globalisierung wird die Rohbaumwolle im Pazifikraum zu ebenso schlimmen Arbeitsbedingungen für die westlichen Märkte zu Hosen, T-Shirts, Pullovern verarbeitet. Und am Ende der Produktion wird bestes Trinkwasser als vergiftete Brühe ungeklärt in die anliegenden Flüsse geleitet. Bei H&M oder C&A können wir dann die Endprodukte kaufen, für 5 bis 10 Euro. Sehr wenig Geld für sehr viel Zerstörung.
Aber Kapitalismus verpflichtet, auch hier müssen alle im Produktionsprozess anfallenden Kosten in die Produkte hineingerechnet werden. Vom fairen Lohn über die auf den Feldern zerstörten Menschenleben, die Verschmutzung der Gewässer, der Zerstörung von Lebensraum für die Baumwollfelder.

4. Ist menschliches Leben ohne Soja denkbar? Die größten Produzenten sitzen in Nord- und Südamerika. Die EU bezieht 80 Prozent des hier benötigten Sojas aus Südamerika. Das wenigste wird als Sojaprodukt von Menschen verzehrt. Der allergrößte Teil landet in den Futtertrögen unserer Schweine- / Geflügel- und Rinderzüchter, nämlich rund 90%. In Südamerika wurden bereits 24 Millionen Hektar Savanne und Urwald in Ackerland umgewandelt und die Ackerbodengewinnung durch die Rodung des Urwaldes geht munter weiter. Die heute in Einsatz befindlichen Hochleistungssorten gedeihen dabei nur mit Hilfe von Pestiziden, vorzugsweise mit dem glyphosphathaltigen aus dem Hause Monsanto. Für billiges Fleisch auf unseren Tellern.
Wie bei den übrigen hier genannten Produkten muss gelten: Kapitalismus verpflichtet - alle Kosten inklusive der Kosten für die Zerstörung der Umwelt müssen im Produkt enthalten sein. Grillen als Luxus.

zum Abschluss daher nur als hässliche Überlegung am Rande: was würde aus der Globalisierung, wenn alle Kosten der Umweltzerstörung, die durch Erdöl provoziert werden, Bestandteil des Treibstoffpreises würden? Wäre der weltweite Transport von Waren noch finanzierbar?

Anhand dieser Beispiele wird schnell deutlich, dass unser auf Massenkonsum beruhender Kapitalismus die weitestgehend kostenfreie Ausbeutung der Natur zur Grundlage hat. In der Logik des Kapitalismus: diese Stoffe haben keinen eigenständigen Preis. Die Gestehungskosten resultieren alleine aus den Kosten der Entnahme aus der Natur.
Die Natur hat im Kapitalismus bestimmte Rohstoffe möglichst preiswert „zur Verfügung“ zu stellen, damit am Ende der Produktionskette breite Bevölkerungsschichten davon profitieren können. Erhält alles einen Preis, der auch das bei der Produktion, Verarbeitung und Transport verursachte Zerstörungswerk beinhaltet, dann steht der Massenkonsum zur Disposition und damit unsere Lebensweise.

Damit wird klar, dass der Schutz von Klima und Biodiversität in der volkswirtschaftlichen Logik nicht als Win-Win-Situation abbildbar ist. Die Menschheit hat im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise dem System Erde zu viele Ressourcen entnommen und zu viel Abfallstoffe „unbearbeitet“ zurück gelassen (ein Symbol hierfür: die Plastiktüte in 8.000 Metern Wassertiefe im Mariannengraben), als dass in der bestehenden Logik weiter agiert werden könnte. Ein „Green New Deal“, ein „grüner Kapitalismus“ ist ein Widerspruch in sich und wird nicht funktionieren.

Die internationale Arbeitsteilung, die in weiten Teilen darauf beruht, dass Umweltkosten und bei uns teure Handarbeit externalisiert werden, also schädliche Produktionen und schlecht vergütete Handarbeit unter infernalischen Bedingungen nach Asien, Afrika oder Südamerika ausgelagert werden, während bei uns mit Hilfe modernster Kläranlagen, Katalysatoren und Verboten die offenkundige Belastung von Luft und Wasser reduziert wird und Gewerkschaften und Behörden über die Arbeitsbelastung wachen, diese Arbeitsteilung kann, sollen Klima und Biodiversität gerettet werden, nicht länger aufrechterhalten werden.

Wir Menschen werden unser gesamtes Leben auf eine neue Basis stellen müssen, Einkommen und Vermögen muss weltweit gerecht geteilt werden, die Ausbeutung der Rohstoffe muss reduziert werden, die Produktionsbedingungen verbessert, die damit einhergehende Zerstörung von Lebensraum beendet werden. Wenn dies nicht gelingt, wenn also in den industrialisierten Ländern weiterhin besser und sicherer gelebt wird als in wenig entwickelten Gesellschaften, wird die Dynamik des Ausgleichs der Lebensverhältnisse ungebrochen bleiben. Entweder die weniger entwickelten Länder folgen dem westlichen Entwicklungspfad der Industrialisierung durch die Zerstörung der Lebensgrundlagen oder wenn dies nicht gelingen sollte, dann erfolgt der ausgleich durch eine mal langsame, mal schnelle Wanderungsbewegung aus den zerstörten und unterentwickelten Ländern in die entwickelten Länder des Nordens. Und niemand wird an die Errichtung einer Mauer denken ...

Auch wenn es den „Fridays“ akut noch nicht bewusst sein sollte, ihre Forderungen sind jetzt bereits dergestalt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis sie entweder die Systemfrage stellen werden. Falls sie jedoch davor zurückschrecken bleiben sie Bestandteil des westlichen Bequemlichkeitskonsenses und die Bewegung wird einen leisen Tod sterben. Gleich einem Ikarus.


Was bricht zuerst, das Klima oder das System, das ist die zentrale Frage, die es zu beantworten gilt.

Sollte die Bewegung vor der Größe der Herausforderung zurückschrecken, dann wissen wir alle wie es ausgeht. Der Kapitalismus und wir Menschen als handelnde Subjekte im kapitalistischen System werden unsere Welt zugrunde richten.

Sehenden Auges und doch blind.




Dienstag, 14. Mai 2019
Thema: Umwelt
Man muss schon sehr optimistisch sein ....

So titelt die "Süddeutsche" heute (= 14.Mai 2019):
"Merkel will CO₂-Neutralität bis 2050 erreichen"

und so die "Zeit"
"Angela Merkel bekennt sich zu CO2-Neutralität bis 2050"

Nimmt man sich beispielhaft den Text der "Süddeutschen" vor, so liest es sich so:
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigt sich offen für das Ziel, dass Deutschland bis 2050 CO₂-neutral wird. Das Klimakabinett der Bundesregierung werde beraten, ob man sich der Initiative von neun EU-Ländern anschließen könne, dieses Ziel bis 2050 zu erreichen, sagte Merkel in Berlin. "Ich würde mir wünschen, dass wir das können", fügte sie auf dem 10. Petersberger Klimadialog hinzu. "Die Diskussion soll nicht heißen, ob wir es erreichen können, sondern wie können wir es erreichen. Wenn wir dafür eine vernünftige Antwort finden, dann können wir uns der Initiative der neun Mitgliedstaaten der EU anschließen."
Also:
a.) das Klimakabinett soll beraten, ob man sich dem Ziel der CO₂-Neutralität bis 2050 anschließen soll.
["ob" heißt nicht, dass es getan wird, sondern nur, dass man mal darüber nachdenkt]
b.) Frau Merkel würde es sich wünschen ....
[Tja, wünschen kann man sich viel...]
c.) Immerhin, will Frau Merkel darüber diskutieren, wie man das Ziel erreichen kann, aber dann folgt das aber: "wenn wir dafür eine vernünftige Antwort finden ..."

Tja, Fridays for Future, da werdet ihr noch länger streiken müssen.

Im Klimakabinett sitzt auch der Andreas Scheuer von der CSU, und der hat ein sehr eigenes Verhältnis zu vernünftigen Vorschlägen:
der findet nämlich bspw., dass ein Tempolimit auf Autobahnen und höhere Dieselsteuern als klimaschützende Maßnahmen „gegen jeden Menschenverstand“ seien.

Na dann.




Montag, 6. Mai 2019
Thema: Umwelt
Auch wenn es in den vergangenen Monaten dank der Fridays for Future Bewegung gelungen ist, einer breiteren Öffentlichkeit die Dringlichkeit einschneidender Maßnahmen gegen die Aufheizung der Atmosphäre zu verdeutlichen, so gibt es immer noch breite Widerstände, mit der Umsetzung dieser Maßnahmen jetzt und heute zu beginnen.

Ich rede jetzt nicht von den Klimaleugner der AfD. Intellektuelle Unredlichkeit verdient diese Aufmerksamkeit nicht, schlimmer sind diejenigen, die die Klimakatastrophe, die wir durch unser Handeln angestoßen haben, dadurch verharmlosen, dass sie nur vom Klimawandel reden. Und da Sprache Wirklichkeit konstituiert, folgt für diesen Politier*innen-Typus, dass Maßnahmen gegen die Aufheizung der Atmosphäre keiner besonderen Eile unterworfen sind.

Nur zwei prominente Beispiele:
1. Annegret Kramp-Karrenbauer argumentiert, dass sich hinter der von Wissenschaftler*innen weltweit als schnellstes und effektivstes Mittel der CO2-Reduktion vorgeschlagenen CO2-Steuer nur eine Steuererhöhung verberge. Kann man man so sehen, entscheidender aber ihr Gegenvorschlag:
"Ich bin der festen Überzeugung, dass es intelligentere Methoden gibt als einfach zu sagen, wir müssen eine Steuer erheben oder eine Steuer erhöhen"
2. Christian Lindner pflegt eine vergleichbare Argumentation.
" „Wir dagegen wollen Klimaschutz so gestalten, dass wir weiter ein Land mit Wohlstand und individuellen Freiheiten sein können. Die Menschen sollen weiter Fleisch essen, Auto fahren und mit dem Flugzeug verreisen dürfen.“
Mit anderen Worten: Trotz Klimakatastrophe sollen wir leben können, als sei nichts los auf der Welt. Und wie soll das gehen?
" „Und bei der Umsetzung hören wir zu wenig auf Ingenieurinnen und Techniker. Klimawissenschaftler kommen in den Medien oft zu Wort, aber zu selten diejenigen, die neue, umweltfreundliche Technologien entwickeln.“
Das argumentative Modell ist klar: um zu technologischen Lösungen zu kommen, die die Aufheizung der Atmosphäre bremsen, benötigen wir noch (viel) Zeit, denn die Ingenieur*innen und Techniker*innen haben bisher keine kurzfristig umsetzbaren Lösungen zustande bekommen. Also taucht die bereits ablaufende Klimakatastrophe in immer nur im Begriff des „Klimawandels“ auf. Der Begriff suggeriert, dass alles weniger drängend ist, dass genügend Zeit zur Verfügung steht, da ein Wandel langsam abläuft und von uns Menschen beherrscht werden könne.

Laut einhelliger Meinung aller Wissenschaftler*innen haben wir aber nur noch bis 2030 Zeit, um einschneidende Maßnahmen zu ergreifen, die die Aufheizung der Atmosphäre auf 1,5 Grad begrenzt. Während wir auf die Wundertechnologien deutscher Ingenieure und Ingenieurinnen warten, heizt sich die Atmosphäre aber munter weiter auf. Bis 2100 wird das zu einer Erwärmung von deutlich über 4 Grad führen. Nur, dass bei über 2 Grad Aufheizung der Atmosphäre der Prozess verselbständigt, sich in einen sich selbst verstärkenden Prozess gewandelt haben wird, der mit technologischen Mittel nicht mehr zu stoppen sein wird.

Hier nun kommen die unzeitgemäßen Analogiebilder ins Spiel, die einem so durch den Kopf schwirren, denn so eine Situation kennen wir hier in Deutschland.

Gehen wir zurück ins Frühjahr 1944, Deutschland wird von den Alliierten flächendeckend bombardiert, die Luftabwehr ist hilflos, über eine drohende Invasion wird in der Bevölkerung munter spekuliert. Und doch wollen noch viele im Reich die drohende Niederlage nicht wahrhaben, denn, so macht die Propaganda Glauben und die Bevölkerung hört es gerne: dank der deutschen Ingenieurskunst wird sich das Kriegsglück wenden, Tod und Zerstörung wird über England kommen und diesen Erzfeind in die Knie zwingen, werden doch von deutschen Ingenieuren Vergeltungswaffen entwickelt, die das Deutsche Reich zum Sieg führen werden.
Mit der militärischen Effektivität der Waffen war es dann doch nicht so weit her, todbringend waren sie zwar, aber zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise kriegsentscheidend.
Dieser „Fortschrittsglaube“, der Glaube an durch moderne technologische Entwicklungen produzierte Wunderwaffen lebte in Teilen der deutschen Bevölkerung auch noch im Frühjahr 1945 als die Alliierten in Ost und West die Grenzen des Reiches erreicht oder bereits überschritten hatten.

Statt an die Leistungsfähigkeit deutscher Ingenieure bei der Entwicklung von „Wunderwaffen“ zu glauben, wäre Widerstand und bedingungslose Kapitulation angebracht gewesen.
Es gab sicherlich viele Gründe, warum die deutsche Bevölkerung unfähig zum Widerstand war, der Glaube an die „deutsche Technik“ war dabei jedoch auch ein kleines Mosaikteilchen.

Nun sollen wir wieder an die Technologie glauben, nur um in unserem alltäglichen Trott weiter zu machen, uns zurücklehnen und warten, bis Ingenieur*innen und Techniker*innen Lösungen gefunden haben, damit wir unser Verhalten nicht ändern müssen.

Wie schon 1944/45 ist das die grundfalsche Haltung. Technologie rettete Deutschland 1945 nicht vor der verdienten Niederlage und wird im 21. Jahrhundert das Klima nicht retten. 1945 bedeutete die Niederlage Befreiung. Das wird man 2100 nicht sagen können. Eine Niederlage im Kampf gegen die Aufheizung der Atmosphäre wird keine Befreiung bedeuten, vielmehr droht dann das Ende der Menschheit. Das Warten auf technologische Lösungen macht die Niederlage mit jedem Jahr, das wir zuwarten, wahrscheinlicher.




Montag, 29. April 2019
Thema: Umwelt
Die Frechener Grünen sind immer für einen Spaß zu haben. Da bilden die Grünen zusammen mit CDU und FDP die Verwaltungsmehrheit in Frechen, mit anderen Worten, sie regieren mit, und doch beklagen sie, nachdem Frechen im ADFC-Fahrradtest grottenschlecht abgeschnitten hat, den „fehlenden politischen Willen“ bei der Umgestaltung Frechens zur Stadt für Radfahrer und Fußgänger.

Dabei, in den letzten Wochen hätte es einige Themen gegeben, da hätten die Grünen ihren politischen Gestaltungswillen beweisen können, als bspw. über das Parkhaus diskutiert wurde oder aktuell, da im Stadtrat ein Parkraumkonzept diskutiert wird. Wer weg will vom autozentrierten Verkehr in Frechen,
der müsste jetzt eine kostendeckende Parkraumbewirtschaftung im gesamten Stadtgebiet fordern (im FDP-Sprech würde das lauten: die Subventionierung des stehenden Autoverkehrs muss beendet werden),
der müsste jetzt fordern, dass dem stehenden und fließenden Autoverkehr Verkehrsraum genommen wird, um eine zukunftsfähige Infrastruktur für Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen zu bauen.
Zwar sprachen die Grünen auf ihrer Homepage im Zusammenhang mit dem Parkhaus von einer „großen Lösung“, aber deren große Lösung kommt so verschwurbelt um die Ecke, dass sie weder verständlich noch wirklich zielführend ist. Und der logische Zusammenhang, dass der Platz, den die Autos im öffentlichen Raum monopolisieren, anderen Verkehrsteilnehmer*innen fehlt, wird an keiner Stelle ausreichend reflektiert.

Stattdessen erklärt Frau Erbacher als grüne Fraktionsvorsitzende, dass sie in der Innenstadt einen flächendeckenden Mischverkehr mit Tempo 30 bevorzuge. Wer die Untersuchungen kennt, der weiß, dass genau solche Lösungen nicht funktionieren. Die absolute Mehrzahl der Radler*innen wünscht schon alleine unter Sicherheitsaspekten abgetrennte Radwege. Alles andere wird als gefährlich erlebt.

Da ist selbst der ADAC weiter.

So erklärte U.K. Becker, der Vizepräsident des ADAC kürzlich in einem Interview in der ZEIT:
Ich würde Radfahrer, Fußgänger und Autofahrer voneinander trennen, um die Konkurrenzsituation zu beenden und jeden Bedarf zu decken. Wo es nötig ist, muss man dazu den Raum für den motorisierten Verkehr begrenzen …
Wenn selbst der ADAC zwischenzeitlich die Frechener Grünen überholt, dann ist es weit gekommen – mit den Grünen.