Thema: Grube Carl
Im März 2010 verteilten die Frechener Grünen ein Flugblatt im Stadtteil Grube Carl.

Unter der Überschrift: "Grube Carl: Sind Politik und Verwaltung in der Wirklichkeit angekommen?" forderten die Grünen pragmatische Lösungen für viele offene Punkte. Man könnte das Flugblatt auch heute noch verwendet.
Einer der genannten Punkte lautete: "Keine ausreichende Nahversorgung mit Produkten des täglichen Bedarfs". Auch daran hat sich bis heute nichts geändert.

Lustig wird es aber, wenn der zentrale Vorwurf der damaligen Oppositionspartei zitiert wird:
"Der kurzfristige Frechener Politikstil 'Erst mal bauen und später kümmern wir uns dann um die Infrastruktur' funktionierte früher einmal, in heutiger Zeit jedoch nicht mehr (...)."



Nun sind die Grünen nicht mehr in der Opposition, zusammen mit der CDU sind sie die "Gestaltungsmehrheit" im Rat. Und gestalten wollen sie. Das haben sie im letzten Planungsausschuss klar gemacht. CDU und Grüne haben entschieden, dass das bisher für ein großes Einzelhandelsgeschäft reservierte Grundstück auf Grube Carl umgewidmet werden soll in einen "Bürgerpark".

Man durfte sich etwas überrascht die Augen reiben, dass die "Gestaltungsmehrheit" im Rat, die ja eigentlich diejenige ist, die Verwaltung und CDU-Bürgermeisterin stützt, plötzlich als Opposition gegenüber der Verwaltung agiert. Und wenn dann noch die eigene Verwaltung die besseren Argumente hat und den Bürgerpark ablehnt, denn wird's endgültig dubios.

Aber zurück zur konkreten Situation auf Grube Carl. In dem alten Flugblatt schrieben die Grünen:
"Nun geht es darum, die vielen neuen Bewohner (sic!, grüne Frauen, wo blieb damals bloß der Proteststurm? Wohnen hier nur Männer?) nicht im Regen stehen zu lassen. Jetzt müssen pragmatische Lösungen erarbeitet werden" [Denn:] "(...) wir befinden uns genau im Übergang zum postfossilen Zeitalter, also dem Übergang in das Zeitalter nach dem billigen Öl."
Klingt, im Zusammenhang mit den Folgen des Ukrainekriegs und dem Übergang zu nachhaltigen Energien heute fast schon prophetisch ...

Das Konzept des Bürgerparks jedoch passt eben nicht wie Topf und Deckel. Hier wird "kurzfristig" erst mal eine Entscheidung getroffen, deren Tragweite die "Gestaltungsmehrheit" anscheinend einfach nicht interessiert.

Es muss ja nicht nur ein bestehender Bebauungsplan geändert werden, sondern vielmehr ist nun eine weitreichende Umplanung von Nöten. In der aktuellen Planung gibt es nämlich keine für Nahversorgung ausgewiesene Reservefläche. Also hätte man zusammen mit diesem Beschluss auch darüber diskutieren müssen, wo denn der Nahversorger angesiedelt werden soll. Es müssen Flächen im hinteren Teil der Grube Carl, die für Wohnbebauung oder einen Grünstreifen vorgesehen waren, umgewidmet werden, damit dort ein Nahversorger sein Geschäft errichten kann.

Aber wie schreiben die Grünen so richtig "(...) und später kümmern wir uns um die Infrastruktur."

Die bisher sehr kurze Anfahrt für LKWs zum Nahversorgerstandort wird dank dieses Beschlusses unnötig verlängert. Das bedeutet dann auch, dass der gesamte Zulieferverkehr zu diesem Geschäft bzw. den Geschäften, falls es mehrere werden sollten, durch bestehende oder neue Wohnbebauung erfolgen wird. LKW-Verkehr in Wohngebieten bedeutet, dass die Gefährdung von RadlerInnen, FußgängerInnen und Kinder erhöht wird.

Das spricht jetzt eher weniger für prophetische Weitsicht.

Falls keine Umwidmung im hinteren Bereich des Stadtteils erfolgt, dann wird dem Stadtteil der Nahversorger dauerhaft fehlen. Womit noch mehr StadtteilbewohnerInnen mit dem Auto zum Einkaufen fahren werden.

Das spricht jetzt eher weniger für prophetische Weitsicht.

Davon ausgehend, dass die ursprüngliche Idee des Stadtteils der "kurzen Wege" die beste Idee war, die hier in der Stadt bei wohnbaulichen Großprojekten je entwickelt worden ist, kann man lapidar festhalten, dass spätestens diese Entscheidung der Idee den letzten Todesstoß versetzt hat.

Insofern ist es fast schon wieder von prophetischer Weitsicht, wenn im Konzept auch weitere öffentliche Parkplätze geplant sind. Immerhin mit Ladesäule, denn wie oben schon gesagt, wir sind ja im Übergang zum postfossilen Zeitalter.

Schön also, dass die schwarz-grüne Politik in ihrer eigenen Wirklichkeit angekommen ist. Man möchten kein Teil davon sein.