Mittwoch, 29. März 2017
Thema: Grüne
Deutsche Autos werden größer und schwerer. Die effizientere Nutzung von Kraftstoff in den neuen Motoren führt aber nicht zu niedrigeren Verbrauchen, da das höhere Gewicht und der steigende Strombedarf für die vielen schönen Assistenzsysteme den Effizienzgewinn auffrisst.

Viele dieser Autos werden mit Diesel betankt, der je Liter eine um 18 Cent geringeren Besteuerung unterliegt, also subventioniert wird.

Nun wissen wir seit 2015, dass die Autobauer die Öffentlichkeit systematisch bezüglich der Abgasreinigung ihre dieselbetriebenen Fahrzeuge belogen haben. Die Autos stoßen mehr Stickoxide aus, als in allen offiziellen Papieren ausgewiesen. Sie sorgen dabei für eine extrem hohe Stickoxid- und Feinstaubbelastung in den Innenstädten.

Nun werden einerseits die Fahrzeuge, von denen bekannt ist, dass die den Betrug ermöglichende Software installiert wurde für teuer Geld umgerüstet, mit anscheinend überschaubarem Erfolg. Dafür erfahren wir beinahe täglich von weiteren Autobauern, deren Dieselfahrzeuge mit vergleichbarer Betrugssoftware ausgestattet sind.

Im Grunde also eine Bankrotterklärung für die Dieselmotoren, denn anscheinend war bisher kein Hersteller in der Lage, die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte zu vertretbaren Kosten einzuhalten.

Für eine Umweltpartei doch ein gemachtes Bett, sollte man meinen.

Eine marktwirtschaftliche Lösung hätte bspw. lauten können, dass man den Erwerb von Dieselautos kurzfristig unattraktiver gestaltet, indem man die Subventionierung von Dieselkraftstoff beendet.

Kurzfristige Effekte wären sofort eingetreten:
eine vermutlich massiver Rückgang der Neuzulassungen für Dieselfahrzeuge, womit bei den Autobauern ein massiver Druck entstanden wäre, einerseits den Verbrauch weiter zu reduzieren und andererseits die gesetzlichen Luftreinhaltungsvorgaben zu erfüllen.

Ein massiver Preisverlust für gebrauchte Diesel-PKWs

Ein massiver Druck auf die Autobauer, den Kunden die finanziellen Folgen des Betrugs zu ersetzen.

Und hat man von den Grünen in dieser Hinsicht irgend etwas gehört?

Im Dezember 2015 forderte das der SPD-Ministerin Barbara Hendricks unterstellte Umweltbundesamt einen Wegfall der Dieselsubventionierung.
Dem widersprach der CSU-Verkehrsminister sofort:
"Ich sehe keine Notwendigkeit, an der Besteuerung für den Diesel etwas zu ändern", sagte der CSU-Politiker der "Bild"-Zeitung. Die Diesel-Technologie leiste "durch die CO2-Einsparung einen wertvollen Beitrag, dass wir unsere Klimaziele erreichen können"
Logisch, auch der ADAC hatte was gegen eine Erhöhung der Diesel-Steuer.

Nun spätestens wären doch die Grünen gefordert gewesen, der Umweltministerin zur Seite zu stehen.

Doch aus dieser Ecke war nichts zu hören.

Im März 2016 veröffentlichte dann die Bundestagsfraktion von B90/ die Grünen ein langes Thesenpapier zum Dieselgate mit viel Aufklärungsrhetorik und der sehr zeitgemäßen Forderung, E-Mobilität zu fördern. Zum Thema der Diesel-Steuer jedoch kam dagegen wenig Substantielles:
Die Umweltwirksamkeit von Dieselfahrzeugen und insbesondere die Folgen der steuerlichen Förderung von Dieselkraftstoff untersuchen.
Eine Forderung die bei der ersten Lektüre nett klingt, im Endeffekt aber nur bedeutet: Jetzt wollen wir darüber nicht reden.

Anfang April 2016 starteten die Umweltminister aus NRW (Remmel, Grüne), Bremen (Lohse, Grüne), Hamburg (Kerstan, Grüne), Hessen (Hinz, Grüne) und Niedersachsen (Wenzel, Grüne) auf einer Sonderkonferenz der Umweltminister nochmals einen Anlauf, die Dieselbesteuerung in Frage zu stellen, scheiterten jedoch an der bayerischen Umweltministerin U.Scharf, die im Dobrinthschen Duktus erklärte:
„Wir brauchen den Diesel für den Klimaschutz (…) Diese Motoren stoßen deutlich weniger CO2 aus.“
Spätestens jetzt wäre es doch an der Zeit gewesen für eine große grüne Kampagne zur Unterstützung der eigenen Länderumweltminister.
Man hätte die alten Spuckis wieder aus der Schublade ziehen können, die man früher an grünen Wahlkampfständen finden konnte: „Kein Herz für Stinker“ mit dem qualmenden Auspuff drauf oder man hätte das Wahlprogramm von 1998 auspacken können, indem bspw. zu lesen war:
Was bringt eine höhere Mineralölsteuer?
Einen deutlichen Umstiegseffekt auf andere Verkehrsmittel und damit eine spürbare Entlastung der Umwelt – zwei Drittel aller Pkw-Fahrten liegen derzeit unterhalb von zehn Kilometern,
Förderung eines attraktiveren öffentlichen Nahverkehrs.
Einen wichtigen Anreiz, Fahrzeuge mit geringem Kraftstoffverbrauch sowie niedrigen Abgasemissionen zu kaufen.
Eine Beschleunigung der Markteinführung des heute technisch längst realisierbaren 3-Liter-Autos.
.
Man hätte das 3-Liter-Auto zeitgemäß durch das Elektroauto ersetzen und die Abschaffung der Dieselsubventionierung als Sofortmaßnahme dazwischen packen können , dann hätte man ein auch heute noch aktuellen Forderungskatalog.

Aber dieser Form der Radikalität haben die heutigen Grünen längst abgeschworen.

Schade, weil für das, was sie heute noch wollen, dafür braucht man sie nicht.




Freitag, 24. März 2017
In der Schulausschusssitzung am kommenden Mittwoch (29.03.2017) wird zum Fortgang des Neubaus der Lindenschule folgendes berichtet werden:
Die Baugenehmigung liegt vor. Die Leistungsphase 5 ist abgeschlossen. Aktuell Durchführung der Vergaben Abbruch, Erdarbeiten, Rohbau, Verbau.
Das Projekt befinde sich im Zeitplan.

Hurra und hoffen wir, dass es so bleibt.

P.S.: Man will ja nicht immer motzen ....




Dienstag, 21. März 2017
„Während die SPD durch den „Schulz-Effekt“ [in der Wählergunst] stark zulegte und neuerdings vor Selbstbewusstsein strotzt, stellt sich für die Grünen zunehmend die Frage, ob der Wiedereinzug in den Landtag gelingt.“
So schreibt es heute der KStA und er hat nicht Unrecht. Wobei der „Schulz-Effekt“ ja nur die eine Seite der Medaille ist. Die Grünen haben, hier im Blog wurde dies unter lokalpolitischem Blickwinkel schon häufiger thematisiert, sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten von ihrem programmatischen Kern immer mehr entfernt.

Wo kamen sie den her, die Grünen? Programmatisch handelte es sich in den 80ern um eine Fusion von Friedensbewegung, Ökologie, Frauenbewegung und altlinken Weltverbesserungsutopien. Von den Altlinken, den sogenannten Fundis, (bspw. Trampert, Ebermann und Ditfurth) haben sich die Grünen zuerst verabschiedet. In der Rot-Grünen Koalition unter Schröder wurde im Kosovokrieg der grundsätzliche Pazifismus beerdigt. Dass ein Joschka Fischer seinen neuen bellizistischen Moralismus mit Völkermord- und Nie-wieder-Faschismus-Argumenten schön und einem humanitären Interventionismus das Wort redete, hat den Grünen in der kleinen Restfriedensbewegung viel Kredit gekostet. Zugleich haben die Grünen die Hartz-IV-Gesetze mitbeschlossen und so ihren linken Flügel weiter geschwächt.

Die Partei Die Linke in Westdeutschland ist ja nicht nur aus enttäuschten SPDlern und Gewerkschaftern entstanden sondern auch aus ebenso frustrierten Grünen von deren ehemals linkem Flügel.

Das fiel damals alles nicht so ins Gewicht, da die Grünen, auf dem Weg in die Mitte der Gesellschaft, ihre Verluste auf dem linken Flügel leicht wettmachen konnten mit Zugewinnen im wohlsituierten Bürgertum. Wenn man der SPD gerne vorwirft, links zu blinken und dann rechts abzubiegen, auch die Grünen beherrschten dieses Spiel immer besser.

Man könnte diese Entwicklung jetzt in allen Einzelheiten aufdröseln, aber der sich hier abzeichnende Prozesscharakter ist allemal deutlich geworden. Die Grünen sind in Bezug auf ihr Hauptwahlklientel bürgerlicher geworden und das Hauptwahlklientel zählt zum Einkommensstärksten aller deutschen Parteien.

Manche programmatischen Ungereimtheiten lassen sich so leicht erklären:

Früher mal die Einführung der Flugbenzinsteuer gefordert? Na ja, nachdem Teile der Grünwähler*innen zu den Vielfliegern der Nation zählen, scheint das nicht mehr opportun.
Früher mal eine Erbschaftssteuer gefordert? Nachdem Teile der heutigen Grünwähler*innen Papas Häuschen erben, scheint auch das nicht mehr opportun.
Früher mal scharfe gesetzliche Regelungen zur Durchsetzung ökologischer Standards gefordert, die beim Individuum Verhaltensänderungen erzwungen hätten? Seitdem Teile der Grünwähler*innen im grünen Segment der Marktwirtschaft gutes Geld verdienen, träumen sie von der naturwüchsigen Durchsetzung grünen Lifestyles im Wege der Marktdurchdringung. Wie sehr sie sich dem Neoliberalismus einer FDP angenähert haben, verdrängen die Grünen gekonnt.

Und wenn man dann die NRW-Grünen von der kommunalen Basis her anschaut, dann stellt man fest, dass ganz unten dieser Rechtsdrall noch viel stärker ist, als es auf Landes- oder Bundesebene auffällt. Die Grünen im Rheinland werden in der Tagespresse noch immer dominiert vom großen Kölner Stadtverband, der sich bis vor 2 Jahren noch als linker Stadtverband verstand, während das gesamte Umland bereits schwarz-grün bzw. schwarz-grün-gelb als die politische Zukunft betrachtete.
Köln ist im Zuge der Bürgermeisterwahl nachgezogen und praktiziert nun auch ein schwarz-grünes Politikmodell.

Seit diesem Zeitpunkt war es mehr als realistisch, dass die Grünen auch in NRW gut mit einer schwarz-grünen Koalition leben können.

Das Problem ist nur: an der Basis sind die schwarz-grünen Koalitionen alles nur kein grünes Erfolgsmodell. Bleiben wir mal ganz bodenständig und Frechenverwurzelt und fragen nach, welche grünen Ideen und Positionen aus dem Wahlkampfprogramm in den letzten beiden Jahren hier vor Ort umgesetzt wurden.
Es fällt niemandem etwas ein?
Genau, das ist das Problem und dies nicht nur in Frechen.
Auch aus Hürth oder Pulheim oder Köln ist bisher nichts bekannt geworden, was sich als erfolgreiche Umsetzung grüner Inhalte verkaufen ließe.

Und auf Landesebene?
Da haben wir die Frontfrau Sylvia Löhrmann als Bildungsministerin. Kein unbedingt leichter Job, man kann es sich mit vielen verscherzen. Inzwischen aber hat sie sich in manchen Punkten sogar zum Gespött gemacht.
Man spreche mal mit Eltern schulpflichtiger Kinder über die Schulausfallzeiten und erinnere sich an die Löhrmannsche Statistik über eben diese. Das subjektive Empfinden der Eltern und die Addition der Stunden, die das Kind eben nicht in der Schule verbrachte obwohl der Stundenplan anderes suggerierte, waren mit der Löhrmannschen Statistik beim besten Willen nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen. Ebenso die sicherlich richtige Umsetzung der Inklusion, die jedoch durch eine massive personelle Aufstockung an den Schulen hätte begleitet werden müssen. Etwas, was wohl auf dem Papier passierte, an den meisten Schulen aber keine Effekte zeitigte
.
Und so kommt eines zum anderen.

Das grüne Wähler*innenklientel ist verbürgerlicht, das grüne Wahlprogramm ist diesem Trend zumindest gefolgt. Zwischenzeitlich ist der grüne Wein so verwässert, dass selbst eine CDU ohne große Bauchschmerzen und jederzeit mit den Grünen in eine Koalition eintreten würde.

Und nun muss man von Fukushima aus denken … soll heißen, die Atomkatastrophe hat die Grünen bei den nachfolgenden Wahlen in Sphären katapultiert, dass sie glaubten, sie würden demnächst die SPD als linke Volkspartei ablösen. Dummerweise war eben das Linke, das Thema soziale Gerechtigkeit, das Thema Verteilungsgerechtigkeit schon lange kein urgrünes Thema mehr.

Für die Bundestagswahl 2013 war es Jürgen Trittin wohl letztmalig gelungen, diese Themen programmatisch in den Vordergrund zu stellen, mit dem Effekt, dass Teile der grünen Partei dieses als „Steuerwahlkampf“ verunglimpften und nach der verlorenen Bundestagswahl schnellstmöglich beerdigten.

Programmatisch ist da so einiges zerbrochen doch zwischen Fukushima und der Schwäche der SPD konnten dies leicht versteckt werden.

Und nun kommt ein Martin Schulz und legt den Finger in die offene Wunde …. Soziale Gerechtigkeit, Verteilungsgerechtigkeit sind sehr wohl noch Themen, die die Menschen interessieren und die Grünen erleben, wie ihr sicher geglaubtes Wählerklientel ihnen von der Fahne geht.

Und, sie haben keine Antwort auf diese Entwicklung, können keine Antwort darauf haben, da eben das, womit Martin Schulz punktet, die Gerechtigkeitsfrage, von den führenden Grünen still und heimlich beerdigt worden ist.

Dafür darf man nun lesen, wie ein Cem Özdemir sich einem Martin Schulz, einer SPD anbiedert … ziemlich durchschaubar und wenig glaubwürdig und eher ein Zeichen von Schwäche denn von Stärke und wer wählt schon eine schwache Partei?

Die Grünen haben wirklich ein Problem und die 5%-Hürde scheint nicht das Größte dabei zu sein.