Manchmal ist man sich ja sogar mit der Stadtverwaltung einig, so etwa heute bei der Lektüre des Kölner Stadtanzeigers, der darüber berichtete, dass die Stadt Frechen an der Ausschreibung der Neuvergabe der Trinkwasserlieferverträge arbeite.

Einige mögen sich noch erinnern, die FDP hat sich aufgeschwungen, dem Frechener Wutbürger eine Stimme zu verleihen indem sie als den Ärger über den Kalkgehalt im Frechener Trinkwasser organisierte und anleitete.
Das Ganze kumulierte in dem nachfolgenden „Forderungskatalog“:

• minimaler Nitratgehalt
• minimale Wasserhärte, möglichst Härtebereich „Mittel“ gemäß Wasch-
und Reinigungsmittelgesetz (WRMG)

Hier im Blog wurde schon darauf hingewiesen, dass es eine Trinkwasserverordnung gibt, die Mindeststandards des zu liefernden Wassers festschreibt und dass diese Verordnung wohl auch den rechtlichen Rahmen definieren dürfte, der Ausschreibung und anschließender Vergabe zu Grunde liegen muss:
Man kann über die Qualität des Frechener Trinkwassers denken was man will, es entspricht der deutschen Trinkwasserverordnung. Inwieweit die Stadt Frechen bei der Trinkwasserqualität im Rahmen der 2020 anstehenden Neuausschreibung der Wasserversorgung die von der FDP geforderten nachfolgenden Punkte überhaupt als eigenständige Qualitätskriterien einfordern kann und darf, das steht in den Sternen.
Heute nun fand sich diese Einschätzung grundsätzlich bestätigt, denn die Stadtverwaltung ließ verlauten:
Die Verwaltung macht darauf aufmerksam, dass die Stadt Frechen das Verfahren für einen Vertragsabschluss transparent und diskriminierungsfrei zu gestalten hat. … Auf kritische Nachfragen und Hinweise aus der Bevölkerung hatte die Stadtverwaltung in der Bürgerversammlung darauf hingewiesen, dass der aktuelle Wasserlieferant seiner bestehenden Vertragsverpflichtung folge und die Bereitstellung des Trinkwassers ordnungsgemäß erfolge. Bei der Versammlung machte die Stadt auch darauf aufmerksam, dass es nach aktueller Rechtsprechung grundsätzlich unzulässig sei, ein bestimmtes Unternehmen vom vorgeschriebenen Verfahren auszuschließen. Bei der Gestaltung des neuen Liefervertrages hat die Stadtverwaltung Frechen nach EU-Recht zwingend darauf zu achten, dass sich jedes passende Unternehmen für die Wasserlieferung bewerben kann.
Mit anderen Worten: die Rheinenergie kann sich ebenso um den Trinkwasserliefervertrag bewerben, wie andere Anbieter auch und das Verfahren muss entsprechend transparent und diskriminierungsfrei ablaufen so dass sich jedes passende Unternehmen für die Wasserlieferung bewerben kann.

Passend kann dann bedeuten: das Unternehmen kann seiner Lieferverpflichtung in der durch die Trinkwasserverordnung vorgegebenen Qualität nachkommen.
Werden weitere, die Trinkwasserverordnung übersteigenden Qualitätsmerkmale gefordert, so wäre eine Klage eines unterlegenen Unternehmens wegen Diskriminierung nicht ausgeschlossen.





travelfox42, Freitag, 14. April 2017, 21:15
Der Nitratgehalt des Kölner Wassers liegt bei 21 mg/l. Das ist zwar noch unter dem europäischen Grenzwert von 50 mg/l, aber der Grenzwert für die Zubereitung von Babynahrung liegt bei 10 mg/l. Und welches Wasser soll ich nun zur Zubereitung der Milchfläschchen verwenden? Da bin ich nun gezwungen, abgepacktes Wasser bei Rossmann zu kaufen.

Aber Hauptsache, das Wasser entspricht der Trinkwasserverordnung mit dem viel zu hohen Nitratgehalt! Zur Erinnerung, die EU hat ein Verfahren gegen Deutschland wegen des hohen Nitratgehalts in die Weg geleitet. Das Wasser, was früher in Frechen geliefert wurde, hatte einen minimalen Nitratgehalt von ca. 2 mg/l...


antoine favier, Mittwoch, 26. April 2017, 00:04
Damit wir uns nicht missverstehen, je weniger Nitrat desto besser. Aber, die Frage ist, ob es im Rahmen der kommunalen Regelungskompetenzen möglich ist, bei der Wasserausschreibung schärfere Bedingungen festzuschreiben als die Trinkwasserverordnung fordert. Man könnte dies als Diskriminierung eines Anbieters auffassen.
Andererseits wäre das Modell ausbaufähig. Ich habe heute im Spiegel gelesen, dass alle Dieselfahrzeuge im Regelbetrieb ein Vielfaches des gesetzlichen Grenzwertes an Stickoxiden ausstoßen. Die EU will hier ein schärferes Vorgehen, Teile der Bundesregierung blockieren.
Im Gegensatz zum Nitrat weiß man, dass Stickoxide tödlich sind.
Könnte man dann nicht über ein lokales Verbot der Nutzung von Diesel-PKWs nachdenken?
Klingt absurd? Vermutlich, verweist aber darauf, dass nicht alles was wünschenswert wäre durch die Kommunen geregelt werden kann.
Ich vermute gleiches bei der Frage nach bestimmten Parametern unser Trinkwasser betreffend. Die von Wasserwerken zu liefernde Qualität wird durch die Trinkwasserverordnung definiert. Wer diese Qualität liefert kann sich an der Ausschreibung beteiligen. Wer im Rahmen der Ausschreibung das günstigste Angebot darstellt hat einen, so mein rudimentäres Ausschreibungswissen, rechtlich einklagbaren Anspruch, den Zuschlag zu bekommen. Das ist der Rahmen der hier vorgetragenen Argumentation. Und die Einlassungen der Verwaltung weisen m.E. auf genau diesen Sachverhalt hin. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.


travelfox42, Donnerstag, 4. Mai 2017, 12:27
Das Problem mit dem Vergaberecht habe ich noch nie verstanden: Wieso ist es denn vorgeschrieben, dass der günstigste Anbieter auszuwählen sei? Damit untergräbt man doch sinnvolle Vergleiche und Gewichtungen. Um es plakativ auszudrücken: einfach den billigsten Pfuscher nehmen, egal. Hauptsache billig. Als Privatmann würde ich das doch auch nicht machen, ich würde Angebote und Leistungen vergleichen und ggfs. auch den teureren Anbieter auswählen, wenn mir sein Angebot zusagt. Und eine Kommune darf das nicht?


antoine favier, Donnerstag, 4. Mai 2017, 13:12
Doch, in dem sie entsprechende Qualitätskritierien in der Ausschreibung fixiert. Unter denen, die diese Kriterien erfüllen ist aber der Preiswerteste zu nehmen. So mein einfaches Grundverständnis der öffentlichen Vergaben.
Beim Wasser ist ja dann die Frage, welche Qualitätskriterien festgelegt werden dürfen. Meine Aussage: diejenigen, die in der Trinkwasserverordnung festgelegt sind, aber nicht mehr ....

Was mich gestört hat: da wird eine politische Kampagne losgetreten, ohne dass von den Kampagnemachern klar kommuniziert wird, welche realen Handlungsmöglichkeiten eine Kommune hat. Und da der Kampagnentreiber Bestandteil der Jamaikakoalition ist, scheint niemand gewillt, den kommunalen Handlungsrahmen klar darstellen zu wollen.