Freitag, 15. September 2017
Die ganze Zeit überlege ich schon, ob ich über die Bundestagswahl schreiben soll … aber worüber soll man denn nun wirklich schreiben? Wo ist das Thema dieser Wahl?

Die Schulz-Hype? Ist seit Monaten durch und die SPD scheint eher auf dem Weg in die Depression.

Über die Bundeskanzlerin und ihren Wahlverein? Muttibashing? Macht die AfD ist also auch keine Alternative. Über das CDU-Wahlprogramm? So aussagekräftig wie die CDU-Wahlplakate.

Über Lindner? Ich habe gelernt, dass es nicht angeht, sich bei Politikerinnen über ihre Frisur, ihre Kleider oder ihr Schuhwerk auszulassen, da dieses als Form einer sexistischen Abwertung verstanden werden kann. Würde ich mich nun über Lindners Dreitagebart mokieren, müsste ich dann aus Gründen ausgleichender Gerechtigkeit auch bspw. über Katrin Göring-Eckardts Kleider, Hosen oder sonst was lästern.
Geht also auch nicht.
Andererseits gibt das FDP-Wahlprogramm auch nichts her. In Anlehnung an die letzte Presseerklärung der Frechener SPD kann man nur sagen: Alter Wein in digital aufgepeppten Schläuchen. Wer neoliberal will, hier bekommt er’s.

Was bleibt ist am Ende doch nur die SPD und die Frage, warum es so schief gehen konnte, wie es nun schief zu gehen scheint, oder anders formuliert: warum es so schief gehen musste.

Ich habe die ganze Zeit schon überlegt, wie ich Schulz mit einem Bild beschreiben soll, weil er ja einerseits ein netter Kerl ist, die SPD andererseits auch einiges getan hat, um programmatisch andere Zeichen zu setzen und trotzdem reagiert die Öffentlichkeit so desinteressiert und gelangweilt.

Gestern kam mir das Bild.

Auf mich wirkt Martin Schulz wie ein kleiner bellender Hund von dem Frauchen sagt "Der tut nichts, der will nur spielen."
Genau das ist es, was auf Dauer rüberkommt. Im Grunde will er da weitermachen, wo die Merkel aufgehört hat und seine "Angriffe" sind nicht ernst gemeint. Warum also Schulz wählen?

Das beschreibt m.E. das Problem des gesamten SPD-Wahlkampfs. Es ist der Partei weder mit der Person noch mit den programmatischen Inhalten gelungen der Öffentlichkeit klar zu machen, dass die SPD eine andere Politik will.

Das begann mit der leidigen Diskussion um die Koalitionsmöglichkeiten. Allen politisch interessierten war klar, dass Martin Schulz nur in einer rot-rot-grünen Koalition Bundeskanzler werden kann. Rot-Gelb-Grün hätte vielleicht auch funktionieren können, aber die Lindner-FDP zieht es ganz stark zur CDU. Schon alleine aus diesem Grund war die zweite Variante nur eine Scheinvariante.
Und was machen die SPD und Martin Schulz? Geben der LINKEN einen Korb. Offiziell weil die LINKE außenpolitisch nicht zuverlässig sei, vermutlich aber vielmehr deshalb, weil die LINKE die SPD immer an ihren Sündenfall Hartz IV erinnert. Die Wagenknecht als die Personifizierung des schlechten Gewissens der SPD….

Hartz IV ist ja auch so ein Punkt, mit dem Schulz hätte wuchern können. Seine ersten Hinweise, was er an den Hartz IV-Gesetzen ändern wolle wurden im eigenen Wählerklientel sehr positiv aufgenommen. Tja da hätte der Kandidat nachlegen müssen, das aber war nicht gewollt. Es sollte bei ein paar oberflächlichen kosmetischen Korrekturen bleiben.

Und dann kam der Dieselskandal und Frau Merkel präsentierte sich als die Schutzgöttin der Autoindustrie. Zwar war die göttin ein bisschen zornig, aber deswegen ließ sie trotzdem nichts auf die deutsche automobilindustrie kommen. Ein bisschen so wie Elternliebe, wenn das eigene Kind Dummheiten gemacht hat ....

Da hätte die SPD die Chance gehabt, sich als Schutzmacht aller Bürgerinnen und Bürger aufzuschwingen. Alle Menschen, auch die allerärmsten, haben das Anrecht auf saubere Luft, selbst wenn sie neben der dichtbefahrensten Straße wohnen. und wenn zum Schutz der Menschen Dieselmotoren aus dem Verkehr gezogen werden müssen, dann hat das zu geschehen. Und zwar auf Kosten derjenigen, die diese Dreckschleudern in den Verkehr gebracht haben.
Aber auch diese Chance wollte der Kandidat nicht ergreifen, denn es hängen ja viele Arbeitsplätze am Dieselmotor und was zählen da schon Menschen, deren Konstitution mit der Stickoxidbelastung nicht zurecht kommen?

Auch bei der Rente wäre die Kanzlerin angreifbar, denn à la Blüm findet sie, dass unsere Rentenversicherung um Grunde eine tolle Sache sei und Änderungen eigentlich überflüssig.
Ganz so sieht das der Kandidat nicht, jedoch will er und die SPD nur das weitere Absinken des Rentenniveaus für die Zukunft verhindern. Das ist was für einen wie mich, ein Mittelschichtler mit einem ordentlich bezahlten Arbeitsplatz. Die Altersarmut des unteren Drittels der Gesellschaft, der prekär Beschäftigten, derjenigen mit gebrochenen Erwerbsbiographien, bekämpft er mit diesem Vorschlag aber nicht. Hier wäre deutlich mehr möglich gewesen. Mit einem solchen Thema hätte die SPD auch bei Menschen punkten können, die schon lange nicht mehr wählen gehen, weil ihre alltäglichen Sorgen und Nöte von der Politik nicht aufgegriffen werden.

Man könnte die Liste beliebig verlängern: Europa, Türkei, Flüchtlinge, aber das würde zu keinen neuen Erkenntnissen führen. Es verfestigt sich nur der Eindruck, dass hier im Grundsätzlichen so weiter gemacht werden soll wie bisher, vielleicht mit einem bisschen mehr sozialdemokratischem Korrektiv, aber im Grunde wie Merkel, nur mit Bart.

Das ist irgendwie ein bisschen wenig. Also wurde die SPD wieder auf ihre Kernwählerschaft zurückgeworfen, die so irgendwo knapp oberhalb der 20% Marke zu liegen scheint.

Bedauerlich, man hätte die Wahl spannender gestalten können, wenn man sich in seinen Handlungsmöglichkeiten nicht selber zu sehr beschnitten hätte.




Freitag, 1. September 2017
Schon zwei Mal wurde hier im Blog ( hier und hier) über die Gesundheitsgefahren berichtet, die vom Quecksilber ausgehen, das von den Braunkohlekraftwerken emittiert wird.

Nun hat die EU-Kommission endlich entschieden und die Grenzwerte für den Ausstoß von Quecksilber und andere Schadstoffe deutlich abgesenkt.
Und was passiert? Die vier Braunkohleländer Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt schreiben die Wirtschaftsministerin B.Zypries an und fordern diese auf, gegen den Beschluss einzuschreiten und „alle politischen und rechtlichen Mittel auszuschöpfen“.

Die neuen Grenzwerte entsprächen nicht, so wird argumentiert, dem Stand der Technik und seien „absehbar nicht erreichbar“.
Tja, das ist nun blöde gelaufen, denn die EU-Mitgliedsländer haben den neuen Grenzwerte bereits im April 2017 mehrheitlich, d.h., gegen die Stimmen der Länder mit den größten Dreckschleudern, also Deutschland, Polen und Tschechien, zugestimmt. Aber so ist das halt bei einem Mehrheitsbeschluss: Mehrheit ist Mehrheit.

Nun ist Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz eine primäre Aufgabe der EU, insofern ist die EU aufgefordert einzugreifen, wenn die Gesundheit der EU-Bürgerinnen und Bürger gefährdet ist. Da die Emissionen aus den Kraftwerken sowohl gesundheitsschädlich als auch klimarelevant (Stickoxide) sind, war das Handeln der EU unumgänglich.

Und in Kenntnis der Tatsache, dass in den USA deutlich strengere Grenzwerte gelten und die US-Kraftwerke in der Lage sind, diese Grenzwerte einzuhalten, kann wohl auch das Argument vom „Stand der Technik“ in das Reich der Legenden verwiesen werden.

Es ist aber immer schön, wenn auch unser hiesiger Ministerpräsident A.Laschet findet, der Gesundheitsschutz der eigenen Bevölkerung habe einen geringeren Stellenwert als die „unnötigen“ Kosten für entsprechende Filtertechnologien.
Aber was dem einen sein Diesel ist dem anderen halt sein Braunkohlekraftwerk. Da darf weder die Gesundheit der Menschen noch der Klimawandel eine Rolle spielen. Hauptsache, die Gewinne der betroffenen Industrieunternehmen leiden nicht unter irgendwelchen einzuhaltenden Grenzwerten.

Ach ja, der Herr Lindner von der FDP hat ja bereits die neue Leitlinie politischen Handelns in dieser Frage ausgegeben. Er findet, dass die Grenzwerte soweit abgesenkt werden sollen, bis die betroffenen Industriezweige diese ohne Aufwand einhalten können. Die Idee kam ihm, als klar wurde, dass der deutsche Dieselmotor die Stickoxidgrenzwerte nur zu hohen Kosten würde einhalten können. Aber wie gesagt. was dem einen sein Diesel ist dem anderen sein Kraftwerk.

Also: eine geniale, weil auf andere Bereiche leicht übertragbare Idee.

Soll sich doch der Mensch im evolutionären Prozess beschleunigt an die für die deutschen Industrieunternehmen noch genehmen Grenzwerte anpassen und nicht umgekehrt.

Das hat sogar lokale Konsequenzen, auch hier in Frechen. Ich denke da nur an die hiesige FDP und ihre Trinkwasserkampagne. Zu viel Nitrat im Trinkwasser? Egal, der Grenzwert hat sich nach den Bedürfnissen der deutschen Landwirtschaft zu richten und nicht danach, was das Nitrat im menschlichen Körper anrichtet.

Also FDP Frechen: Vom Lindner lernen heißt siegen lernen, beerdigt die Trinkwasserkampagne.




Donnerstag, 3. August 2017
Thema: Zuckungen
Die Frechenschau hat ein Interview mit Susanne Detlaff, Leiterin der Abteilung Kommunale Liegenschaften und Wirtschaftsförderung der Stadt Frechen, geführt.
Thema war die Situation und die Entwicklungsmöglichkeiten der Frechener Innenstadt.
Das Lesen lohnt auf alle Fälle, mich hat aber insbesondere ein Aspekt massiv gestört. Dazu aber zuerst einmal der betreffende Auszug aus dem Interview:
Als Wirtschaftsförderin ist es Ihre Aufgabe, Geschäfte in die Innenstadt zu holen. Womit punkten Sie bei Interessenten?
(…)
Problem ist die Stellplatz-Thematik. Obwohl die Kaufkraft hoch ist und Investoren wissen, dass sie Umsatz generieren könnten, gehen sie doch lieber auf die grüne Wiese, wo die Leute mit dem Auto vorfahren können. Aber das sind alles Themen, die wir jetzt auch über die neue Stellplatzsatzung angehen können.

Brauchen wir denn mehr Parkplätze in der Innenstadt?
Eine Parkplatznot haben wir in der Innenstadt definitiv nicht, Parkplätze sind da. Der Parkplatz Matthiasstraße ist zum Beispiel nicht immer komplett besetzt. Das Parkleitsystem ist sicher noch verbesserungswürdig. Es ist Luxus auf städtischen Stellplätzen umsonst parken zu können, das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Und die gebührenpflichtige Tiefgarage unter dem Geschäftshaus mit Woolworth und Rossmann, dem Gold-Krämer-Haus und dem Rathaus ist auch oft nur zu fünf Prozent ausgelastet. Wir sind in intensiven Gesprächen mit dem neuen Besitzer, um die Tiefgarage mit einem System zu versehen, bei dem Kunden z.B. über die Einzelhändler die Parkgebühren erstattet bekommen. Die neuen Eigentümer tun jetzt auch etwas an der Attraktivität der Tiefgarage und haben in einem ersten Schritt die Entwicklung eines Sicherheitskonzepts beauftragt. Die Einfahrt an der Dr.-Tusch-Straße ist auch nicht gut wahrnehmbar, da muss man nochmal über ein Beschilderungssystem nachdenken – auch für die Fußgänger, damit die auch wieder in die Tiefgarage zurückfinden.
Womit wir mal wieder beim Thema sind, insbesondere auch vor dem Hintergrund der derzeitigen aktuellen Debatte über die Luftbelastung in unseren Städten hervorgerufen durch den Autoverkehr.

Ich lese, dass die gebührenpflichtige Tiefgarage unter dem Platz zur deutschen Einheit nur zu 5% ausgelastet ist. Jede/r der hier lebt, weiß warum, weil man nämlich in Frechen ansonsten überall kostenfrei parken kann.
Anstatt nun aber über die Folgen des kostenfreien Parkens nachzudenken, werden stattdessen Wege gesucht, das Parken in dieser Tiefgarage für Kunden des Einzelhandels auch kostenfrei zu machen.
Schon ein bisschen absurd, oder?

Jede innerstädtische Einkaufslage steht vor dem Problem, dass die großen Filialisten immer mehr Fläche fordern und der Meinung sind, der Kunde müsse ausreichend Parkplatz direkt vor der eigenen Filiale vorfinden. Also ziehen diese Geschäfte in die Gewerbegebiete und verlassen die Innenstädte.
Nicht nur in Frechen …

Da könnte man sich ja nun die Frage stellen, ob eine Ausweitung des Frechener „Alleinstellungsmerkmals“ der kostenlosen Parklätze wirklich eine Verbesserung darstellt. Gewinnt die Innenstadt an Attraktivität für diese Filialisten, wenn man nun weitere Parkplätze zur kostenfreien Nutzung zur Verfügung stellt?
Es ist zu vermuten, dass die Anzahl der kostenfrei zur Verfügung stehenden Parkplätze einen sehr geringen Einfluss auf die Attraktivität der Frechener Innenstadt hat.

Vielmehr sollte man sich dringend Gedanken machen, wie man den öffentlichen Nahverkehr ausbauen kann, damit die Frechener / -innen mit Bus und Bahn schnell und günstig in die Innenstadt kommen.

Ebenso wichtig wäre ein massiver Ausbau der Fahrradwege. Wer regelmäßig in Frechen Fahrrad fährt,
der kennt die obere Hauptstraße, die mit dem Rad nur bis zur Straßenbahnhaltestelle entgegen die Einbahnstraße befahren werden kann;
der kennt die untere Hauptstraße im Bereich rund um St.Audomar;
der kennt die Franz- und Franz-Hennes-Straße;
der kennt die Dr.-Tusch-Straße,
der kennt die Dürener Straße und die Blindgasse.
Und selbst Nebenstraßen wie die Alte Straße, die ja nicht einmal mehr durchgängig zu befahren ist, ist für Radfahrer/-innen kein Zuckerschlecken.

Um das Radfahren sicherer zu machen, müssten die frei verfügbaren Parkmöglichkeiten am Straßenrand massiv reduziert werden, da müsste man über eine kostenpflichtige Parkraumbewirtschaftung auf allen innerstädtischen Flächen und für alle Parkhäusern nachdenken, da müsste man den Mut haben, mobilitätslenkend einzugreifen, den eigenen Einwohnern über Kosten- und Nutzungskonzepte klar kommunizieren, welches Mobilitätsverhalten in der Innenstadt erwünscht ist und welches nicht.

Wobei andersrum auch ein Schuh draus wird: die seit Jahren praktizierte Inaktivität lässt nur einen Schluss zu: Politik und Verwaltung wollen den autofahrenden, parkplatzsuchenden Frechner in der Innenstadt.

In der Wirtschaft spricht man vom „disruptive change“, von umwälzenden Veränderungen, die bisherige Produkte völlig überflüssig machen. Vermutlich benötigt die Frechener Innenstadt einen ebensolche umwälzende Veränderung, um wieder an Attraktivität zu gewinnen.
Eine Option wäre beispielsweise eine komplette Neuordnung der innerstädtischen Raums, die zu einer massiven Reduzierung des Raumes führen muss, den man bisher dem Autoverkehr zur Verfügung gestellt hat.
Da wäre über eine Ausweitung der Fußgängerzone nachzudenken, da müsste das Parken am Straßenrand abgeschafft werden, da könnte das Frechener Parkhaus am Stadtsaal unter die Erde, da hat man den Parkplatz an der Synagoge, zentral gelegen, aber als Parkplatz eine einzige Raumverschwendung. Alles innerstädtische Flächen, die sicherlich attraktiver genutzt werden könnten (wobei, wenn man an den „Platz zur deutschen Einheit“ denkt …. Man kann Flächen auch massiv verhunzen.)

Man könnte sicherlich über einiges Nachdenken, solange jedoch das größte Hindernis für eine wirkliche Umgestaltung, das Auto und der dafür reservierte Raum in der Frechener Innenstadt als sakrosankt behandelt wird, solange wird es bei den kleinen Reparaturen bleiben, wird alles bleiben wie es ist.

Und mal ehrlich, das ist doch eine der Frechener Grundhaltungen – irgendwie hätte man es gerne anders, aber dafür doch bitte nicht an den bestehenden Verhältnissen rütteln. Und so wird der langsame Niedergang der Frechener Innenstadt sich fortsetzen.

Auch eine Form der Kontinuität….