so kommt der Mensch voran.“ (1)
Die zwei Schritte voran fanden vor der politischen Sommerpause statt, als einerseits fast 200 Eltern ihrem Wunsch nach einer Gesamtschule in Form eines Bürgerantrags Ausdruck verliehen und als dann ein von der Stadt beauftragtes Gutachterbüro der Stadt beschied, dass eine Gesamtschule für Frechen die vernünftigste Lösung sei.
Die Begründungen waren eindeutig:
Immer mehr Eltern wollen einen Gymnasialabschluss für ihre Kinder, immer weniger Kinder werden Förder- un d Hauptschulen besuchen. Diese Effekte lassen sich NRW-weit beobachten und die Qualität der einzelnen Schule spielt dabei keine Rolle. Selbst preisgekrönte Hauptschulen stehen vor dem Aus!
Dies führt in Frechen dazu, dass, wenn nicht gegengesteuert wird, innerhalb weniger Jahre die Hauptschule zu wenige SchülerInnen für einen regelhaften Betrieb haben, andererseits das Frechener Gymnasium auf massive Raumprobleme zulaufen wird.
Eine Gesamtschule wäre, so die Gutachter, in der Lage, sowohl das Hauptschulproblem zu lösen als auch das ungeregelte Wachstum des Frechener Gymnasiums in beherrschbare Bahnen zu lenken.
Vor der Sommerpause hatte man den Eindruck, dass fast alle Parteien gewillt seien, sich dem Thema unvoreingenommen zuzuwenden. Einzig die CDU zuckte und zögerte und konnte einen Änderungsbedarf nicht wirklich erkennen. Der CDU sei ins Stammbuch geschrieben, dass die NRW-Landesregierung erwartet, dass die Einschulungen an den Hauptschulen von 22.839 SchülerInnen (Schuljahr 2010/11) auf 3.420 SchülerInnen (Schuljahr 2016/17) zurückgehen werden. Damit ist kein Staat mehr zu machen. Verschärfend kommt hinzu, dass Hürth eine Gesamtschule eröffnen wird. Die Frechener Hauptschule wird mit Sicherheit SchülerInnen an diese neue Schule verlieren.
Auf der von nur wenigen Eingeweihten besuchten Informationsveranstaltung der CDU Ende August war denn wohl Tenor, dass die Frechener Schulwelt unverändert über die Zeit kommen soll. Ja, das mag den Traditionskompagnien der CDU so scheinen – da aber Eltern die Zukunft ihrer Kinder im Blick haben und nicht die hehre Vergangenheit des deutschen dreigliedrigen Schulsystems, wird es sich in kürzester Zeit weisen, dass die Zeit der Frechener Hauptschule abgelaufen ist.
Herr Uttecht seinerseits war auch etwas vorsichtiger, in einem Schreiben an die Mitglieder des Schulausschusses formulierte er, dass die Erfahrungen der Vergangenheit, dass, die Hauptschule also ihren Bestand mit mindestens 2 Zügen sichern und regelmäßig ausbauen konnte“ „genauso wenig als sicher gelten kann“ wie die Prognosen der Gutachter.
Spätestens aber mit der Hiobsbotschaft der wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen des größten Frechener Gewerbesteuerzahlers, der RWE Power AG, wird aus der Stadtverwaltung gegengesteuert.
Noch vor der Sommerpause hatte der Schulausschuss 2 Sondersitzungen ins Auge gefasst, um sich intensiv mit dem vorhandenen Schulangebot aber auch den möglichen Veränderungen auseinander zu setzen. Damals war geplant worden, Schulausschuss und Elternschaft gemeinsam mit den Informationen zu versorgen.
Das ist nun nicht mehr gewünscht. Die Informationsveranstaltung für den Schulausschuss soll von einem „noch später zu terminierenden Elterninformationsabend abgekoppelt“ werden. Diese Aussage lädt zu unterschiedlichen Interpretationen ein:
1. Eine gleichberechtigte Teilhabe der Eltern an Informationen und an der sich daraus ergebenden Diskussion über die Zukunft der Frechener Schullandschaft ist nicht erwünscht. Politik und Verwaltung wollen den Entscheidungen vorgreifen. Die Städte Pullheim und Rösrath haben es mit unterschiedlichem Erfolg vorgemacht, indem den Eltern nur eine Schulform, die Sekundarschule, angeboten worden ist.
2. Vor dem Hintergrund rückläufiger Steuereinnahmen will die Stadtverwaltung auf absehbare Zeit keine Veränderungen innerhalb der Frechener Schullandschaft, weil – logisch – Änderungen immer auch mit Bau- / Sanierungsmaßnahmen verbunden sind. Und das kostet Geld.
Zeitgleich und „sachlich richtig“ hat die SPD-Frechen ihre Pressemitteilung "Schullandschaft in Frechen" vom Juni 2012 aus dem Netz genommen – die Pressemitteilung klang zu sehr nach Veränderungswillen und das war denn doch nicht das, was der Frechener SPD gut zu Gesicht steht. (Wer vermutet, dass der strukturkonservative Grundzug der Partei vor Ort etwas mit der massiven Überalterung zu tun haben könnte, der liegt vermutlich richtig.)
Die Probleme werden dadurch aber nicht geringer. Es mag sein, dass es Verwaltung und großer Koalition gelingen wird, das Thema zu vertagen. Wer aber in diesen Kreisem glaubt wirklich, dass die Eltern sich so verhalten, wie von Politik und Verwaltung erträumt?
Ach ja, die Strophe von P.Pascal ging dann noch weiter:
und meistens dauert’s lang.
So oder so, auch die Frechener werden den gesellschaftlichen Wandel nicht aufhalten. Man kann ihn gestalten, man kann ihn erleiden. Die Frechener scheinen ein Faible für’s Erleiden zu haben, denn vor dem Gestalten schrecken sie zurück.
(1) Zugegebenermaßen hat sie „Drei Schritte vor und zwei zurück“ gesungen, aber mal ehrlich, andersrum passt es doch viel besser, oder?">
Effekt 1: die Lindenschule gibt derzeit Kinder an die Grundschule in Grefrath ab. Grefrath hat dieses Jahr 12 Schüler mehr als im Schulentwicklungsplan erwartet. Gleichzeitig ist bekannt, dass mindestens 15 Kinder aus Grube Carl ihre Kinder in Grefrath angemeldet haben.
Entsprechend fallen die Anmeldezahlen in der Lindenschule geringer aus. Diese Entwicklung sollte aber zeitlich begrenzt sein. Sobald die Eltern wissen, wann die Bautätigkeiten an der Lindenschule beginnen und wann der Neubau steht, werden die Kinder wieder an der Lindenschule angemeldet.
Effekt 2: die Burgschule, auch das ist zwischenzeitlich bekannt, leidet unter der fehlenden Sanierung, weswegen hier weniger Kinder angemeldetwerden als im Schulentwicklungsplan erwartet. Diese Kinder bevölkern wohl die Ringschule, mit dem Effekt, dass hier die Zahlen des Schulentwicklungsplans übererfüllt werden.
Insgesamt sind 438 Kinder in Frechen an den Grundschulen angemeldet worden. Damit wurden die Zahlen des aktualisierten Schulentwicklungsplans knapp getroffen.
Spannender ist das Thema weiterführende Schulen, denn erstmals gibt es keine verbindlichen Schulempfehlungen mehr. Den Eltern ist es freigestellt, wo sie ihre Kinder anmelden.
Die hier präsentierten Zahlen beziehen sich dabei auf die Anmeldungen der Kinder, gleichgültig, ob die Kinder in Frechen oder einer der Umlandgemeinden auf eine weiterführende Schule angemeldet wurden.
An dieser Stelle wurde schon früh die Vermutung geäußert, dass hiervon vorrangig die Schulen profitieren werden, die den Kindern das Abitur ermöglichen. Dies bestätigt sich nun, denn wurden 2009 und 2010 noch rund 43% der Frechener Kinder an einem Gymnasium angemeldet, so stieg die Quote vergangenes Jahr auf 48% und in 2012 sind es bereits knapp 55%. Nimmt man die Kinder dazu, die an einer Gesamtschule außerhalb Frechens angemeldet wurden, so steigt die Quote von 51% (2009) auf jetzt 64% (2012).
An dieser Stelle wurde ebenfalls darauf hingewiesen, dass die Frechener Förderschule im Anbetracht des gesellschaftlichen Wandels keine Chance mehr hat. Die Stadtverwaltung bestätigt diese Einschätzung, denn die Anne-Frank-Schule wird in der Statistik bereits nicht mehr aufgeführt. Im Gegenzug wird vermerkt, dass von den 49 Anmeldungen für die Hauptschule bereits 9 Kinder für den gemeinsamen Unterricht angemeldet wurden. Das entspricht einer Quote von knapp 20%. Ohne die Kinder mit Förderbedarf läge die Hauptschule bereits unter den Zahlen des Schulentwicklungsplans.
Hier wird ein schulischer Funktionswandel vollzogen, den viele Eltern noch gar nicht erkannt haben, da darüber bisher nicht offen gesprochen wird.
Die Realschulen, die die vergangenen Jahre sowohl relativ als auch absolut mit Zuwächsen glänzen konnte, verliert erstmals deutlich an Zuspruch, vergangenes Jahr wurden noch über 40% aller Kinder auf einer Realschule angemeldet. Dieses Jahr sinkt die Quote auf noch knapp 33%, absolut sind die Zahlen noch deutlicher: die Frechener Eltern haben 50 Kinder weniger an Realschulen angemeldet als noch vergangenes Jahr.
Beobachtbar ist auf alle Fälle, dass die Eltern sich immer stärker auf die Schulformen fokussieren, die den Kindern einen Abiturabschluss ermöglichen und dies ist nur der Anfang der Entwicklung. Es ist davon auszugehen, dass auch in den Folgejahren Gymnasium und Gesamtschule an Schülern hinzugewinnen, während Real- und Hauptschule an Bedeutung verlieren.
Eine Frage, die sich jedoch bei genauerer Durchsicht der Zahlen stellt, ist die nach den Inklusionsbemühungen von Realschule und Gymnasium. Hierzu stellt die Verwaltungsvorlage keinerlei Zahlen zur Verfügung. Das nährt zumindest den Verdacht, dass die Inklusion in Frechen möglichst nur an der Hauptschule stattfinden soll.
Das wird mittelfristig nicht funktionieren, vermutlich wissen das die führenden Köpfe in der Stadtverwaltung auch, aber: Inklusion kostet Geld und zwar genau dort, wo es der Stadt weh tut: im Gebäudebestand. Ein Blick auf das Raumkonzept der Lindenschule bestätigt diese Feststellung. Es ist ja nicht damit getan, irgendwo eine Rollstuhlrampe anzubauen. Nein, man braucht auch zusätzliche Räume für Therapien, für Kleingruppenarbeit und vielerlei Ansprüche mehr.
Weder das Frechener Gymnasium noch die Frechener Realschule sind darauf eingerichtet. Man darf gespannt sein, wie sich die Stadt dieses Themas annimmt.
Grundsätzlich ist daher die Frage zu stellen, wie mit den wachsenden Ansprüchen der Eltern nach Schulen, die zum Abitur führen, umgegangen werden soll. Sollen die Kinder weiterhin in Köln, Brauweiler, Kerpen oder Hürth zur Schule gehen? 30% der Johannesschulkinder bspw. wechseln nach Brauweiler(!), Knapp 8% der Frechener Kinder besuchen zusätzlich die Gesamtschulen in Bergheim oder Kerpen.
Es spricht vor diesen komplexen Veränderungen vieles dafür, sich Frechen endlich für eine Gesamtschule entscheidet, die einerseits von Beginn an den Ansprüchen der Inklusion genügt, da dieser Weg zwingend gegangen werden muss und es spricht alles dafür, dass eine Gesamtschule für alle Eltern, deren Kinder keine eindeutige Gymnasialempfehlung haben, die aber trotzdem auf dem Gymnasium angemeldet werden, eine sinnvolle Alternative darstellen würde.
Die Vorteile einer Gesamtschule sind bekannt: 9 Schuljahre bis zum Abitur, kein Abschulen, längerer gemeinsamer Unterricht.
Es ist an der Zeit, dass die Stadt ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Errichtung einer Gesamtschule bekundet. Sobald klar ist, dass die Stadt einem derartigen Elternwunsch folgen wird, ist absehbar, dass die notwendige Anzahl an interessierten Eltern zusammen kommen wird.
Die letzte Schulausschusssitzung hat sich nicht nur mit der Sanierungswürdikeit der Toiletten der Burgschule beschäftigt. Auf der Tagesordnung stand auch die Frage der fehlenden OGS-Plätze.
Überraschenderweise hat die Presse dieses für viele Eltern brennende Problem nicht aufgegriffen. Noch überraschender, dass der eloquente und engagierte Vortrag der Rektorin der Ringschule, Frau Brück, keine Resonanz fand.
Frau Brück setzte sich, m.W. erstmals massiv mit den Vorwürfen auseinander, die die Stadtverwaltung gegen die Grundschulen erhebt. Die Verwaltung argumentiert, dass die räumlichen Anforderungen des OGS-Modells an den Innenstadtschulen nicht mehr befriedigt werden können. Eine bessere Versorgung mit OGS-Plätzen sei aber möglich, wenn die Schulen sich vom additiven Modell, also dem räumlichen nebeneinander von Schule und Betreuung, verabschieden würden.
Dank Frau Brück wissen wir jetzt, dass die Ringschule mit einer Infrastruktur von 75 OGS-Plätze 126 Kinder versorgt und neben den OGS-Räumen bereits die meisten Klassenräume hierfür verwendet. Keine Ahnung welchen Namen die Stadtverwaltung für dieses Modell gefunden hat - mir kommt dabei nur ein Name in den Sinn: Sparschweinmodell.
Es sieht nach diesem Vortrag viel mehr so aus, als ob die Stadtverwaltung ihre eigene Untätigkeit hinter Vorwürfen an die Adresse der Grundschulen zu verstecken versucht. Ein Ablenkungsmanöver und noch nicht einmal ein elegantes!
Hierzu habe ich einen Brief einer Mutter der Ringschule erhalten, denn ich gerne und in voller Länge veröffentliche:
Über den Tagesordnungspunkt der Schulausschuss-Sitzung „Betreuungssituation an den Frechener Grundschulen“ berichtet [die Presse] leider nicht. Die Anmeldezahlen lassen mich als berufstätige Mutter zittern und ich hoffte, Antworten in der Sitzung des Schulausschusses zu bekommen. Wann und vor allem wie wird entschieden, wer in den Genuss eines OGS-Platzes im neuen Schuljahr kommt?Insbesondere der Schlussabsatz des Schreibens der Rektorin der Ringschule fasst die ganze OGS-Problematik zusammen: Aus den Schulen wurde vielfach, sowohl mündlich wie schriftlich, darauf hingewiesen, dass der steigende Betreuungsbedarf zu massiven Problemen führen wird.
Ich bin bereits Mutter eines OGS-Kindes an der Ringschule und mein zweites Kind wird dieses Jahr dort eingeschult. Für die OGS der Ringschule liegen 22 überzählige Neuanmeldungen und 16 Kinder auf der Warteliste vor.
Diese Zahlen sind für mich wie ein Dèjá-vu-Erlebnis. Bereits 2009 versetzte der Ansturm auf die OGS-Plätze die berufstätigen Eltern in Angst und Schrecken. Die Ringschule schafft es seitdem, 126 Kinder in Räumlichkeiten, ausgelegt für 75 Kinder, zu betreuen. Hautnah erlebe ich wie engagiert und effektiv die Schulleitung, das Lehrerkollegium und das Betreuungsteam den Anforderungen eines so großen Schulbetriebes gerecht werden.
Die Direktorin der Ringschule, Frau Brück, nutzte sehr engagiert ihre freie Zeit, um während der Sitzung des Schulausschusses die derzeitigen OGS-Abläufe und Nutzung der Schulräumlichkeiten außerhalb des Unterrichts anschaulich zu schildern. Der Schule ist es gelungen, die Qualität des Unterrichts und der Betreuung trotz Massenansturm auf hohem Niveau zu halten. Dies wurde erst kürzlich durch die Bezirksregierung Köln in einer Qualitätsanalyse der Ringschule bestätigt.
Der gute Ruf lockt Eltern aus anderen Bezirken zur Ringschule. Und dank der Entscheidungsfreiheit bei der Schulwahl, hat nun die Ringschule den Schwarzen Peter der hohen Anmeldezahlen.
Politik und Verwaltung sehen als Lösung die Umgestaltung der Betreuungsform. Da frage ich mich als Mutter, warum soll eine Schule die Qualität ihrer OGS herabsetzen, da andere Schulen nicht die Mittel erhalten, ihre Qualität zu steigern?
Hier erwarte ich effektives Handeln von Politik und Verwaltung. Schaue ich mir allerdings den Umgang mit dem Thema Sanierung der Schultoiletten der Burgschule an, ahne ich wohl, was ich zu erwarten habe.
Und nun zittere ich weiter bei der Frage, bekomme ich einen OGS-Platz und wenn ja, in welcher Qualität?
Diese aufgezeigte Entwicklung war schon 2009 absehbar und hätte mittel- und langfristig durch entsprechende Maßnahmen wie z.B. die Wiedereinführung der Schulbezirke, Beschränkung der Zügigkeit, die Beibehaltung der Auswahlkriterien und / oder die Enführung sog. „OGS-Schulen“ als Steuerungsinstrument verhindert werden können. Hierzu hat es, und das sei ausdrücklich festgestellt, an Hinweisen meinerseits in zahlreichen Gesprächen und schriftlichen Darlegungen nicht gefehlt.Wer das Thema aus Elternsicht in den vergangenen Jahren begleitet hat, dem fällt auf, dass die Stadtverwaltung sich auf die Abschaffung des „additiven Modells“ kapriziert hat, obwohl die Schulen regelmäßig zurückgemeldet haben, dass die Räumlichkeiten der Schule bereits in die Betreuung einbezogen werden, um eine geordnete Betreuung überhaupt zu ermöglichen.
Vielleicht sollte hier einmal Klartext geredet werden: eine Weiterentwicklung der OGS im Sinne der Überwindung des „additiven Modells“ bedeutet eine Entscheidung für einen gebundenen Ganztag im Primarbereich. Dafür gibt es bisher keine gesetzliche Grundlage im NRW-Schulgesetz. Nun könnte die Stadt ja hingehen und sagen: wir wollen eine andere gesetzliche Grundlage, werben wir hierfür, suchen wir Verbündete, tun wir alles, um zum gebundenen Ganztag im Primärbereich zu kommen. Vielleicht auch nur im ersten Schritt in Form einer Modellschule. Denkbar ist vieles, erkennbar ist nichts.
In der Aussensicht stellt es sich so dar, als ob die Stadtverwaltung warnende Hinweise seit 2009 missachtet hat und in der Tradition eines früheren Kanzlers, versucht hat, das Problem auszusitzen. Wurde kritisch hinterfragt verwies man bisher auf den Gedanken der „Überwindung des additiven Systems“, der aber an keiner Stelle dahingehend konkretisiert wurde, dass der Öffentlichkeit aufgezeigt wurde, was man bis wann machen wird, um eine Ausweitung der Betreuung zu gewährleisten. Erinnerlich sind mir beispielsweise noch Aussagen des zweiten Beigeordneten, der das Beharrungsvermögen des Lehrkörpers als größtes Hindernis bei der Umsetzung bezeichnete. Da bis heute niemand weiß, was man bis wann wie umsetzen soll, um die Betreuungssituation zu verbessern, läßt sich konstatieren, dass nicht das Beharrungsvermögen des Lehrkörpers das Problem darstellt, sondern die Konzeptionslosigkeit von Stadtverwaltung und Politik.
Die Zahlen wurden auf einer öffentlichen Informationsveranstaltung präsentiert. Der Hürther Bürgermeister bat, darum, "die Zahlen erstmal auf sich wirken zu lassen, bevor Entscheidungen getroffen würden."
Also lassen wir die Zahlen auf uns wirken und wirken und wirken und wirken.
Nachdem die Zahlen nun gewirkt haben, lassen sich Schlussfolgerungen ziehen. So beispielsweise folgende der CDU-Hürth:
Sie wertete die Zahlen zunächst als klares Bekenntnis der Eltern für das Gymnasium. Es sei deutlich geworden, so die CDU, dass sich die meisten Eltern, bei einer Gymnasialempfehlung ihres Kindes, nicht für die Gesamtschule entscheiden würden.Ja, so kann man die Zahlen auch bewerten, aber das war nicht die Frage. Die Frage lautete: wer will eine Gesamtschule und die Antwort ist eindeutig: DIE MEHRHEIT! Mehr als 50% der abgegebenen Stimmen votierten für eine Gesamtschule. Klarer kann ein Ergebnis kaum ausfallen.
Aber zurück zur CDU. Diese hat ein kleines Problem mit dem Ausgang der Befragung. Und dieses Problem versteckt sich im obigen Zitat in der Formulierung "die meisten Eltern". Denn es gibt, so hat es den Anschein, rund ein Drittel der Eltern, die ihre Kinder mit einer eindeutigen Gymnasialempfehlung bisher auf ein Gymnasium geschickt haben, diese aber lieber auf einer Gesamtschule sähen. Der Grund ist ein einfacher und er ist bekannt: nicht alle Eltern finden das Turboabitur turbogeil. Diese Eltern haben ihre Kinder eher zähneknirschend auf's Gymnasium geschickt, da es vor Ort keine Alternative hierzu gab. Eine Gesamtschule stellt dies Alternative dar. Oder in Zahlen ausgedrückt: aktuell besuchen 53% der Hürther Kinder das Gymnasium, wird die Gesamtschule gegründet, so könnte dieser Anteil auf 28% sinken. (Ganz so schlimm wird es für's Gymnasium nicht kommen, aber mit Schülerverlusten muss ernsthaft gerechnet werden.)
Bringt man das Verhalten in einen sachlichen Zusammenhang, so kann man festhalten, dass CDU und FDP alles getan haben, um die Gesamtschule wieder populär zu machen, indem sie gegen den Willen vieler Eltern das Gymnasium um ein Schuljahr verkürzt haben. So müssen CDU und FDP sich nun gegen eine von Eltern gewünschte Gesamtschule stemmen, um das Gymnasium zu schützen. Dummerweise jedoch nicht vor irgendwelchen linken Reformen, sondern vor Eltern, deren freie Entscheidung beide Parteien befürworten, nur weil sich viele Eltern gegen eben jene Reform stellen, die von CDU und FDP gewollt wurde.
Noch viel gnadenloser urteilen die Eltern aber über die Hauptschule. Noch sage und schreibe 2% der Eltern sehen in der Hauptschule die Schule für ihre Kinder. Wer nach dieser Befragung noch erklärt, es gäbe einen Elternwillen für eine Hautpschule, der lügt nicht nur sich in die Tasche.
Und die Realschule? Die hat noch eine Lobby, aber ein rückläufiger Trend ist beobachtbar. Die Diskussionen in Hürth sprechen da auch eine klare Sprache. Für die Gesamtschule wird die Verwendung der Realschulgebäude erwogen, die Realschule soll in die Räumlichkeiten einer Hauptschule umziehen.
Strukturell ergibt sich hieraus, dass eine Zusammenlegung von Haupt- und Realschule, sei es als Verbundschule sei es als Sekundarschule nur noch wenig entgegenstünde.
Welche Zukunftschancen jedoch haben Schulformen, deren Wert die Eltern nicht mehr erkennen können?
Die weitere Entwicklung der Hürther Schullandsschaft wird spannend und sie wird Rückwirkungen auf Frechen haben.
So erklärte Gisela Krusenberg, Leiterin der Gemeinschaftshauptschule Herbertskaul in Frechen noch im Juli 2011:
In der Frechener Schullandschaft laufe es gut, für sie gebe es keinen Anlass, etwas zu ändern. Dass in Frechen Haupt- und Realschule in absehbarer Zeit zusammengelegt werden müssen, glaubt Krusenberg nicht: „Nein, in beiden Schulen läuft es ganz gut.“ Die nächste Gesamtschule liege weit entfernt von Frechen: „Wenn das nicht so wäre, dann hätten wir ein Problem. Das wäre der Tod der Hauptschule.“Nun aber rückt die Gesamtschule näher an Frechen heran. Werden die Hürther Planungen umgesetzt, dann liegen nur 9 Kilometer zwischen der Frechener Innenstadt und der Hürther Gesamtschule. Kein wirklich langer Weg mehr.
Und so rückt näher, was Frau Krusenberg befürchtet, eine Gesamtschule, die den "Tod der Hauptschule" bedeuten wird.
Im Dezember vergangene Jahres haben wir an dieser Stelle darüber berichtet, dass für das kommende Jahr wohl zu wenige OGS-Plätze an den Frechener Grundschulen zur Verfügung stehen werden.
Von der Burgschule und der GSG Grefrath wird zurückgemeldet, dass eine Aufnahme weiterer Kinder aufgrund der unzureichenden Situation im Essensbereich nicht möglich ist. Die Mauritius- und die Edith-Stein-Schule erklären wohl, dass sie alle gemeldeten Kinder aufnehmen wollen. Die Johannesschule sucht nach Mittel und Wegen, alle Kinder aufzunehmen, weiß aber nicht, ob es klappen wird.
Wohingegen Linden- und Ringschule heute schon wissen, dass die Anmeldungen die Kapazitäten deutlich überschreiten.
Insbesondere die Situation an der Lindenschule kommt nicht unerwartet. Bereits im September 2010 hat die Bürgerinitiative Grube Carl darauf hingewiesen, dass der Hort im Kindergarten St.Barbara im Sommer 2012 schließen wird. Damit entfallen im Bereich der Lindenschule 25 Plätze, die durch die OGS ersetzt werden müssen. Eine Reaktion der Stadtverwaltung oder der Politik auf diesen Hinweis fand nie statt. Nun fehlen an der Lindenschule nicht nur 25 sondern sogar 34 Plätze. Man hätte es wissen können!
Aktuell regiert wohl in der Stadtverwaltung das Prinzip Hoffnung:
Man hofft, dass es Eltern gibt, die ihre Kinder doch nicht anmelden.
Man hofft, dass die Bemühungen an den Schulen dazu führen, dass mehr Kinder aufgenommen werden können als geplant.
Vielleicht hofft man auch darauf, dass es Kinder gibt, die Mittags nicht essen wollen.
Der Bürgerantrag, mit dem beantragt wurde, die Mittel für den notwendigen Ausbau der OGS-Plätze zur Verfügung zu stellen, wird durch die Verwaltung hinhaltend beantwortet.
Die bei der Bereisung der Betreuungsangebote an Grundschulen und den Offenen Ganztagsschulen festgestellten Fehlbedarfe an Räumlichkeiten im Rahmen der Essensversorgung fließen in die anstehenden Haushaltsberatungen mit ein.Wie sang schon Katja Ebstein:
Da der Stadt nur eingeschränkte Finanzmittel zur Verfügung stehen, kann eine definitive Aussage dazu erst nach Beendigung der Haushaltsberatungen und entsprechender Verabschiedung des Haushaltes durch den Rat der Stadt Frechen am 20.03.2012 gemacht werden.
Wunder gibt es immer wieder
heute oder morgen
können sie geschehn.
Darauf werden betroffene Eltern wohl warten müssen. Andernfalls droht die Stadt mit der Wiedereinführung eines Kriterienkatalogs für die Vergabe der OGS-Plätze. Nachdem die bestehenden Betreuungsverträge durch die Stadt nicht fristgerecht gekündigt wurden, wird dies insbesondere die Eltern der Erstklässler treffen. Andererseits ist der Kriterienkatalog von einer derartigen Unschärfe, dass davon auszugehen ist, dass alle Eltern auf die eine oder andere Weise einen Anspruch auf einen Platz haben werden:
Der Katalog bestimmt:
Kriterien(..) für die Vergabe der OGS Plätze (…):
Schüler der jeweiligen Grundschule
Geschwisterkinder
soziale Härtefälle
Kinder von berufstätigen alleinerziehenden Elternteilen
Kinder von zwei berufstätigen Elternteilen
sollten mehr Anmeldungen vorliegen, als Plätze vorhanden sind und sollten die vorgenannten Kriterien in gleicher Weise erfüllt sein, entscheidet das Los.
Insbesondere der letzte Punkt erfreut mein Herz. Ich stelle mir vor, wie unser Oberbürgermeister – unter notarieller Aufsicht versteht sich, die letzten OGS-Plätze unter reger Teilnahme der Eltern im Ratssaal verlost. Wir in Frechen spielen nicht Lotto, wir spielen OGS.
Seit nunmehr mindestens 4 Jahren begleitet uns Grundschuleltern das leidige Thema der fehlenden OGS-Plätze.
Erstmalig 2009 machten Eltern massiv Druck, um dringend notwendige OGS-Plätze einzufordern. Dieser akute Bedarf wurde mit Hilfe der inzwischen überall sichtbaren roten Container gelöst. Die GSG Grefrath bekam einen zusätzlichen Anbau. Auch die Edith-Stein-Schule kommt bisher ohne Container aus.
Schon 2009 war jedoch absehbar, dass der Bedarf weiter ansteigen wird. Das hat sich zu jedem Schuljahresbeginn bestätigt. Die Stadt steht inzwischen vor zwei grundlegenden Problemen:
- die Schaffung neuer Betreuungsplätze kostet Geld, pro Betreuungsplatz kalkulierte die Stadt in 2010 mit einem Aufwand von 12.000 Euro.
- An den Schulen fehlt der Platz für zusätzliche Erweiterungsbauten.
Mit anderen Worten: selbst wenn die Stadt die finanziellen Mittel für die Erweiterung der OGS in die Hand nehmen will, so fehlt es an den Schulen an Platz, um weitere Räumlichkeiten zu errichten
Es ist klar, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen nicht spontan 2009 aufgetreten ist, sondern dass wir heute darunter leiden, dass die Stadt Frechen sich jahrelang davor gedrückt hat, sich des Themas OGS anzunehmen. Aus diesem Grund hechelt die Stadt nun dem aktuellen Bedarf hinterher. Und alle bisherigen Versuche, eine Lösung zu finden scheitert daran, dass der Bedarf an Betreuungsplätzen immer über den städtischen Prognosen liegt. Noch vor 2 Jahren plante die Stadt eine Betreuungsquote von 60% und alle Hinweise, dass eine Betreuungsquote von 60% nicht ausreichen würde, wurden zurückgewiesen. Bei den Neuanmeldungen für das Schuljahr 2012/13 liegt der gemeldete Bedarf bereits bei 66%, an einzelnen Schulen sogar bei über 75%.
So geht die Stadt nun davon aus, dass insbesondere an der Ringschule, der Edith-Stein-Schule, der Johannesschule und an der Lindenschule mit „nicht unerheblichen Engpässen“ gerechnet werden muss. Speziell für die Lindenschule kommt dieser Engpass nicht überraschend und er muss der Stadt bekannt sein, denn schon 2010 wurde sie darauf hingewiesen, dass die derzeit noch vorhandenen 25 Hortplätze im nahegelegenen Kindergarten St. Barbara (Grube Carl) Mitte 2012 wegfallen werden.
Die Stadt hat nun den einen oder anderen Bauerntrick versucht, 2010 bspw. meinte sie das Problem dadurch lösen zu können, dass sie die Anzahl der OGS-Plätze einfach einfriert, anscheinend in der seltsam anmutenden Erwartung, dass fehlende Plätze automatisch den Bedarf der Eltern nach einer verlässlichen Betreuung reduziert. Seit 2010 ist die Stadt jetzt dabei, Umstrukturierungen zu propagieren, soll heißen, in den Schulen eine bessere Raumnutzung zu erreichen, um so mehr Plätze anbieten zu können.
Aber auch die Umstrukturierungen stoßen an natürliche Grenzen. Und diese Grenze heißt: Mittagessen. Mehr Kinder bedeutet, dass die Küchen und Kantinen der Schulen ausreichend groß sein müssen, um die Kinder in einer angemessenen Zeit mit ausreichendem (und gutem) Essen zu versorgen. Viele Küchen und Schulmensen sind aber heute bereits an ihren Kapazitätsgrenzen angelangt. Auf diesen Aspekt wurde die Stadtverwaltung im letzten Schulausschuss durch eine Schulleiterin ausdrücklich hingewiesen.
Allein, alle diese Maßnahmen kommen zu spät! Der Bedarf steigt deutlich schneller als erwartet. Die Stadt kommt mit der Umsetzung der von ihr geplanten Maßnahmen nicht hinterher.
Vor diesem Hintergrund schreibt die Stadtverwaltung in einer Vorlage, dass „damit gerechnet werden muss (…), dass (…) nicht alle angemeldeten Bedarfe gedeckt werden können. Entsprechende Überlegungen sind sicherlich im Rahmen der bevorstehenden Haushaltsberatungen anzustellen; die Wiedereinführung eines Kriterienkataloges sollte in diese Überlegungen mit einfließen.“
In eine sachliche Ordnung gebracht, bedeutet dass: die Stadt prüft, ob sie, vielleicht unter Einsatz weiterer finanzieller Mittel, zusätzliche OGS-Plätze schaffen kann. Sollte dies jedoch nicht bis zum Schuljahresbeginn 2012/13 gelingen, so müssen wir Eltern damit rechnen, dass nicht alle Kinder den benötigten Betreuungsplatz bekommen werden.
Und mal ehrlich, wie und wo will die Stadt denn zusätzliche Plätze schaffen? Das Aufstellen weiterer Container ist bspw. weder an der Lindenschule noch an der Ringschule denkbar. An welchen Schulen ausreichend Raum und Küchenkapazität für die Mittagsversorgung weitere Kinder besteht, wurde bisher nicht dokumentiert. Zudem hat es die Stadt selten geschafft, neue Container punktgenau in Betrieb zu nehmen. An der Lindenschule brauchte es 2009 größeren öffentlichen Druck, um zu erreichen, dass die neuen Container für die OGS mit nur 2monatigen Verspätung genutzt werden konnten, die Realschule wird ihre Container mit nur 4monatiger Verspätung einweihen. Mit anderen Worten: die Stadt müsste bereits jetzt in die konkreten Planungen eintreten, um zum Schuljahresbeginn 2012/13 die notwendigen Räumlichkeiten zur Verfügung stellen zu können. Wer glaubt denn daran? Der finanzielle Aspekt des Problems wurde in die Haushaltsberatungen geschoben, die erst in den kommenden Wochen beginnen werden. Die inhaltlichen Aspekte will die Stadtverwaltung derzeit nicht diskutieren.
Die Stadt denkt daher aktiv über die Einführung eines Kriterienkatalogs nach. Das wird bedeuten, dass alle Eltern die Betreuungsnotwendigkeit für ihr Kind werden belegen müssen. Auch Eltern, deren Kinder bereits in der Betreuung sind, müssen sich auf eine Überprüfung einstellen. Die Stadt wird niemandem eine Platzgarantie aussprechen können.
Eine Mutter hat zwischenzeitlich einen Bürgerantrag eingereicht, mit dem die Stadt aufgefordert wird, ausreichende finanzielle Mittel zur Beseitigung des absehbaren Engpasses bereit zu stellen. Es bleibt zu hoffen, dass sich weitere Eltern dieser Initiative anschließen. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre kann der öffentliche Druck gar nicht groß genug sein.
Am 27. September beantragte die SPD-Fraktion, die Verwaltung solle die Möglichkeiten einer Sekundarschule in Frechen prüfen. Die zentrale Begründung lautete:
„Nach unserer Auffassung sollte die Sekundarschule in Frechen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichten.
Die Sekundarschule ist eine neue Schulform, die es der Stadt Frechen als Schulträger erlauben würde, dem Elternwunsch nach längerem gemeinsamen Lernen nachzukommen und die so flexibel ist, dass ihre Integration in die Frechener Bildungslandschaft eher möglich scheint, als dies z. B. bei einer Gesamtschule der Fall wäre.“
Nach dem nun der erste Beigeordnete Uttecht auch ein Genosse ist, dürfen wir annehmen, dass auch Genosse erster Beigeordneter von diesem Antrag nicht überrascht wurde. Zudem dürfen wir die Vermutung äußern, dass die Antragsteller das Ergebnis der letzten Elternbefragung bereits kannten, als dieser Antrag formuliert wurde. Der Antrag ist demnach eine Reaktion auf die Befragung, die ergab, dass nur noch 3% der befragten Eltern ihr Kind auf der Hauptschule zu sehen wünschen. Ein klarer Hinweis darauf, dass die Frechener Hauptschule um ihre Existenz fürchten muss.
Im September jedenfalls verspürte die SPD und der Genosse erster Beigeordneter noch einen gewissen Handlungsdruck, der aber spontan nachließ, als sich Eltern in die Debatte einmischten mit der Forderung, das Thema offen und unter ihrer Beteiligung zu diskutieren. Eltern aber, die nun auch noch eigenständige Forderungen erheben, sich gar noch für eine Gesamtschule aussprechen, sind der Frechener Politik gänzlich suspekt. Der erste Genosse Beigeordnete erklärt daher am 22. November im der Kölnischen Rundschau: „Wir haben keinen Druck, das Schulsystem zu verändern.“ Ein klares Zeichen, dass der Genosse erster Beigeordneter diese Debatte nicht mit den Eltern zu führen wünscht und eine Gesamtschule wohl scheut wie der Teufel das Weihwasser.
Des Genossen Beigeordneten erste Minenhündin, die SPD-Sprecherin im Schulausschuss Frau Doris Steinmetzer steht nun da wie ein begossener Pudel, hat sie doch den Antrag eingereicht und begründet. Aber so ist es bei einem überhasteten Rückzug, es gibt Kollateralschäden. Nicht schön aber unvermeidlich.
Damit wir uns aber nicht falsch verstehen: das ist kein reines Genossenproblem. Vergangenes Jahr baten die Schulpflegschaften den Schulausschuss um einen „runden Tisch“, eine jährliche Konsultationsrunde, mit dem Ziel, mögliche Probleme und Befindlichkeiten frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Dieser Vorschlag wurde von allen Fraktionen gemeinsam abgebügelt.
Der Schlüsselsatz stammte dabei von der CDU-Fraktionsvorsitzenden Stupp und er begegnet uns nun laufend und er lautet: „Politik wird im Rat gemacht!“ was aber nur heißen soll: Politik wird nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern gemacht, Politik machen unsere Frechener "Politprofis" alleine und nach eigenem Gusto und unsere Frechener "Politprofis" wissen, was der tumbe Frechener Michel braucht.
Dumm nur, dass der Frechener Michel weniger tumb ist als es sich unsere "Politprofis" so vorstellen.
Am 1. September reichte die CDU den Antrag in den Schulausschuss, die Stadtverwaltung solle doch bitte prüfen, ob die zwischenzeitlich gesetzlich mögliche Sekundarschule nicht für Frechen genutzt werden könnte. Die CDU hat dazu ausführlich aus den Unterlagen des NRW-Bildungsministeriums zitiert. Es machte den Eindruck, als hätte die CDU-Fraktion sich mit dem Thema auseinandergesetzt.
In den ministeriellen Papieren steht auch eindeutig, dass eine Sekundarschule im Regelfall aus der Fusion von Haupt- und Realschule entsteht. Also eine klare Sache: Die Stadtverwaltung soll, so will es die CDU-Fraktion, prüfen, ob Haupt- und Realschule zur Sekundarschule fusioniert werden sollen.
Da dadurch die bisherige Schulstruktur in Frechen grundsätzlich verändert würde, baten die Schulpflegschaften um eine neue Befragung der Eltern, deren Kinder von diesen Veränderungen ja massiv betroffen sein werden. Zugleich baten die Schulpflegschaften, auch den Wunsch nach einer Gesamtschule abzufragen, da eine Fusion von Haupt- und Realschule nicht zwingend zu einer Sekundarschule führen muss, sondern aus dieser Fusion auch eine Gesamtschule hevorgehen kann, einer Schule also, die neben den bisherigen Abschlüssen auch das Abitur anbieten würde.
Mit Datum vom 8. November rückt die CDU-Fraktion von ihrem alten Antrag wieder ab, aber von hinten durch die Brust ins Auge. Zwar wünscht auch die CDU-Fraktion eine neue Befragung der Eltern, jedoch sollen die abzufragenden Schulformen so ausgeweitet werden, dass keinesfalls mit verwertbaren und eindeutigen Ergebnissen zu rechnen ist. Abgefragt werden soll nun:
Sekundarschule
Gesamtschule
Gymnasium
Hauptschule
Mit der Begründung, es seien ja alle Schulen in Frechen vorhanden.
Bezüglich der Hauptschule verweise ich an dieser Stelle nur auf die dieses Frühjahr erfolgte Elternbefragung der Grundschüler: ganze 3 Prozent der Eltern spachen sich für die Hauptschule aus.
(Kurze Anmerkung: welcher Absicht steckt dahinter, die Realschule nicht aufzuführen? Hat die CDU-Fraktion etwas gegen die Realschule? Glaubt die CDU-Fraktion, die Sekundarschule sei einzig eine Umbennenung einer Realschule?)
Das ist absurd. In jeder Hinsicht.
Nochmals der CDU-Fraktion ins Stammbuch geschrieben:
Wer eine Sekundarschule will, entscheidet sich klar gegen die bestehende Real- und Hauptschule.
Soll dies in Frechen gemacht werden, so haben Eltern einen Anspruch, darüber frühzeitig informiert zu werden und darüber mitreden zu dürfen - es geht ja um ihre Kinder.
Und wenn eindeutige Befragungsergebnisse gewünscht sind, dann ist es Auftrag der Politik / der Stadtverwaltung, eine klar strukturierte Befragung durchzuführen. Alles andere kann nur so gedeutet werden, dass zumindest die CDU-Fraktion die Wünsche der Frechener Eltern lieber nicht so genau wissen will.
Im zweiten Schritt nehmen wir die Befragung der Eltern der Drittklässler der Grundschulen bezüglich des elterlichen Schulwunsches für ihre Kinder. Die Eltern, die geantwortet haben wünschen sich zu 60% das Gymnasium, zu 23% die Realschule zu 11% die Gesamtschule und zu 2% die Hauptschule.
Damit das nicht so ganz leer im Raum steht, übertragen wir nun die Wunschwerte der Eltern auf die aktuelle Gesamtschülerzahl der weiterführenden Schulen (wobei der Gesamtschulwunsch „umgelegt“ wird) und tun so als wäre der Wunsch schon Realität, nur um zu sehen, mit welchen Kinderzahlen die einzelnen Schulen zukünftig rechnen müssen, wenn sich der Wunsch der Eltern eins zu eins übersetzen würde:
Unter dieser Prämisse würden aktuell
1.690 Kinder das Gymnasium besuchen,
652 Kinder wären an der Realschule,
72 Kinder an der Hauptschule
Und kein Kind an der Förderschule.
Daraus lässt sich ableiten:
1. Die Förderschule muss damit rechnen, dass sie innerhalb der kommenden 5 Jahre unter die Schwelle von 50 Kindern rutscht. Damit wird die Mindestgröße für eine Förderschule unterschritten und sie müsste geschlossen werden.
2. Die Hauptschule ist aus Elternsicht tot. Dazu ein mitgehörtes Gespräch zweier Mütter auf einem Schulhof der Grundschule: „Mein Kind hat eine eingeschränkte Realschulempfehlung, da habe ich dem Lehrer gesagt: mein Sohn ist kein Hauptschulkind.“
3. Ohne Hauptschule ist auch die Realschule nichts, denn ihre Existenzberechtigung leitet sich aus ihrer Mittelposition zwischen Gymnasium und Hauptschule ab. Ohne funktionierende Hauptschule ist die Realschule nicht mehr in der Mittellage, sondern ganz unten. Nicht mehr Realschule, nein Resteschule.
4. Das Frechener Gymnasium ist auf eine solche Schülerzahlentwicklung nicht ausgelegt.
Nimmt man diese Zahlen, so kann man konstatieren, dass der Elternwunsch massiv auf das Gymnasium zielt und auch die Realschule diese Erwartungen nicht erfüllen kann. War die Realschule früher ein vernünftiger Schulabschluss, so gilt er heute bereits als Makel. Das liegt nicht an der Schule, keineswegs, aber wer erinnert sich noch, es gab eine Zeit, da genügte ein Realschulabschluss für eine Ausbildung zum Bankkaufmann oder zum Versicherungskaufmann (innerbetriebliche Aufstieg inklusive) und heute …?
Alle Arbeitsmarkt- und Sozialuntersuchungen bestätigen daher, dass es sich lohnt, das Abitur zu machen. Wer das Abitur und ein entsprechende berufliche / akademische Bildung erworben hat wird seltener arbeitslos, kann mit einem höheren Einkommen rechnen, hat ein höheres Sozialprestige, lebt gesünder und länger. Mit welchem Argument soll den Eltern daher begegnet werden, die sich genau dieses für ihre Kinder wünschen?
Dieser Elternwunsch führt zwischenzeitlich dazu, dass bereits Viertklässler Nachhilfe bekommen, damit sie den Elternwunsch nach einer möglichst hochwertigen Schulempfehlung erfüllen. Wir können nur erahnen, welcher schulische Horrorweg diesen Kinder bevorstehen mag – Nachhilfe, Leistungsdruck, möglicherweise unerfüllbare Erwartungen mit der Erfahrung frühen schulischen Scheiterns – nicht immer ist der Elternwunsch ein guter Ratgeber.
Die Frage ist daher nicht, ob schulstrukturell etwas in Frechen getan werden muss, vielmehr lautet die Frage: wohin soll sich die Schulstruktur verändern?
Die AG der Schulpflegschaften hat mit guten Argumenten darauf hingewiesen, dass das Modell der Sekundarschule in diesem Zusammenhang keine langfristige Perspektive darstellt. Auch die aktuellen Erfahrungen aus Thüringen zeigen, dass der Sekundarschule, in Thüringen heißt das Ding Oberschule, keine Zukunft beschieden ist. Nach nur wenigen Jahren wurde aus der Oberschule eine Resteschule und in der Wahrnehmung der Eltern handelt es sich nur um eine umbenannte Hauptschule – und da soll das eigene Kind eben nicht hin.
"Der "Schulkonsens" von SPD, Grünen und CDU zementiert die ungerechte, demütigende und einer Demokratie unwürdige Zweiklassenbeschulung im größten Bundesland für lange, lange Zeit. SPD und Grüne haben, sobald an der Regierung, sichtlich nichts mehr gegen die Privilegierung von Gymnasiasten einzuwenden. "
Kommentar TAZ
Im übrigen spricht aktuell alles dafür, dass auch das Thema Inklusion behinderter Kinder auf der Strecke bleibt:
Aus dem Konsenspapier:
"Das Schulangebot in NRW soll zukünftig bestehen aus:
...
Förderschulen, soweit sie trotz Inklusion erforderlich sind"
"Der Prozess zur inklusiven Schule, den CDU, SPD und Grüne mit ihrem gemeinsamen Antrag vom Dezember letzten Jahres eingeleitet haben, wird fortgesetzt. Hieraus erwachsender gesetzlicher Regelungsbedarf kann ggf. zu einem späteren Zeitpunkt mit dem Gesetzgebungsverfahren zur Weiterentwicklung der Schulstruktur verbunden werden."
Konsenspapier
Mit anderen Worten: ein Armutszeugnis. Aus der Inklusion erwachsender gesetzlicher Regelungsbedarf kann gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt in ein Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden. Mit anderen Worten: Inklusion in NRW-Regelschulsystem wird vertagt und die Kinder schauen in die Röhre.
Dazu nur die Forderung der UNESCO-Kommission vom 24. Juni 2011:
"Die Deutsche UNESCO-Kommission fordert Bund, Länder und Kommunen auf
1. in den Schulgesetzen der Länder bisher enthaltene Vorbehalte gegenüber Integration oder Inklusion aufzuheben und das individuelle Recht auf den Besuch allgemeiner und berufsbildender Schulen zu verankern und praktisch zu verwirklichen;
2. zügig Aktionspläne auf Landes- und kommunaler Ebene zur inklusiven Bildung zu erarbeiten;
3. inklusive Bildung als Leitidee in der Aus- und Fortbildung aller pädagogischen Berufe einschließlich aller Lehrämter zu verankern und mit entsprechenden Pflichtanteilen auszugestalten;
4. die Sonderschulen planvoll in das allgemeine Schulwesen zu überführen; dabei die materiellen Ressourcen und die sonderpädagogische Kompetenz der Lehrkräfte aus den bisherigen Sonderschulen zur systemischen und individuellen Beratung und Unterstützung für die Förderung der Schülerinnen und Schüler in den inklusiv arbeitenden Bildungseinrichtungen einzusetzen; wo sinnvoll, Unterstützungssysteme ohne Schüler außerhalb der allgemeinen Schulen für die Umsetzung inklusiver Bildung zu nutzen;
(...)"
Deutsche UNESCO_Kommission
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