Mittwoch, 30. September 2020
Susanne Stupp bleibt die Bürgermeisterin der Vorstädte, des „schwarzen Gürtels“, der sich um die Kernstadt legt. Sie siegte, wenn auch unerwartet knapp. Diesen Wahlsieg verdankt sie, wie schon 2015, den Stadtteilen Königsdorf, Buschbell sowie Grefrath/Habbelrath.

Vor fünf Jahren wurde dieser Effekt hier im Blog als „der Schwarzer Gürtel“ Frechens bezeichnet. Ein Ring an Wahlbezirken, die dank einer spürbar höheren Wahlbeteiligung als in der Kernstadt und klaren Mehrheiten für die CDU-Kandidatin, den Wahlsieg einer CDU-Kandidatin garantieren.

Immerhin, bei dieser Bürgermeister*innenwahl wurde dem „Schwarzen Gürtel“ eine Perle ausgebrochen. In den drei Bachemer Wahlkreisen kam es zu einem sehr ausgeglichenen Wahlergebnis. Mit nur wenigen Stimmen Vorsprung gewann Carsten Peters von S.Stupp den Stadtteil.

Aber das war es dann auch schon.

C.Peters von der SPD hat durch die Bank besser abgeschnitten als Ferdi Huck 2015, was aber nur bestätigt, dass Ferdi schon 2015 nicht die beste Wahl gewesen war.

Wie schon 2015 belegt, spielte aber auch dieses Mal wieder die Wahlbeteiligung gegen den Kandidaten der SPD. In Königsdorf lag die Wahlbeteiligung bei knapp 44%, in allen Hochburgen von S.Stupp bei zusammen gut 39%.
In den innerstädtischen Wahlkreisen dagegen lag die Wahlbeteiligung bei gerade einmal 30,3%. Tiefpunkte die beiden Wahlbüros Burgschule und Hauptschule Herbertskaul mit einer Wahlbeteiligung von knapp etwas mehr als 23%.

Auch der Effekt der niedrigen Wahlbeteiligung wurde hier im Blog im Beitrag Kein Erfolg in Sicht bereits einmal analysiert.

Überspitzt formuliert: es hätte genügt, wenn alleine eine Wahlbeteiligung in den beiden Wahlbezirken Burgschule und Hauptschule Herberstkaul auf einem städtischen Niveau von rund 35% gelegen hätte und der Sieg von S.Stupp wäre ernsthaft gefährdet gewesen.

Womit wir wieder am alten Punkt angelangt wären: so lange es der SPD nicht gelingt, in der Innenstadt mehr Menschen an die Wahlurne zu locken, wird sie bei Stichwahlen nur schwer gewinnen können.
Und das gilt selbst dann, wenn wie in diesem Jahr, die Amtsinhaberin nicht den stärksten Auftritt hingelegt hat, schlimmer noch, eigentlich seit Jahresbeginn eher unsichtbar geblieben ist und die Agenda der CDU nicht wirklich trendsetzend war. Dazu ein Korruptionsskandal in der Verwaltung, den die Verwaltung in alter Tradition gerne mit dem Mantel des Schweigens überdecken würde, weswegen die Aufarbeitung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.

Aber der Fokus der SPD lag und liegt auch thematisch bei der bürgerlichen, der besitzenden Mitte. Die Themen, die in sozialen Brennpunkten direkt auf die Lebenswelt der Betroffenen einwirken, sind an einer Hand abzählbar.
Dazu zählt bspw. die Forderung nach bezahlbaren Mietwohnungen und die Forderung von Betreuungsangebote auch während der Schulferien.
Einige andere Forderungen könnten im Zweifelsfall indirekt positiv auf die Lebensverhältnisse der Betroffenen wirken, aber was schon im Begriff des indirekt steckt: das ist in einem Wahlkampf kaum vermittelbar.

So kann man etwa, wie es die SPD tut, die Digitalisierung der Schulen fordern, sozial gerecht aber wäre es erst dann, wenn die Forderung viel umfassender formuliert würde: Lehrmittelfreiheit auch für das dazu notwendige technische Material. Kostenlose Laptops / Ipads für alle Kinder.
Ebenso wird der Ausbau des ÖPNV gefordert: Mehr Busse und Bahnen sind für die kleinen Einkommen nur hilfreich, wenn sie denn kostenlos wären. Also müsste die Forderung lauten: Kostenloser ÖPNV. (Unter ökologischen Gesichtspunkten vielleicht für alle, unter sozialen Gesichtspunkten zumindest aber: für alle kleinen Einkommen.)

Und wenn man sich mit den Betroffenen zusammensetzen würde, ich bin mir sicher, es kämen noch viele andere Vorschläge, die man politisch hätte nach vorne schieben können.

Aber die bürgerliche, die besitzende Mitte hat dieses Programm geschrieben. Warum sollte das wenig besitzende Drittel der Gesellschaft diese Partei wählen? Für dieses Grundsatzproblem hat die SPD noch keine Lösung gefunden. Seit vielen Jahren gilt, dass sozialdemokratische Wahlerfolge nur dann möglich sind, wenn es der Partei gelingt, sowohl die bürgerliche, sich sozial verantwortlich fühlende Mitte und das geringverdienende Drittel der Gesellschaft für eine Wahl zu „fusionieren“. Mit den Grünen an der Seite eh ein ehrgeiziges Projekt, aber wenn man das untere Einkommensdrittel nicht mehr bedient: ein unerreichbares Ziel.
Daran aber scheitert auch die lokale SPD: wenig produktive Ideen für das untere Einkommensdrittel. Wofür sollten diese Menschen sich denn aufraffen, um ihre Stimme abzugeben?




Montag, 21. September 2020
1. In der BRD sind die reichsten 10% der Bevölkerung für 26 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Die ärmere Hälfte der deutschen Bevölkerung, 41,5 Millionen Menschen zeichnet nur für 29% der CO2-Emissionen verantwortlich. Um die CO2-Emissionen zu reduzieren sei der Verkehr ein wichtiger Hebel. Dazu zählt der Flugverkehr und das Automobil, hierzulande insbesondere der Stadtgeländewagen.

2. Die deutschen Städte sollen den Radfahrer*innen und Fußgänger*innen mehr Platz auf der Straße verschaffen. Dazu sollten Parkausweise und das Anwohnerparken verteuert werden.

3. „Wenn die Verkehrswende gelinge solle, dann könne nicht jede Familie drei Autos vor der Türe stehen haben. (…) er schließt die Einführung von Parkgebühren (…) nicht aus.“

Die erste Meldung stammt von Oxfam und belegt die soziale Schieflage, die bei Umweltverschmutzung und Klimawandel herrscht. Weltweit, so Oxfam, waren seit 1990 die reichsten 10% der Weltbevölkerung für 52% der CO2-Emissionen verantwortlich.

Die zweite Meldung stammt vom Umweltbundesamt und verweist auf die Verantwortung der Kommunen für eine erfolgreiche Umsetzung der Mobilitätswende.

Die letzte Meldung ist eine Aussage des CDU-Bürgermeisters Dieter Spürck aus Kerpen, der im Gegensatz zu seinem SPD-Gegenkandidaten immerhin sieht, dass Mobilität sich nicht von selber verändert, sondern dass eine Kommune hier über die Preisgestaltung bei der Parkraumbewirtschaftung eingreifen kann. Und er hat den Mut, diese kleine Wahrheit auszusprechen, obwohl auch in Kerpen die Autofahrer*innen vermutlich aufjaulen werden.
Für den SPD-Kandidaten A.Lipp darf dagegen der individuelle PKW-Verkehr nicht verteufelt werden. Das heißt übersetzt in Klardeutsch: Er will nichts ändern.

Schlimm nicht? Sollte Herr Spürck auch nur einigermaßen vertrauenswürdig sein, was ich als Nichtkerperner nicht zu beurteilen wage, dann müssen alle, die auch nur ansatzweise grün angehaucht sind, für einen CDUler stimmen. Und das, obwohl die Nichtverteufelung des Autos die bestehende soziale Schieflage verlängert. Denn es gilt auch hier: je ärmer, desto weniger Auto und desto wichtiger ein möglichst kostenfreier gut ausgebauter ÖPNV, der sich zu Teilen auch aus Parkgebühren finanzieren ließe. Das wäre eigentlich ein SPD-Thema.

Und in Frechen? Da ist es noch schlimmer. Die CDU wehrt sich auch mit Händen und Füßen gegen Parkgebühren und gegen eine Verteufelung des individuellen PKW-Verkehrs und die SPD schweigt gar still.
Vor wenigen Tagen veröffentlichte der KStA einen Artikel über die Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt in Frechen. Da war weder die Mobilität noch der Klimawandel ein Thema. Hier schließt man die Augen und redet nicht drüber. Auch dieses Verhalten kann man in Klardeutsch übersetzen: Beide, weder C.Peters noch S.Stupp wollen wirklich etwas ändern. Vermutlich sieht die hiesige SPD gar nicht, dass das Auto nicht Egalität bedeutet, sondern die Klassenspaltung belegt und zementiert. (Halt, stop, jetzt ist genug: über Klassen, Klassenspaltung und Klassenherrschaft spricht die SPD seit Bad Godesberg nicht mehr, selbst dann nicht, wenn Klassen in den Gesellschaftswissenschaften als zutreffende Beschreibungen für unsere Gesellschaft zu neuen Ehren gekommen sind.)

In Frechen jedenfalls müssen die grün Angehauchten nicht einmal darüber nachdenken, ob sie S.Stupp von der CDU wählen könnten. Können sie nicht. Aber C.Peters von der SPD auch nicht.

Wenigstens das ist dann mal klar. Sollen die Autofahrer die Wahl unter sich ausmachen.

Und passend zum Thema noch ein Interview, warum eine andere Aufteilung des Verkehrsraums nicht nur eine soziale Frage ist sondern zusätzlich auch noch eine über das Geschlechterverhältnis.
„Radverkehr muss komfortabel sein“
Also muss man ergänzen: Frauen werden bei dieser Gemengelage auch nicht beachtet.




Montag, 14. September 2020
insbesondere dann, wenn zugleich Bürgermeisterwahlen stattfinden.

Wer hätte gedacht, dass die FrechenerInnen die CDU-Amtsinhaberin Susanne Stupp ihrer Partei vorziehen (5,5% Differenz zu Gunsten S.Stupp)? Unter umgekehrten Vorzeichen gilt, dass grüne Inhalte zwar gewünscht werden, nicht aber die Kandidatin der Grünen, M.Erbacher (3,7 % zu Lasten M.Erbacher). Ebenso sieht es bei der SPD aus. Hier fehlen Carsten Peters 3,9% der Stimmen, die seine SPD mehr erhalten hat als er.

Was vor fünf Jahren noch gut geklappt hat, nämlich der Stimmenübertrag von der FDP-WählerInnen auf S.Stupp könnte auch bei dieser Wahl cum grano salis funktioniert zu haben. Auf den ersten Blick ergeben die Stimmen von FDP und CDU bei der Ratswahl zusammen addiert die Anzahl der Stimmen für S.Stupp bei der Bürgermeisterwahl.
Aber ganz so einfach funktionieren Wählerwanderungen nicht. Ein komplexeres Modell, das aber vermutlich nur schwer zu beweisen ist, besagt, dass FDP-WählerInnen ihr Kreuz eher bei dem unabhängigen Kandidaten W.Höfig gemacht haben, der den Wahlkampf als „Wirtschaftsversteher“ und Beschützer der Diesel-PKW-Besitzer bestritten hat.
Dann müsste S.Stupp von Grünen-WählerInnen profitiert haben, die sich gegen M.Erbacher entschieden haben.

Um damit gleich zu den Grünen überzuwechseln: Diese sind insbesondere in Königsdorf inzwischen in zwei der vier Wahlkreise stärker als die SPD und im vierten Wahlkreis (Kita St. Katharina) fehlen ihnen nur noch wenige Stimmen, dann ist auch hier die SPD überholt.

Stellt sich dann aber noch die Frage, wo ein Einzelbewerber wie W.Höfig seine Stimmen erhalten hat?

Ex negativo lässt sich formulieren: Nicht aus Königsdorf. Dort hat er für seine Verhältnisse ausgesprochen schwach abgeschnitten (im Schnitt nur um die 5 %). Bachem dagegen war ein Heimspiel für ihn. Als Bachemer hat er in den 4 Bachemer Wahlkreisen mit deutlich über 20%, in der Spitze sogar mit mehr als 27%, hervorragend abgeschnitten. Aber selbst in diesen Wahlkreisen lag S.Stupp immer mindestens 12 Punkte vor ihm.

Die Kernstadt Frechen dagegen ist ein schwierig zu analysierendes Terrain geworden. Klar ist nur, dass es die CDU deutlich schwerer hat als in Königsdorf oder Grefrath oder Habbelrath.
Nicht nur, dass die SPD hier ihre 5 Direktmandate geholt hat, was für eine gewisse Reststärke der Partei spricht, auch der Einzelbewerber W.Höfig hat in 5 der 10 kernstädtischen Wahlkreisen überdurchschnittlich gut abgeschnitten, nämlich deutlich 2-stellig. Daneben hat auch die „Perspektive für Frechen“ in der Kernstadt ihre drei besten Wahlkreise.

Oben auf Grube Carl scheint man jedoch nicht viel von S.Stupp zu halten. Mit gerade mal 28% hat sie hier ihr stadtweit schlechtestes Ergebnis erzielt, während W.Höfig mit über 22 % in diesem Wahllokal ein Ergebnis Bachemscher Qualität eingefahren hat. Auch D.Zander hat als BM-Kandidat für die Perspektive etwas mehr als 13% geholt.

Den Wahlkreis gewonnen hat aber die SPD. Mit 28%. 28% ist für die SPD inzwischen ein gutes Ergebnis. Aber mit 28% ein Dirketmandat erringen?
Andernorts muss man schon deutlich mehr Stimmen holen, um ein Direktmandat zu erobern.
Trotzdem handelt es sich damit nur um das Direktmandat das mit dem stadtweit zweitwenigsten Stimmen gewonnen wurde.

Neben der SPD haben auch die Grünen mit 17,5% auf Grube Carl gut abgeschnitten, ebenso die Perspektive, die 11% geholt hat. Und selbst für die AfD hat es noch für fast 8% gereicht, was auch einem der besseren Ergebnisse in Frechen entspricht.

Es scheint sich schon viel Unzufriedenheit angesammelt zu haben auf Grube Carl. Und nun soll in den kommenden Jahren im Stadtteil weitergebaut werden. Nicht die besten Voraussetzungen für die städtischen Planungen, denn man muss wohl das Ergebnis von S.Stupp auf ihr Handeln als Bürgermeisterin und Chefin der Frechener Verwaltung beziehen. Dann aber handelt es sich um ein klares Misstrauensvotum.

Zudem hat die CDU auch im zweiten Benzelrather Wahlkreis (Severinchen) mit knapp 25% ebenso schlecht abgeschnitten wie auf Grube Carl. Dafür hat sie mit diesen wenigenr Stimmen im Wahlkreis Kita Severinchenmit das Direktmandat „abgeräumt“, wobei den Grünen mit gut 23 % der Stimmen (realiter nur 7 Stimmen weniger) nicht mehr viel gefehlt hat zum ersten Direktmandat in Frechen.
Das "billigste" Direktmandat der Stadt geht also an die CDU.

Und insgesamt?

Die Grünen sind sicherlich die WahlsiegerInnen in Frechen. Von knapp 12% auf gut 18% angewachsen, also ein Plus von mehr als 6%. Das spricht für sich.
Und die Gründe, nachdem M.Erbacher sicherlich nicht diejenige war, die das Ergebnis ihrer Partei gepusht hat?

Man könnte jetzt auf die letzten Befragungen in NRW zu sprechen kommen, bei denen die Interviewer wissen wollten, welcher Partei denn nun welche Kompetenzen zugesprochen würden. Man kommt aber, lokal betrachtet, im Ausschlussverfahren schneller zum Ziel.

Weder wird man den kommunalen Grünen, egal ob’s gerechtfertigt ist oder nicht, viel Wirtschaftskompetenz zusprechen, noch sind sie auffällig geworden bei Themen wie Sauberkeit und Ordnung. Schule ist aktuell kein Streitthema und damit sind wir auf schon am Ziel der Aufreihung: den Grünen wird Kompetenz bei Umwelt und Naturschutz zugebilligt und dank der Fridays for Future wurde das Thema in den vergangenen beiden Jahren massiv aufgewertet um den Bereich des Klimaschutzes. Dadurch wächst den Grünen inzwischen auch Kompetenz bei allen damit zusammenhängenden Themen zu: Mobilität, regenerative Energien, Strukturwandel. Und anscheinend hat Corona es nicht geschafft, diesen Themenkomplex in den Hintergrund zu verdrängen.

Das hat auch lokale Implikationen: wurde den Grünen früher immer mal wieder ein Stöckchen hingehalten, über das sie zu springen hätten, bevor man ernsthaft in politische Gespräche mit ihnen einsteigen werde, müssen nun die anderen Parteien über mehr als nur ein Stöckchen springen. Vieles von dem, wofür die etablierten Parteien stehen, steht in den kommenden Jahren zur Disposition. Auf lokaler Ebene von höchster Relevanz und Brisanz ist das Thema Mobilität.

Wem gehört der öffentliche Raum? Den Autos oder den Menschen?

Wer in den kommenden Jahren mit den Grünen auf lokaler Ebene koalitionsfähig sein will, der muss sich beim Thema Mobilität deutlich von den Positionen wegbewegen, die die hiesigen Parteien bisher selbstverständlich eingenommen haben. Der motorisierte Individualverkehr wird viel von dem bisher okkupierten Straßenraum freigeben müssen, wenn auch lokal CO2-Minderungen schnell und konsequent erfolgen sollen.

Es wird noch weitere solche Themen geben, bspw. die Frage, welchen Mindestabstand Windkraftanlagen zu Wohnbebauung haben müssen. Ein Thema, das die CDU in NRW so ausgereizt hat, dass Windkraft hier nur eine mehr als untergeordnete Rolle spielt. Übrigens die selbe CDU, die die viel lauteren Autobahnen ohne jeden Mindestabstand zu Wohnbebauung zulässt und auch den Lärm startender und landender Flugzeuge für wenig problematisch hält als das Surren der Rotoren.
Ach ja und hässlich seien die Windräder ja auch, ein Schmerz für die Augen. Genau, es ist eben diese CDU, die jedes mindestens ebenso hässliche Gewerbegebiet genehmigt.
Aber bei Windkraftanlagen hat man jedes Gegenargument verinnerlicht ….

Aber lassen wir das. Ähnliches ließe sich auch zur SPD schreiben, da die aber in Frechen seit 1999 in der Opposition ist (und im Land seit 2017), kann man ihr bestenfalls nachtragen, dass sie im Grundsatz all derartigen Entscheidungen der verwaltenden/regierenden CDU mitgetragen hätte und hat.

Das lokale Wahlergebnis besagt aber, dass diese Zeiten unwiederbringlich zu Ende gehen. 2021 folgen Landtags- und Bundestagswahlen. Die Klimakatastrophe wird uns auch im kommenden Jahr begleiten, möglicherweise wird 2021 im Rhein-Erft-Kreis wieder mindestens so trocken wie 2018, 2019 und 2020. Möglicherweise auch wieder mindestens so warm wie 2020, vielleicht auch schlimmer.

Es ist also zu vermuten, dass die Grünen, auch im kommenden Jahr zwei sehr erfolgreiche Wahlen bestreiten werden und dass ihre Themen den Wahlkampf stärker bestimmen werden als es CDU und SPD lieb sein kann. Es wird daher Zeit, insbesondere für die SPD, wenn sie wieder eine politische Zukunft haben will, dass sie beginnt, Ökologie endlich sozial zu definieren und damit anschlussfähig wird an grüne Themen.

Dazu nur ein kleiner Hinweis: Inzwischen kommen auf 1.000 Einwohner in NRW 570 PKW. Im Grunde eine fürchterliche Zahl, wenn man alleine die Fläche berechnen würde, die diese Autos unbewegt benötigen. Hat schon einer mal gemacht … ein parkendes Auto benötigt 13,5 qm Fläche (inkl. Fläche zum Rangieren etc.). Aktuell gibt es in NRW 10.232.556 PKWs, woraus sich ein Flächenbedarf des ruhenden PKW-Verkehrs von 138.139.506 qm ergibt was 19.347 Fußballfelder entspricht.

Aber, und diese Frage richtet sich insbesondere an die SPD: wer kümmert sich um die Menschen, die sich kein Auto leisten können?
Um die, die sich aus umweltpolitischen Gründen keines leisten wollen, um die kümmern sich die Grünen. Und die werden in den seltensten Fälle SPD wählen.
Die anderen aber vielleicht schon. Und vielleicht auch viele andere, für die ein Auto kein Prestigeprojekt ist, sondern nur ein Mittel, um sich von A nach B fortzubewegen. Für diese braucht es preiswerte, flexible und gute Alternativen, sichere Radwege, schöne Trottoirs.

Man muss Ökologie nur endlich auch als soziales Thema entdecken und sich von der irgendwie wohl vererbbaren Autofokusierung lösen.
Man könnte Lehren für die Zukunft aus Kommunalwahlergebnissen ziehen … aber man kann es auch lassen.




Montag, 31. August 2020
Jetzt zwingt mich diese Partei echt noch dazu, über sie zu schreiben…..

Da fehlen dem Lindentheater aufgrund einer Baumaßnahme die direkt anliegenden Parkplätze. Der typische Frechener, so die FDP, parke nun in den umliegenden Wohnstraßen.
Um das zu vermeiden, solle die Stadt doch bitte den Pausenhof der Realschule in den Abendstunden als Parkraum freigeben.
Die Stadtverwaltung hat diesem Ansinnen eine Absage erteilt, da in einer Entfernung von 400 Metern ausreichend Parkplätze vorhanden seien.

Empörend findet die die Autofahrerpartei FDP:
Hat die Stadt aus der Diskussion über den von ihr geplanten Abriss des Parkhauses Josefstraße nichts gelernt?“ so v. Rothkirch. „Auch damals hatte die Verwaltung unterstellt, man könne den Bürgern längere Wege in die Fußgängerzone zumuten. Prompt war das Vorhaben von Politik und Bürgern eingestampft worden. Die Bürger bevorzugen nun einmal kurze Wege und im Fall des Lindentheaters hätte man unbürokratisch helfen können. Aber das muss man natürlich auch wollen!“
Aus dieser Passage können wir mehreres lernen:

a.) Die FDP ist eine männerzentrierte Partei, denn in ihrer Pressemitteilung spricht sie nur vom Bürger. Auf Nachfrage wird sie behaupten, es handle sich um das generische Maskulinum und alle Frauen seien mit gemeint. Aber frau sollte den Satz so nehmen wie er da steht. Die Männer, für die die FDP behauptet zu sprechen, wollen mit dem Auto am liebsten bis vor die Türe fahren. Alles andere ist für Männer eine Zumutung.
b.) Die FDP kennt die Frechener Männer. Alles muss mit dem Auto funktionieren. Alternativen sind undenkbar. Und eine Wegstrecke von 400 Metern Fußweg ist für Männer zu weit, sagt die FDP.

Wer die Frechener Topographie kennt, der weiß, dass das Lindentheater für die Mehrzahl aller Einwohner*innen mit dem Fahrrad hervorragend erreichbar ist. Die Fahrradständer vor dem Lindentheater aber sind veraltet und hätten eine Überdachung verdient. Das zu fordern wäre ein Hinweis darauf gewesen, dass die FDP die Zeichen der Zeit erkannt hat. Noch schöbner wär's natürlich gewesen, ein der FDP verbundener Unternehmer hätte dem Lindentheater ein entsprechend großen Radunterstand spendiert ....

Die Zeit dieser von der FDP immer noch gefrönten Form der Autozentriertheit sollte in Zeiten von Klimawandel und Verkehrswende eigentlich passé sein.

Die FDP als autofkusierte (Männer-)Partei, sozusagen der ADAC unter den Parteien, hält, vom Zeitgeist unbefleckt, am Althergebrachten fest. Sie ist damit für die unbelehrbaren autofahrenden Männer Frechens die Partei erster Wahl. Aber hoffentlich nur für diese.

Aber mein Optimismus ist ungebrochen. Die Anzahl der unbelehrbaren Männer in Frechen wird von der FDP stark überschätzt.




Dienstag, 25. August 2020
Auch über die FDP könnte man viel schreiben, aber das lohnt kaum, denn programmatisch tut sich wenig.

Daher nur Original und Fälschung.

Die Eigenwahrnehmung:



Und die Fremdwahrnehmung:





Montag, 17. August 2020
Klug gemacht … das grüne Wahlprogramm ist eine Wohlfühloase, ein Dokument voller Chancen und schöner Entwicklungsmöglichkeiten. An schlechten Tagen, wenn man mal wieder mit seinem Fahrrad durch Frechen geradelt ist und der aufgeplatzte Asphalt auf den wenigen Radwegen bis in die Handgelenke schmerzt oder man mal wieder kaum Platz gefunden hat auf der Straße zwischen den parkenden und fahrenden Autos und zudem von einem Transporter geschnitten wurde, dann, ja dann sollte man folgende Zeilen lesen:
Im Stadtgebiet sind die Bürgersteige und Radverkehrsanlagen in gutem Zustand und auf die Zunahme der umweltfreundlichen Mobilität ausgelegt.
Da wird einem ganz warm ums Herz, ehrlich.

Und falls man mal im Stadtteil Grube Carl mit dem Fahrrad unterwegs war und miterlebt wie sich die Autofahrer anschreien, weil sie an Engstellen nicht aneinander vorbei kommen, aber auch nicht nachgeben wollen, wenn mal wieder Autos mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit durch Wohnstraßen brettern und Kinder, Fußgänger*innen und Radfahrer*innen gefährden, ja dann lese man diese Zeilen:
„Die Belastung der Anwohner durch motorisierten Individualverkehr sollte gering sein.“.
Da wird einem ganz warm ums Herz, ehrlich.

Und wenn man dann mal wieder in der Zeitung gelesen hat, dass das Schmelzen der grönländischen Gletscher nicht mehr zu vermeiden ist und wenn man den Bäumen aufgrund der anhaltenden Trockenheit und der daraus resultierenden Anfälligkeit für Krankheiten mal wieder beim Sterben zugeschaut hat, dann lese man folgende Zeilen:
„Frechen beauftragt ein Integriertes Klimaschutzkonzept und setzt die empfohlenen Konzepte zügig um.“ (…) „Die städtischen Bäume und Grünflächen werden artgerecht und artenschonend gepflegt. Nachpflanzungen erfolgen zeitnah. Der Zustand des städtischen Grüns wird insgesamt deutlich verbessert.“
Da wird einem ganz warm ums Herz, ehrlich.

Und wenn man mal wieder in der Zeitung gelesen hat, welche der verbliebenen Flächen in den kommenden Jahren zu Gewerbeflächen umgewandelt werden sollen, dann lese man folgende Zeilen:
„Der Strukturwandel gelingt auf bestehenden Flächen. Die verbliebenen Freiflächen werden zum Schutz des Klimas und der Natur nicht mehr versiegelt. Sie dienen der heutigen Bevölkerung für die Naherholung und werden für nachkommende Generationen erhalten.“
Da wird einem ganz warm ums Herz, ehrlich.

Und so könnte man ununterbrochen weitermachen …. Ja wenn die hässliche Realität nicht wäre. Vier Jahre waren die Grünen Bestandteil der Jamaica-Koalition. Was haben die Grünen denn in den vergangenen Jahren erfolgreich umgesetzt?

Die Baumschutzsatzung? Gegen die Stimme von Frau Erbacher mit einer disparaten Mehrheit aus SPD, Linken und ein paar grünen Stadträten.

Verbesserungen bei den Radwegen? Nichts passiert. Spannend wäre es, wenn wir an dieser Stelle im Programm lesen dürften, wie die schöne neue Welt der „umweltfreundlichen Mobilität“ im Stadtgebiet räumlich umgesetzt werden soll.
Irgendwie passend, dass der Kollateralschaden der Corona-Pandemie, die verstärkte Nutzung des Homeoffices, mit der Firmen im ureigenen Interesse ihre Belegschaft schützen wollen, nun plötzlich zum Teil einer „kommunalen“ Lösungsstrategie gegen den Verkehrskollaps wird:
„Frechener*innen pendeln weniger, (…). Mehr Frechener*innen finden eine passende Stelle in Frechener Unternehmen oder können tageweise im Home-Office arbeiten. Das entzerrt den Berufsverkehr und spart Steuergelder für den Straßenbau.“
Wir wollen ja nicht zu böse werden, aber hier wird politisches Handeln zu Grabe getragen. Implizit wird hier nämlich erklärt, dass man weiteren Straßenbau betreiben müsse, wenn „die Wirtschaft“ nicht durch mehr Homeoffice und die Schaffung von Arbeitsplätzen hier in Frechen, (die dann, klaro, von FrechenerInnen besetzt werden), den motorisierten Individualverkehr reduzieren wird.
Wenn sich also „die Wirtschaft“ anders verhält, als im Grünen Wahlprogramm beschrieben, ja dann geht der ganze schöne Plan nicht auf.

Dabei gilt doch, dass die Kommune entscheidet, wieviel Raum den jeweiligen VerkehrsteilnehmerInnen zur Verfügung gestellt wird. Denn, der zur Verfügung stehende Raum ist endlich. Und die innerörtliche Raumaufteilung ist der asphaltierte Ausdruck, wem die Stadt gehört, wem die städtische Politik den innerstädtischen Raum übereignet hat.
Will ich FußgängerInnen und RadlerInnen mehr Raum geben, dann muss ich den anderen Verkehrsteilnehmern Raum wegnehmen. Also weniger Parkfläche, weniger Fahrspuren. Autofahren muss unattraktiver werden.
Wer diese Ideen umsetzen will, der muss räumliche Strukturen verändern. Und dies sollte allen WählerInnen auch offen kommuniziert werden.

Aber wenn das Programm entsprechend konkreter formuliert worden wäre, dann wäre ja aufgefallen, dass die Grünen in den vergangenen vier Jahren nichts, aber auch gar nichts erreicht haben in der Jamaica-Koalition. Klimaschutzkonzepte, Mobilitätskonzepte, ja Papier wurde in den vergangenen Jahren viel produziert. Umgesetzt jedoch im Grunde nichts.

Im grünen Sommernachtstraum aber geht das nun alles ohne schmerzhafte Entscheidungen. Es ergibt sich flüssig aus dem göttlichen Gang der Dinge.

Es muss sie geben, die grüne Fee mit ihrem Zauberstab und Frau Erbacher kennt sie.




Freitag, 14. August 2020
Immerhin 35 Seiten stark ist das CDU-Wahlprogramm. Wie es scheint das längste aller in Frechen antretenden Parteien.
Ein Stück politische Prosa, das jetzt schon seinen Zweck erfüllt. Es ist zu lange, als dass es von vielen Bürgerinnen und Bürgern je gelesen werden wird und egal wie und was die CDU in den kommenden Jahren entscheiden wird, irgendwie wird es immer ins Programm passen.

In den bisherigen Blogbeiträgen habe ich mich auf zwei wesentliche kommunale Handlungsfelder konzentriert, die zentral sind für den Umgang mit dem Klimawandel: Mobilität und Strukturpolitik, die dabei ineinandergreifen, da das von allen Parteien gelebte ökonomische Wachstumsmodell zur Zerstörung unserer Lebensgrundlagen führt. Gewerbegebiete sind die Verkörperung dieser Denkart, denn neue Gewerbegebiete zerstören Freiflächen und versiegeln diese und generieren neuen Verkehr. Am Thema Mobilität und dem Umgang mit Gewerbegebieten weist sich also ganz schnell, welche reale Bedeutung die Parteien dem Thema Kliamwandel beimessen.

Daher wird auch die CDU Frechen daran gemessen.

Bei der CDU gehen wir aber etwas anders vor, denn die innerer Logik des Wahlprogramms zu diesem Thema erschließt sich viel einfacher und schneller, wenn die Kernaussagen herangezogen werden, mit denen die lokale CDU ihre Ablehnung bestimmter Ideen signalisiert.
Eine Verleumdung oder gar eine umfassende Einschränkung des individuellen Autoverkehrs lehnen wir auch in Frechen entschieden ab. Ebenso halten wir es für nicht angebracht, durch die künstliche Verknappung und unangemessene Verteuerung von Parkraum, die Frechener Bürgerinnen und Bürger in ihrer Freiheit einzuschränken und die Lasten der Mobilitätswende auf unsere Bürgerinnen und Bürger abzuwälzen.
Eigentlich sind hier viele Aspekte erklärungsbedürftig.
• Was versteht denn die hiesige CDU unter „Verleumdung des individuellen Autoverkehrs“?
• Was versteht die CDU unter „künstlicher Verknappung und unangemessene Verteuerung von Parkraum“?
• Versteht die CDU unter Freiheit wirklich das Vorhandensein ausreichenden und möglichst kostenlosen Parkraums?
• Glaubt die CDU Frechen wirklich, dass eine Mobilitätswende möglich ist, die ohne Belastungen auskommt?

Eigentlich kann man jetzt bereits wieder aufhören, denn damit hat die CDU erklärt, dass sie alle Instrumente, die einer Kommune für die unumgängliche Verkehrswende zur Verfügung stehen könnten, nicht nutzen will.
Ein Ausbau von Rad- und Fußwegen ist in einer eng bebauten Stadt nur zu Lasten des Autos möglich, da dieses in Frechen wohl über 80% der Verkehrsfläche beansprucht. Aber ...
Abgelehnt.

Eine Möglichkeit, dem Auto Verkehrsraum zu entziehen wäre beispielsweise die Reduktion der Parkflächen zu Gunsten von Rad- und Fußwegen. Aber ...
Abgelehnt.

Eine ökonomischere Steuerung des jeweils genutzten Verkehrsmittels ließe sich durch eine Parkgebühr erreichen. Solange Parken kostenfrei möglich ist, ist die Nutzung des ÖPNVs im Regelfall teuer und damit unattraktiv. Aber …
Abgelehnt.

Dazu ein weiteres Zitat:
Eine flächendeckende Einführung von Tempo 30 im Frechener Stadtgebiet lehnen wir ab. Dies würde den Verkehrsfluss in unangemessener Weise behindern.
Damit werden die bestehenden Verhältnisse zementiert. Zwar erklärt die CDU, dass
Rad- und Fußwege nach Möglichkeit ausgebaut und sichererer gemacht werden sollen.
, aber genau das ist ja in Frechen kaum möglich, da die CDU eine Neuaufteilung des Verkehrsraums ablehnt. Wenn dann noch Autos weiterhin mit hoher Geschwindigkeit durch Frechen brettern, dann verzichten viele Menschen gerne und freiwillig darauf das Fahrrad zu nutzen. Es ist einfach zu gefährlich.

Der gleichen Logik folgt auch die Aussage zum Umgang mit den leidigen Ampelphasen:
Die Zeiten zur Überquerung von Straßen an Ampeln sollen nach Möglichkeit optimiert werden, um eine gefahrlose Überquerung der Straßenkreuzungen zu ermöglichen und gleichzeitig fließenden Straßenverkehr zu wahren.
Es wird schwer werden, aber die CDU wird ihre Alibiampel im Stadtgebiet finden, bei der die Ampelphase für FußgängerInnen verlängert werden kann, ohne das Fließen des Autoverkehrs zu stören. Sie wird uns diesen Erfolg dann nicht vorenthalten.

Ansonsten ist das Meiste bereits im Blogbeitrag zur CDU-Königsdorf gesagt.

Konkret wird das Programm, ebenso wie das der Königsdorfer CDU, wenn der weiteren Versiegelung städtischer Flächen das Wort geredet wird:
Wir setzten uns für eine großzügige Ausweisung und rasche Entwicklung neuer Gewerbeflächen in Frechen ein.
Dafür müssen parallel weitere Gewerbeflächen entwickelt werden. Es reicht nicht, zu warten bis bestehende Flächen frei werden.
Straßen sollen ausgebaut werden:
Wir setzen uns für eine schnelle Umsetzung des Autobahn-Vollanschlusses der A4 an die Bonnstraße ein. Gleiches gilt für den halbseitigen Anschluss an die A4 in Königsdorf-West.
Und breiter soll neue Straßen in Frechen auch werden:
Bei der Neuerschließung von Wohngebieten soll eine angemessene Straßenbreite für Auto- und Busverkehr, Radfahrer, Parkplätze und Fußgänger berücksichtigt werden.
Und zugleich darf es auch ein neuer Parkplatz sein. Diesmal wird er aber mit der Mobilitätswende begründet, sozusagen „Parken für den Klimawandel“:
In unmittelbarer Nähe zur geplanten Vollanschlussstelle zur A4 an der Bonnstraße sollen nach Möglichkeit weitere Pendlerparkplätze geschaffen werden. So kann der P+R Parkplatz in Weiden-West entlastet werden. Außerdem stehen so auch Parkmöglichkeiten für Mitfahrgelegenheiten zur Verfügung.
Und zu meiner persönlichen Freude habe ich auch die „Stelzenhäuser“ wieder gefunden.
Die Schandmale der autogerechten Stadt feiern in Frechen Wiedergeburt. Lustig, wenn man dann liest, wofür die CDU behautet hier zu stehen:
Als CDU möchten wir uns dafür einsetzen, dass Frechen auch weiterhin eine attraktive und wachsende Stadt bleibt.
Korrekt müsste es lauten, dass sie alles dafür tun wird, dass Frechen auch weiterhin eine attraktive und wachsende Autostadt bleibt.




Donnerstag, 30. Juli 2020
Kaum war der erste Beitrag zum Kommunalwahlprogramm der SPD öffentlich, da wurde mir doch direkt ein Link zum Wahlprogramm der CDU-Königsdorf zugeschickt. Auch ein sehr schönes Werk politischer Prosa.

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Die CDU Königsdorf scheint auf der Suche sowohl nach der verlorenen Zeit als auch nach den grünen Wähler*innen, die in Königsdorf häufiger anzutreffen sind, als in vielen anderen Frechener Stadtteilen.
Zumindest wirkt das lokalen Wahlprogramms der Königsdorfer Stadtteil-CDU so
.
Viele lokale grüne Themen werden in den Vordergrund gestellt:
• Erhalt des Naturschutzgebiets Königsdorfer
• Blühwiesen / -streifen zum Schutz von Fauna und Flora
• möglichst vollständigen Verzicht der Nutzung von Glyphosat
• Photovoltaik und Solarthermen auf städt. Gebäuden
• den Bahnhof als Mobilitätsdrehscheibe ausbauen
• den Marktplatz fahrrad- und fußgängerfreundlich umbauen.

Aber wie schon bei der SPD festgestellt: der Schlauch wird heutzutage bestenfalls grün angemalt, die Inhalte sind wie immer die alten.

Auch die CDU-Königsdorf lebt noch in der autogerechten Welt, will mehr kostenfreie Parkplätze, den Ausbau von Bonnstraße und Autobahnanschlüssen und verschließt vor den inhärenten Widersprüchen, die sich daraus ergeben, einfach die Augen.

Lustig aber ist das spezielle Steckenpferd in Königsdorf:
das STELZENHAUS.
Im Wahlprogramm taucht es in dieser Formulierung auf:
„Machbarkeitsstudie für einen innovativen Wohn- und Gewerbebau „Wohnen und Arbeiten in Stelzenhäusern auf Parkplätzen“, ggfs. mit integriertem Hotel und Start-Up- Unternehmen.“
Noch nie davon gehört?

Dann lesen wir doch, was die Stadtverwaltung dazu schreibt:
„Stelzenhäuser sind so konzipiert, dass sie im Erdgeschoss in Stützenkonstruktion auf ca. 5-6 m Höhe Parkplätze überbauen und dann, um einigermaßen wirtschaftlich zu sein, dreigeschossig und höher ausgestaltet sind. Somit entstehen Gebäude mit einer Mindesthöhe von 16 Metern, welche aufgrund dieser Höhe in jedem Falle signifikante städtebauliche Wirkungen entfalten.“
Das Stelzenhaus wird als architektonischer Ausdruck der autogerechten Stadt der 50er und 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts beschrieben, das zu Recht auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen wurde:
„Das Stelzenhaus widerspricht letztlich den Erkenntnissen und der gelebten Praxis im urbanen Bereich der letzten Jahrzehnte. Mit Stelzenhäusern wird dem Auto wieder ein entscheidender Raum zur Verfügung gestellt, welcher anderen Nutzungen somit verloren geht.“
Und speziell zum von der CDU vorgeschlagenen Standort auf der Südseite des Köngisdorfer Bahnhofs merkt die Stadtverwaltung an:
„Die im Antrag genannten Rahmenbedingungen einer Entwicklung mit Tiefgarage / Parkpalette sprechen aus den genannten Gründen bereits aus sich heraus gegen die hier vorgeschlagene Lösung „Stelzenhäuser“ und „Hülkenberg-Modell“. Dieser Standort sollte für eine nachhaltige Mobilität entsprechend dem Konzept der Mobilstationen entwickelt werden: Ein Fahrradparkhaus, eine zwei- bis dreigeschossige Parkpalette, mehrere Carsharing-Parkplätze und ggfs. noch Aufenthaltsmöglichkeiten in Form eines Platzes vielleicht auch auf dem Dach der Palette mit Fußgängerbrücke zum Gewerberiegel.“
Man könnte auch sagen: ein Totalveriss, aber kein Hinderungsgrund für die lokale CDU an dem Projekt festzuhalten. Verwunderlich ist das nicht, denn aus Sicht der CDU ist das die einzige Form, wie man direkt am Bahnhof kostenlosen Parkraum wiederbeschaffen kann, der durch die Bebauung der Nordseite weggefallen ist. Und dann will die Deutsche Bahn auch noch Parkplätze bewirtschaften. Ein Sakrileg und ein Grund eine Petition dagegen zu starten.

Dieses Beispiel zeigt augenfällig, dass die Königsdorfer CDU mit Hilfe eines grünen Feigenblattes ihre generelle klimapolitische Blöße verdeckt. Mehr aber ist es nicht.

Es gilt auch hier: der Klimawandel geht weiter und die CDU hilft.




Mittwoch, 29. Juli 2020
In loser Folge werde ich mich hier mit den Wahlprogrammen der Parteien zur Kommunalwahl auseinandersetzen ... wenn sie denn veröffentlicht werden.
Die SPD muss als erste dran glauben, denn sie hat auf ihrer Homepage das Wahlprogramm bereits eingestellt.

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Für eine Partei, für die Wirtschaftswachstum lange Jahre wichtigste Grundlage einer erfolgreichen Sozialpolitik war, da dem Wirtschaftswachstum entspringenden Gewinne zum Ausbau des Sozialstaates genutzt werden sollen, für diese Partei ist es schon viel, wenn ein Wahlprogramm in der Einleitung bereits den Klimawandel als zentrales Thema benennt.
Und mit Willy Brandtwird imProgramm auch ein Politiker als Kronzeugen anführen, der schon sehr früh die negativen Folgen der Umweltverschmutzung wahrgenommen hat und hier eine andere Politik forderte. Aber auch Willy Brandt war Kind seiner Zeit und Umweltschutz war damals eingebettet in die kapitalistische Logik des „immer mehr“.

Die Frechener SPD ist dieser Logik leider immer noch fest verbunden.

Schauen wir mal auf das Thema Verkehr. Alle Beteiligten wissen mittlerweile, dass unsere Form der autogebundenen Mobilität, nicht Lösung sondern eines der größten Probleme für Klima und Umwelt ist. Lokale Lösungen, die in Kommunalwahlprogrammen zu finden sein sollten, müssten sich dann darum drehen, wie wir Bürgerinnen und Bürger dazu gebracht werden, weniger Auto zu fahren, weniger Autos zu besitzen, wie Autofahren unattraktiver gestaltet werden kann.
Man müsste also über Parkraumbewirtschaftung reden, über die Reduzierung des dem Auto vorbehaltenen öffentlichen Raum, über die Reduzierung des Stellplatzangebotes und andere aktuell eher unpopuläre Dinge.

Und was fordert die SPD:

• Einen vierspurigen Ausbau der Bonnstraße inklusive des dortigen A4-Vollanschlusses
• Den Autobahnanschluss A4 Königsdorf
• Eine Ausweitung des Parkraumangebots am Bahnhof Königsdorf
• Ein elektronisches Parkleitsystem
• Ladestationen für E-Mobilität in allen Stadtteilen

Alles sehr konkret und mit zwischenzeitlich vielfach wissenschaftlich belegten Folgen:
ein Ausbau von Straßen führt automatisch zu einer Erhöhung Verkehrsaufkommens.
Kostenloses Parken führt dazu, auch belegt, dass der ÖPNV weniger genutzt wird, denn ein ökonomischer Vorteil bei der Nutzung des ÖPNV entsteht nicht.
Zusätzliche Autobahnaus- und -zufahrten erhöhen die Attraktivität, das Auto zu nutzen, denn für viele Autonutzer*innen reduzieren sich die zeitaufwendigen Fahrten durch bebautes Gebiet. Und für das Frechener Gewerbe gilt: insbesondere Speditionen werden sich über den A4-Vollanschluss an der Bonnstraße freuen. Frechen wird noch attraktiver für dieses Gewerbe.

Und was bietet die SPD für den nicht autofahrenden Rest der wählenden Bevölkerung?

Man könnte sagen: unverbindliche Schonkost:

• Der ÖPNV soll durch weitere Angebote und eine Taktverdichtung attraktiver gemacht werden
• Die Linie 7 nach Habbelrath und Grefrath verlängert werden
• Für Fahrräder sollen an allen Knotenpunkten sichere und überdachte Abstellplätze kommen
• Radweglücken sollen geschlossen werden
• Anschlüsse an den Radschnellweg Köln-Frechen geschaffen werden.

Positiv formuliert: ja es wäre schön, wenn diese Punkte realisiert würden. Aber selbst bei einer Umsetzung dieser Punkte würde sich wohl wenig am Frechener Mobilitätsverhalten ändern.

Frechen braucht nicht nur die Schließung von Radweglücken, Frechen braucht ein Netz gut ausgebauter, breiter und vom Autoverkehr abgetrennter Radwege. Dafür müsste der Verkehrsraum komplett neu aufgeteilt werden. Dem Auto müsste Raum genommen und den anderen Verkehrsteilnehmern zugeschlagen werden.

Frechen braucht weniger Parkplätze, die zudem kostenpflichtig sein müssen. Wer das Mobilitätsverhalten ändern will, und dies ist aus Klimaschutzgründen unverzichtbar, der muss lenkend eingreifen. Über die Kosten, über den verfügbaren Raum.

Und nein, das ist nicht ungerecht, bestenfalls ausgleichend. Denn mit welchem Recht wurde dem nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer*innen in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr öffentlicher Raum entzogen?

Aber mit der Mobilität ist es bei der SPD ebenso wie mit dem Gewerbe.

Aus Umwelt- und Klimaschutzgründen müsste der kommunale Flächenverbrauch dringend reduziert werden. Was aber fordert die SPD? „Das Flächenangebot zur Ansiedlung neuer Unternehmen ist heute ausgereizt. Die Stadt braucht dringend weitere Gewerbeflächen.“
Einzige Antwort der SPD auf die wirtschaftlichen Folgen des Braunkohleausstiegs: Neuansiedelung von Gewerbe mit der klaren Aussage: „Hierzu wird es erforderlich sein, bestehende und neu zu schaffende Gewerbeflächen zu entwickeln und Unternehmen in unserer Stadt anzusiedeln.“

Mit anderen Worten: Flächen die bisher landwirtschaftlich genutzt wurden, Flächen die bewaldet sind und für viele Menschen als Erholungsraum dienen, sollen in Gewerbeflächen umgewandelt werden. Der dabei entstehende Autoverkehr einpendelnder Arbeitnehmer*innen wird wohl ebenso billigend in Kauf genommen, wie der damit einhergehende Lieferverkehr. Die sich aus einer solchen Gewerbepolitik ergebenden Folgeprobleme wierden verschwiegen.

Oder schauen wir auf den heiligen Gral der Frechener Politik, die Entwicklung des Stadtteils Grube Carl. Hier soll jetzt endlich weiter gebaut werden. Und alle haben so ihre Ideen. Aber allen Plänen gemeinsam ist:
die bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen werden versiegelt
werden und ein zukunftsweisendes Verkehrskonzept liegt nicht vor.

Nur Unverbindlichkeiten wie im SPD-Programm:
„Für die Verkehrsanbindung sind sowohl der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), ausreichende Fuß- und Radwege sowie eine bedarfsgerechte Zu- und Abflussregelung des Individualverkehrs erforderlich.“

Klingt irgendwie gut. Die SPD will es allen recht machen und genau das wird nicht mehr funktionieren.
Zu fragen wäre, wie bei den Gewerbeflächen, ob die Flächenversiegelung unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes nicht einfach falsch ist.
Man könnte weiterfragen, wieviel Blauäugigkeit es braucht, um zu erwarten, dass die „Neusiedler“ auf Grube Carl ein anderes Mobilitätsverhalten an den Tag legen werden als die „Eingeborenen“. Eine auch nur ansatzweise realistische Einschätzung wird lauten: alle werden das Auto in einem für Frechen typischen Umfang nutzen. Mit anderen Worten: 80 – 90 Prozent aller Wege werden mit dem Auto zurückgelegt. Unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes eine Katastrophe.

Man könnte es als Ungereimtheiten abtun, aber das ist es nicht. Es ist Folge einer Politikkonzeption, die die Ökonomie an die erste Stelle setzt. Der zentrale Satz des Wahlprogramms findet sich denn auch nicht im Vorwort sondern mitten drin im Wahlprogramm:
„Zentral für unser Wohlergehen sind gesunde und vielfältige Wirtschaftsbetriebe sowie gut bezahlte Arbeitsplätze. Sie sorgen auch für Kaufkraft und Steuereinnahmen.“

Genau, und wer Wirtschaft und Arbeitsplätze zum archimedischen Punkt seines Programmes erklärt, wird dem alles andere unterordnen.
Hier unterscheidet sich die SPD von heute um kein Jota von der SPD der 60er Jahre. Nur dass damals der Klimawandel nur ein paar Wissenschaftler*innen ein Begriff war. Heute dagegen ist der Klimawandel nicht nur allen einen Begriff, nein, schlimmer, der Klimawandel ist der physikalische Prozess, der unsere Lebensgrundlage zerstört.
Und wir wissen dies und wir wissen im Grunde auch, dass der Klimawandel Ausfluss unserer umweltzerstörenden Wirtschafts- und Lebensweise ist, aber wir fürchten uns vor den Konsequenzen einer Veränderung.
Das Wahlprogramm der SPD ist ein typisches Produkt dieses Zwiespalts. Man würde ja gerne die Welt retten, aber doch nicht auf Kosten von Wirtschaft und Arbeitsplätzen und vor allem nicht in Frechen.

Um mit Willy Brandt zu enden: Es wächst nicht zusammen, was nicht zusammengehört.
Der Vorrang der Wirtschaft vor allem anderen und sei es im sozialdemokratischen Gewand der gut bezahlten Arbeitsplätze, ist nicht vereinbar mit dem inzwischen notwendigen Maßnahmen für Klima- und Umweltschutz.

Mit dieser SPD wird der Umwelt- und Klimaschutz in Frechen in den kommenden Jahren keine wesentlichen Fortschritte machen.