Susanne Stupp bleibt die Bürgermeisterin der Vorstädte, des „schwarzen Gürtels“, der sich um die Kernstadt legt. Sie siegte, wenn auch unerwartet knapp. Diesen Wahlsieg verdankt sie, wie schon 2015, den Stadtteilen Königsdorf, Buschbell sowie Grefrath/Habbelrath.

Vor fünf Jahren wurde dieser Effekt hier im Blog als „der Schwarzer Gürtel“ Frechens bezeichnet. Ein Ring an Wahlbezirken, die dank einer spürbar höheren Wahlbeteiligung als in der Kernstadt und klaren Mehrheiten für die CDU-Kandidatin, den Wahlsieg einer CDU-Kandidatin garantieren.

Immerhin, bei dieser Bürgermeister*innenwahl wurde dem „Schwarzen Gürtel“ eine Perle ausgebrochen. In den drei Bachemer Wahlkreisen kam es zu einem sehr ausgeglichenen Wahlergebnis. Mit nur wenigen Stimmen Vorsprung gewann Carsten Peters von S.Stupp den Stadtteil.

Aber das war es dann auch schon.

C.Peters von der SPD hat durch die Bank besser abgeschnitten als Ferdi Huck 2015, was aber nur bestätigt, dass Ferdi schon 2015 nicht die beste Wahl gewesen war.

Wie schon 2015 belegt, spielte aber auch dieses Mal wieder die Wahlbeteiligung gegen den Kandidaten der SPD. In Königsdorf lag die Wahlbeteiligung bei knapp 44%, in allen Hochburgen von S.Stupp bei zusammen gut 39%.
In den innerstädtischen Wahlkreisen dagegen lag die Wahlbeteiligung bei gerade einmal 30,3%. Tiefpunkte die beiden Wahlbüros Burgschule und Hauptschule Herbertskaul mit einer Wahlbeteiligung von knapp etwas mehr als 23%.

Auch der Effekt der niedrigen Wahlbeteiligung wurde hier im Blog im Beitrag Kein Erfolg in Sicht bereits einmal analysiert.

Überspitzt formuliert: es hätte genügt, wenn alleine eine Wahlbeteiligung in den beiden Wahlbezirken Burgschule und Hauptschule Herberstkaul auf einem städtischen Niveau von rund 35% gelegen hätte und der Sieg von S.Stupp wäre ernsthaft gefährdet gewesen.

Womit wir wieder am alten Punkt angelangt wären: so lange es der SPD nicht gelingt, in der Innenstadt mehr Menschen an die Wahlurne zu locken, wird sie bei Stichwahlen nur schwer gewinnen können.
Und das gilt selbst dann, wenn wie in diesem Jahr, die Amtsinhaberin nicht den stärksten Auftritt hingelegt hat, schlimmer noch, eigentlich seit Jahresbeginn eher unsichtbar geblieben ist und die Agenda der CDU nicht wirklich trendsetzend war. Dazu ein Korruptionsskandal in der Verwaltung, den die Verwaltung in alter Tradition gerne mit dem Mantel des Schweigens überdecken würde, weswegen die Aufarbeitung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet.

Aber der Fokus der SPD lag und liegt auch thematisch bei der bürgerlichen, der besitzenden Mitte. Die Themen, die in sozialen Brennpunkten direkt auf die Lebenswelt der Betroffenen einwirken, sind an einer Hand abzählbar.
Dazu zählt bspw. die Forderung nach bezahlbaren Mietwohnungen und die Forderung von Betreuungsangebote auch während der Schulferien.
Einige andere Forderungen könnten im Zweifelsfall indirekt positiv auf die Lebensverhältnisse der Betroffenen wirken, aber was schon im Begriff des indirekt steckt: das ist in einem Wahlkampf kaum vermittelbar.

So kann man etwa, wie es die SPD tut, die Digitalisierung der Schulen fordern, sozial gerecht aber wäre es erst dann, wenn die Forderung viel umfassender formuliert würde: Lehrmittelfreiheit auch für das dazu notwendige technische Material. Kostenlose Laptops / Ipads für alle Kinder.
Ebenso wird der Ausbau des ÖPNV gefordert: Mehr Busse und Bahnen sind für die kleinen Einkommen nur hilfreich, wenn sie denn kostenlos wären. Also müsste die Forderung lauten: Kostenloser ÖPNV. (Unter ökologischen Gesichtspunkten vielleicht für alle, unter sozialen Gesichtspunkten zumindest aber: für alle kleinen Einkommen.)

Und wenn man sich mit den Betroffenen zusammensetzen würde, ich bin mir sicher, es kämen noch viele andere Vorschläge, die man politisch hätte nach vorne schieben können.

Aber die bürgerliche, die besitzende Mitte hat dieses Programm geschrieben. Warum sollte das wenig besitzende Drittel der Gesellschaft diese Partei wählen? Für dieses Grundsatzproblem hat die SPD noch keine Lösung gefunden. Seit vielen Jahren gilt, dass sozialdemokratische Wahlerfolge nur dann möglich sind, wenn es der Partei gelingt, sowohl die bürgerliche, sich sozial verantwortlich fühlende Mitte und das geringverdienende Drittel der Gesellschaft für eine Wahl zu „fusionieren“. Mit den Grünen an der Seite eh ein ehrgeiziges Projekt, aber wenn man das untere Einkommensdrittel nicht mehr bedient: ein unerreichbares Ziel.
Daran aber scheitert auch die lokale SPD: wenig produktive Ideen für das untere Einkommensdrittel. Wofür sollten diese Menschen sich denn aufraffen, um ihre Stimme abzugeben?