Montag, 30. Januar 2012
Die größte sogenannte Oppositionspartei, die SPD-Frechen hat im Herbst 2011 einem Prüfungsauftrag an die Stadtverwaltung zugestimmt, der besagt, dass die Stadtverwaltung prüfen soll, ob im bestehenden Gebäudebestand eine Sekundar- oder Gesamtschule umsetzbar ist.
Wie aus den Rekationen des zweiten Beigeordneten, des Genossen Uttecht, der FDP und auch der CDU ablesbar ist, hat sich der Charme einer neuen Schulform, egal ob Sekundar- oder Gesamtschule, spontan verflüchtigt, als spürbar wurde, dass hier Überzeugungsarbeit zu leisten sein würde und mit Gegenwind zu rechnen ist. So gibt es einerseits eine nicht unbedeutende Gruppe an Eltern, die eine Gesamtschule wünschen, andererseits aber sicherlich auch eine nicht minder wichtige Gruppe von Eltern die die Realschule und / oder die Hauptschule unverändert behalten wollen.
Eine Umsetzung einer neuen Schulform im Bestand bedeutet einen Eingriff in vorhandene Strukturen und damit ist meist Ärger vorprogrammiert.
Für diesen Rat ist bald Halbzeit und unsere großen Parteien richten ihren Fokus bereits auf die 2014 anstehenden Kommunal- und Bürgermeisterwahlen. Es ist daher kaum damit zu rechnen, dass die Frechener Parteien den Mut haben, an diesem Thema weiter zu arbeiten.
So scheint es für die Parteien einfacher, das Thema mittels dieses Prüfauftrages „elegant“ zu beerdigen, als eine offene Debatte um die Zukunft des Schulstandorts Frechen zu führen.
Die Stadt Hürth zeigt, dass es auch anders geht. In Hürth hat sich der Rat für die Einrichtung einer Gesamtschule ausgesprochen, wenn eine Elternbefragung einen derartigen Bedarf ergibt. Dieser Bedarf ist vorhanden. Nun steht der Rat vor der weiterführenden Entscheidung, wo und wie eine Gesamtschule eingerichtet werden kann.

Die Frechener Prioritäten sind da gänzlich anders gelagert: zuerst wird gefragt, ob man eine neue Schule ohne großen finanziellen Aufwand einrichten kann. Das Ergebnis wird lauten: da sowohl die Haupt- als auch die Realschule in Frechen für gut positioniert gehalten werden, wäre eine Sekundar- oder eine Gesamtschule eine Erweiterung des schulischen Angebots und dies lasse sich im bestehenden Gebäudebestand nicht umsetzen. Diese Botschaft wird vor der, von den Grünen und einer Elterninitiative beantragten, Elternbefragung breit kommuniziert werden in der sicherlich nicht nur stillen Hoffnung, dass sich die Eltern von diesem Votum des Rates abschrecken lassen. Mit Hilfe dieses Prüfauftrags und einer klaren Absage des Rates an eine neue Schule wird eine Situation geschaffen, die Eltern davon abhalten soll, für eine neue Schule zu stimmen.
Auch vor diesem Hintergrund haben sich das Familiennetzwerk Pulheim und Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Schulpflegschaften der Grundschulen Frechens zu einem Meinungsaustausch getroffen:
Dass sich die Schullandschaft in Frechen und Pulheim verändern muss, ahnen Politik und Verwaltung schon lange, doch dem Elternwillen nach einer Gesamtschule wurde bisher nicht Rechnung getragen. (…)„Wir alle sind uns einig darüber, dass dem großen Bedarf nach einer Gesamtschule an beiden Standorten dringend Rechnung getragen werden muss.“, so Michael Partsch, FamilienNetzwerk Pulheim e.V., und Kai Uwe Tietz, Sprecher der AG Schulpflegschaften der Grundschulen Frechen. „Ziel der von uns geforderten Gesamtschule ist es, ein wohnortnahes Angebot des längeren gemeinsamen Lernens bis hin zum Abitur in 9 Jahren an einer Schule anbieten zu können.“

Die Idee, die sich dabei ergab lautet „interkommunale Zusammenarbeit“:
der Stadtteil Brauweiler wird in der Gemeinde Pulheim als möglicher Standort für eine Gesamtschule gehandelt. Die räumliche Nähe der neuen Schule zu Frechen wäre gegeben und damit die Option, eine gemeinsame Schule für zwei benachbarte Kommunen zu schaffen:
Der Gedanke einer interkommunalen Zusammenarbeit erschien allen Beteiligten sehr reizvoll. Da die Stadt Pulheim sowieso intensiv über eine neue Schulform des längeren gemeinsamen Lernens am Standort Brauweiler nachdenke und die örtliche Nähe zu Frechen gegeben ist, würde sich diese förmlich zwischen Frechen und Pulheim anbieten. Da beide Kommunen unter anderem die Frage der Finanzierbarkeit im Auge haben, dürfte dies eine attraktive Variante darstellen. Etwaige anfallende Kosten für Renovierungs-, An- oder Umbaumaßnahmen sowie die Betriebskosten könnten geteilt werden.

Nachdem die SPD in ihrem Kommunalwahlprogramm von 2009 davon gesprochen hat, dass
„Wir … das Gesamtschulangebot im Rhein-Erft-Kreis durch Kooperation mit Nachbarkommunen verbessern (werden)“,

wäre es nun an der Zeit, dass dieser Gedanke von den Frechener Sozialdemokraten aufgegriffen wird, von Sozialdemokraten, die von sich behaupten, dass sie „(…) das Wissen, die Erfahrung, die Kraft und die Kreativität besitzen“ um Frechen wieder zu einer aufstrebenden Stadt zu machen. Sollten die Frechener Sozialdemokraten dabei auch die Idee gehabt haben, Frechen zu einem aufstrebenden Bildungsstandort zu machen, hier ist die Gelegenheit, Kommunalwahlprogramm und konkrete politische Arbeit zum Nutzen Frechener Eltern in Deckung zu bringen.
„Wir hoffen sehr, dass Politik und Verwaltung in beiden Kommunen verstehen, dass man keine neue Schulform „Sekundarschule“ benötigt, sondern eine gut funktionierende und bewährte Schulform „Gesamtschule“ zwingend in die Bildungslandschaft etablieren muss , um dem Elternwunsch endlich Rechnung zu tragen. Der fragwürdige Umgang der letzten zwei Jahre mit den Bildungschancen unserer Kinder muss endlich ein Ende haben. Nicht zuletzt ist der Schulträger nach dem Gesetz verpflichtet Schulen zu errichten, wenn Bedürfnisse bestehen und eine Mindestgröße gewährleistet ist, wenn es in zumutbarer Entfernung kein entsprechendes Bildungsangebot gibt.“, so die Sprecher der Initiativen weiter.




Donnerstag, 15. Dezember 2011
Und der Rat hat nicht Farbe bekannt.
Der Bürgerantrag der 177 Frechener Eltern und der ergänzende Antrag der Grünen wurden auf die Mai-Sitzung des Schulausschuss vertagt.
Laut Presseberichterstattung kommt der Schülerzahlentwicklung eine besondere Bedeutung zu, denn die Stadtverwaltung betonte, dass nachweislich 100 Kinder (das entspricht vier Eingangsklassen) zur Gründung einer Gesamtschule notwendig sind. Ich glaube, dass wir diese 100 Kinder problemlos zusammen bekommen können.

1. Eine eingeschränkte Gymnasialempfehlung bedeutet heutzutage nicht, dass das Kind ein Platz am Gymnasium erhält. Die Kapazitäten an vielen Gymnasien sind begrenzt. Kinder mit eingeschränkter Empfehlung werden oft abgelehnt.
2. Wir wissen, dass auch leistungsfremde Kriterien bei Schulempfehlungen zum Tragen kommen (und sei es auch nur unbewusst). Es ist erwiesen, dass Kinder aus bildungsfernen Schichten bei vergleichbarer Intelligenz schlechtere Schulempfehlungen erhalten als Kinder aus Familien mit entsprechender Bildung. Auch diese Kinder haben das Recht auf bestmögliche Bildung. Gesamtschulen halten hier alle Wege offen.
3. Im heutigen Modell werden Kinder, die den schulischen Erwartungen ihrer Schule nicht entsprechen "abgeschult". Ein Wort, das die Hässlichkeit des Vorgehens zutreffend bezeichnet. Das Kind muss seine Schule, sein soziales Umfeld verlassen - es wird, auch dies ist durch vielfältige Studien belegt, stigmatisiert und erlebt sich selber als "Bildungsversager".
Ein Urteil mit oft lebenslangen Folgen. Eine Gesamtschule kann nicht "abschulen"!
4. Nicht alle Eltern wünschen sich für ihre Kinder ein G8-Gymnasium, denn es gibt auch noch ein Leben neben der Schule - der Wunsch nach G9 ist weitverbreitet, was uns zu fünftens führt.
5. Die vorhandenen Gesamtschulen in der näheren Umgebung (Kerpen, Quadrat) nehmen kaum Frechener Kinder auf. Die Kölner Gesamtschulen sind ebenso überfüllt und zudem von Frechen aus mit vernünftigem Aufwand nicht erreichbar.
6. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention, die klar besagt, dass Kinder mit Förderbedarf im Regelschulsystem zu unterrichten sind, ist in einem Schulsystem des "Abschulens" nicht vernünftig umsetzbar. Entweder, behinderte Kinder werden vom Prozess des "Abschulens" ausgenommen (was strukturell widersinnig wäre, "ungerecht" und unglaubwürdig gegenüber allen anderen Kindern) oder Kinder mit Förderbedarf finden sich in ihrer großen Mehrheit wieder in der untersten der noch existierenden Schulen - in Frechen wird dies die Hauptschule sein.

Das kann niemand wollen.

Es gibt also viele Gründe, sein Kind auf eine Gesamtschule zu schicken. jeder einzelne Grund ist ein guter Grund und soll Gehör finden.

Machen wir dem Rat Beine. Zeigen wir dem Rat, was sich Eltern wünschen. Zeigen wir Farbe, wenn es schon der Stadtrat nicht tut.
Es muss nicht bei 177 Eltern bleiben, die sich für diesen Antrag aussprechen.




Mittwoch, 7. Dezember 2011
... und sie sprechen mir aus der Seele:

"Der Rat soll Farbe bekennen." erklären die Grünen auf ihrer Homepage und äußern die Befürchtung dass die Frechener Politik kein ernsthaftes Interesse an der Einführung einer Gesamtschule hat und deshalb das Thema aussitzen will:
"Nachdem der Vertreter der AG Schulpflegschaften für die Grundschulen in der vergangenen Woche im Schulausschuss den Antrag zur Durchführung einer Elternbefragung zurückgezogen hatte, befürchten die Grünen, dass die Diskussion über eine Gesamtschule an Dynamik verliert oder sogar ausgesessen werden soll.
Miriam Erbacher, grünes Mitglied im Schulausschuss: „Verschiedene Äußerungen seitens der Politik lassen am ernsten Willen zweifeln, die Möglichkeit einer Gesamtschule überhaupt prüfen zu wollen.“."

Es ist gut, dass endlich eine der im Rat vertretenen Parteien den Staffelstab aufnimmt, denn die AG der Schulpflegschaften konnte hierzu bestenfalls einen Anstoß geben, die Frechener Parteien sind aufgerufen, das Thema in aller Breite weiter zu behandeln. Wobei die an einer Gesamtschule interessierten Eltern jetzt nicht nachlassen dürfen - die bisherigen Erfahrungen belegen, dass nur anhaltender öffentlicher Druck diesen Rat dazu bewegt, Elternwünschen nachzukommen.

Wir hoffen weiterhin darauf, dass auch die Frechener SPD sich ihrer eigenen Programmatik erinnert und die Eltern in ihrem Wunsch nach einer Gesamtschule unterstützt.

Die Erklärung der Grünen ist in dieser Hinsicht eindeutig:

„Die Grünen unterstützen den Wunsch vieler Frechener Eltern nach einer Schule, die den Bildungsweg ihrer Kinder länger offen hält. Wir fordern jetzt von der Politik ein eindeutiges Bekenntnis, dass sie bereit ist, eine Gesamtschule auf den Weg zu bringen – natürlich unter der Voraussetzung, dass genügend Eltern ein ernsthaftes Interesse bekunden. Aus diesem Grunde haben wir einen entsprechenden Antrag gestellt.“."

Der Stadtrat wird sich am 13. Dezember daher mit nachfolgendem Antrag der Grünen auseinandersetzen müssen:

„Der Rat beauftragt die Verwaltung, durch eine förmliche Elternbefragung das Bedürfnis nach der Einrichtung einer Gesamtschule schnellstmöglich festzustellen.“

Wir sind gespannt!




Freitag, 2. Dezember 2011
Wie zwischenzeitlich bekannt ist, wird der Rat in seiner Sitzung am 13. Dezember über den Bürgerantrag "Pro Gesamtschule" befinden.
Die Verwaltung schlägt vor, den Bürgerantrag an den Schulausschuss zu überweisen und im Gesamtkontext zu behandeln.

Das war zu erwarten, nachdem in der letzten Schulausschusssitzung das Thema in seiner Gesamtheit mittels eines Verwaltungsauftrags in den Mai 2012 verschoben wurde.

Vegleicht man den Verwaltungsauftrag mit dem Elternantrag, so ist aber festzustellen, dass der Auftrag der Verwaltung deutlich von der Intention des Elternantrags abweicht.
Die Verwaltung wurde beauftragt, anhand einer Überarbeitung des Schulentwicklungsplanes zu prüfen, ob und inwieweit Schulen mittelfristig in ihrem Bestand gefährdet sind und wie darauf reagiert werden könnte.

Der Bürgerantrag dagegen referiert darauf, dass Eltern von Schulkindern sich eine Möglichkeit wünschen, ihre Kinder nicht dem G8-Stress des Frechener Gymnasiums auszusetzen, dass es Eltern gibt, die sich eine Schule wünschen, die sie nicht automatisch nach der vierten Klasse dazu zwingt, eine nur schwer zu korrigierende Schulwegentscheidung für ihre Kinder treffen zu müssen.

Das sind berechtigte Forderungen, die leider im Verwaltungsauftrag keinen Niederschlag gefunden haben.

Zudem ist aus der Debatte um einen Grundschulstandort in der Frechener Innenstadt bekannt, dass prognostische Betrachtungen zukünftiger Schülerströme mit hohen Unsicherheiten behaftet sind. Der Schulentwicklungsplan 2009 (Datenstand 2008) musste bereits nach 2 Jahren gravierend korrigiert werden.
Die größte Unsicherheit im zukünftigen Schulentwicklungsplan ist dabei das Elternverhalten. Nachdem die verpflichtende Schulempfehlung weggefallen ist, steht es den Eltern frei, ihre Kinder auf die Schule ihrer Wahl zu bringen. Die bisherigen Größenordnungen, die hier im Raum stehen, bspw. die Aussage, dass rund 15% aller Kinder eines Jahrgangs eine Hauptschule besuchen, können sich innerhalb weniger Jahre komplett verändern.

Hier sei nur auf eine kleine Entwicklung hingewiesen, die die Dynamik aufzeigen kann, die in diesem Thema steckt: die Frechener Förderschule hat innerhalb von nur 2 Jahren 20% ihrer Kinder verloren. Die Anzahl der förderbedürftigen Kinder hat sich in diesem Zeitraum nicht reduziert. Sie ist gleich geblieben. Die Kinder die die Anne-Frank-Schule nicht besuchen sind alle an den Frechener Grundschulen untergekommen. Dieses veränderte Elternverhalten steht in einem engen Zusammenahng mit der Behindertenrechtskonvention der UN, durch die eindeutig bestimmt wurde, dass der normale Bildungsort auch für förderbedürftige Kinder die Regelschule ist. Viele Eltern haben sofort reagiert. Ihre Kinder besuchen nun keine Förderschule sondern eine Regelschule.
Zudem ist erkennbar, dass in Frechen derzeit die Hauptschule im Sekundarbereich vermehrt Kinder mit Förderbedarf aufnimmt. Wenn der Schulträger nicht schnell reagiert, dann werden wir erleben, dass die Förderschule Anne-Frank aufgrund von Schülermangel schließen muss, und sich diese Kinder schwerpunktmäßig in der Hauptschule sammeln. Dies ist ein realistisches Zukunftszenario, das Eltern zum Zeitpunkt der Schulwahl bewußt sein wird. Und persönlich bin da nicht sehr optimistisch: einerseits begrüßen Eltern den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder andererseits glaube ich aber nicht, dass eine Ballung förderbedürftiger Kinder an einer Schule von Eltern gerne gesehen wird. Die Angst, das eigene Kind könnte bei so vielen förderbedürftigen Kindern zu kurz kommen, wird eine Entscheidung gegen eine solche Schule bewußt, oder auch nur unbewußt, befördern.
Kinder, die einer besonderen Förderung bedürfen, müssen gleichmäßig über alle Schulen verteilt werden. Eine schulische Ghettobildung wird sonst in einem sehr überschaubaren Zeitraum dazu führen, dass viele Eltern ihre Kinder an einer anderen Schule anmelden werden.
Ein weiterer Gedanke sollte dabei nicht verdrängt werden: wir Eltern registrieren, dass an anderen Orten Hauptschulen schließen, mit anderen Schulen fusionieren, neu bezeichnet werden. Jede Hauptschule, die schließt, jede Hauptschule, die verschwindet ist ein Argument, unsere Kinder nicht auf die Frechener Hauptschule zu schicken. Nicht aus qualitativen Gründen, wir reden nicht über die Qualität einer Schule, aber wer schickt sein Kind schon gerne in einem Auslaufmodell zur Schule?

Mit anderen Worten, wir Eltern bringen eine neue und für Schulträger ungewohnte Dynamik ins Spiel, da unsere Entscheidungen, ob es die Politik nun gerne hört oder nicht, darüber entscheiden, welche Schulen vor Ort noch existieren können und welche nicht.

Wetten auf die mittelfristige Fortexistenz der Hauptschule werden daher nicht mehr angenommen. Offen ist vielmehr, wann die Politik bereit ist, diesen Prozess anzuerkennen und für die Zukunft zu gestalten. Dabei ist politischer Gestaltungswille gefragt. Bisher ist davon nichts zu erkennen.

Wir warten immer noch darauf, dass die Befürworter der Sekundarschule öffentlich und damit nachvollziehbar vermitteln, warum diese Schule besser zu Frechen passen soll als eine Gesamtschule. Wir warten darauf, wann den Eltern, die dies wollen, erklärt wird, warum eine Gesamtschule neben einem Gymnasium in Frechen nicht funktionieren kann. Wir warten darauf, wann uns verständlich erklärt wird, warum eine Schule die erst nach 9 Jahren zum Abitur kommt, nicht für Frechen passen soll. Mit anderen Worten: wir warten auf den Politiker, auf die Politikerin, die uns klar erklärt, warum sie persönlich, warum ihre Partei die eine oder die andere Schullandschaft für die bessere hält. Wo sind sie, die engagierten SchulpolitikerInnen, die mit Herzblut ihre Entscheidungen verteidigen, die sich der Öffentlichkeit stellen, sich mit den Eltern auseinander setzen?

Der Bürgerantrag fordert an keiner Stelle das Ende der Haupt- oder der Realschule. Der Elternantrag will eine Gesamtschule als Ergänzung zur Gymnasium. Eine Schule, die den Kindern breitere Möglichkeiten und längere Lernzeiten auf dem Weg zum bestmöglichen Abschluss bietet.

Wie sagte eine Mutter und Gymnasiallehrerin, die an einem G8-Gymnasium unterrichtet:
„Ich habe Kinder in den Klassen sitzen, bei denen es ohne psychologische Betreuung nicht mehr geht.“
Das wollen wir für unsere Kinder nicht!
Eine Beschränkung der Diskussion auf zukünftige Schülerströme wird diesem Ansinnen an keiner Stelle gerecht. Es geht um das Wohl unserer Kinder.




Donnerstag, 24. November 2011
Gestern war Schulausschusssitzung. Die erste in einer Reihe hoffentlich weiterhin sehr lebhafter Diskussionen über die neue Schulstruktur in Frechen.

Beginnen wir aber mal mit dem, was nicht thematisiert wurde: der Bürgerantrag „Pro Gesamtschule“ wurde an keiner Stelle erwähnt – scheint aber implizit bereits Wirkung zu entfalten. Die Nichtbehandlung des Antrags eröffnet zudem weitere Handlungsoptionen. Auf beide Aussagen wird zurückzukommen sein.

Ein weiterer Punkt handelte von der Elternbefragung. Die Stadtverwaltung hat mit der notwendigen Klarheit formuliert, dass die aktuelle Elternbefragung in keinem Punkt den Vorgaben entspricht, um damit eine Veränderung der Frechener Schullandschaft zu begründen. Will man in Frechen ein Sekundarschule oder eine Gesamtschule, so muss die Elternschaft entsprechend informiert werden und eine auf dies Frage zugeschnittene Elternbefragung durchgeführt werden. Die vorhandene Elternbefragung kann damit nicht mehr als Hinweise liefern, was sich Eltern für ihre Kinder wünschen.
Im Schulausschuss wurde erklärt, den in der Elternbefragung zum Ausdruck kommenden Elternwunsch mit den realen Anmeldezahlen der weiterführenden Schulen im kommenden Frühjahr zu vergleichen. Es bleibt also abzuwarten, in welchem Umfang die Eltern ihren Wunsch in eine konkrete Schulwahl überführen. Da die bindende Schulempfehlung weggefallen ist, sind die Eltern ziemlich frei in ihrer Entscheidung.

In einem früheren Beitrag sprach ich von der „Schulverwirrung der CDU-Fraktion“. Dies hat sich in der gestrigen Sitzung bestätigt. Frau Berger echauffierte sich massiv darüber, dass in einem Antrag der Schulpflegschaften formuliert wurde, dass die CDU über eine Fusion von Haupt- und Realschule nachdenke. Das stehe an keiner Stelle im Antrag der CDU. Stimmt, in dieser Eindeutigkeit ist es nirgends nachzulesen. Nur muss man sich dann doch fragen, warum die CDU die Verwaltung überhaupt aufgefordert hat, den Nutzen einer Sekundarschule für Frechen zu prüfen?
Mir sind dabei zwei Ideen gekommen:
1. Die CDU hat den Eindruck, der Verwaltung ist langweilig – es handelt sich bei diesem Antrag daher nur um eine Form gehobener Beschäftigungstherapie.
2. Alternativ, und dies ist viel wahrscheinlicher, sieht die CDU sehr wohl, dass die Einrichtung einer Sekundarschule mit einer inneren Notwendigkeit auf die Fusion von Haupt- und Realschule zuläuft – nur: die CDU hätte es gerne, wenn die Verwaltung dies als alternativlose Notwendigkeit darstellen würde – dann kann die CDU nämlich der Sekundarschule zustimmen, ohne in der Öffentlichkeit als Totengräberin der Hauptschule dazustehen. Das Verfahren ist bekannt und läuft unter dem Titel: „Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass.“

Zu diesem Aspekt hatte auch die Ausschussvorsitzende D'Moch-Schweren einen kleinen versteckten Hinweis geliefert, der den weiteren Weg weist. Sie erklärte nämlich, dass die möglichen Veränderungen der Schulstruktur auch vor dem Hintergrund der vorhandenen Gebäude zu diskutieren seien. Man kann, ganz vorsichtig formuliert, diesem Hinweis entnehmen, dass aktuell niemand an eine neue / weitere Schule denkt, sondern Veränderungen innerhalb des schulischen Gebäudebestands stattzufinden haben. Damit ist aber auch klar, dass es keine neue Schule, weder eine Sekundar- noch eine Gesamtschule neben den bestehenden Schulen geben wird. Wird die Frechener Schullandschaft verändert, so werden Haupt- und Realschule in der neuen Schule aufzugehen haben.

Es lohnt sich noch, auf einen weiteren, eher unschönen Punkt der CDU-Positionierung hinzuweisen, der um dieses Zitat, entnommen der Homepage der CDU-Frechen, kreist:
„Darüber hinaus sind die Auswirkungen des vereinbarten Schulkonsens in NRW noch nicht absehbar. „Wir wollen weiterhin auch in unsere weiterführenden Schulen investieren“, sagt die CDU-Stadtverordnete Maria Berger. „Wenn wir aber alle Rücklagen in 2 Grundschulen stecken, bleiben für die größeren Kinder keine Mittel übrig“.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Schulkonsens in NRW und den dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen an zwei Frechener Grundschulen?
Die sachkundige Bürgerin der CDU, Frau Lehmann, hat diesen Punkt in der Sitzung dahingehend konkretisiert, dass sie erklärte, es handle sich um eine einfache Rechnung: was man der einen Schule gebe, könne einer anderen Schule nicht zugute kommen.
Mit anderen Worten, die CDU-Frechen scheint den Konkurrenzkampf zwischen den Schulen zu eröffnen, scheint die verschiedenen Schulen gegeneinander positionieren zu wollen. Es sei die Frage erlaubt, welcher strategischen Zielsetzung das folgt. Als hätten nicht alle Schulen in Frechen darunter zu leiden, das über Jahre und Jahrzehnte nicht ausreichend in die Substanz investiert worden ist.
Man könnte aber auch die Vermutung äußern, dass die CDU, für den Fall, dass sie "gezwungen" wäre, dem "alternativlosen" Vorschlag der Stadtverwaltung zu folgen und sich für die Sekundarschule aussprechen "müsste", hiermit bereits ankündigt, dass sie den Grundschulen Finanzmittel zugunsten der Sekundarschule entziehen will.

Wird dieses Thema in der von Frau Berger vorformulierten Weise weiterverfolgt, so eröffnen die CDU eine Neiddebatte mit völlig unkalkulierbaren Auswirkungen. Die CDU ruft Geister, die sie nicht wieder loswerden wird!

Nun aber zu den guten Dingen der Sitzung. Die beiden präjudizierenden Anträge von SPD und CDU sind vom Tisch. Die Ausschussvorsitzende brachte einen weiteren Entschliessungsantrag ein, mit dem die Verwaltung aufgefordert wird, die Frechener Schullandschaft vor dem Hintergrund sich verändernder Anmeldezahlen usw. zu prüfen und darzustellen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Konsequenzen in Frechen bestehende Schulformen verändert werden können. Eine Festlegung auf die Sekundarschule wurde vermieden. Wir haben damit zumindest erreicht, dass der Prüfauftrag an die Stadtverwaltung ergebnisoffen formuliert wurde. Die Ergebnisse soll die Stadtverwaltung im Mai 2012 im Schulausschuss präsentieren.

Dieser offene Prüfauftrag ist sicherlich auch dem nicht behandelten Bürgerantrag „Pro Gesamtschule“ geschuldet, der aufzeigt, dass die Elternschaft eigene Vorstellungen entwickelt. Da der Bürgerantrag sinnvollerweise im Mai 2012 wieder aufgegriffen werden wird, können weitere Unterstüzungsunterschriften dem Bürgerantrag ein deutlich höheres Gewicht geben. Es gilt, am Ball zu bleiben.

Als Anekdote sei erwähnt, dass die Ausschussvorsitzende vom Herzen her für eine Gesamtschule ist und daher ihre Kinder bewußt auf die Gesamtschule nach Kerpen geschickt hat, eingschränkend formulierte sie aber, dass sie nicht wisse, ob eine Gesamtschule für Frechen das Richtige sei.

Dazu fällt mir ein Demonstrationsspruch aus dem Jahr 1990 ein, der von der Bürgerrechtsbewegung der untergehenden DDR skandiert wurde:
"Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr!".
Nachdem die Stadt Hürth mit ihren Entscheidungen deutlich schneller und daher damit zu rechnen ist, dass in Hürth eine Gesamtschule entstehen wird, so gilt für Frechen:

"Kommt die Gesamtschule nicht zu uns, gehen wir zu ihr!"

Mal schauen, wie sich dann die Schülerzahlen hier in Frechen entwickeln!




Mittwoch, 16. November 2011
Heute Abend hat mich nachfolgende Bitte um Unterstützung erreicht, der ich gerne nachkomme:

"Liebe Frechener BürgerInnen,

anbei erhalten Sie einen Bürgerantrag mit der Bitte um Einrichtung einer Gesamtschule in Frechen. Wenn Sie den Antrag unterstützen, schicken Sie bitte eine Antwort-Mail bis spätestens Sonntag, 20.11. mit Ihrem Namen und Ihrer Anschrift an mich zurück. Der Antrag soll zur nächsten Sitzung des Schulausschusses der Stadt Frechen vorliegen (am Mittwoch, 23.11.), da dieses Thema dann behandelt wird. Bitte schicken Sie diese Mail an möglichst viele interessierte Eltern, Großeltern etc. weiter, da ich in der Kürze der Zeit keine andere Möglichkeit der Kontaktaufnahme sehe.

reginaruesing@netcologne.de

Hier noch der Text des Bürgerantrags:

"Im Zuge der Umstrukturierung der Frechener Schullandschaft fordern wir, die Unterzeichnenden, die Einrichtung einer Gesamtschule im Stadtgebiet Frechen.

Mit dem Besuch einer Gesamtschule steht den SchülerInnen der Erwerb aller Bildungsabschlüsse offen. Zudem müssen sich die Kinder nicht dem enormen Druck des sogenannten „Turbo-Abiturs“ aussetzen, sondern haben die Möglichkeit ihr Abitur in 9 Jahren – wie früher üblich - zu erlangen.
Deshalb nehmen schon jetzt viele SchülerInnen für den Besuch einer Gesamtschule weite Wege in andere Städte in Kauf. Die Gesamtschulen in diesen Städten haben aufgrund ihrer Beliebtheit nur geringe Platzkapazitäten für auswärtige SchülerInnen, so dass nur wenige Frechener Kinder überhaupt in den Genuss des Gesamtschulbesuchs kommen können.

Wir sehen eine Gesamtschule als eine Bereicherung der Frechener Schullandschaft und bitten deshalb im Interesse der Zukunft unserer Kinder um eine rasche Bearbeitung unseres Antrages."
________________

Anbei die Presseberichterstattung über den Elternantrag:

KR v. 22.11.2011
KStA v. 22.11.2011




Dienstag, 25. Oktober 2011
Vom Antrag der AG Schulpflegschaften angeregt, haben Frechens Grüne in der Schulpolitik zu einer eigenständigen Stimme zurückgefunden.
"Eine neue Gesamtschule in Frechen könnte vielen Schülerinnen und Schülern eine neue Perspektive geben (…).
Miriam Erbacher, grünes Mitglied im Schulausschuss: „Das neue Schulgesetz bietet die Möglichkeit, unsere Schullandschaft völlig neu zu gestalten und für die Anforderungen der nächsten Jahrzehnte tauglich zu machen. Die Integrierte Gesamtschule ist die beste Lösung, um auf diese Herausforderungen zu reagieren.“
Die SPD hat sich in einem ersten Antrag für die Sekundarschule und gegen eine Gesamtschule ausgesprochen:
„Die Sekundarschule ist eine neue Schulform, die es der Stadt Frechen als Schulträger erlauben würde, dem Elternwunsch nach längerem gemeinsamen Lernen nachzukommen und die so flexibel ist, dass ihre Integration in die Frechener Bildungslandschaft eher möglich scheint, als dies z. B. bei einer Gesamtschule der Fall wäre.“ So die SPD-Fraktion in ihrem Antrag. Und der Fraktionsvorsitzende der SPD Hans-Günter Eilenberger setzt noch einen drauf, nicht nur stehe die SPD der Sekundarschule positiv gegenüber, nein: „Inzwischen hat aber die Sekundarschule das Feld überrollt. Deshalb sehe ich da wenig Chancen.“
Da erhält das Wort „überrollen“ doch eine gänzlich neue Bedeutung … wir reden für das Schuljahr 2012/13 von rund 60 Sekundarschulen - in ganz NRW!
Das klang im Kommunalwahlprogramm der SPD im Jahr 2009 aber noch ganz anders:
„Wir werden das Gesamtschulangebot im Rhein-Erft-Kreis durch Kooperation mit Nachbarkommunen verbessern“ wurde damals erklärt. Das war im Rüttgersland sicherlich eine vernünftige Selbstbeschränkung. Vor dem Hintergrund einer rot-grünen Landesregierung jedoch wirkt es selbstvergessen und rückwärtsgewandt, wenn die neuen Optionen ungeprüft verworfen werden. [Die aktuelle Entwicklung innerhalb der SPD finden sich hier.]

Auch die CDU spricht davon, dass der NRW-Schulkonsens die Partei veranlasse, die Stadtverwaltung zu bitten, zu prüfen, ob die Sekundarschule in Frechen nicht eine sinnvolle Veränderung der Frechener Schullandschaft darstelle.
Sollte die CDU sich vertiefende Gedanken gemacht haben, so versteckt sich in dieser Formulierung eine Ablehnung einer Gesamtschule.
Die Linke in Frechen ist einerseits gespalten, andererseits ist sie bisher zudem bestenfalls durch massives Desinteresse am Thema Schule und Bildung aufgefallen. Mit einem substantiellen Beitrag ist daher wohl kaum zu rechnen. Die ehemalige Stadtratsfraktion der Linken will sich im Übrigen um eine „linke Sozialpolitik“ kümmern. Womit wohl alles gesagt ist.
Und die FDP? Die scheint seit ihrem Wahlerfolg 2009 ins schulpolitische Koma verfallen zu sein. Dass die Partei im Schulausschuss vertreten ist, ist bisher jedenfalls noch niemandem aufgefallen.
Genau wie die Wählerinitiative Junge Alternative (JA) - trotz neuem Stadtverordnetem hört man nichts, obwohl es in deren Wahlprogramm heißt: "Deshalb wollen wir prüfen, ob die Eröffnung einer Gesamtschule in Frechen sinnvoll ist und von genügend Eltern gewünscht wird."

So lohnt ein Blick über die Stadtgrenzen:
Der Stadtrat von Hürth hat im September 2011 eine Elternbefragung zum Thema Gesamtschule verabschiedet. Dazu kann man auf der Homepage der SPD-Hürth folgendes Statement lesen:
„SPD, Grüne und FDP sehen in der Gründung einer Gesamtschule auch die große Chance, den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern (GU) an einer weiterführenden Schule weiterzuentwickeln. „Wir haben beim GU-Unterricht an weiterführenden Schulen Handlungsbedarf", so Stephan Renner. Die Verwaltung wurde auf Antrag der Kooperation beauftragt, bei Einrichtung einer Gesamtschule Möglichkeiten für GU-Unterricht zu schaffen.“

Die Fraktion Die Linke ergänzte dies zudem mit einem Antrag, der die Einrichtung einer integrierten Gesamtschule forderte. Dieser Antrag fand im Schulausschuss der Stadt Hürth eine Mehrheit.
Und wie wir an anderer Stelle der Presse entnehmen konnten, stellt sich auch die CDU Hürth nicht prinzipiell gegen eine Gesamtschule.
Na ja, die Frechener und die Hürther SPD gehören wohl nur noch dem Namen nach derselben Partei an ... oder wie will man sich auf engstem Raum derartig unterschiedliche Wahrnehmungen erklären?

Ein nur einigermaßen ehrlicher Blick auf die Frechener Schullandschaft sollte den PolitikerInnen von CDU und SPD zeigen, dass eine Gesamtschule in Frechen das deutlich zukunftsweisendere Projekt darstellt, als eine Sekundarschule. Ein Gutachter hat nicht umsonst im Pullheimer Rat den Schulkonsens in Bezug auf die Sekundarschule als „Schulnonsens“ bezeichnet.

Inzwischen hat sich auch die FDP erklärt, Näheres dazu findet sich im Beitrag FDP: ideologiegetriebene Schulpolitik

D.Richter, Eltern sollen entscheiden, KStA, 26.10.2011
Presseerklärung - Grüne
Bericht Radio Erft, 25.10.2011
F.Klemmer, Eltern wollen neue Befragung, KR, 27.10.2011




Samstag, 22. Oktober 2011
Sowohl die CDU als auch die SPD Frechens haben beschlossen, die bisherige Dreigliedrigkeit des Schulsystems zu hinterfragen. Die Parteien schließen derzeit eine Fusion von Haupt- und Realschule zur Sekundarschule nicht aus. Dementsprechende Anträge gingen dem Schulausschuss zu.

Vor dem Hintergrund des sogenannten Schulkonsens’ scheinen beide Parteien unabhängig voneinander zu dem Schluss gekommen zu sein, dass die nun gesetzlich zulässige Sekundarschule diejenige Schulform sein soll, in der Haupt- und Realschule aufzugehen haben.

Es wirkt aber so, als wollten die beiden großen Parteien hier in Frechen die Diskussion über die zukünftige Schulstruktur in einer ortsspezifischen Verkürzung führen und als solle die Vorentscheidungen darüber von den Parteien in Ortsvereinen oder Stadtverbänden getroffen werden, ohne die Wünsche der Eltern überhaupt zu kennen
Der NRW-Schulkompromiss nicht in seiner vollen Dimension thematisiert, sondern auf die Sekundarschule verkürzt:
Im Rahmen des Schulkonsens' wurde die Gesamtschule gestärkt und die Gründung von Gesamtschulen erleichtert. Die GEW fasst diesen Aspekt des Schulkonsens' folgendermaßen zusammen:
„Wenn an einem Ort mehr als hundert Eltern längeres gemeinsames Lernen für ihre Kinder wünschen, sollte ernsthaft über die Gründung einer Gesamtschule nachgedacht werden“, ermuntert Schäfer die Kommunen zur Gründung von Gesamtschulen. Diese Schulform böte schließlich alle Bildungsabschlüsse einschließlich des Abiturs an."

Überraschenderweise wollen die Frechener Parteien jedoch den Elternwunsch zu dieser zentralen Frage nicht kennen. In der letzten Sitzung des Schulausschusses wurde immer wieder auf eine Elternbefragung zu Beginn dieses Schuljahres hingewiesen, die Aufschluss über den Schulwunsch der Eltern bringen solle.
Dummerweise sind die Ergebnisse vor dem Hintergrund der Entwicklung des Jahres 2011 nicht mehr valide, wurde damals doch davon ausgegangen, dass in Frechen die Viergliedrigkeit des Schulsystems grundsätzlich beibehalten werde. Abgefragt wurden nur nach: Förderschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Gesamtschule. Der Begriff "Sekundarschule" tauchte nirgends auf.

Zudem hat das nordrhein-westfälische Bildungsministerium in Bezug auf die Errichtung einer Gemeinschaftsschule festgestellt, dass die Eltern entsprechend zu befragen sind und eine ausführliche Information über die geplante Schule erhalten müssen. Die Elternbefragung vom Frühjahr 2011 genügt beiden Anforderungen nicht.

Aus diesem Grund hat die AG der Schulpflegschaften einen Antrag gestellt, die Eltern ausführlich über Gesamtschule und Sekundarschule zu informieren und eine ergebnisoffene Diskussion zu führen, denn wir Eltern müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir uns auf eine komplett neue Situation im Bereich der weiterführenden Schulen werden einstellen müssen.
Es fehlen in dieser Debatte jedoch klare und nachvollziehbare Konzepte eines kohärenten städtischen Bildungsmanagements, klare Vorgaben und Planungen zur Umsetzung des Themas Inklusion in allen weiterführenden Schulen und damit die Sicherung einer Übereinstimmung der Bildungsschwerpunkte der einzelnen Schulen mit den Konzepten der Kommune.

Ebenso geben wir zu bedenken, dass alle wissenschaftlichen Prognosen davon ausgehen, dass der Elternwunsch hin zu einem Bildungspatent, das die Hochschulreife zertifiziert, ungebrochen ist. Der relative Anteil der Frechener Kinder, die zukünftig eine Schule mit gymnasialem Zug besuchen werden, wird weiter ansteigen. In Frechen ist dieser Bedarf bisher nur durch das hiesige Gymnasium (G8) zu befriedigen.
Das Gymnasium hat aber jetzt bereits Kapazitätsprobleme (Ganztag), ein weiterer Anstieg an Schülerinnen und Schüler ist durch das Gymnasium kaum zu verkraften. Ein weiterer Ausbau der Schule dann zwingend.

Als weiteres kommt hinzu, dass die Stadt Hürth aktuell die Errichtung einer Gesamtschule diskutiert, für die sich die dortige SPD stark macht und die auch von der CDU Hürth nicht grundsätzlich abgelehnt wird. Sollte sich Hürth für die Gesamtschule entscheiden, Frechen jedoch für die Sekundarschule, so kann gesichert angenommen werden, dass Frechener Kinder, die bspw. keine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung erhalten, sich eher Richtung Gesamtschule Hürth orientieren werden, als sich für die Sekundarschule Frechen zu entscheiden. Denn es ist erwiesen, dass der Anteil der Hauptschul- bzw. Realschulempfohlenen, die an einer Gesamtschule Abitur machen weit höher ist als an einem Gymnasium.

Eine Gesamtschule vor Ort wäre in der Lage, das Gymnasium partiell zu entlasten. Auf einen wenig beachteten aber trotzdem u.E. wichtigen Aspekt weisen wir noch zusätzlich hin: eine hohe SchülerInnenzahl in räumlich beengten Verhältnissen bedeutet Stress für SchülerInnen und Lehrkörper. Stress jedoch führt nachweislich zu einer Verschlechterung des Leistungsniveaus. Eine schulische Strukturentscheidung, die mittelfristig zu einer Verschlechterung des gymnasialen Lernumfelds führt, kann nicht gewollt sein. Gleiches gilt für eine Sekundarschule mit über 1200 SchülerInnen, die sich, organisatorisch kaum zu bewältigen, auf 2 Standorte verteilen sollen.

Zudem ist unter haushalterischen Gesichtspunkten zu ermitteln, inwieweit ein inklusiver Ausbau von drei Schulgebäuden durch die Stadt Frechen überhaupt zu leisten ist:
• Hauptschule und Realschule im Rahmen des Sekundarschulplans,
• das Gymnasium im Rahmen der Notwendigkeit, dass Inklusion nicht vor den Toren des Gymnasiums endet.

Da nun aber die Wahl der weiterführenden Schule eine zentrale Entscheidung im Leben der Kinder und deren Eltern ist, da nun auch in Frechen die Viergliedrigkeit zur Disposition steht und vor dem Hintergrund,

• dass die Gesamtschule eine langjährig erprobte Schulform ist,
• dass für die Sekundarschule bisher weder Lehrpläne noch pädagogische Konzepte existieren,
• dass die zwingend vorgeschriebenen Kooperationen der Sekundarschule mit weiterführenden Schulen sich erst in einem langjährigen Prozess wird einspielen müssen,
• dass die Gesamtschule, allen Kindern die Option auf die allgemeine Hochschulreife längstmöglich erhält,
• dass die Gesamtschule die Schulzeitverkürzung im Gymnasialbereich nicht nachvollzogen hat,
• dass die Gesamtschule anerkanntermaßen die Schulform ist, der unter dem Aspekt der Inklusion behinderter Kinder die besten Erfolge verzeichnet,
• dass die Inklusion nicht mit der 10. Klasse Sekundarschule endet, das Gymnasium derzeit aber weder baulich noch pädagogisch auf Inklusion eingestellt ist,
ist zu wünschen, dass sich viele Eltern an dieser Debatte beteiligen.

Insofern freuen wir uns natürlich, dass die beiden großen Parteien das Thema Schulstrukturen auf die Tagesordnung gesetzt haben. Die Geister haben sie gerufen .... nun wissen sie nicht mehr, wie sie sie los werden wollen.




Freitag, 16. September 2011
„Wenn über eine dumme Sache endlich Gras gewachsen ist,
kommt sicher ein Kamel gelaufen, das alles wieder runterfrisst.“

So besang Stefan Sulke in den Siebzigern eine vergangene Liebe. Dank des überparteilichen Schulkompromisses scheint die Liebe zur Gesamtschule neu entflammt zu sein.
Der Hürther Schulausschuss hat sich für die Einrichtung einer Gesamtschule ausgesprochen und selbst die CDU signalisiert vorsichtiges Entgegenkommen: „Wir sind nicht grundsätzlich gegen eine Gesamtschule“ hat die CDU erklärt. Der SPD-Bürgermeister von Hürth hielt ein echtes Plädoyer für die Gesamtschule, da diese dank ihrer breiten Aufstellung die meisten Kinder zum Abitur führe und auch am besten für den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern geeignet sei.
Aus Köln sind vergleichbare Töne zu hören, denn auch die Kölner Schulverwaltung denkt über den Bau zweier Gesamtschulen nach. Mit der klaren Begründung, dass nach Schulkompromiss, der ja das Ende der rot-grünen Gemeinschaftschulidee besiegelte, die (alte) Gesamtschule die zukunftsweisende Schulform sei.
Auch in Pulheim ist das Thema Gesamtschule nicht vom Tisch. Die Diskussionen in Hürth und Köln werden in Pullheim sicherlich aufmerksam beobachtet.

Und hier in Frechen? Tja, da findet diese Debatte nicht statt, nein, nachdem nun im Schulkompromiss fixiert wurde, dass die Sekundarschule über keinen gymnasialen Zug verfügen darf, kann sich auch die hiesige CDU für diese Schulform erwärmen.
Damit zeichnet sich jetzt bereits ab, dass die Stadt Frechen als Schulstandort relativ an Bedeutung verlieren wird! Alle Elternbefragungen belegen, dass Eltern eine Schule wünschen, die ihren Kindern, soweit sie nicht bereits über eine uneingeschtränkte Gymnasialempfehlung verfügen, längstmöglich den Weg zur allgemeinen Hochschulreife offen hält. Das hätte die Gemeinschaftsschule im grün-roten Gewand gekonnt, die schwarz-grün-rote Sekundarstufe kann dies nicht.
Ebenso belegen viele Elternbefragungen, dass die Reduktion der Schulzeit von 13 auf 12 Jahre von vielen Eltern weiterhin nicht akzeptiert ist.
Die bis Sommer 2011 mögliche Verlängerung der Gymnasialziet von 8 auf 9 Jahre wurde aus nachvollziehbaren (organisatorischen) Gründen durch das Frechener Gymnasium abgelehnt.
Die Gesamtschulen arbeiten regulär mit 13 Schuljahren.
Der Elternwunsch nach G9 muss daher durch andere Schulen an anderen Standorten befriedigt werden - Frechen hat weder G9 am bestehenden Gymnasium noch eine Gesamtschule.

Frechens Eltern werden aber, sobald die Pläne in Köln und Hürth realisieren werden, bald Alternativen haben, neben der Gesamtschule in Kerpen gibt es dann eine Gesamtschule in Hürth und eine weitere in Köln-Ehrenfeld, die zudem mit neuen pädagogischen Konzepten den Anforderungen der Inklusion gerecht werden will.

Vor diesem Hintergrund ist der grundsätzlichen Zustandsbeschreibung der Frechener CDU nicht zu widersprechen: Es stehen wichtige Projekte an die den zukünftigen Schulstandort Frechen betreffen und es ist richtig, die Eltern über deren Schulwunsch zu befragen.

Es wäre aber sinnvoll, Eltern zu befragen, inwieweit eine Gesamtschule für ihre Kinder eine attraktive Variante ist und sich darauf einzustellen, Frechens Schullandschaft um eine Gesamtschule zu erweitern. Die Sekundarschule ist, noch bevor sie richtig das Licht der Welt erblickt hat, nekrotisch.

Vielleicht ist das aber eine "conditio sine qua non" um in Frechen Akzeptanz zu finden.

Vielleicht ergibt sich daraus auch ein Slogan für's Stadtmarketing:
Frechen - wo Togeborenes länger lebt.

Nachtrag vom 6. Oktober 2011

ein überraschend guter Kommentar im Kölner Stadtanzeiger der in Bezug auf eine Großstadt wie Köln deutlich sagt, dass die Sekundarschule eben keine zukunftsweisende Schulform ist. Die Sekundarschule ist sinnvoll für ländliche Regionen mit rückläufigen Schülerzahlen nicht jedoch in Ballungsräumen mit wachsenden Schülerzahlen.
Auch wenn Frechen ein kleinstädtische Mentalität pflegt, Frechen ist Bestandteil des Ballungsraums und hat, wenn auch vermittelt und damit abgeschwächt, im schulpolitischen Bereich mehr Ähnlichkeiten mit Köln als mit den Eifler Landkommunen.

6.Oktober 2011; KStA Kommentar: Verwirrung auf allen Ebenen