Sowohl die CDU als auch die SPD Frechens haben beschlossen, die bisherige Dreigliedrigkeit des Schulsystems zu hinterfragen. Die Parteien schließen derzeit eine Fusion von Haupt- und Realschule zur Sekundarschule nicht aus. Dementsprechende Anträge gingen dem Schulausschuss zu.

Vor dem Hintergrund des sogenannten Schulkonsens’ scheinen beide Parteien unabhängig voneinander zu dem Schluss gekommen zu sein, dass die nun gesetzlich zulässige Sekundarschule diejenige Schulform sein soll, in der Haupt- und Realschule aufzugehen haben.

Es wirkt aber so, als wollten die beiden großen Parteien hier in Frechen die Diskussion über die zukünftige Schulstruktur in einer ortsspezifischen Verkürzung führen und als solle die Vorentscheidungen darüber von den Parteien in Ortsvereinen oder Stadtverbänden getroffen werden, ohne die Wünsche der Eltern überhaupt zu kennen
Der NRW-Schulkompromiss nicht in seiner vollen Dimension thematisiert, sondern auf die Sekundarschule verkürzt:
Im Rahmen des Schulkonsens' wurde die Gesamtschule gestärkt und die Gründung von Gesamtschulen erleichtert. Die GEW fasst diesen Aspekt des Schulkonsens' folgendermaßen zusammen:
„Wenn an einem Ort mehr als hundert Eltern längeres gemeinsames Lernen für ihre Kinder wünschen, sollte ernsthaft über die Gründung einer Gesamtschule nachgedacht werden“, ermuntert Schäfer die Kommunen zur Gründung von Gesamtschulen. Diese Schulform böte schließlich alle Bildungsabschlüsse einschließlich des Abiturs an."

Überraschenderweise wollen die Frechener Parteien jedoch den Elternwunsch zu dieser zentralen Frage nicht kennen. In der letzten Sitzung des Schulausschusses wurde immer wieder auf eine Elternbefragung zu Beginn dieses Schuljahres hingewiesen, die Aufschluss über den Schulwunsch der Eltern bringen solle.
Dummerweise sind die Ergebnisse vor dem Hintergrund der Entwicklung des Jahres 2011 nicht mehr valide, wurde damals doch davon ausgegangen, dass in Frechen die Viergliedrigkeit des Schulsystems grundsätzlich beibehalten werde. Abgefragt wurden nur nach: Förderschule, Hauptschule, Realschule, Gymnasium und Gesamtschule. Der Begriff "Sekundarschule" tauchte nirgends auf.

Zudem hat das nordrhein-westfälische Bildungsministerium in Bezug auf die Errichtung einer Gemeinschaftsschule festgestellt, dass die Eltern entsprechend zu befragen sind und eine ausführliche Information über die geplante Schule erhalten müssen. Die Elternbefragung vom Frühjahr 2011 genügt beiden Anforderungen nicht.

Aus diesem Grund hat die AG der Schulpflegschaften einen Antrag gestellt, die Eltern ausführlich über Gesamtschule und Sekundarschule zu informieren und eine ergebnisoffene Diskussion zu führen, denn wir Eltern müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir uns auf eine komplett neue Situation im Bereich der weiterführenden Schulen werden einstellen müssen.
Es fehlen in dieser Debatte jedoch klare und nachvollziehbare Konzepte eines kohärenten städtischen Bildungsmanagements, klare Vorgaben und Planungen zur Umsetzung des Themas Inklusion in allen weiterführenden Schulen und damit die Sicherung einer Übereinstimmung der Bildungsschwerpunkte der einzelnen Schulen mit den Konzepten der Kommune.

Ebenso geben wir zu bedenken, dass alle wissenschaftlichen Prognosen davon ausgehen, dass der Elternwunsch hin zu einem Bildungspatent, das die Hochschulreife zertifiziert, ungebrochen ist. Der relative Anteil der Frechener Kinder, die zukünftig eine Schule mit gymnasialem Zug besuchen werden, wird weiter ansteigen. In Frechen ist dieser Bedarf bisher nur durch das hiesige Gymnasium (G8) zu befriedigen.
Das Gymnasium hat aber jetzt bereits Kapazitätsprobleme (Ganztag), ein weiterer Anstieg an Schülerinnen und Schüler ist durch das Gymnasium kaum zu verkraften. Ein weiterer Ausbau der Schule dann zwingend.

Als weiteres kommt hinzu, dass die Stadt Hürth aktuell die Errichtung einer Gesamtschule diskutiert, für die sich die dortige SPD stark macht und die auch von der CDU Hürth nicht grundsätzlich abgelehnt wird. Sollte sich Hürth für die Gesamtschule entscheiden, Frechen jedoch für die Sekundarschule, so kann gesichert angenommen werden, dass Frechener Kinder, die bspw. keine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung erhalten, sich eher Richtung Gesamtschule Hürth orientieren werden, als sich für die Sekundarschule Frechen zu entscheiden. Denn es ist erwiesen, dass der Anteil der Hauptschul- bzw. Realschulempfohlenen, die an einer Gesamtschule Abitur machen weit höher ist als an einem Gymnasium.

Eine Gesamtschule vor Ort wäre in der Lage, das Gymnasium partiell zu entlasten. Auf einen wenig beachteten aber trotzdem u.E. wichtigen Aspekt weisen wir noch zusätzlich hin: eine hohe SchülerInnenzahl in räumlich beengten Verhältnissen bedeutet Stress für SchülerInnen und Lehrkörper. Stress jedoch führt nachweislich zu einer Verschlechterung des Leistungsniveaus. Eine schulische Strukturentscheidung, die mittelfristig zu einer Verschlechterung des gymnasialen Lernumfelds führt, kann nicht gewollt sein. Gleiches gilt für eine Sekundarschule mit über 1200 SchülerInnen, die sich, organisatorisch kaum zu bewältigen, auf 2 Standorte verteilen sollen.

Zudem ist unter haushalterischen Gesichtspunkten zu ermitteln, inwieweit ein inklusiver Ausbau von drei Schulgebäuden durch die Stadt Frechen überhaupt zu leisten ist:
• Hauptschule und Realschule im Rahmen des Sekundarschulplans,
• das Gymnasium im Rahmen der Notwendigkeit, dass Inklusion nicht vor den Toren des Gymnasiums endet.

Da nun aber die Wahl der weiterführenden Schule eine zentrale Entscheidung im Leben der Kinder und deren Eltern ist, da nun auch in Frechen die Viergliedrigkeit zur Disposition steht und vor dem Hintergrund,

• dass die Gesamtschule eine langjährig erprobte Schulform ist,
• dass für die Sekundarschule bisher weder Lehrpläne noch pädagogische Konzepte existieren,
• dass die zwingend vorgeschriebenen Kooperationen der Sekundarschule mit weiterführenden Schulen sich erst in einem langjährigen Prozess wird einspielen müssen,
• dass die Gesamtschule, allen Kindern die Option auf die allgemeine Hochschulreife längstmöglich erhält,
• dass die Gesamtschule die Schulzeitverkürzung im Gymnasialbereich nicht nachvollzogen hat,
• dass die Gesamtschule anerkanntermaßen die Schulform ist, der unter dem Aspekt der Inklusion behinderter Kinder die besten Erfolge verzeichnet,
• dass die Inklusion nicht mit der 10. Klasse Sekundarschule endet, das Gymnasium derzeit aber weder baulich noch pädagogisch auf Inklusion eingestellt ist,
ist zu wünschen, dass sich viele Eltern an dieser Debatte beteiligen.

Insofern freuen wir uns natürlich, dass die beiden großen Parteien das Thema Schulstrukturen auf die Tagesordnung gesetzt haben. Die Geister haben sie gerufen .... nun wissen sie nicht mehr, wie sie sie los werden wollen.