Montag, 28. Januar 2019
Thema: Umwelt
Denken wir positiv, so können wir davon ausgehen, dass die Ergebnisse der Kohlekommission nun in Gesetze gegossen werden und nun zügig umgesetzt werden.
Das Qualmen der Kühltürme im rheinischen Revier wird nun schnell weniger werden.
Trotzdem ist damit nur der einfachste Teil erledigt, denn mit dem Abschalten von wenigen Kraftwerken bei einer überschaubaren Anzahl von betroffenen Arbeitnehmer*innen, werden einerseits schnelle Effekte erzielt, andererseits sind die Widerstände überschaubar und lassen sich finanziell auffangen.

Trotz dieses Erfolges gilt: Wir haben Jahrzehnte verloren und wir lassen uns auch heute noch viel zu viel Zeit.
Wer aber die Zeitungsüberschriften der letzten Tage nicht schon vergessen hat, weiß, dass die Klimakatastrophe keine Rücksicht auf unsere langsamen Entscheidungsprozesse nimmt.

Aber zurück zu den Überschriften:

Eisverlust in der Antarktis vervielfacht sich
Die Antarktis verliert derzeit 252 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr - sechs Mal mehr als noch während der 1980er Jahre.
Für den beschleunigten Verlust machen sie warme Meeresströmungen verantwortlich.
Süddt. v. 15.01.2019
Permafrost erwärmt sich weltweit
Klimaforscher messen steigende Temperaturen in den seit Tausenden Jahren gefrorenen Permafrostböden. All Daten zeigen, dass sich der Permafrost nicht nur lokal und regional erwärmt, sondern weltweit und nahezu im Takt mit der Klimaerwärmung.
Die Zeit v. 16.01.2019
Grönlands Eispanzer schmilzt immer schneller
Satellitenaufnahmen zeigen, dass Teile Grönlands erschreckend schnell tauen.
Klimatologen befürchten, dass der Meeresspiegel dadurch schneller ansteigt als vermutet.
Insgesamt habe sich der Eisverlust auf Grönland zwischen 2003 und 2013 vervierfacht, auf rund 393 Milliarden Tonnen pro Jahr.
Süddt. v. 22.01.2019

Und ja, wir müssen von einer Klimakatastrophe reden und nicht mehr vom Klimawandel, auf die wir sehenden Auges zulaufen, denn der Begriff "Wandel" assoziert einen langsamen und beherrschbaren Prozess - was wir aber beim Weltklima erleben ist weder langsam noch von uns beherrschbar.
Greta Thunberg, die schwedische Schülerin, die seit Monaten jeden Freitag die Schule schwänzt und vor dem Stockholmer Parlament für den Klimaschutz demonstriert, hat es auf dem Davoser Weltwirtschaftsforum in einer selten gehörten Deutlichkeit ausgesprochen: „Ich möchte, dass ihr in Panik geratet“, denn „Unser Haus brennt. Ich bin hier zu sagen, dass unser Haus brennt.“ Jawohl, das Haus der Menschen brennt, und wenn wir in diesem Tempo nichts tun, dann wird es verbrennen.
Das Klima folgt physikalischen Prozessen und jeder weitere Ausstoß von CO2 führt zwangsläufig zu einer weiteren Erwärmung des Klimas. Der uns Menschen schnellste zur Verfügung stehende Weg, den CO2-Anstieg zu bremsen, ist der bewusste Verzicht. Wir verzichten nun darauf, das in der Braunkohle gebundene CO2 freizusetzen, indem wir die Kohle in der Erde lassen. Immerhin, aber das kommt zu spät und es ist zu wenig.

Gleiches müssen wir nun kurzfristig auch mit dem Erdöl erreichen, ja mit dem Erdöl, mit dem des Deutschen liebstes Spielzeug angetrieben wird. Unser gesamtes Mobilitätskonzept muss auf den Prüfstand. Doch was passiert, wenn eine Regierungskommission in die falsche Richtung denkt? Sie wird abgeschaltet.
Da hat doch eine vom Verkehrsministerium eingesetzte Kommission über Steuererhöhungen und ein Tempolimit nachgedacht, um den CO2-Ausstoß zu verringern und was geschieht? Unser aller Verkehrsminister Andreas Scheuer gebraucht seinen Menschenverstand oder das, was er dafür hält und die Bild-Zeitung titelt: „Benzin 52 Cent teurer, Tempolimit 130 Riesen-Streit um Schockpapier von Regierungskommission“ und schreibt im Artikel von „Irren Vorschlägen“. Regierungssprechen Steffen Seibert erklärt für die Bundesregierung, dass diese keine Tempolomit plane und auf "intelligentere" Maßnahmen baue. Er vergaß leider, mitzuteilen, welche intelligenteren Maßnahmen der Bundesregierung zur Verfügung stehen.
Jedenfalls ist jetzt wieder alles vom Tisch und die Kommission trifft sich irgendwann in weiterer Zukunft wieder.
Wobei, eigentlich sollten die Mitglieder der Kommission den Bettel hinwerfen - diese Regierung will im Verkehrsbereich nicht handeln und als Feigenblatt-Kommission in die Geschichtsbücher einzugehen, das braucht doch niemand.

Dabei, das ist die Baustelle der Gegenwart. Der Staat muss über solche Maßnahmen einerseits steuernd auf unser tägliches Mobilitätsverhalten einwirken und andererseits müssen ganz schnell Entscheidungen getroffen werden, die uns eine andere Form der Mobilität erlauben.
Dazu müsste man aber mit massivem finanziellem Aufwand die Bahn sanieren, in Gleise, Technik, fahrendes Material investieren, ja statt über den Rückbau von Gleisen nachzudenken, wieder eine Erweiterung des Streckennetzes planen. Stattdessen wagt Verkehrsminister Andreas Scheuer, Oberaufseher der kaputtgesparten Bahn mal wieder eine kesse Lippe und meint mit Management-Bashing von der Verantwortung seines Ministeriums ablenken zu können, das doch das Kaputtsparen der Bahn erst erzwungen hat.

Und vor Ort, da wo der meiste Autoverkehr stattfindet, auf den Pendlerstrecken, was tut sich da?
Richtig, darauf reimt sich Nada.

Ausbau der Straßenbahnen im Rhein-Erft-Kreis?
Nada.
Erweiterung des ÖPNV?
Nada.
Reparatur und Neubau von Fahrradwegen?
Nada.
Rückbau von Parkflächen am Straßenrand?
Nada.
Umwidmung von Straßenraum zugunsten Fahrradverkehr und Fußgänger*innen?
Nada.

Die Liste ist beliebig erweiterbar. Aber die Panik, die notwendig ist, um an diesem heiklen Punkt Änderungen zu provozieren, diese Panik werden wir vermutlich erst dann erleben, wenn Deutschland immer häufiger von Dürren heimgesucht wird, wenn an der Nordsee die ersten Sturmfluten dank des steigenden Wasserspiegels die Deiche zerstören und wenn Stürme in Wiebke-Qualität, dank höherer Lufttemperaturen immer häufiger ihr zerstörerisches Werk erledigen werden.

Aber dann wird es zu spät sein.

Vermutlich werden die SUVs dann aber rundum gepanzert sein, um die Insassen vor umstürzenden Bäumen zu schützen.




Freitag, 26. Oktober 2018
Thema: RWE
Da haben sie demonstriert, der RWE-Angehörigen und die Rodung des Hambacher Forstes gefeiert und alle sind sie gekommen. Michael Vassiliadis, Vorsitzender der IG Bergbau, Chemie, Energie, Armin Laschet, der Ministerpräsident des Landes NRW, Rolf Martin Schmitz, Chef des Energieversorgers RWE, Landtagsabgeordnete und lokale Mandatsträger sopwie laut Polizei rund 20.000 weitere Demonstranten.
Und alle haben sie ihre Solidarität mit den Angestellten der RWE bekundet, deren Arbeitsplätze gefährdet seien, wenn denn die Energiewende zu schnell komme.

Nun ist ein Strukturwandel für die direkt Betroffenen nie schön, trotzdem sollte man die Kirche im Dorf lassen. 1990 gab es in der Braunkohleindustrie noch rund 100.000 Arbeitsplätze. Davon sind noch rund 20.000 Arbeitsplätze übrig geblieben. Ende Dezember 2016 wurden 19.854 Beschäftigte in der Braunkohlenindustrie ausgewiesen. Davon entfallen etwa 5.000 Beschäftigte auf die Braunkohlekraftwerke.

In der Studie des Umweltbundesamtes wird auch geprüft, wie sich die Arbeitsplatzsituation in Zukunft entwickeln wird. Auf Basis aller bisher bereits entschiedenen Klimaschutzmaßnahmen (also ohne den jetzt diskutierten beschleunigten Ausstieg) wird die Anzahl der in der Braunkohle Beschäftigten bis 2030 von 20.000 auf dann noch maximal 15.000 ArbeitnehmerInnen sinken. So oder so, es werden immer weniger Beschäftigte in der Braunkohleindustrie.

Diese knappen Zahlen weisen darauf hin, dass die Bedeutung der Braunkohle sowohl gesamtgesellschaftlich als auch regional stark übertrieben wird. Dazu merkt das RWI (Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung) in einer Studie an:
"Auch die Beschäftigungsquote, also der Anteil der Braunkohlebeschäftigten an der Bevölkerung, weist aus, dass die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des Braunkohlesektors selbst in den Braunkohleregionen eher geringer ist, als dies die öffentlichen Diskussionen über die Braunkohleindustrie gelegentlich nahelegen, in denen dessen tatsächliche Relevanz mitunter überzeichnet wird.
Wirklich bedeutend ist die Braunkohleförderung und –verstromung für die RWE, die hier seit Jahrzehnten gute Gewinne erwirtschaftet hat. Da die RWE den Umstieg auf die dezentrale alternative Stromerzeugung einfach verschlafen hat, man war ja gut in Atomkraft- und Kohlekraftwerke investiert.

Mit anderen Worten, die IG BCE hat sich vor den Wagen der RWE spannen lassen. Dieses ungleiche Bündnis verdeckt, dass die RWE die Arbeitsplätze auf dem Gewissen haben wird und nicht der Umbau der Stromversorgung hin zu einer CO2-neutralen, der Dekarbonisierung der Stromproduktion. RWE hat sich zu lange auf seinem Kraftwerkspark und seinem weit in die Politik hineinreichenden Einfluss ausgeruht und den Wandel schlicht verschlafen.

Die Arbeit der Kohlekommission verschärft nun das Dilemma der RWE, denn seit der Einrichtung der Kohlekommission ist klar, dass nicht mehr über das ‚OB‘ des Ausstiegs aus der Braunkohle gestritten wird, sondern nur noch über das ‚WANN‘. Schon heute ist klar, dass der von der rotgrünen NRW- Landdesregierung genehmigte Braunkohleabbau bis 2045 nicht mehr realisiert werden wird.

Im Gespräch sind wohl Kompromisslinien, die einen Abbau bis 2037-39 vorsehen. Aber auch diese Kompromisslinien werden nicht halten, denn der letzte Sonderbericht des Weltklimarates hat zweierlei deutlich gemacht: Einerseits ist die ursprüngliche Marschlinie, die globale Erwärmung auf maximal 2 Grad zu begrenzen wird wohl nicht ausreichen. Vermutlich wird das globale Klimasystem dann bereits in einen Modus eines nicht mehr zu bremsenden, selbsttätig ablaufenden und sich selbst verstärkenden Erwärmungsprozess umgeschlagen werden sein.

Die Klimaforschung referiert also immer stärker auf die Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5%. Andererseits ist es zur Erreichung dieses ehrgeizigen Ziels unerlässlich, bis 2050 komplett und weltweit aus der kohlebasierten Stromerzeugung auszusteigen. Für Deutschland (und für Europa) heißt das, dass der Kohleanteil an der Stromerzeugung dabei bis 2030 erheblich gesenkt werden muss. Im Bericht des Weltklimarates heißt es sehr eindeutig, „dass die Nutzung von Kohle zur Stromerzeugung in Deutschland bis 2030 eingestellt werden muss“, wenn das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden soll. Bis 2020 müssen die kohleinduzierten Emissionen um 42% unter das Niveau von 2017 herabgefahren werden und bis 2030 auf Null heruntergefahren werden. Diese Zielvorgaben entsprechen den im Pariser Abkommen von der Bundesrepublik übernommenen Verpflichtung der CO2-Reduktion.

Diese Vorgaben werden von dem Thinktank „Climate Analytics“ auf ihre Realisierbarkeit geprüft. Dabei wird deutlich, dass die Verzögerungen beim Ausstieg aus der Kohleverstromung dazu führen, dass nun bis 2020 deutlich größere Anstrengungen unternommen werden müssen, um die Emissionen zu vermindern. Die Studie kommt dabei zu dem eindeutigen Ergebnis, dass in Deutschland Kohlekraftwerke vorzeitig stillgelegt werden bzw. ihre Leistung massiv reduzieren müssen. Wird weiter gemacht wie bisher geplant, so würden bis 2020 76 Mio und bis 2030 180 Mio Tonnen CO2 mehr ausgestoßen als mit dem Pariser Abkommen vereinbar.

Nach derzeitigen Vorgaben werden in Deutschland bis 2020 4,2 GW Kohle-Kapazitäten vom Netz gehen. Um die Vorgaben aus dem Pariser Abkommen zu erreichen, müssen jedoch inzwischen bis 2020 16 GW vom Netz gehen. Die Studie geht davon aus, dass es aktuell genügend Überkapazitäten und reaktivierbare Gaskraftwerkskapazitäten gibt, die es ermöglichen, „beträchtliche Braunkohle-Kapazitäten“ vom Netz zu nehmen, ohne die Versorgungssicherheit zu gefährden. Entsprechende Untersuchungen gehen daher davon aus, dass ein beschleunigter Kohleaussteig nur zu einem moderaten Anstieg der Großhandelspreise für Strom sorgen wird. Womit auch die Angst vor massiv steigenden Strompreise eher übertrieben erscheint.

Und dann sozusagen als direkte Antwort auf die Demonstrationen in Elsdorf formuliert die Studie:
„Die Befürchtung von möglichen wirtschaftlichen Folgen und Arbeitsplatzverlusten durch einen beschleunigten Kohleausstieg sind in den betroffenen Kohlegebieten ein zentrales Anliegen. Die aktive Unterstützung des seit Jahrzehnten andauernden notwendigen Strukturwandels in diesen Regionen kann jedoch dazu beitragen, wirtschaftliche Alternativen mit besseren Zukunftsperspektiven auch für jüngere Generationen zu schaffen. Finanzielle Unterstützung und Umschulung der betroffenen Mitarbeiter bei gleichzeitiger Bereitstellung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten können die negativen sozialen Auswirkungen eines Kohleausstiegs abfedern. Die meisten Studien kommen zu dem Schluss, dass ein schneller Kohleausstieg unvermeidlich ist und dass die Folgen für die betroffenen Regionen sozialverträglich gestaltet werden können.
Doch was eigentlich an der gesamten Debatte stört, da darüber nicht geredet wird , ist die Tatsache, dass die Kohleverstromung ist ein extrem schmutziges Geschäft ist. Neben dem bekannten CO2 werden weitere gesundheitsschädliche Luftschadstoffe und Schwermetalle in erheblichen Mengen in die Atmosphäre ausgestoßen.



Erwähnenswert sind Schwefeloxide, Stickoxide, Feinstaub und Quecksilber.



Ein Ende der Kohleverstromung würde hier zu bedeutenden Co-Benefits führen, denn durch den beschleunigten Ausstieg könnte jeweils mehr als die Hälfte der Schadstoffemissionen vermieden werden:
“Zu den vermiedenen Folgen eines 1,5-Grad-kompatiblen Ausstiegspfades für Kohle bis zum Jahr 2030 gehören mehr als 20.000 vorzeitige Todesfälle, 9.400 Krankenhauseinweisungen und 420.000 "Asthmaanfälle bei Kindern und rund 6,7 Millionen verlorener Arbeitstage. Zusammen mit anderen vermiedenen Auswirkungen, etwa auf Nutzpflanzen, können damit erhebliche Kosten eingespart werden.“
Braunkohleabbau und –verstromung beinhalten also auch das Recht für die Produzenten, in großem Umfang die Gesundheit von Menschen in der direkten und weiteren Umgebung massiv zu gefährden bzw. zu schädigen. Auch andere haben dieses Recht: im Zusammenhang mit der Schadstoffbelastung in den deutschen Städten, die in einem direkten Zusammenhang mit dieselgetriebenen PKW, Transportern und LKWs stehen, wissen wir, dass das Recht, auf saubere Luft und damit ein Leben mit weniger gesundheitlichen Beeinträchtigungen einen sehr geringen Stellenwert hat. Weder dürfen die Gewinnmargen der Autoindustrie gefährdet werden, noch das Recht des Automobilisten auf ungehinderte Fortbewegung. Und so fordert RWE folgerichtig, dass auch sie so lange als möglich die gesundheitsgefährdende Produktion von Strom in der bisherigen Form fortführen darf.

Und die DemonstrantInnen haben sich vor diesen schmutzigen Karren spannen lassen.




Montag, 22. Oktober 2018
Thema: Grube Carl
"Positiv überrascht und beeindruckt" zeigte sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Frechener Stadtrat M.Erbacher nach der Vorstellung der neuen Planungen für die Grube Carl. Was nun Frau Erbacher so positiv überrascht hat, das erschließt sich bei näherem Hinsehen kaum.

Erkennbar ist, dass die Reihenfolge der Bebauungen der Baufelder geändert werden soll, diese also nicht mehr von Ost nach West fortschreitend erfolgen soll, sondern dass im Osten und Westen gleichzeitig entwickelt werden soll. Das hat während der Entwicklung gewisse Vorteile, da der Verkehr der westlichen Bauflächen via Rosmarer Weg / Straße Grube Carl fließen soll und damit der Grefrather Weg und die Straße Zum Bellerhammer entlastet wird. Gleichzeitig soll die Bebauung verdichtet werden, wodurch auf den noch unbebauten Flächen statt der 600 bis zu 1.000 neue Wohneinheiten entstehen sollen.

Problematisch aber ist, dass der größte Schwachpunkt aller bisherigen Planungen auch in der aktualisierten Version nicht abgestellt wird. Am Verkehrskonzept für den Stadtteil wurde im Grunde nichts verändert, es ist noch aus dem letzten Jahrhundert. Nun ist der Klimawandel kein Ereignis mehr, dass ich auf irgendwelchen Pazifikinseln abspielt, sondern der gerade vergangene Sommer war ein erster Hinweis, was uns zukünftig erwarten wird. Viele Zeichen deuten darauf hin, dass sich der Klimawandel beschleunigt hat und unsere bisherigen Maßnahmen unzureichend sind. Der gerade veröffentlichte IPCC-Bericht fordert daher unverzügliche und durchgreifende Maßnahmen, um den CO2-Ausstoß innerhalb weniger Jahre auf Null zu reduzieren.

Dieses Baugebiet soll über die kommenden beiden Jahrzehnte entwickelt werden, muss also zwingend auf diese Anforderungen reagieren. Eine der größten CO2-Quellen ist der Verkehr. Auch hier sind die Ansagen eindeutig: unser Mobilitätsverhalten muss sich grundlegende verändern. Vereinfacht formuliert: weg vom eigenen Auto. Womit auch gemeint ist, dass E-Mobilität keine Lösung darstellt, da auch E-Mobilität eine ressourcenfressende Form der Fortbewegung ist, die wir uns nicht mehr werden leisten können.
Also brauchen wir einen Ausbau der Infrastrukturen des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs.

Zum öffentlichen Nahverkehr wird eine in weiter Zukunft liegende Idee formuliert, die schon seit Jahrzehnten im Schwange ist: die Umwidmung der Nord-Süd-Bahn, auf der aktuell noch schmutzige Braunkohle aus dem Tagebau Hambach in die Kraftwerke transportiert wird. Hier könnte der Stadtteil langfristig an den ÖPNV angebunden werden.

Gleichzeitig aber wird ein Verkehrsgutachten beauftragt, mit dem die Belastungsgrenze der Kreisverkehre Dürener Straße / Grube Carl und Neuer Weg neu berechnet werden soll, da ja mehr Menschen hier wohnen sollen als bisher geplant. Schon in einem früheren Verkehrsgutachten war festgestellt worden, dass der Kreisel Dürener Straße/ Grube Carl nicht in der Lage sein wird, bei einer Komplettbebauung des Stadtteils den gesamten Verkehr aufzunehmen. Der Zeitpunkt, ab dem der Kreisverkehr überlastet sein wird, so darf vermutet werden, wird bei einer baulichen Verdichtung also deutlich früher eintreten, als in der alten Planung.
Mit anderen Worten, der Zeitpunkt, zu dem die Verlängerung des Freiheitsrings hoch in den Stadtteil uns als „alternativlos“ verkauft werden wird, wird schneller kommen als bisher angenommen.
Dabei, „alternativlos“ ist diese Entwicklung nicht.

Was benötigt wird, ist ein sofortiger Einstieg in die Verlängerung der Linie 7. Es war bereits ein Fehler, die Linie 7 nicht direkt mit der Entwicklung der ersten Bauabschnitte in den Stadtteil hinein zu führen. Dieser Fehler wurde, so berichtete der KStA am 17.10.2018, auch im Neubaugebiet Widdersdorf begangen. In Neu-Widdersdorf war eine Straßenbahnanbindung versprochen worden, die aber bis heute auf sich warten lässt. Dort, so erklärte ein Stadtplaner „hätte die Trasse zeitgleich mit oder vor den ersten Häusern gebaut werden müssen. Wird eine Bahn in einem bereits bestehenden Wohngebiet installiert, wird sie viel weniger angenommen.“ Und warum das so ist, das erklärte eine Widdersdorferin ganz klar: „Die meisten Familien haben hier aber in dem Wissen gebaut, auf zwei Autos angewiesen zu sein.“
Eine Busverbindung, das wäre ja eine mögliche Alternative zur Straßenbahn, insbesondere in der Frechener Sparversion, wird niemals die gleiche Akzeptanz erreichen, wie eine direkte Straßenbahnanbindung bis ins Kölner Zentrum.

Die Frechener Planung geht nun von bis zu 1.000 Wohneinheiten aus, was bedeutet, dass bis zu 2.000 zusätzliche Autos dazu kommen werden, mit einer entsprechender Anzahl an täglichen Fahrten im Stadtteil, und aus dem Stadtteil heraus und wieder zurück. Ein Albtraum für den gesamten Frechener Westen, aber ein selbstgewähltes Schicksal, da die Stadtverwaltung die Investition in die Verlängerung der Linie 7 scheut und lieber in Straßen und Parkplätze investiert.

Zur Absurdität wird es dann, wenn in der Verwaltungsvorlage postuliert wird, dass man plane, ein Kreativquartier zu entwickeln, um die Wohnattraktivität zu steigern und darüber die Stadt Frechen insgesamt zu profilieren. Im Rahmen eines Workshops war dann festgestellt worden, „dass Urbanität städtebaulich nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt und gelebt werden muss.“
Urbanität bedeutet heutzutage aber, dass das Auto als Verkehrsmittel immer unwichtiger und u.a. der ÖPNV und andere Formen der Mobilität immer wichtiger werden.

Eine grüne Politikerin, die die Entwicklung auf Grube Carl noch vor wenigen Jahren als "planlose Siedlungspolitik" bezeichnet hat, die noch vergangenes Jahr darauf hingewiesen hat, dass beim Klimawandel "der Ernst der Lage zu wenig beachtet" werde, müsste also bei dieser autofokussierten Verkehrsplanung vor Schmerzen aufschreien.

Die Frechener Grünen als Bestandteil der hiesigen Jamaika-Koalition scheinen zwischenzeitlich aber ziemlich schmerzfrei zu sein. Sie haben von allem Abschied genommen, was einmal den eigenen Markenkern ausgemacht hat. Da fällt die konsensuelle Entwicklung eines Autostadtteils nicht mehr wesentlich ins Gewicht.

Aber halt: die Grünen werden sich dafür einsetzen, dass der Stadtteil zwei Car-Sharing-Parkplätze erhält, großes Indianerehrenwort.