Montag, 8. Oktober 2018
Thema: Umwelt
Man muss das alles mal zusammen auf sich wirken lassen:

1. Der Weltlklimarat warnt, dass der Klimawandel sich schneller fortschreitet als bisher angenommen, dass das Klima heute bereits um 1 Grad wärmer ist, als zu vorindustriellen Zeiten. Die Schwelle zu den 1,5% Grad wird wohl zwischen 2030 und 2052 erreicht werden und wenn weiterhin so wenig getan wird, wie bisher, dann wird die Weltgemeinschaft die in Paris 2015 vereinbarte Schwelle von 2 Grad Erhöhung problemlos reißen. Klimaforscher sehen uns auf dem Weg zu einer Erhöhung von bis zu 4 Grad.
Spätestens ab einer Erwärmung des Weltklimas um 1,5% geht die Forschung davon aus, dass die Erwärmung unumkehrbar wird, da sogenannte Kippelemente wie bspw. das Auftauen der Permafrostböden auf der Nordhalbkugel und die damit einhergehende Freisetzung von bis zu 1.500 Milliarden Tonnen CO2 und Methan, den Erwärmungsprozess auf Dauer schalten werden.

2. Am Hambacher Forst haben bis zu 50.000 Menschen gegen die Rodung des Waldes und damit gegen die weitere Nutzung der Braunkohle demonstriert.

3. 79 % der Nordrhein-Westfalen lehnen die Abholzung des Hambacher Forstes ab, 66% der Bürger/-innen NRWs sprechen sich für einen Ausstieg aus der Braunkohle aus. Und Verantwortlich für die Zuspitzung sind RWE (39%) und die Landesregierung (24%).

4. Im NRW-Trend verliert die CDU 7% an Zustimmung und erreicht noch 28%, die SPD verliert ein weiteres Prozent auf 21% und Gewinner sind die Grünen, die um 5% zulegen und 17% erreichen.

Was können wir daraus für die SPD für Schlussfolgerungen ziehen?

Feststellung 1: im Bund wollen große Teile der Partei aus der GroKo raus, um in der Opposition wieder Profil zu gewinnen.
Feststellung 2: in NRW ist die SPD in der Opposition und gewinnt trotzdem kein Profil. Sie steht auf dem schlechtesten Wert seit Menschengedenken.
Feststellung 3: bei der Nutzung der Braunkohle lebt die GroKo auf Landesebene fort. CDU, FDP und SPD haben sich unerschütterlich hinter RWE und die Räumung des Hambacher Forsts gestellt.
Die SPD steht also auf der anderen Seite des Zauns. Hier 50.000 Menschen für Umwelt- und Klimaschutz, dort Landesregierung, Polizei und SPD auf Seiten der RWE für die Rodung eines Waldes und die fortdauernde Vergiftung des Weltklimas.

Zwar redet die SPD davon, dass sie sich für die Interessen der Arbeitnehmer/-innen in den betroffenen Industrien einsetzt, aber diese Zielsetzung scheint nur noch erreichbar im Schulterschluss mit einem Unternehmen, das mit seinen Braunkohlekraftwerken einen entscheidenden Anteil daran hat, dass die Bundesrepublik die 2015 in Paris gegebene Zusage der CO2-Reduktion nicht einhalten kann.

Ach ja, der Weltklimarat hat eine klare Ansage gemacht: Um das 1,5%-Ziel zu erreichen, muss der CO2-Ausstoß bis 2030 um 45% sinken, bis 2050 muss er dann bei 0 liegen. Das geht nur wenn der Energiehunger der Welt komplett ohne Kohle auskommt …. Und zwar ganz schnell.
Auch weitere Gewissheiten unserer auf Verschwendung aufgebauten Lebensweise sind dann in Frage gestellt: gefordert wird eine drastische Reduzierung des Energieverbrauchs, eine Verringerung des Fleischkonsums , ein Abschied vom Verbrennungsmotor bei Autos. Da eine drastische Reduzierung des Energieverbrauchs und eine komplette Umstellung unserer Autos auf Elektromobilität zusammen kaum denkbar ist, steckt hierin auch eine klare Ansage: Wir benötigen eine andere Form der Mobilität.

Eigentlich also eine echte Herausforderung für unsere Gesellschaft, für Politik und Wirtschaft und die Parteien, die Transmissionriemen zwischen Gesellschaft und Politik.
Hier wäre eine Partei wie die SPD gefordert.
Der Klimawandel erfordert viele grundsätzliche Entscheidungen in kurzer Zeit und zwar Entscheidungen, die ganz erheblich in unser aller Lebensgewissheiten eingreifen werden. Abschied vom eigenen Auto und neue Formen der Mobilität – kann man sich einen gravierenderen Eingriff in unser Leben vorstellen? Vermutlich würde es uns allen sogar leichter fallen, auf Fleisch zu verzichten, denn auf das eigene Auto. Auf Sicht droht aber beides. Und je länger grundsätzliche Veränderungen aufgeschoben werden, desto heftiger werden die Anpassungsschmerzen werden.

Solange wir in einer kapitalistischen Welt leben, in der es Gewinner und Verlierer, Menschen mit gutem und solche mit geringem Einkommen gibt, solange ist davon auszugehen, dass der Klimawandel auch die Kosten ungleich verteilen wird. Die Welt wird durch den Klimawandel nicht gerechter, sie wird ungerechter werden.

Außer es wird massiv dagegen gesteuert. Sozialdemokratische Politik kann also nicht lauten, dass man an alten Industrien, an alten Standorten, an alten Produktionsweisen festhält, die den Klimawandel verschärfen und so der sich dadurch verschärfenden Ungerechtigkeit Vorschub leisten.
Der Sozialdemokratie muss es gelingt, Umwelt- und Klimapolitik mit einem sozialen Programm zu versehen, Gleichheit in Zeiten dramatischer Umbrüche zu definieren und in klare politische Forderungen zu übersetzen. Andernfalls wird sie zerrieben.

Zerrieben von einerseits diejenigen, die nichts ändern wollen, die den Klimawandel leugnen müssen, um in ihrer rückwärtsgewandten Weltanschauung fortleben zu können. Man prüfe nur mal das Programm der AfD … rassistisch, fremdenfeindlich, antiemanzipatorisch, ultranationalistisch, das ist inzwischen in der öffentlichen Debatte allseits anerkannt, aber hier finden sich auch diejenigen, die ihr bisheriges Leben nicht ändern wollen, für die es keinen Klimawandel gibt, Braunkohlekraftwerke einzig der sicheren Energieerzeugung dienen, ausreichend Fleisch auf jeden Grill gehört, bei geringstem Preis, logisch, und das Auto ein Stück vom eigenen Ego ist. Alles kann und soll so bleiben wie bisher.
Auch Teile von CDU und SPD fallen in dieses Raster.
Diejenigen, die die Notwendigkeit grundsätzlicher Änderungen erkannt haben, sind in beiden Parteien stark in der Minderheit. Beide Parteien leben immer noch den Traum, dass die grundsätzlichen Änderungen, die durch den Klimawandel erzwungen werden, ohne Eingriffe in die Lebenswirklichkeit ihrer Wählerinnen und Wähler zu haben seien.

Auf der anderen Seite stehen die Grünen, die sich als die einzige wirkliche Gegenkraft zu den Bewahrern, den „es muss sich doch nichts ändern“- Vertretern positionieren, für die der Klimawandel belegt, dass ihre alten Naturschutzforderungen schon immer richtig waren und nun noch richtiger sind, da unsere heutige Welt in ihrer Gesamtheit gefährdet ist.

Trotzdem lohnte der Blick auf den sozialen Gehalt der grünen Vorstellungen. Und … die Luft wird schnell ganz dünn. Der Klimawandel wird massiv in unsere Gesellschaften eingreifen, wird massive Kosten verursachen, materielle und immaterielle. Die grüne Programmatik ist ganz auf Umwelt- /Klima- und Naturschutz fokussiert. Welche sozialen Folgen die Umsetzung aller ihrer Forderungen zeitigen würden, spielt dabei eine sehr geringe Rolle. Das ist auch nicht verwunderlich, ist doch die grüner Wähler-/innenschaft die akademischste und bestverdienenste alle Parteien. Im Justemilieu der deutschen Gesellschaft sind die sozialen Kosten überschaubar, der Arbeitsplatz durch den Klimawandel weniger bedroht als in anderen Bereichen, die sozialen Folgen überschaubar.

Damit wird das Feld beschreiben, auf dem sich die Sozialdemokratie zukünftig positionieren muss. Gleichheit und Gerechtigkeit bei der Umsetzung aller zum Klimaschutz notwendigen Maßnahmen muss das Ziel der SPD werden. Die Rückbesinnung auf alte sozialdemokratische Werte wurde ja von vielen in der Partei übersetzt als eine Rückkehr zur alten Malocheridylle, so dass sich die SPD erschöpft in der, mittelfristig sinnlosen, Verteidigung von Besitzständen: im Braunkohletagebau, in der Energieerzeugung, im Autobau. Nur, da braucht es gar keine SPD. In all diesen Wirtschaftszweigen ist zu beobachten, dass die sogenannten Malocherinteressen inzwischen deckungsgleich sind mit den Interessen der Kapitalseite. Das ergibt die große Koalition der Bewahrer, der „wir wollen nichts verändern, alles soll so bleiben, wie es ist.“ In dieser Gemengelage ist eine Stimme für die CDU gleichwertig einer Stimme für die SPD, die einen wollen so wenig ändern wie die anderen.
Ist es wirklich das, was die SPD verkörpern will? Die SPD wurde groß als diejenige Partei, die die Interessen der „kleinen Leute“ im Industrialisierungsprozess zu vertreten beanspruchte. Der ursprüngliche Industrialisierungsprozess, die Umwandlung einer agrarisch geprägten Welt in eine industrie-kapitalistische ist nun aber abgeschlossen.
Wessen Interessen vertritt die SPD heute?
Wir erleben aktuell in einem neuen Wandlungsprozess die Umformung der alten industrie-kapitalistischen Welt durch den massierten Einzug der Informationstechnologie in alle Lebensbereiche und zeitgleich die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch den von uns Menschen herovrgerufenen Klimawandel, da wir die Welt als Verbrauchsartikel behandeln.

Wenn die SPD also weiterhin die „kleinen Leute“ vertreten will, so muss es ihr gelingen, und zwar zusammen mit allen zukunftsgerichteten Kräften, der Zerstörung der Welt Einhalt zu gebieten. Sich auf die Verteidigung der letzten Bastionen des alten Industriekapitalismus zu fokussieren, ist eine klare Verliererstrategie.
Sie muss die unumgänglichen Wandlungsprozesse befördern und zugleich mit einem Gleichheit und Gerechtigkeit verpflichteten Programm einrahmen, um den Zusammenhalt der Gesellschaft zu gewährleisten und so daran mitwirken, dass die "kleinen Leute" in diesem Prozess nicht unter die Räder kommen.

Die SPD, die diesen Weg nicht gehen will, wird ihren Niedergang nicht aufhalten.




Montag, 14. Mai 2018
Thema: Radfahren
Man muss als Radfahrer, als Radfahrerin schon schön im Straßenverkehr sterben, um es aus der amtlichen Statistik bis in die Presse (nur ein Beispiel) zu bringen.
Immerhin wurden in NRW bei Verkehrsunfällen 2016 69 Radfahrer/-innen getötet und insgesamt gab es bei Radunfällen im gleichen Jahr 16.786 Verunglückte.
Da sich Radunfälle vorzugsweise zwischen April und September ereignen, kann man von einer echten Jagdsaison sprechen. Anbei nun die im Polizeibericht Rhein-Erft aufgeführten Unfälle zwischen Radfahrer/-innen und Autofahrer/-innen.
10.04.2018 Wesseling – ein wegen einer sich öffnenden Autotür gestürzter Radfahrer, Radfahrer schwer verletzt
11.04.2018 Brühl - ein von einem Auto angefahrenes Kind, Radfahrer leicht verletzt.
23.04.2018 Frechen – im Kreisverkehr von einem Auto angefahren, Radfahrer schwer verletzt.
04.05.2018 Frechen – auf Parkplatz von Auto angefahren, Unfallflucht, Radfahrer verletzt
06.05.2018 Frechen – vom wendenden Auto angefahren, Radfahrer lebensgefährlich verletzt
07.05.2018 Dirmerzheim – Schulkind vom LKW angefahren, Radfahrer schwer verletzt.
08.05.2018 Pulheim – auf Gehweg von Auto erfasst, Radfahrer schwer verletzt.
17.05.2018 Frechen - auf Verkehrsinsel von Autofahrer angefahren, Radfahrer leicht verletzt, Fahrerflucht.
20.05.2018 Brühl - an Parkplatzeinfahrt von Auto angefahren, Radfahrer leicht verletzt, Fahrerflucht.
27.05.2018 Brühl - Radfahrer stürzt als er einer sich öffenden Autotüre ausweichen muss, Radfahrer leicht verletzt.
29.05.2018 Erftstadt - beim Queren der Straße von Auto erfasst. Radfahrer schwer verletzt.

Bisherige Strecke:
6 schwer bis lebensgefährlich verletzte, 5 leicht verletzte bis verletzte Radfahrer
(Wird fortgesetzt)




Mittwoch, 9. Mai 2018
Vor mittlerweile 5 Jahren, im März 2013 beschloss die Stadt Köln, am landesweiten Wettbewerb teilzunehmen, um mit Hilfe von Landesmitteln einen Radschnellweg zwischen Köln und Frechen zu planen und umzusetzen.

Bis der Öffentlichkeit die ersten Planungen vorgestellt wurden gingen mehr als 4 Jahre ins Land.
Hier auf dem Blog wurde im Herbst 2017 bereits die Vermutung gewagt, dass sich die Realisierung des Radschnellweges noch länger hinziehen wird.

Heute berichtet der Kölner Stadtanzeiger über den Stand der Umsetzung verschiedener den Radverkehr betreffender Projekte. Die Stadt Köln wagt die Aussage, dass Radschnellwege den Nutzern und Nutzerinnen in einem „Korridor zwischen 2025 und 2030“ zur Verfügung stehen könnten. Das „sei realistisch.“

Eigentlich, ja eigentlich müsste der städtische Fahrradbeauftragte der Stadt Köln spätestens jetzt entnervt den Bettel werfen, denn deutlich wird aus alledem nur, dass es in Köln kein überschießendes Interesse gibt, den Radverkehr ernsthaft zu fördern.

Aber wie gesagt, so gegen 2025 bis 2030, vielleicht auch etwas später, aber irgendwann, da wird man auch in Köln auf Radschnellwegen fahren können …. und es soll keiner glauben, dass die Stadt Frechen oder der Rhein-Erft-Kreis das große Köln an dieser Stelle unnötig unter Druck setzen werden.

Auch hier wird eine klare Hierarchie gelebt: einzig ernst zu nehmendes Verkehrsmittel ist das Auto, der Rest ist störendes Beiwerk.

Womit auch weitere schwerverletzte und tote Radfahrerinnen und Radfahrer billigend in Kauf genommen werden, denn je schlechter die Infrastruktur, desto höher die Unfallwahrscheinlichkeit, desto eher führen je individuelle Fehler zu für Radfahrerinnen und Radfahrern verheerenden Unfällen.