Dienstag, 5. November 2013
Thema: Opposition
Aus einem Interview mit dem Hamburger Verkehrsplaner Norbert Rothfuchs:

SPIEGEL ONLINE: Was stört sie denn genau am Auto? Mittlerweile sind die Abgase neuer Fahrzeuge sauberer als Landluft. Beim E-Auto ist die Schadstoffproblematik ganz vom Tisch.
Rothfuchs: Es gibt zwei Probleme. Zum einen, der fließende Verkehr auf den Hauptverkehrsadern, der immer dichter wird. Aber viel schlimmer ist die Situation in den Wohnquartieren, da stehen viele Autos manchmal 23 Stunden am Tag herum. Ich fände es gut, wenn man in dichtbesiedelten Stadtteilen wie Eimsbüttel in Hamburg, dem Westend in Frankfurt oder Schwabing in München alle 100 Meter mindestens 30 Meter frei räumt. Platz, den wir den Menschen zurückgeben. Bewohner und Besucher des Stadtteils müssen spüren, welche Chancen wir uns mit dem Zugeparke verspielen.
SPIEGEL ONLINE: Das dürfte einen Aufschrei in der Bevölkerung geben.
Rothfuchs: Wahrscheinlich, aber schauen Sie mal mit welcher Selbstverständlichkeit die Autos die Straßen dominieren. Es ist ja nicht nur Raum weg. Autos stellen ein großes Unsicherheitsproblem dar - besonders für Kinder. Unsere Generation hat auf der Straße noch Fußball gespielt. Das geht heute gar nicht mehr. Da stehen jetzt 70.000-Euro-Autos aneinandergereiht. Wenn da ein Lackkratzer dran kommt, dann ist aber Holland in Not. Das sind Einschränkungen, die sukzessive gekommen sind und von allen gelebt und von keinem hinterfragt werden. Und darum ist dieses vermeintliche Zukunftsauto keine Lösung, wenn wir es 1:1 gegen unsere konventionellen Modelle austauschen.
SPIEGEL ONLINE: Was bedeutet das für die Parkplätze?
Rothfuchs: Erst müssen wir noch einmal festhalten: Der Raum ist endlich. Warum denken wir nicht darüber nach wie in einigen Kantonen der Schweiz, Stellplätze auf öffentlichen Grund kostenpflichtig zu machen? Jeder, der keine Garage oder privaten Stellplatz nachweisen kann, sollte zahlen, wenn er die Straße zuparkt. In den meisten neuen Wohnquartieren in Deutschland gibt es üppige Garagen. Aber ausgerechnet die großen Geländewagen stehen auf der Straße. Da frage ich mich: Haben die keine 70 bis 100 Euro im Monat übrig, um ihr Auto beiseite zu schaffen?
SPIEGEL ONLINE: Wie schafft der Mensch es denn, das Auto aus der Stadt zu verdrängen?
Rothfuchs: Wir als Stadt- und Verkehrsplaner sind davon überzeugt, dass es einen riesigen Markt für Carsharing geben wird. Neue Wohnblöcke müssen gleich mit einem Mobilitätspool geplant werden, der private Autos überflüssig macht. So ein Pool ist viel besser, denn in der Garage steht dann nicht nur mein Wagen, sondern ein Cabrio, ein 7-Sitzer und noch ein Lastenfahrrad. Alle Fahrzeuge kann ich buchen, sie werden von einem Service gewartet, ich brauche mich nicht mit Werkstattterminen
SPIEGEL ONLINE: BMW gibt zu, dass sie mit dem i3 Kunden gewinnen wollen, die Bahn und Bus nutzen. Das wäre aus Ihrer Sicht doch fatal, wenn wir gerade dabei sind, in der Stadt das Blech zur Seite zu räumen.
Rothfuchs: Ach, da bin ich ganz entspannt. Die derzeit noch relativ hohe Durchschnittsgeschwindigkeit in deutschen Städten sinkt weiter kontinuierlich. Damit wird ein Umstieg oder ein Rückschritt aufs Auto eher unwahrscheinlich. Weniger der ökologische Gedanke veranlasst uns, Bus und Bahn zu nehmen. Vielmehr zählt der Faktor Zeit. Mit der Bahn bin ich meist schneller im Zentrum, kann mit Freunden spontan ein, zwei Bier trinken. Dem öffentlichen Nahverkehr gehört die Zukunft. Vorausgesetzt, wir machen nicht den Fehler, dass wir die Qualität an die Wand fahren. Damit meine ich überfüllte Züge, U-Bahnen die liegen bleiben oder defekte Klimaanlagen im ICE bei Temperaturen von über 30 Grad.

Also, wenn man die Gedanken des Verkehrsplaners auf Frechen überträgt:
Die hier weiterhin vorherrschende Logik, dass die Stadt in erster Linie autogerecht zu sein habe, und dass kostenfreies Parken an allen Orten ein Grundrecht ist, gehört dringend hinterfragt.

Wichtiger als Parkraum und breite Straßen sind öffentliche Verkehrsmittel in ausreichender Zahl und Qualität, ein Ausbau des Car-Sharings, Räume für Fußgänger und RadlfahrerInnen und die Schaffung von Freiräumen – der Raum ist endlich sagt der Verkehrsplaner, richtig, in Frechen aber gilt die Endlichkeit nachdem man den Autoverkehr versorgt hat.

Wer jetzt noch an die Stadtteilplanungen auf Grube Carl denkt und daran, dass die Stadt Frechen hier die Chance hätte, den Stadtteil konsequent auf die sich abzeichnenden Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Menschen auszurichten, der weiß nicht, dass Frechen in solchen Dingen mindestens 2 Generationen hinter dem Rest der Republik herhinkt.




Dienstag, 22. Oktober 2013
Vor fünf Jahren schenkte der große Ferdi Huck seinem Sohn Stefan den Wahlkreis 13, auf dass er direkt in den Rat der Stadt Frechen gewählt werde. Ferdi Huck ist auf Grube Carl eine Institution, ein „Kümmerer“, einer, der sich für die Belange derjenigen einsetzte, die hier leben. Bei der Neueinteilung der Wahlkreise 2009 hat er sich gegen seinen "Heimatwahlkreis" und für den benachbarten Wahlkreis 10 entschieden. Den Wahlkreis 13 hat er seinem Sohn "überlassen".
Für Stefan waren die Schuhe zu groß. Worum er sich gekümmert hat? Keiner weiß es, er wurde hier im Stadtteil kaum gesehen. Politische Aktivitäten für den Wahlkreis, für Papas Heimat? Nicht nachweisbar. Eigentlich verkörpert er die berühmten drei Affen in Perfektion: „Nie gesehen, nie gehört, nichts gesagt“.
Der Stefan ist nun aber, zusammen mit der Nadine, die Nachwuchshoffnung der SPD.

Wie klang es früher doch so schön:

Dem Morgenrot entgegen,
ihr Kampfgenossen all!
Bald siegt ihr allerwegen,
bald weicht der Feinde Wall!
Mit Macht heran und haltet Schritt!
Arbeiterjugend? Will sie mit?
Wir sind die junge Garde des Proletariats.

Na ja, das mit dem Proletariat wollen wir hier jetzt nicht überbewerten, vermutlich gilt hier in der Gegend eher, was der Grüne Tarek al Wazir so treffend formuliert hat:
Die SPD sei nichts als eine «Kohlepartei», bei der das Hirn automatisch aussetze, wenn jemand «Glück auf, der Steiger kommt» singe.
Aber wir verlassen diesen Nebenkriegschauplatz und wenden uns dem Nachnamen der Nadine zu, denn der ist recht aufschlussreich. Er lautet auf Eilenberger und weckt Erinnerungen. Richtig, wir wissen nicht, was Nadine für die SPD Frechen schon alles geleistet hat, aber wir wissen, dass es sich um die Tochter des aktuellen Fraktionsvorsitzenden handelt.
Und dann gitb es da noch die Sibylla. Auch die hat einen Nachnamen der da lautet Faßbender. Und der Nachnamen sagt uns nichts. Dafür aber der Geburtsname: Lussem und genau so heißt der Ulrich und der ist lokale Parteivorsitzender. Es handelt sich um seine Schwester.



Zufälle, nichts als Zufälle, so weit das Auge reicht. Andernorts würde man von Vetternwirtschaft reden. Abgklärter klingt das Fremdwort: Nepotismus:
Patronage, Nepotismus, Simonie, also Ämterkauf: das ist das Häkelmuster, nach dem Stammesgesellschaften geknüpft waren. Klientelismus, bei dem die Familienbande über alles gelten, prägt noch heute viele Gesellschaften in Südeuropa, im Nahen oder Fernen Osten (…) „Mer kenne uns, mer helfe uns“ nannte das Konrad Adenauer noch bodenständiger, was als Kölscher Klüngel von dem verstorbenen Soziologen Erwin K. Scheuch aufgespießt wurde. Auch hier ist weniger von Korruption, als von Seilschaften die Rede, von den Problemen der Personalrekrutierung und der kommunalen Verfilzung der politischen Parteien.
Man muss sich das nun alles Mal anhand einiger Zahlen vergegenwärtigen. Frechen hat rund 50.000 EinwohnerInnen, etwa 300 von ihnen sind noch Mitglieder der lokalen SPD. Immerhin 50 der 300 haben sich versammelt, um über die Zusammensetzung des Wahlvorschlags der SPD bei den kommenden Kommunalwahlen abzustimmen. Herausgekommen ist eine Wahlliste, die 46 Namen versammelt. Nimmt man das Wahlergebnis von 2009, so kann man vermuten, dass die ersten 12 auf der Liste eine realistische Chance auf ein Stadtratsmandat haben. 6 der 12 ersten Plätze nun werden von drei Familien (Lussem, Huck, Eilenberger) besetzt.

Es gibt sicherlich in der Geschichte schlimmere Beispiele für Nepotismus, etwa im Rom Kaiser Caligulas’, der angeblich sein Lieblingspferd Incitatus zum Senator erheben wollte … aber Frechen ist nicht Rom.

Nachtrag:
Die wirklich junge Garde des Proletariats, jaja gibt’s nicht mehr, aber: die Jusos haben immerhin gewagt, den Stachel zu löcken wider die Familienclans. Doch erfolglos. Die 50 Anwesenden stimmten mit klaren zwei Drittel Mehrheiten für die Clanmitglieder.


Weil es dazu gehört: HLR GmbH




Montag, 21. Oktober 2013
also, wir finden es ganz toll, dass ihr unser „Meinungsbild“ einholen möchtet, wie wir heute im Kölner Stadtanzeiger lesen durften. Bürgertreff habt ihr eure Veranstaltung genannt.
Und das hat jetzt nichts mit den Kommunalwahlen zu tun und Ihr wollt das regelmäßig machen?
Aktuell wollt ihr uns Bürgern die Möglichkeit einräumen, Anregungen zum städtischen Haushalt zu geben.

Was wir nun irgendwie nicht so richtig verstehen ist die nachgeschobene Einschränkung: „Angesichts der angespannten Haushaltslage gehe es um Vorschläge, wo es Einsparpotentiale gebe.“
Euer Ernst? Wenn wir keine Einsparpotentiale auf der Pfanne haben, dann brauchen wir erst gar nicht zu kommen? Na gut, dann lassen wir es, klingt nicht so, als wolltet ihr wirklich wissen, was wir so meinen und wollen. Aber trotzdem, schön dass wir mal darüber geredet haben.