Thema: Opposition
Aus einem Interview mit dem Hamburger Verkehrsplaner Norbert Rothfuchs:

SPIEGEL ONLINE: Was stört sie denn genau am Auto? Mittlerweile sind die Abgase neuer Fahrzeuge sauberer als Landluft. Beim E-Auto ist die Schadstoffproblematik ganz vom Tisch.
Rothfuchs: Es gibt zwei Probleme. Zum einen, der fließende Verkehr auf den Hauptverkehrsadern, der immer dichter wird. Aber viel schlimmer ist die Situation in den Wohnquartieren, da stehen viele Autos manchmal 23 Stunden am Tag herum. Ich fände es gut, wenn man in dichtbesiedelten Stadtteilen wie Eimsbüttel in Hamburg, dem Westend in Frankfurt oder Schwabing in München alle 100 Meter mindestens 30 Meter frei räumt. Platz, den wir den Menschen zurückgeben. Bewohner und Besucher des Stadtteils müssen spüren, welche Chancen wir uns mit dem Zugeparke verspielen.
SPIEGEL ONLINE: Das dürfte einen Aufschrei in der Bevölkerung geben.
Rothfuchs: Wahrscheinlich, aber schauen Sie mal mit welcher Selbstverständlichkeit die Autos die Straßen dominieren. Es ist ja nicht nur Raum weg. Autos stellen ein großes Unsicherheitsproblem dar - besonders für Kinder. Unsere Generation hat auf der Straße noch Fußball gespielt. Das geht heute gar nicht mehr. Da stehen jetzt 70.000-Euro-Autos aneinandergereiht. Wenn da ein Lackkratzer dran kommt, dann ist aber Holland in Not. Das sind Einschränkungen, die sukzessive gekommen sind und von allen gelebt und von keinem hinterfragt werden. Und darum ist dieses vermeintliche Zukunftsauto keine Lösung, wenn wir es 1:1 gegen unsere konventionellen Modelle austauschen.
SPIEGEL ONLINE: Was bedeutet das für die Parkplätze?
Rothfuchs: Erst müssen wir noch einmal festhalten: Der Raum ist endlich. Warum denken wir nicht darüber nach wie in einigen Kantonen der Schweiz, Stellplätze auf öffentlichen Grund kostenpflichtig zu machen? Jeder, der keine Garage oder privaten Stellplatz nachweisen kann, sollte zahlen, wenn er die Straße zuparkt. In den meisten neuen Wohnquartieren in Deutschland gibt es üppige Garagen. Aber ausgerechnet die großen Geländewagen stehen auf der Straße. Da frage ich mich: Haben die keine 70 bis 100 Euro im Monat übrig, um ihr Auto beiseite zu schaffen?
SPIEGEL ONLINE: Wie schafft der Mensch es denn, das Auto aus der Stadt zu verdrängen?
Rothfuchs: Wir als Stadt- und Verkehrsplaner sind davon überzeugt, dass es einen riesigen Markt für Carsharing geben wird. Neue Wohnblöcke müssen gleich mit einem Mobilitätspool geplant werden, der private Autos überflüssig macht. So ein Pool ist viel besser, denn in der Garage steht dann nicht nur mein Wagen, sondern ein Cabrio, ein 7-Sitzer und noch ein Lastenfahrrad. Alle Fahrzeuge kann ich buchen, sie werden von einem Service gewartet, ich brauche mich nicht mit Werkstattterminen
SPIEGEL ONLINE: BMW gibt zu, dass sie mit dem i3 Kunden gewinnen wollen, die Bahn und Bus nutzen. Das wäre aus Ihrer Sicht doch fatal, wenn wir gerade dabei sind, in der Stadt das Blech zur Seite zu räumen.
Rothfuchs: Ach, da bin ich ganz entspannt. Die derzeit noch relativ hohe Durchschnittsgeschwindigkeit in deutschen Städten sinkt weiter kontinuierlich. Damit wird ein Umstieg oder ein Rückschritt aufs Auto eher unwahrscheinlich. Weniger der ökologische Gedanke veranlasst uns, Bus und Bahn zu nehmen. Vielmehr zählt der Faktor Zeit. Mit der Bahn bin ich meist schneller im Zentrum, kann mit Freunden spontan ein, zwei Bier trinken. Dem öffentlichen Nahverkehr gehört die Zukunft. Vorausgesetzt, wir machen nicht den Fehler, dass wir die Qualität an die Wand fahren. Damit meine ich überfüllte Züge, U-Bahnen die liegen bleiben oder defekte Klimaanlagen im ICE bei Temperaturen von über 30 Grad.

Also, wenn man die Gedanken des Verkehrsplaners auf Frechen überträgt:
Die hier weiterhin vorherrschende Logik, dass die Stadt in erster Linie autogerecht zu sein habe, und dass kostenfreies Parken an allen Orten ein Grundrecht ist, gehört dringend hinterfragt.

Wichtiger als Parkraum und breite Straßen sind öffentliche Verkehrsmittel in ausreichender Zahl und Qualität, ein Ausbau des Car-Sharings, Räume für Fußgänger und RadlfahrerInnen und die Schaffung von Freiräumen – der Raum ist endlich sagt der Verkehrsplaner, richtig, in Frechen aber gilt die Endlichkeit nachdem man den Autoverkehr versorgt hat.

Wer jetzt noch an die Stadtteilplanungen auf Grube Carl denkt und daran, dass die Stadt Frechen hier die Chance hätte, den Stadtteil konsequent auf die sich abzeichnenden Veränderungen im Mobilitätsverhalten der Menschen auszurichten, der weiß nicht, dass Frechen in solchen Dingen mindestens 2 Generationen hinter dem Rest der Republik herhinkt.