Thema: Umwelt
Es wird wieder diskutiert in der Stadt.

Das Parkhaus an der Josefstraße steht zur Disposition. Ein Investor will als große Lösung das C&A-Gebäude und das Parkhaus abreißen und die gesamte Fläche neue bebauen. Im Gespräch ist eine Mischung aus Gewerbe- und Büroimmobilien mit gefördertem Wohnraum. Bei dieser Planung würden aber von den 300 Parkplätzen, über die das Parkhaus aktuell verfügt, nur 85 Parkplätze übrig bleiben. Zu wenige, wie viele hier finden. Die Attraktivität von Innenstadt und Stadtsaal seien in Gefahr.

So weit der Stand.

Nun fordert die „Perspektive für Frechen“, dass die Bürger und Bürgerinnen in die Planung einbezogen werden müssten. Es müsse eine Bürgerinformationsveranstaltung organisiert werden.

Nun fragt sich wofür?

Wer sich schon einmal etwas intensiver mit den verschiedenen Formen von Bürgerbeteiligung beschäftigt hat, der weiß, dass diese sehr selektiv funktionieren. Es beteiligen sich mehrheitlich Angehörige der Mittel- und Oberschicht, oft akademisch. Und nachdem hier ein Thema rund um's Auto zur Debatte steht, so ist doch heute schon klar, wer auf dieser Veranstaltung vertreten sein wird und sich lautstark zu Wort melden wird.
Der Frechener Autofahrer und vielleicht auch sein weibliches Pendant.
Es wird eine rückwärtsgewandte Debatte werden, bei der folgende Wahrheiten zu hören sein werden:

Ohne aussreichende Parkplätze wird die Frechener Innenstadt noch öder.
Ohne ausreichende Parkplätze wird das kulturelle Programm im Stadtsaal noch provinzieller.
Ohne ausreichende Parkplätze werden die karnevalistischen Highlights noch weniger.
Ohne ausreichende Parkplätze werden immer weniger Auswärtige in Frechen einkaufen kommen.

Und zudem müssten die Parkplätze weiterhin kostenfrei sein, da andernfalls … und dann beginnt die Leier wieder von vorne.

Entscheidend dabei aber ist, dass bei dieser Form der Bürgerbeteiligung nur ein schmaler Ausschnitt der städtischen Bevölkerung zu Wort kommen wird und zwar der autofahrende Teil, der um seine Privilegien kämpft.
An allen Fronten muss der arme Autofahrer aktuell kämpfen. Dieselfahrern will man die Innenstädte verbieten, mit der Begründung, dass die meisten Dieselaggregate Schadstoffe in einer Menge ausstoßen, die für alle Stadtbewohner*innen gesundheitsschädlich sind.
Dann will man ihnen das Recht des Rasens wegnehmen, ein Tempolimit einführen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren.
In Köln will man ihnen auf der Aachener Straße eine Spur wegnehmen und darauf nur noch Busse und Taxen fahren lassen. Und in Frechen ist das Grundrecht auf kostenloses Parken gefährdet. Ist erst einmal das Parkhaus weg, dann wird innerstädtischer Parkraum zur Mangelware und würde sich für eine Bewirtschaftung anbieten.

Wehret der Anfänge kann man da nur sagen. Rettet das häßliche Parkhaus, andernfalls geht die Welt unter.
Zumindest für Autofahrer.

Aber zum Glück, diejenigen, die hier möglicherweise anderer Meinung sind, die werden kaum zu Wort kommen. Da schwänzen bspw. Schülerinnen und Schüler jeden Freitag die Schule, und protestieren für beschleunigte Maßnahmen um das Klima zu retten. Glaubt irgendjemand, diese würden zu diesem Thema gehört werden? Die Autofraktion müsste sich ja möglicherweise anhören, dass ihr Verhalten wesentlich zur Klimakatastrophe beiträgt und dass ihre Lernunfähigkeit den Eintritt der Klimakatastrophe um so sicher macht, je länger sie über die Geschicke von Staat und Gesellschaft bestimmen. Wer will denn von Kindern solche "Frechheiten" hören und seien sie noch so wahr?
Werden die Rentnerinnen und Rentner gehört werden, die auf einen guten ÖPNV angewiesen sind?
Werden die Kinder gehört werden, die gerne mit dem Rad im öffentlichen Raum unterwegs sind, für die aber kaum Raum zur Verfügung steht?

Deren Spielflächen werden vielmehr fraktionsübergreifend in Parkplätze umgewandelt, damit die autofahrenden Eltern vor einer Grundschule mehr Parkplätze finden.

Wenn die Frechener Innenstadt denn etwas bräuchte, dann wäre es ein Infrastrukturprogramm für Fahrradwege, breite Bürgersteige und einen Ausbau von ÖPNV, wozu auch eine Verlängerung der Linie 7 bis Habbelrath gehören würde.
Eine verkehrsberuhigte Innenstadt mit tollen Radwegen und Bürgersteigen, einem attraktiven ÖPNV, darüber sollte man sich einen Kopf machen. Möglicherweise würde dier Innenstadt dadurch auch wieder an Attraktivität gewinnen. Parkplätze und Autos, das belegt die Entwicklung der vergangenen 10 bis 20 Jahre, führen in eine Sackgasse. Aber das anzuerkennen würde ja bedeuten, sei eigenes Mobilitätsverhalten selbstkritisch zu reflektieren. Das wird nicht geschehen. Vorher zieht der deutsche Autofahrer seine gelbe Weste an oder meldet sich auf Bürgerinformationsveranstaltungen zu Wort.

Aber da in Frechen nur Autofahrer*innen zu Wort kommen, in den politischen Gremien, in den Bürgerversammlungen und in den Parteien, darf die gelbe Weste im Kofferraum bleiben, denn hier ist die Welt noch in Ordnung, hier wird sich an der Vormacht der Autofahrer nichts ändern.

Daher kann man auch auf die Bürgerinformationsveranstaltung gerne verzichten.
Selbsmitleidige Autofahrer*innen beim öffentlichen Bejammern ihres bedauernswerten Schicksals als Opfer des Zeitgeistes zu erleben, ist so überflüssig wie ein Kropf.





lincoln1208, Montag, 18. Februar 2019, 11:09
Lieber Herr Schober,

Alle? Nein, das kleine Häuflein der Linken im Stadtrat bezieht hier eindeutig eine andere Position. Wir begrüßen eine "Große Lösung" und verbinden dies mit der Hoffnung hier mitten in der Stadt geförderten Wohnungsbau zu betreiben. Fehlende Wohnungen sind das Problem, nicht fehlende Parkplätze!

Peter Singer


antoine favier, Montag, 18. Februar 2019, 16:11
Ein bisschen Asterix steckt da schon drin. Die tapferen Gallier, die sich erfolgreich gegen Caesar und die Römer zur Wehr setzen.
Die historische Realität war eine andere. Da konnten sich die Gallier gegen die römischen Armeen nicht behaupten.
Die Frechener Politik entspricht leider weniger dem Comic denn der historischen Realität. Das kleine Häuflein der Linken im Stadtrat wird, mit hoher Wahrscheinlichkeit denn noch ist nicht aller Tage Abend, erfolglos eine andere Politik einfordern.
Dazu ein Scherz am Rande: im Sinne einer kompletten Entwertung aller jüdischen Traditionen war es Bestandteil nationalsozialistischer Stadtplanung, die Plätze, auf denen einstmals Synagogen standen, in Parkplätze umzuwandeln. Daran hat sich in Frechen bis heute nichts geändert. Nun wurde in einem Leserbrief bereits der Wunsch geäußert, den Parkplatz "zur alten Synagoge" mit einem Parkhaus zu bebauen.
Parkplätze sind halt einfach wichtiger ....