Montag, 6. Mai 2019
Thema: Umwelt
Auch wenn es in den vergangenen Monaten dank der Fridays for Future Bewegung gelungen ist, einer breiteren Öffentlichkeit die Dringlichkeit einschneidender Maßnahmen gegen die Aufheizung der Atmosphäre zu verdeutlichen, so gibt es immer noch breite Widerstände, mit der Umsetzung dieser Maßnahmen jetzt und heute zu beginnen.

Ich rede jetzt nicht von den Klimaleugner der AfD. Intellektuelle Unredlichkeit verdient diese Aufmerksamkeit nicht, schlimmer sind diejenigen, die die Klimakatastrophe, die wir durch unser Handeln angestoßen haben, dadurch verharmlosen, dass sie nur vom Klimawandel reden. Und da Sprache Wirklichkeit konstituiert, folgt für diesen Politier*innen-Typus, dass Maßnahmen gegen die Aufheizung der Atmosphäre keiner besonderen Eile unterworfen sind.

Nur zwei prominente Beispiele:
1. Annegret Kramp-Karrenbauer argumentiert, dass sich hinter der von Wissenschaftler*innen weltweit als schnellstes und effektivstes Mittel der CO2-Reduktion vorgeschlagenen CO2-Steuer nur eine Steuererhöhung verberge. Kann man man so sehen, entscheidender aber ihr Gegenvorschlag:
"Ich bin der festen Überzeugung, dass es intelligentere Methoden gibt als einfach zu sagen, wir müssen eine Steuer erheben oder eine Steuer erhöhen"
2. Christian Lindner pflegt eine vergleichbare Argumentation.
" „Wir dagegen wollen Klimaschutz so gestalten, dass wir weiter ein Land mit Wohlstand und individuellen Freiheiten sein können. Die Menschen sollen weiter Fleisch essen, Auto fahren und mit dem Flugzeug verreisen dürfen.“
Mit anderen Worten: Trotz Klimakatastrophe sollen wir leben können, als sei nichts los auf der Welt. Und wie soll das gehen?
" „Und bei der Umsetzung hören wir zu wenig auf Ingenieurinnen und Techniker. Klimawissenschaftler kommen in den Medien oft zu Wort, aber zu selten diejenigen, die neue, umweltfreundliche Technologien entwickeln.“
Das argumentative Modell ist klar: um zu technologischen Lösungen zu kommen, die die Aufheizung der Atmosphäre bremsen, benötigen wir noch (viel) Zeit, denn die Ingenieur*innen und Techniker*innen haben bisher keine kurzfristig umsetzbaren Lösungen zustande bekommen. Also taucht die bereits ablaufende Klimakatastrophe in immer nur im Begriff des „Klimawandels“ auf. Der Begriff suggeriert, dass alles weniger drängend ist, dass genügend Zeit zur Verfügung steht, da ein Wandel langsam abläuft und von uns Menschen beherrscht werden könne.

Laut einhelliger Meinung aller Wissenschaftler*innen haben wir aber nur noch bis 2030 Zeit, um einschneidende Maßnahmen zu ergreifen, die die Aufheizung der Atmosphäre auf 1,5 Grad begrenzt. Während wir auf die Wundertechnologien deutscher Ingenieure und Ingenieurinnen warten, heizt sich die Atmosphäre aber munter weiter auf. Bis 2100 wird das zu einer Erwärmung von deutlich über 4 Grad führen. Nur, dass bei über 2 Grad Aufheizung der Atmosphäre der Prozess verselbständigt, sich in einen sich selbst verstärkenden Prozess gewandelt haben wird, der mit technologischen Mittel nicht mehr zu stoppen sein wird.

Hier nun kommen die unzeitgemäßen Analogiebilder ins Spiel, die einem so durch den Kopf schwirren, denn so eine Situation kennen wir hier in Deutschland.

Gehen wir zurück ins Frühjahr 1944, Deutschland wird von den Alliierten flächendeckend bombardiert, die Luftabwehr ist hilflos, über eine drohende Invasion wird in der Bevölkerung munter spekuliert. Und doch wollen noch viele im Reich die drohende Niederlage nicht wahrhaben, denn, so macht die Propaganda Glauben und die Bevölkerung hört es gerne: dank der deutschen Ingenieurskunst wird sich das Kriegsglück wenden, Tod und Zerstörung wird über England kommen und diesen Erzfeind in die Knie zwingen, werden doch von deutschen Ingenieuren Vergeltungswaffen entwickelt, die das Deutsche Reich zum Sieg führen werden.
Mit der militärischen Effektivität der Waffen war es dann doch nicht so weit her, todbringend waren sie zwar, aber zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise kriegsentscheidend.
Dieser „Fortschrittsglaube“, der Glaube an durch moderne technologische Entwicklungen produzierte Wunderwaffen lebte in Teilen der deutschen Bevölkerung auch noch im Frühjahr 1945 als die Alliierten in Ost und West die Grenzen des Reiches erreicht oder bereits überschritten hatten.

Statt an die Leistungsfähigkeit deutscher Ingenieure bei der Entwicklung von „Wunderwaffen“ zu glauben, wäre Widerstand und bedingungslose Kapitulation angebracht gewesen.
Es gab sicherlich viele Gründe, warum die deutsche Bevölkerung unfähig zum Widerstand war, der Glaube an die „deutsche Technik“ war dabei jedoch auch ein kleines Mosaikteilchen.

Nun sollen wir wieder an die Technologie glauben, nur um in unserem alltäglichen Trott weiter zu machen, uns zurücklehnen und warten, bis Ingenieur*innen und Techniker*innen Lösungen gefunden haben, damit wir unser Verhalten nicht ändern müssen.

Wie schon 1944/45 ist das die grundfalsche Haltung. Technologie rettete Deutschland 1945 nicht vor der verdienten Niederlage und wird im 21. Jahrhundert das Klima nicht retten. 1945 bedeutete die Niederlage Befreiung. Das wird man 2100 nicht sagen können. Eine Niederlage im Kampf gegen die Aufheizung der Atmosphäre wird keine Befreiung bedeuten, vielmehr droht dann das Ende der Menschheit. Das Warten auf technologische Lösungen macht die Niederlage mit jedem Jahr, das wir zuwarten, wahrscheinlicher.




Montag, 29. April 2019
Thema: Umwelt
Die Frechener Grünen sind immer für einen Spaß zu haben. Da bilden die Grünen zusammen mit CDU und FDP die Verwaltungsmehrheit in Frechen, mit anderen Worten, sie regieren mit, und doch beklagen sie, nachdem Frechen im ADFC-Fahrradtest grottenschlecht abgeschnitten hat, den „fehlenden politischen Willen“ bei der Umgestaltung Frechens zur Stadt für Radfahrer und Fußgänger.

Dabei, in den letzten Wochen hätte es einige Themen gegeben, da hätten die Grünen ihren politischen Gestaltungswillen beweisen können, als bspw. über das Parkhaus diskutiert wurde oder aktuell, da im Stadtrat ein Parkraumkonzept diskutiert wird. Wer weg will vom autozentrierten Verkehr in Frechen,
der müsste jetzt eine kostendeckende Parkraumbewirtschaftung im gesamten Stadtgebiet fordern (im FDP-Sprech würde das lauten: die Subventionierung des stehenden Autoverkehrs muss beendet werden),
der müsste jetzt fordern, dass dem stehenden und fließenden Autoverkehr Verkehrsraum genommen wird, um eine zukunftsfähige Infrastruktur für Fahrradfahrer*innen und Fußgänger*innen zu bauen.
Zwar sprachen die Grünen auf ihrer Homepage im Zusammenhang mit dem Parkhaus von einer „großen Lösung“, aber deren große Lösung kommt so verschwurbelt um die Ecke, dass sie weder verständlich noch wirklich zielführend ist. Und der logische Zusammenhang, dass der Platz, den die Autos im öffentlichen Raum monopolisieren, anderen Verkehrsteilnehmer*innen fehlt, wird an keiner Stelle ausreichend reflektiert.

Stattdessen erklärt Frau Erbacher als grüne Fraktionsvorsitzende, dass sie in der Innenstadt einen flächendeckenden Mischverkehr mit Tempo 30 bevorzuge. Wer die Untersuchungen kennt, der weiß, dass genau solche Lösungen nicht funktionieren. Die absolute Mehrzahl der Radler*innen wünscht schon alleine unter Sicherheitsaspekten abgetrennte Radwege. Alles andere wird als gefährlich erlebt.

Da ist selbst der ADAC weiter.

So erklärte U.K. Becker, der Vizepräsident des ADAC kürzlich in einem Interview in der ZEIT:
Ich würde Radfahrer, Fußgänger und Autofahrer voneinander trennen, um die Konkurrenzsituation zu beenden und jeden Bedarf zu decken. Wo es nötig ist, muss man dazu den Raum für den motorisierten Verkehr begrenzen …
Wenn selbst der ADAC zwischenzeitlich die Frechener Grünen überholt, dann ist es weit gekommen – mit den Grünen.




Freitag, 8. März 2019
Thema: Umwelt
Aus einem Kommentar zu den SchülerInnen-Protesten, der heute in der Süddeutschen Zeitung veröffentlicht wurde:
Der sich rasant beschleunigende Klimawandel ist mindestens so existenzbedrohend wie die Atomrüstung, deshalb haben die Schüler jedes Recht, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zum radikalen Umsteuern aufzufordern.
Was wirklich irritiert, ist das kindliche Verhalten der Erwachsenen. … Alle loben und betwittern die Kampfbereitschaft von acht- bis 18-Jährigen. Dass die Jungen mit ihrem Protest nichts ändern werden am Abschmelzen der Gletscher und dem Ansteigen der Meere, weiß jeder. Es stört aber keinen.
Wirkungsvoller, aber anstrengender wäre es, wenn die Eltern ihr Konsumverhalten änderten und selbst auf die Straße gingen gegen einen Klimawandel, den sie mit der Nutzung von Plastik, SUVs und Urlaubsflügen mit verantworten. …
Jeder weiß, dass der Klimawandel ein Jahrhundertproblem ist, das die gesamte Menschheit betrifft. Worauf es ankommt, ist das Verhalten Einzelner, aber noch mehr das Verhalten von Staaten und Konzernen. Es geht um Wohlstand, Entwicklung, Gesundheit, Arbeitsplätze, ums nackte Überleben.
Der folgenfreie Jubel über die Schülerproteste ist die Kapitulationserklärung des Politischen, moralisch vorbildlich und doch nur Lückenbüßer für politisches Handeln. Zugespitzt gesagt: Die Schüler werden von Politikern, Lehrern und Eltern hintergangen.
Nun stellen wir also fest: die Erwachsenen finden das irgendwie gut, dass die Jugendlichen demonstrieren, denn das Anliegen ist ja wichtig und gewaltig und auch wir Erwachsenen haben Angst vor dem Klimawandel.

Als Ergänzung und Erweiterung nun aus der heutigen TAZ Auszüge aus einem Interview mit einer Mobilitätsforscherin:
Das größte Problem in den Städten allerdings lösen E-Autos nicht: das Platzproblem. Wir müssen den städtischen Verkehr rationaler und effizienter organisieren. Dafür sind private Autos nicht geeignet. Ein Parkplatz zum Beispiel misst im Schnitt 12,5 Quadratmeter – das ist so groß wie ein Kinderzimmer. Autos brauchen wahnsinnig viel Platz. Auf dem stehen sie dann durchschnittlich 23 Stunden täglich herum. Sie rauben Platz, der für Lieferzonen gebraucht würde, für Rad- und Fußwege, für Spielplätze und so weiter.
Wenn Städte Parkplätze teurer machen, kritisieren das als erstes die Händlerinnen…
Viele Einzelhändler unterliegen dem Irrglauben, dass sie Kunden mit Kofferraum brauchen. Bei Umfragen unter Kundinnen nennen diese als wichtige Punkte aber die Gestaltung der Innenstädte und die Vielfalt der Geschäfte, um gerne einzukaufen. Parkmöglichkeiten rangieren viel weiter unten. Darum fordern ja auch viele Händlerinnen in Innenstädten Fußgängerzonen, in denen die Kundschaft gerne bummelt.
Wie kommen die Pendlerinnen in die Stadt?
Um das private Auto abzulösen, brauchen wir einen starken Öffentlichen Nahverkehr, der die zunehmenden Pendlerströme bewältigt. Dabei ist es wichtig, bestehende Angebote auszubauen und diese sinnvoll zu ergänzen.

Das Ziel der Verkehrsplanerinnen in den Städten sollte immer sein, dass Bewohner und Besucherinnen ohne eigenes Auto auskommen können. Heute ist ein Auto ja eine Mobilitätsgarantie, das steht so lange rum, bis ich es mal brauche.

Wie gesagt, das ist eine Frage der städtischen Planung. Die Städte müssen festlegen, welchen und wieviel Verkehr sie haben möchten. Der Spruch „Wer Straßen baut, wird Verkehr ernten“, der gilt ja auch für Fahrräder. Sichere Radwege zum Beispiel führen zu mehr Fahrradverkehr. Busspuren machen den öffentlichen Verkehr attraktiver.
Haben die Städte für solche Planungen die notwendigen Kompetenzen?
Teils, teils. Zum Beispiel können Kommunen schon heute Straßen nur für Fahrräder zulassen oder zumindest fahrradgerecht gestalten. Bei anderen Herausforderungen fehlen ihnen hingegen die Steuerungsmöglichkeiten. Zum Beispiel dürfen Autos nach Rechtslage des Bundes überall dort parken, wo es nicht verboten ist. Es ist für Kommunen sehr aufwändig, Parken einzuschränken.
Der Bund könnte es ihnen erleichtern und festlegen, dass Parken überall dort verboten ist, wo es nicht erlaubt ist. Es gilt, das Grundrecht des Parkens im öffentlichen Raum zu beenden. Viele Parkhäuser sind nicht ausgelastet, es gibt also Platz im privaten Raum, da müssen Autos nicht öffentliche Flächen okkupieren. In Stockholm zum Beispiel kostet ein Anwohnerparkausweis 800 Euro im Jahr …
… das gäbe hier einen Volksaufstand!
Ja klar, darum wird das Thema in vielen Städten auch nicht angefasst, aus Angst vor Konflikten.
Und wo ist der Zusammenhang, wird der eine oder die andere jetzt fragen?

In der fehlenden Bereitschaft von Erwachsenen, sich ein anderes Leben auch nur vorstellen zu können. Die Beispiele liegen vor der Türe:

das Parkhaus in Frechen. Es darf nicht weg, da sind sich alle Parteien und die meisten BürgerInnen der Stadt einig. Die Unterschriftenlisten werden das in wenigen Tagen beweisen.

Oder die Einrichtung einer Busspur auf der Aachener Straße in Köln, Ladenbesitzer/-innen und Anwohner/-innen haben die erste Demonstration gegen die Busspur initiiert.

Ziel beider Aktionen: es darf sich nichts ändern.

Wer sich so verhält erklärt durch sein tägliches Verhalten, dass ihm der Klimawandel am A … vorbeigeht. Klimawandel ist schlimm und alle wissen es, für unsere Kinder wird das alles noch schlimmer, aber unser eigene Verhalten, sei es im Alltag, sei es im Urlaub, das bitteschön wollen wir um kein Jota verändern.
Und es ist nicht an den Jugendlichen, die Welt zu verändern. Dazu haben sie nicht die Macht. Wir Erwachsenen sitzen an den Schalthebeln der Macht, begrüßen den Protest der Jugendlichen und Kinder, verdrücken ein paar Krokodilstränen und machen weiter wie bisher.
Mit anderen Worten: durch unser tägliches Handeln zeigen wir, dass wir diese Welt zerstören wollen, weil es so am bequemsten ist.

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Und um noch einen drauf zu setzen aus einem Interview, das heute (11.03.2019) in der Süddeutschen erschienen ist. Thema war der Marketing-Gag "Flugtaxi", darin aber dieses Statement:
Was würde stattdessen helfen, unsere Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen?

Erst einmal müssen wir die Zahl der Autos auf ein Drittel reduzieren und auf Elektroantrieb umstellen. Dann müssen wir dafür sorgen, dass die Autos, die herumfahren, besser ausgelastet sind - zum Beispiel durch Ridesharing, das gemeinsame Nutzen von Fahrzeugen also. Und nicht zuletzt muss der öffentliche Nahverkehr auf ein völlig neues Level gebracht werden.