Thema: Inklusion
18. November 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Am vergangenen Donnerstag hat der Schuldezernent der Stadt Frechen über den Stand der Inklusion in Frechen referiert. Anscheinend waren die anwesenden Pressevertreter mit dem Thema nicht wirklich vertraut. Anders ist die Presseberichterstattung nicht zu erklären, denn es wimmelt nur so von falschen Aussagen.
Beginnen wir mit dem Thema der „Inklusionsquote“ (KStA), der „Zielvorgabe“ (KR). Beide Artikel vermitteln den Eindruck, es gäbe einen bestimmten Inklusionswert zu erreichen, eine Zielvorgabe eine Quote. So „… gibt die Landesregierung vor, dass bis 2017 mindestens die Hälfte der Kinder mit Handicap eine Regelschule besuchen sollen.“ Schreibt die Rundschau schön und falsch. Dem ist nicht so. Es gibt eine Schätzung des Schulministeriums, die besagt, dass das Ministerium damit rechnet, dass bis 2017 jedes 2. Kind mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf die Regelschule besuchen wird. Eine Schätzung. Keine Quote und kein Ziel. Wenn es denn eine Zielvorgabe gibt, so ergibt diese sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention, die da besagt, dass jedes Kind das Recht auf den Besuch der Regelschule hat.
Ergänzend wird in den Berichten lobend erwähnt, dass Frechen die nicht vorhandene Quote zu 47% erfülle. Hier hätte man besser hinter die Zahl schauen müssen, hätte differenzieren müssen. Denn das hätte dazu geführt, dass man vielleicht hätte lesen könnte, dass insbesondere die Frechener Grundschule im alten Modell des „Gemeinsamen Unterrichts“ viel getan haben, worauf Inklusion sinnvoll aufbauen kann. Ebenso hat die Hauptschule sich des Themas früh angenommen. Realschule und Gymnasium jedoch waren bis zum vergangenen Schuljahr im Grunde inklusionsfreie Zonen.
Eine weitere Differenzierung würde ergeben, dass nur bestimmte Förderbedarfe an den Frechener Schulen bisher untergekommen sind, andere aber vollkommen fehlen. Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Diese Informationen kann man verknüpfen und dann ergeben sich Folgefragen:
1. Frage:
Auf welchen Regelschulen sollen die vielen Kinder unterkommen, die im „gemeinsamen Unterricht“ der Grundschulen untergekommen sind? Die Verwaltung hat keine Rechte mehr, diese Kinder zwangsweise einer Förderschule zuzuweisen, wie dies bis vor 2 Jahren noch der Regelfall war.
2. Frage:
Wo sind an Frechener Schulen die Kinder, die Rollstühle angewiesen sind? Sind unsere Schulen überhaupt behindertengerecht ausgebaut?
Kommen wir zum nächsten Punkt, der sich dem Verständnis der Presse komplett entzogen hat: Die Kölner Schulbaurichtlinie. Diese definiert ein inklusionskonformes Raumangebot für Schulen.
Mit einem 2011 gefällten Ratsbeschluss hat sich die Stadt verpflichtet, bei Neubauten diese Richtlinie zur Anwendung zu bringen. Diese Richtlinie geht über eine ältere Landesrichtlinie hinaus, die zu einem Zeitpunkt entstand, als behinderte Kinder zwangsweise und qua Amt Förderschulen zugewiesen wurden. Der in dieser Richtlinie definierte Raumbedarf kannte nur das problemfreie Normalkind.
Das Land hat nun keine neue Richtlinie erlassen. Auch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz macht hierzu keine Vorgaben. Das Gesetz muss dies aber auch nicht, denn Bauliches wurde schon immer außerhalb des Schulgesetzes geregelt.
Völlig falsch also bspw. diese Aussage: „Frechen richtet sich nach der Kölner Schulbaurichtlinie, deren Ziele … weitestgehend bereits erreicht sind.“(KR), oder diese: „Auch in der Schulraumversorgung steht Frechen gut da. Weil sich Frechen an den großzügigen Kölner Schulbau-Richtlinien orientiere.“ (KStA). Aktuell gibt es noch keine einzige Frechener Schule, die den Anforderungen der Kölner Schulbaurichtlinie auch nur im Ansatz entspricht. Ein Antrag der Schulpflegschaften der Grundschulen, den Stand des behindertengerechten Ausbaus der Schulen zu dokumentieren, wodurch das Defizit des Frechener Schulbaus in diesem Bereich zu Tage gefördert worden wäre, hat der Schuldezernent abgelehnt zu behandeln.
Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Trotzdem
3. Frage:
Warum wohl?
Ebenso falsch die Darstellung zur Zukunft der Förderschulen. Fakt ist, dass es eine Richtlinie gibt, wie groß Förderschulen zu sein haben, um weiter existieren zu dürfen. Richtlinien, die es für Regelschulen auch gibt. Hier im Rhein-Erft-Kreis nun sind insbesondere die Förderschulen in kommunaler Trägerschaft extrem klein. Zu klein, um weiter zu existieren. Die kommunalen Förderschulen werden in ihrer bisherigen Form nicht überleben. „Allerdings lässt sich im gesamten Kreis bei einer geforderten Mindestgröße von 144 Schülern langfristig keine einzige Förderschule mehr halten“, so schreibt die Rundschau. Was einfach falsch ist. Es gibt im Kreis keine Förderschule in kommunaler Trägerschaft, die die in der Richtlinie formulierten Mindestgrößen erreicht, aber es gibt Förderschulen in der Trägerschaft des Kreises. Diese erreichen die geforderten Mindestgrößen meistens.
Man hätte genauer fragen können. Aber man muss es nicht.
In den Artikeln wird nun aber so getan, als sei die geänderte Landesrichtlinie schuld am Förderschulsterben. Ursächlich ist aber der Elternwille. Früher wurden die Kinder zwangsweise und, ich wiederhole mich, qua Amt, auf Förderschulen verwiesen. Heute zählt der Elternwille. Die Eltern wollen ihre Kinder nicht mehr auf Förderschulen sehen. Also schrumpfen die Förderschulen. Irgendwann sind sie nicht mehr lebensfähig. Also müssen sie geschlossen werden. Die Richtlinie hat nur verdeutlicht, dass die Unmenge vorhandener Miniaturschulen eine unsinnige Geldverschwendung bedeuten.
Wie schreibt der Stadtanzeiger: „Vor diesem Hintergrund ist offen, ob bei einem Rückgang der Schülerzahlen an der Anne-Frank-Förderschule diese geschlossen werden muss.“ Zu ihren besten Zeiten bspw. hatte die kommunale Anne-Frank-Förderschule 132 Kinder (2007/2008) laut aktueller Schulstatistik noch 75 Kinder. Es geht also nicht mehr um das „ob“ des Schülerrückgangs, denn der ist schon eingetreten. Für eine Betriebsgenehmigung als Ausnahmeregelung benötigt die Schule laut alter Richtlinie mindestens 77 Kinder. Dieser Wert ist bereits unterschritten. Auch auf Basis der alten Richtlinie muss die Schule auslaufen.
Man hätte genauer prüfen können. Aber man muss es nicht.
Beginnen wir mit dem Thema der „Inklusionsquote“ (KStA), der „Zielvorgabe“ (KR). Beide Artikel vermitteln den Eindruck, es gäbe einen bestimmten Inklusionswert zu erreichen, eine Zielvorgabe eine Quote. So „… gibt die Landesregierung vor, dass bis 2017 mindestens die Hälfte der Kinder mit Handicap eine Regelschule besuchen sollen.“ Schreibt die Rundschau schön und falsch. Dem ist nicht so. Es gibt eine Schätzung des Schulministeriums, die besagt, dass das Ministerium damit rechnet, dass bis 2017 jedes 2. Kind mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf die Regelschule besuchen wird. Eine Schätzung. Keine Quote und kein Ziel. Wenn es denn eine Zielvorgabe gibt, so ergibt diese sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention, die da besagt, dass jedes Kind das Recht auf den Besuch der Regelschule hat.
Ergänzend wird in den Berichten lobend erwähnt, dass Frechen die nicht vorhandene Quote zu 47% erfülle. Hier hätte man besser hinter die Zahl schauen müssen, hätte differenzieren müssen. Denn das hätte dazu geführt, dass man vielleicht hätte lesen könnte, dass insbesondere die Frechener Grundschule im alten Modell des „Gemeinsamen Unterrichts“ viel getan haben, worauf Inklusion sinnvoll aufbauen kann. Ebenso hat die Hauptschule sich des Themas früh angenommen. Realschule und Gymnasium jedoch waren bis zum vergangenen Schuljahr im Grunde inklusionsfreie Zonen.
Eine weitere Differenzierung würde ergeben, dass nur bestimmte Förderbedarfe an den Frechener Schulen bisher untergekommen sind, andere aber vollkommen fehlen. Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Diese Informationen kann man verknüpfen und dann ergeben sich Folgefragen:
1. Frage:
Auf welchen Regelschulen sollen die vielen Kinder unterkommen, die im „gemeinsamen Unterricht“ der Grundschulen untergekommen sind? Die Verwaltung hat keine Rechte mehr, diese Kinder zwangsweise einer Förderschule zuzuweisen, wie dies bis vor 2 Jahren noch der Regelfall war.
2. Frage:
Wo sind an Frechener Schulen die Kinder, die Rollstühle angewiesen sind? Sind unsere Schulen überhaupt behindertengerecht ausgebaut?
Kommen wir zum nächsten Punkt, der sich dem Verständnis der Presse komplett entzogen hat: Die Kölner Schulbaurichtlinie. Diese definiert ein inklusionskonformes Raumangebot für Schulen.
Mit einem 2011 gefällten Ratsbeschluss hat sich die Stadt verpflichtet, bei Neubauten diese Richtlinie zur Anwendung zu bringen. Diese Richtlinie geht über eine ältere Landesrichtlinie hinaus, die zu einem Zeitpunkt entstand, als behinderte Kinder zwangsweise und qua Amt Förderschulen zugewiesen wurden. Der in dieser Richtlinie definierte Raumbedarf kannte nur das problemfreie Normalkind.
Das Land hat nun keine neue Richtlinie erlassen. Auch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz macht hierzu keine Vorgaben. Das Gesetz muss dies aber auch nicht, denn Bauliches wurde schon immer außerhalb des Schulgesetzes geregelt.
Völlig falsch also bspw. diese Aussage: „Frechen richtet sich nach der Kölner Schulbaurichtlinie, deren Ziele … weitestgehend bereits erreicht sind.“(KR), oder diese: „Auch in der Schulraumversorgung steht Frechen gut da. Weil sich Frechen an den großzügigen Kölner Schulbau-Richtlinien orientiere.“ (KStA). Aktuell gibt es noch keine einzige Frechener Schule, die den Anforderungen der Kölner Schulbaurichtlinie auch nur im Ansatz entspricht. Ein Antrag der Schulpflegschaften der Grundschulen, den Stand des behindertengerechten Ausbaus der Schulen zu dokumentieren, wodurch das Defizit des Frechener Schulbaus in diesem Bereich zu Tage gefördert worden wäre, hat der Schuldezernent abgelehnt zu behandeln.
Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Trotzdem
3. Frage:
Warum wohl?
Ebenso falsch die Darstellung zur Zukunft der Förderschulen. Fakt ist, dass es eine Richtlinie gibt, wie groß Förderschulen zu sein haben, um weiter existieren zu dürfen. Richtlinien, die es für Regelschulen auch gibt. Hier im Rhein-Erft-Kreis nun sind insbesondere die Förderschulen in kommunaler Trägerschaft extrem klein. Zu klein, um weiter zu existieren. Die kommunalen Förderschulen werden in ihrer bisherigen Form nicht überleben. „Allerdings lässt sich im gesamten Kreis bei einer geforderten Mindestgröße von 144 Schülern langfristig keine einzige Förderschule mehr halten“, so schreibt die Rundschau. Was einfach falsch ist. Es gibt im Kreis keine Förderschule in kommunaler Trägerschaft, die die in der Richtlinie formulierten Mindestgrößen erreicht, aber es gibt Förderschulen in der Trägerschaft des Kreises. Diese erreichen die geforderten Mindestgrößen meistens.
Man hätte genauer fragen können. Aber man muss es nicht.
In den Artikeln wird nun aber so getan, als sei die geänderte Landesrichtlinie schuld am Förderschulsterben. Ursächlich ist aber der Elternwille. Früher wurden die Kinder zwangsweise und, ich wiederhole mich, qua Amt, auf Förderschulen verwiesen. Heute zählt der Elternwille. Die Eltern wollen ihre Kinder nicht mehr auf Förderschulen sehen. Also schrumpfen die Förderschulen. Irgendwann sind sie nicht mehr lebensfähig. Also müssen sie geschlossen werden. Die Richtlinie hat nur verdeutlicht, dass die Unmenge vorhandener Miniaturschulen eine unsinnige Geldverschwendung bedeuten.
Wie schreibt der Stadtanzeiger: „Vor diesem Hintergrund ist offen, ob bei einem Rückgang der Schülerzahlen an der Anne-Frank-Förderschule diese geschlossen werden muss.“ Zu ihren besten Zeiten bspw. hatte die kommunale Anne-Frank-Förderschule 132 Kinder (2007/2008) laut aktueller Schulstatistik noch 75 Kinder. Es geht also nicht mehr um das „ob“ des Schülerrückgangs, denn der ist schon eingetreten. Für eine Betriebsgenehmigung als Ausnahmeregelung benötigt die Schule laut alter Richtlinie mindestens 77 Kinder. Dieser Wert ist bereits unterschritten. Auch auf Basis der alten Richtlinie muss die Schule auslaufen.
Man hätte genauer prüfen können. Aber man muss es nicht.
Thema: Inklusion
14. Oktober 13 | Autor: antoine favier | 4 Kommentare | Kommentieren
Das Thema der Inklusion wird uns die kommenden Jahre in Frechen massiv beschäftigen. Derzeit lassen sich an Frechens Schulen zwei unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema beobachten. Bevor die beiden Wege näher beschrieben werden, leite ich mit etwas theorielastigen Überlegungen ein, die m.E. notwendig sind, um die beiden Herangehensweisen einordnen zu können.
Inklusion, wie sie in der UN-Behindertenrechtskonvention definiert ist, besagt, dass alle Kinder, unabhängig von ihren Problemen an der Regelschule zu unterrichten sind. Die Vorsitzende des Kölner Elternvereins mittendrin e.V. bringt die schulische Verantwortung dabei auf einen einfach zu verstehenden Nenner:
Jürgen Oelkers, emeritierter Professor für Pädagogik an der Universität Zürich beschreibt die von den Schulen zu erbringende Leistung in folgenden Worten:
Um die Nichtumsetzung der Inklusion zu verstehen, muss man einen knappen Blick auf die lange Geschichte der Exklusion werfen. Die Adressaten der Bildung in Deutschland waren nie einheitlich
Vor diesem Hintergrund ist die Aussage der Rektorin des Frechener Gymnasiums in der Schulausschusssitzung vom 19.06.2013 einzuordnen, als sie über die vom Regierungspräsidium mit „sanftem Druck“ erzwungene Zuweisung von Kindern mit Förderbedarf berichtete:
In der Schulausschusssitzung versicherte die Rektorin daher auch
Ein Seitenblick auf die Frechener Realschule bietet sich hier an. In einer aktuell verbreiteten Broschüre berichtet die Schule über ihren Umgang mit Inklusion:
Auch der zweite Teil der Darstellung ist interessant, denn hier wird ausdrücklich die Leistung der Stadt Frechen bei der Einrichtung eines Differenzierungsraums gewürdigt. Hierbei lohnt ein zweiter Rückblick auf besagte, geradezu legendär zu nennende Schulausschusssitzung vom 19.06.2013. In dieser Sitzung wurde nämlich ein Antrag des Vertreters der Schulpflegschaften der Grundschulen, Herr Tietz abgelehnt, in dem dieser gefordert hatte, zu beschließen, dass die Stadt im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alles tun solle, um diese Schulen bei der Inklusion zu unterstützen.
Spannend waren die Argumente, mit denen die Ablehnung begründet wurde: Der Antrag fordere Personalmittel, so wurde behauptet, und damit etwas, was Landesaufgabe sei. Das tat der Antrag natürlich nicht. Er forderte von der Stadt, dass sie ihren ureigenen Auftrag erfüllen müsse: die sachliche Ausstattung der Schule gewährleisten. Was in Bezug auf die Realschule bedeutete, einen Differenzierungsraum zur Verfügung zu stellen und auszustatten. Es ist zu vermuten, dass das Gymnasium auch hier wenig auf die Beine gestellt hat, denn: Inklusion hat an einem Gymnasium ja nichts verloren. (Nachzulesen hier)
Man kann in diesem Zusammenhang nur nochmals darauf verweisen, dass seit 2010 Bürgeranträge und Anträge einzelner Fraktionen vorlagen, in denen die Stadt aufgefordert wurde, aufzuzeigen, was in den Schulen getan werden müsse, um zukünftig eine inklusive Beschulung zu gewährleisten. Die Anträge wurden auf Nimmerwiedersehen vertagt.
Nun aber ist das Überraschungsmoment weg. Nun muss das Frechener Gymnasium beweisen, dass die fehlende Willkommenskultur überwunden werden kann und ein Kulturwandel eingeleitet wird. Der schulische Umgang mit den drei inklusiv zu beschulenden Kindern am Gymnasium wird die Ernsthaftigkeit des Bemühens des Gymnasiums um Inklusion belegen, oder auch nicht. Die Schule kann Mittel und Wege finden, den Kinder und ihren Eltern das Leben so schwer zu machen, dass diese „freiwillig“ die Segel streichen – oder sie tut alles in ihrer Macht stehende, um diese Kinder in der Schule und im Klassenverband zu halten.
Wir dürfen gespannt sein.
Wie formuliert es Raul Krauthausen, Mitbegründer von Sozialhelden e.V., einem Verein für Inklusion im Alltag:
* Jürgen Oelkers, Ganztagsschule und Inklusion: Neue Aufgaben der Lehrerbildung, in: Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte, 10.2013, S.40-44.
Inklusion, wie sie in der UN-Behindertenrechtskonvention definiert ist, besagt, dass alle Kinder, unabhängig von ihren Problemen an der Regelschule zu unterrichten sind. Die Vorsitzende des Kölner Elternvereins mittendrin e.V. bringt die schulische Verantwortung dabei auf einen einfach zu verstehenden Nenner:
Die inklusive Schule heißt jedes Kind willkommen. Die Kultur des Willkommens ist die Grundvoraussetzung für das Gelingen der Inklusion.“Man muss sich aber keinen Illusionen hingeben: eine Kultur des Willkommens ist im heutigen Schulsystem (noch) nicht verankert und die Kultur des Willkommens muss im weiteren Verlauf ergänzt werden mit einer Kultur des sich Kümmerns. Das kennt unser Schulsystem noch viel weniger, denn an unseren weiterführenden Schule endet das sich Kümmern an der Schwelle zum siebten Schuljahr: dann wird ausgesiebt und abgeschult. Vom Gymnasium auf die Realschule, von der Realschule auf die Hauptschule, und von allen Schulen bei Bedarf auf die Förderschule.
Jürgen Oelkers, emeritierter Professor für Pädagogik an der Universität Zürich beschreibt die von den Schulen zu erbringende Leistung in folgenden Worten:
Es geht vorrangig darum, die Schulen zu Orten der Inklusion auszubauen und die Abweichungen [der Kinder] wie Normalfälle zu behandeln, ohne dass ihre Besonderheiten zu versteckten Diskriminierungen führen.“Umgesetzt jedoch ist davon noch recht wenig.
Um die Nichtumsetzung der Inklusion zu verstehen, muss man einen knappen Blick auf die lange Geschichte der Exklusion werfen. Die Adressaten der Bildung in Deutschland waren nie einheitlich
es waren nie einfach „alle“ Kinder, sondern immer die „normalen“ und die „behinderten“, die schon kategorial keine Einheit bildeten, was in praktischer Hinsicht zu getrennten Lernräumen führte, die von zwei verschiedenen Pädagogiken betreut werden und wurden. … Die Sonderpädagogik hat sich lange Zeit einer Sonderbehandlung ihrer Klientel verschrieben und in der allgemeinen Pädagogik kamen behinderte Kinder und Jugendliche nicht vor.“Inklusion ist also ein Paradigmenwechsel weg von der Auslagerung und hin zur Inklusion aller Kinder. Dieser Paradigmenwechsel fällt den Schulen auch deswegen schwer, da sie selber Behinderungen definieren: sie definieren, wann ein Kind lernbehindert ist, wann es „verhaltensauffällig“ ist*, diese Kinder aber werden nicht inkludiert sondern von den Schulen gerade ausgeschlossen. Im Gegensatz zu vielen anderen Behinderungsformen ist in diesen Fällen Definitionsmacht deckungsgleich mit der Macht, über die Zugehörigkeit zu einer Schule zu entscheiden.
Vor diesem Hintergrund ist die Aussage der Rektorin des Frechener Gymnasiums in der Schulausschusssitzung vom 19.06.2013 einzuordnen, als sie über die vom Regierungspräsidium mit „sanftem Druck“ erzwungene Zuweisung von Kindern mit Förderbedarf berichtete:
Wenn ich gewusst hätte, was mit dem Thema Inklusion auf mich zukommt, hätte ich diesen Beruf nicht gewählt.Uns begegnet hier eine Rektorin, die in der alten Spartenpädagogik aufgewachsen ist und die die Trennung der Kinder in „normal“ und „behindert“ verinnerlicht hat. Ein Gymnasium ist eine Schule für „normale“ Kinder, dafür wurden und werden auch heute noch alle LehrerInnen ausgebildet, das wollen sie mehrheitlich auch ihren gesamten beruflichen Lebtag machen. Inklusion ist in deren Vorstellungswelt wohl immer ein Thema für die anderen Schulen, nicht aber für ein Gymnasium. Dementsprechend war das Frechener Gymnasium nach Aussagen der Rektorin auch nicht auf diese Situation vorbereitet. Die Inklusionsanforderung kam subjektiv überraschend. Auf allen Ebenen.
In der Schulausschusssitzung versicherte die Rektorin daher auch
mehrfach, dass diese Kinder doch an dieser Schule nichts verloren hätten. Es handle sich um Kinder, die bestenfalls einen Hauptschulabschluss anstreben würden.Stigmatisierung ist wohl der Fachbegriff, der sich hier anbietet, eine „Kultur des Willkommens“ sieht anders aus.
Ein Seitenblick auf die Frechener Realschule bietet sich hier an. In einer aktuell verbreiteten Broschüre berichtet die Schule über ihren Umgang mit Inklusion:
Um den Bildungsprozess für alle Kinder optimal zu gestalten, hat sich die Realschule Frechen intensiv vorbereitet. (…) Auf Antrag der Schule hat die Bezirksregierung für die Integrationsklasse zusätzliche Stellenanteile zur Verfügung gestellt. Darum ist es möglich, dass die Klasse durchgängig mit zwei Lehrkräften besetzt ist.Unter intensiver Vorbereitung versteht der Rektor der Realschule auch, dass LehrerInnen sich in den vergangenen Jahren fachlich vorgebildet und qualifiziert haben. Inklusion kam - zumindest für die Realschule - nicht überraschend. Weswegen die Realschule auch kurzfristig einen Antrag auf Einrichtung einer GU-Klasse stellte. Die Einrichtung einer GU-Klasse aber war bisher Voraussetzung für die zusätzlichen Stellenanteile, mit denen die Realschule nun die Integrationsklasse durchgehend mit zwei Lehrkräften besetzen kann.
Für die Integrationsklasse wurde außerdem ein Differenzierungsraum von der Stadt hergerichtet und ausgestattet – unter anderem mit einem Laptopwagen, mit dem die individuelle Förderung unterstützt werden kann.
Auch der zweite Teil der Darstellung ist interessant, denn hier wird ausdrücklich die Leistung der Stadt Frechen bei der Einrichtung eines Differenzierungsraums gewürdigt. Hierbei lohnt ein zweiter Rückblick auf besagte, geradezu legendär zu nennende Schulausschusssitzung vom 19.06.2013. In dieser Sitzung wurde nämlich ein Antrag des Vertreters der Schulpflegschaften der Grundschulen, Herr Tietz abgelehnt, in dem dieser gefordert hatte, zu beschließen, dass die Stadt im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alles tun solle, um diese Schulen bei der Inklusion zu unterstützen.
Spannend waren die Argumente, mit denen die Ablehnung begründet wurde: Der Antrag fordere Personalmittel, so wurde behauptet, und damit etwas, was Landesaufgabe sei. Das tat der Antrag natürlich nicht. Er forderte von der Stadt, dass sie ihren ureigenen Auftrag erfüllen müsse: die sachliche Ausstattung der Schule gewährleisten. Was in Bezug auf die Realschule bedeutete, einen Differenzierungsraum zur Verfügung zu stellen und auszustatten. Es ist zu vermuten, dass das Gymnasium auch hier wenig auf die Beine gestellt hat, denn: Inklusion hat an einem Gymnasium ja nichts verloren. (Nachzulesen hier)
Man kann in diesem Zusammenhang nur nochmals darauf verweisen, dass seit 2010 Bürgeranträge und Anträge einzelner Fraktionen vorlagen, in denen die Stadt aufgefordert wurde, aufzuzeigen, was in den Schulen getan werden müsse, um zukünftig eine inklusive Beschulung zu gewährleisten. Die Anträge wurden auf Nimmerwiedersehen vertagt.
Nun aber ist das Überraschungsmoment weg. Nun muss das Frechener Gymnasium beweisen, dass die fehlende Willkommenskultur überwunden werden kann und ein Kulturwandel eingeleitet wird. Der schulische Umgang mit den drei inklusiv zu beschulenden Kindern am Gymnasium wird die Ernsthaftigkeit des Bemühens des Gymnasiums um Inklusion belegen, oder auch nicht. Die Schule kann Mittel und Wege finden, den Kinder und ihren Eltern das Leben so schwer zu machen, dass diese „freiwillig“ die Segel streichen – oder sie tut alles in ihrer Macht stehende, um diese Kinder in der Schule und im Klassenverband zu halten.
Wir dürfen gespannt sein.
Wie formuliert es Raul Krauthausen, Mitbegründer von Sozialhelden e.V., einem Verein für Inklusion im Alltag:
Ich finde manchmal Diskussionen sehr schwierig, in denen es jetzt schon um Ausnahmen der Inklusion geht, bevor wir sie umgesetzt haben. Dabei stören mich besonders Sätze wie: „Nicht jedes Kind kann an einer Regelschule sein, weil es so stark behindert ist.“ Hier werden theoretische „Extremfälle“ erzeugt, der entscheidenden Frage eines gleichen Zugangs für alle wird ausgewichen.“
* Jürgen Oelkers, Ganztagsschule und Inklusion: Neue Aufgaben der Lehrerbildung, in: Neue Gesellschaft / Frankfurter Hefte, 10.2013, S.40-44.
Thema: Inklusion
16. Juli 13 | Autor: antoine favier | 4 Kommentare | Kommentieren
Nach den Erfahrungen der letzten Wochen ist es mal wieder an der Zeit, das Thema Inklusion grundsätzlich zu betrachten, denn hier in Frechen scheint es derzeit so zu sein, als müssten alle beteiligten Institutionen (Politik, Verwaltung, Schulen) zum Jagen getragen werden.
Wir haben in der letzten Schulausschusssitzung gehört, das Inklusion ein Menschenrecht ist und wir haben aus dem Munde eines Rektors einer der hiesigen Schulen gehört, dass Inklusion etwas anderes ist als Integration.
Konkrete Schritte aber, diesem Menschenrecht auf lokaler Ebene Geltung zu verschaffen, diese Schritte suchen wir vergeblich.
Hier wäre die Stadt als Schulträgerin in einer besonderen Verantwortung. Schaut man jedoch darauf, was die Stadt in den vergangenen Jahren unternommen hat, um dieses Menschenrecht umzusetzen, so muss man leider konstatieren, dass keine öffentlichen Maßnahmen erkennbar sind.
Inklusion und Diskriminierung
Beate Ludwig, Direktorin des Dt. Instituts für Menschenrechte beschreibt den Zusammenhang von Inklusion und Diskriminierung folgendermaßen:
Der Unterschied ist ein fundamentaler und besagt, dass alle Kinder im Regelschulsystem unterrichtet werden sollen, dazugehören und damit die Möglichkeit der uneingeschränkten Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft haben.
Dahinter steht der Grundgedanke, dass sich die Umweltbedingungen, die Strukturen, die Umstände verändern müssen, so dass jeder Mensch, ganz so wie er ist, selbstverständlich dazu gehört.
Integration dagegen besagt, dass die Strukturen sind wie sie sind und Menschen Hilfe bekommen, um von außen kommend in diese Strukturen wieder eingebunden werden. Integration reagiert also auf den Sachverhalt des Ausschließens.
Bezogen auf unser Schulsystem bedeutet dies, dass Kinder zuerst ausgegrenzt, separiert werden – man weist sie einer Förderschule zu, um sie hinterher wieder in das „Normalsystem“ zu integrieren.
Inklusion besagt dagegen, dass das Schulsystem sich so ändern muss, dass man kein Kind separiert – was auch den zeitlich nachgelagerten Weg der Wiedereingliederung überflüssig macht.
Das ist ein klarer Auftrag, der hierzu ergangen ist. Die Kinder haben einen Anspruch auf gemeinsamen Unterricht an einer ganz normalen Regelschule. Es handelt sich dabei nicht um einen Gnadenbeweis sonder um ein einklagbares Recht.
Die erzwungene Inklusion
Im letzten Schulausschuss wurde deutlich, dass die Stadtverwaltung hierauf nicht ausreichend reagiert hat. Zwischen 15 und 18 Kinder wollten von ihrem Recht auf den Besuch einer weiterführenden Regelschule Gebrauch machen. Die Hauptschule hat Erfahrung mit Integration, die Realschule hat sich dieses Wissen in den vergangenen Jahren versucht anzueignen, das Gymnasium hat nichts getan.
Die Kinder wurden mit „sanftem“ Druck der Schulaufsicht jedoch auf alle drei Schulen verteilt, da eine Schule allein mit dieser Anzahl Kinder überfordert gewesen wäre.
Das Gymnasium versicherte dabei mehrfach, dass diese Kinder doch an dieser Schule nichts verloren hätten. Es handle sich um Kinder, die bestenfalls einen Hauptschulabschluss anstreben würden.
Wir wissen nicht, was das Frechener Gymnasium unter Inklusion versteht, diese Form der öffentlichen Stigmatisierung von Kindern jedenfalls gehört aber auf keinen Fall dazu!
Damit nicht genug, auch erfolgten einfache Schuldzuweisungen in der Form, dass die Landesregierung doch Schuld daran trage, dass nun ein Gymnasium sich um Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf kümmern müsse. Die Landesregierung habe es bisher nicht geschafft, verbindlichen rechtlichen Grundlagen für die Inklusion zu schaffen.
Man muss an dieser Stelle festhalten, dass die UN-Behindertenrechts-konvention seit 2009 geltendes Recht in der BRD ist und damit auch in Frechen. Bei der Übersetzung in Landesrecht gibt es einen deutlichen zeitlichen Versatz, wobei das entsprechende Gesetz inzwischen in der Endabstimmung ist. Auch in Frechen hätte man sich auf die sich ändernde Situation einstellen können. Der hiesige Realschuldirektor erklärte dem Schulausschuss, dass er seine Schule seit 2010 auf diese Situation vorbereite, da die Folgen erkennbar gewesen seien – und die Stadtverwaltung war dazu nicht in der Lage?
Man muss nur nach Köln oder Bonn schauen, um zu sehen, dass diese Kommunen frühzeitig mit eigenen Planungen reagiert haben.
Frechen hat es mehrfach abgelehnt, sich planerisch und vorausschauend mit dem Thema Inklusion zu beschäftigen. Frechen hat nichts getan. Und daran ist sicherlich nicht nur die Landesregierung schuld. Die Effekte jedenfalls sind klar: durch dieses Nichtstun werden behinderte Kinder diskriminiert.
Wir haben in der letzten Schulausschusssitzung gehört, das Inklusion ein Menschenrecht ist und wir haben aus dem Munde eines Rektors einer der hiesigen Schulen gehört, dass Inklusion etwas anderes ist als Integration.
Konkrete Schritte aber, diesem Menschenrecht auf lokaler Ebene Geltung zu verschaffen, diese Schritte suchen wir vergeblich.
Hier wäre die Stadt als Schulträgerin in einer besonderen Verantwortung. Schaut man jedoch darauf, was die Stadt in den vergangenen Jahren unternommen hat, um dieses Menschenrecht umzusetzen, so muss man leider konstatieren, dass keine öffentlichen Maßnahmen erkennbar sind.
Inklusion und Diskriminierung
Beate Ludwig, Direktorin des Dt. Instituts für Menschenrechte beschreibt den Zusammenhang von Inklusion und Diskriminierung folgendermaßen:
Inklusion ist ein untrennbarer und zentraler Bestandteil des Diskriminierungsverbots. Das Diskriminierungsverbot wiederum wohnt jedem Menschenrecht inne. Denn die Menschenrechte verpflichten den Staat, sie gleichermaßen gegenüber allen Menschen zu achten, zu schützen und sie für alle zu gewährleisten. Inklusion ist also kein eigenständiges Recht, sondern ist Bestandteil jedes Menschenrechts.Man kann es aber auch umdrehen: wird Inklusion nicht umgesetzt, so wird diskriminiert:
Das Diskriminierungsverbot zielt auf die Herstellung von Gleichheit - alle Menschen sollen ihre Freiheit gleichermaßen ausüben können. Doch die Hindernisse für die gleiche Freiheitsausübung sind unterschiedlich; Menschen werden auf unterschiedliche Weise ausgegrenzt: Diskriminierung kann durch Recht erfolgen ebenso wie durch tatsächliche Umstände und Strukturen.Ein zentrales, inklusiv auszugestaltendes Recht ist das Recht auf Bildung. In Artikel 24 der UN-Behindertenrechtskonvention lautet dies:
Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen...Im englischen Original, welches rechtsverbindlich ist, steht geschrieben … inclusive education system ….
Der Unterschied ist ein fundamentaler und besagt, dass alle Kinder im Regelschulsystem unterrichtet werden sollen, dazugehören und damit die Möglichkeit der uneingeschränkten Teilhabe in allen Bereichen der Gesellschaft haben.
Dahinter steht der Grundgedanke, dass sich die Umweltbedingungen, die Strukturen, die Umstände verändern müssen, so dass jeder Mensch, ganz so wie er ist, selbstverständlich dazu gehört.
Integration dagegen besagt, dass die Strukturen sind wie sie sind und Menschen Hilfe bekommen, um von außen kommend in diese Strukturen wieder eingebunden werden. Integration reagiert also auf den Sachverhalt des Ausschließens.
Bezogen auf unser Schulsystem bedeutet dies, dass Kinder zuerst ausgegrenzt, separiert werden – man weist sie einer Förderschule zu, um sie hinterher wieder in das „Normalsystem“ zu integrieren.
Inklusion besagt dagegen, dass das Schulsystem sich so ändern muss, dass man kein Kind separiert – was auch den zeitlich nachgelagerten Weg der Wiedereingliederung überflüssig macht.
Das ist ein klarer Auftrag, der hierzu ergangen ist. Die Kinder haben einen Anspruch auf gemeinsamen Unterricht an einer ganz normalen Regelschule. Es handelt sich dabei nicht um einen Gnadenbeweis sonder um ein einklagbares Recht.
Die erzwungene Inklusion
Im letzten Schulausschuss wurde deutlich, dass die Stadtverwaltung hierauf nicht ausreichend reagiert hat. Zwischen 15 und 18 Kinder wollten von ihrem Recht auf den Besuch einer weiterführenden Regelschule Gebrauch machen. Die Hauptschule hat Erfahrung mit Integration, die Realschule hat sich dieses Wissen in den vergangenen Jahren versucht anzueignen, das Gymnasium hat nichts getan.
Die Kinder wurden mit „sanftem“ Druck der Schulaufsicht jedoch auf alle drei Schulen verteilt, da eine Schule allein mit dieser Anzahl Kinder überfordert gewesen wäre.
Das Gymnasium versicherte dabei mehrfach, dass diese Kinder doch an dieser Schule nichts verloren hätten. Es handle sich um Kinder, die bestenfalls einen Hauptschulabschluss anstreben würden.
Wir wissen nicht, was das Frechener Gymnasium unter Inklusion versteht, diese Form der öffentlichen Stigmatisierung von Kindern jedenfalls gehört aber auf keinen Fall dazu!
Damit nicht genug, auch erfolgten einfache Schuldzuweisungen in der Form, dass die Landesregierung doch Schuld daran trage, dass nun ein Gymnasium sich um Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf kümmern müsse. Die Landesregierung habe es bisher nicht geschafft, verbindlichen rechtlichen Grundlagen für die Inklusion zu schaffen.
Man muss an dieser Stelle festhalten, dass die UN-Behindertenrechts-konvention seit 2009 geltendes Recht in der BRD ist und damit auch in Frechen. Bei der Übersetzung in Landesrecht gibt es einen deutlichen zeitlichen Versatz, wobei das entsprechende Gesetz inzwischen in der Endabstimmung ist. Auch in Frechen hätte man sich auf die sich ändernde Situation einstellen können. Der hiesige Realschuldirektor erklärte dem Schulausschuss, dass er seine Schule seit 2010 auf diese Situation vorbereite, da die Folgen erkennbar gewesen seien – und die Stadtverwaltung war dazu nicht in der Lage?
Man muss nur nach Köln oder Bonn schauen, um zu sehen, dass diese Kommunen frühzeitig mit eigenen Planungen reagiert haben.
Frechen hat es mehrfach abgelehnt, sich planerisch und vorausschauend mit dem Thema Inklusion zu beschäftigen. Frechen hat nichts getan. Und daran ist sicherlich nicht nur die Landesregierung schuld. Die Effekte jedenfalls sind klar: durch dieses Nichtstun werden behinderte Kinder diskriminiert.
Thema: Inklusion
12. Juli 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Auch ein Blogger freut sich. Nicht über die eigenen Texte, sondern über eine gute Idee.
Wer die Linkliste je genauer betrachtet hat, wird auf REHAKIDS aufmerksam geworden sein. Bei REHAKIDS handelt es sich um ein Forum für Eltern behinderter Kinder.
Das Forum wurde vor 10 Jahren von Sabine und Thomas Mosch aus eigener Betroffenheit aus der Taufe gehoben.
Inzwischen hat das Forum 40.000 registrierte Mitglieder und monatlich rund 500.000 Seitenaufrufe. Aus der Not geboren, handelt es sich heute um das vermutlich größte soziale Netzwerk in Deutschland für Eltern behinderter Kinder.
Wesentliche Gründe für den Erfolg sind in der grundsätzlichen Offenheit für alle Formen der Behinderung zu suchen. REHAKIDS ist oft genug erste Anlaufstation für Eltern, die kurz nach der Geburt erfahren, dass ihr Kind behindert ist. Hier finden sie erste Informationen, hier treffen sie Betroffene und erleben, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleine sind.
Das Jubiläum und die eigene Verbundenheit mit dem Forum sind Grund genug, hier mal kurz darüber zu berichten.
Wer die Linkliste je genauer betrachtet hat, wird auf REHAKIDS aufmerksam geworden sein. Bei REHAKIDS handelt es sich um ein Forum für Eltern behinderter Kinder.
Das Forum wurde vor 10 Jahren von Sabine und Thomas Mosch aus eigener Betroffenheit aus der Taufe gehoben.
Inzwischen hat das Forum 40.000 registrierte Mitglieder und monatlich rund 500.000 Seitenaufrufe. Aus der Not geboren, handelt es sich heute um das vermutlich größte soziale Netzwerk in Deutschland für Eltern behinderter Kinder.
Wesentliche Gründe für den Erfolg sind in der grundsätzlichen Offenheit für alle Formen der Behinderung zu suchen. REHAKIDS ist oft genug erste Anlaufstation für Eltern, die kurz nach der Geburt erfahren, dass ihr Kind behindert ist. Hier finden sie erste Informationen, hier treffen sie Betroffene und erleben, dass sie mit ihrem Schicksal nicht alleine sind.
Das Jubiläum und die eigene Verbundenheit mit dem Forum sind Grund genug, hier mal kurz darüber zu berichten.
Thema: Inklusion
08. Juli 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Die Landesregierung hat einen Entwurf für die Mindestgröße von Förderschulen vorgelegt, durch die eine große Anzahl von Förderschulen in ihrem Bestand gefährdet sind. Sie sind einfach zu klein. Wie beispielsweise die Frechener Anne-Frank-Förderschule.
Darüber wurde an dieser Stelle bereits zweimal geschrieben.
Manchmal jedoch lohnt es sich, die Argumentationsmuster zu durchleuchten, die genutzt werden, um die eigene politische Position zu begründen. Insbesondere bei einem Thema wie der Inklusion, die vor noch nicht einmal drei Jahren für viele undenkbar gewesen ist und heute scheint niemand mehr seine Stimme dagegen erheben zu wollen. Vom Saulus zum Paulus, oder doch nur eine Modernisierung des argumentativen Waffenarsenals?
Die Gegner, so scheint es, operieren nun zumindest verbal auf einer anderen Grundlage.
Bis zum ersten Wahlsieg von Rot-Grün in NRW gab es eine zwingende Schulempfehlung und wurde bei einem Kind ein „Defizit“ festgestellt, so wurde dieses Kind – auch gegen den Willen von Eltern und Kind – einer Förderschule zugewiesen.
Dieses Verfahren, das jede Wahlfreiheit mit Füssen trat, war Grundlage für die in NRW blühende Förderschullandschaft. Jedes Wehwechen bekam, so hatte man den Eindruck, einen eigenen Förderschulzweig, die dank des Fehlens jeder Wahlfreiheit blühten und gedeihten, da ja der Schülernachschub qua Amt zugewiesen wurde. Dagegen haben weder die Konservativen noch die den Idealen der Freiheit verpflichteten Liberalen je protestiert.
Und dann kam die Inklusion vielleicht auch nur Frau Löhrmann und man registriert mit Staunen, wie sich eben die Konservativen und Liberale zu den Verteidiger des Förderschulwesens aufschwingen und nach passenden Argumenten suchen.
Das neue Schlagwort lautet: Wahlfreiheit. Wahlfreiheit meint die freie Wahl für die Eltern zwischen Förder- und Regelschulen, also etwas, was bis 2010 von der schwarz-gelben Koalition nicht einmal in Erwägung gezogen worden ist.
Man würde den neuen Freunden der Wahlfreiheit also gerne glauben, nur man kann es nicht, denn die fehlende Wahlfreiheit war und ist Grundlage des existierenden Förderschulsystems. Es ist kaum vorstellbar, dass fast 100.000 Kinder in Nordrhein-Westfalen freiwillig Förderschulen besuchten, wenn sie denn in den letzten 10 Jahren schon die Möglichkeit gehabt hätten, auf eine Regelschule zu gehen.
Heute reden sie also von Wahlfreiheit und wollen doch nur das deutsche Trennschulsystem behalten.
Wie der Landesrechnungshof erst vor kurzem festgestellt hat: ist ein Kind erst einmal im Förderschulsystem angekommen, dann kommt es da nie wieder raus. Aus diesem Teufelskreis entkommt man nur dadurch, dass die Profiteure des Systems, die Förderschulen, geschlossen werden.
Ebenso falsch klingt es vor diesem Hintergrund, wenn die Verteidiger der schulischen Segregation davon reden, dass Förderschulen in einer zumutbaren Entfernung vorhanden sein müssten.
Vielmehr ist es ja so, dass jedes Wehwechen seinen eigenen Förderschulzweig bekommen hat, mit der Folge, dass sich die Förderschulen spezialisiert haben. Weite Wege zur je spezialisierten Förderschule sind nun systemimmanent.
Die drohende Schließung der Förderschulen trifft denn auch vorzugsweise die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen, also die Restesammler im hochspezialisierten Förderschulssystem. (Bei der Tour de France spricht man vom Besenwagen, der die Abgehängten einsammelt und ins Ziel bringt. Für diese Fahrer endet die Tour im Besenwagen. Aussortiert.)
227 dieser Schulen sind zu klein, um selbständig exisitieren zu können. Der Verband der Lehrer NRW meint darin eine „doppelte Katastrophe“ zu erkennen, denn ein hervorragendes Förderschulsystem werde zugunsten einer Inklusion in den Regelschulen geopfert, für die kein Konzept bereitstehe. Andere sehen „die Zukunft eines flächendeckenden Angebots an Förderschulen aufs Spiel" gesetzt (CDU NRW) oder erklären, dass „mit den neuen Regelungen über die Schulgröße zwangsweise viele Förderschulen auf kaltem Weg geschlossen (werden)." (Verband Bildung und Erziehung).
Hier kullern nur Krokodilstränen, denn allen Beteiligten sollte klar geworden sein, dass sich kein Bundesland leisten kann, Ressourcen für förderbedürftige Kinder in zwei Schulsystemen zur Verfügung zu stellen, an der Regelschule und im Förderschulsystem. Da fehlen die finanziellen Mittel, da fehlen die Fachkräfte.
Wer Inklusion will, der muss sich hinter die Idee der Schließung von Förderschulen stellen. Die Regelschulen brauchen die dort arbeitenden Lehrer und Lehrerinnen, brauchen deren Knowhow und deren Bereitschaft, an der Schaffung eines inklusiven Schulssystems mitzuarbeiten. Noch mehr brauchen es die förderbedürftigen Kinder und deren Eltern, die ihre Kinder an einer Regelschule unterrichtet sehen wollen.
Dafür braucht es klare politische Vorgaben.
Die Ansage, dass eine Vielzahl von Förderschulen auslaufen wird, ist genau eine solche. Wer dagegen glaubt, er könne von Inklusion reden und gleichzeitig die Förderschulen am Leben erhalten, der lügt sich aber auch allen anderen in die Tasche.
Die Mehrzahl der Förderschulen hat keine Zukunft mehr.
Wir dürfen gespannt sein, wie der kommunale Schulträger das Problem lösen wird.
Darüber wurde an dieser Stelle bereits zweimal geschrieben.
Manchmal jedoch lohnt es sich, die Argumentationsmuster zu durchleuchten, die genutzt werden, um die eigene politische Position zu begründen. Insbesondere bei einem Thema wie der Inklusion, die vor noch nicht einmal drei Jahren für viele undenkbar gewesen ist und heute scheint niemand mehr seine Stimme dagegen erheben zu wollen. Vom Saulus zum Paulus, oder doch nur eine Modernisierung des argumentativen Waffenarsenals?
Die Gegner, so scheint es, operieren nun zumindest verbal auf einer anderen Grundlage.
Bis zum ersten Wahlsieg von Rot-Grün in NRW gab es eine zwingende Schulempfehlung und wurde bei einem Kind ein „Defizit“ festgestellt, so wurde dieses Kind – auch gegen den Willen von Eltern und Kind – einer Förderschule zugewiesen.
Dieses Verfahren, das jede Wahlfreiheit mit Füssen trat, war Grundlage für die in NRW blühende Förderschullandschaft. Jedes Wehwechen bekam, so hatte man den Eindruck, einen eigenen Förderschulzweig, die dank des Fehlens jeder Wahlfreiheit blühten und gedeihten, da ja der Schülernachschub qua Amt zugewiesen wurde. Dagegen haben weder die Konservativen noch die den Idealen der Freiheit verpflichteten Liberalen je protestiert.
Und dann kam die Inklusion vielleicht auch nur Frau Löhrmann und man registriert mit Staunen, wie sich eben die Konservativen und Liberale zu den Verteidiger des Förderschulwesens aufschwingen und nach passenden Argumenten suchen.
Das neue Schlagwort lautet: Wahlfreiheit. Wahlfreiheit meint die freie Wahl für die Eltern zwischen Förder- und Regelschulen, also etwas, was bis 2010 von der schwarz-gelben Koalition nicht einmal in Erwägung gezogen worden ist.
Man würde den neuen Freunden der Wahlfreiheit also gerne glauben, nur man kann es nicht, denn die fehlende Wahlfreiheit war und ist Grundlage des existierenden Förderschulsystems. Es ist kaum vorstellbar, dass fast 100.000 Kinder in Nordrhein-Westfalen freiwillig Förderschulen besuchten, wenn sie denn in den letzten 10 Jahren schon die Möglichkeit gehabt hätten, auf eine Regelschule zu gehen.
Heute reden sie also von Wahlfreiheit und wollen doch nur das deutsche Trennschulsystem behalten.
Wie der Landesrechnungshof erst vor kurzem festgestellt hat: ist ein Kind erst einmal im Förderschulsystem angekommen, dann kommt es da nie wieder raus. Aus diesem Teufelskreis entkommt man nur dadurch, dass die Profiteure des Systems, die Förderschulen, geschlossen werden.
Ebenso falsch klingt es vor diesem Hintergrund, wenn die Verteidiger der schulischen Segregation davon reden, dass Förderschulen in einer zumutbaren Entfernung vorhanden sein müssten.
Vielmehr ist es ja so, dass jedes Wehwechen seinen eigenen Förderschulzweig bekommen hat, mit der Folge, dass sich die Förderschulen spezialisiert haben. Weite Wege zur je spezialisierten Förderschule sind nun systemimmanent.
Die drohende Schließung der Förderschulen trifft denn auch vorzugsweise die Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen, also die Restesammler im hochspezialisierten Förderschulssystem. (Bei der Tour de France spricht man vom Besenwagen, der die Abgehängten einsammelt und ins Ziel bringt. Für diese Fahrer endet die Tour im Besenwagen. Aussortiert.)
227 dieser Schulen sind zu klein, um selbständig exisitieren zu können. Der Verband der Lehrer NRW meint darin eine „doppelte Katastrophe“ zu erkennen, denn ein hervorragendes Förderschulsystem werde zugunsten einer Inklusion in den Regelschulen geopfert, für die kein Konzept bereitstehe. Andere sehen „die Zukunft eines flächendeckenden Angebots an Förderschulen aufs Spiel" gesetzt (CDU NRW) oder erklären, dass „mit den neuen Regelungen über die Schulgröße zwangsweise viele Förderschulen auf kaltem Weg geschlossen (werden)." (Verband Bildung und Erziehung).
Hier kullern nur Krokodilstränen, denn allen Beteiligten sollte klar geworden sein, dass sich kein Bundesland leisten kann, Ressourcen für förderbedürftige Kinder in zwei Schulsystemen zur Verfügung zu stellen, an der Regelschule und im Förderschulsystem. Da fehlen die finanziellen Mittel, da fehlen die Fachkräfte.
Wer Inklusion will, der muss sich hinter die Idee der Schließung von Förderschulen stellen. Die Regelschulen brauchen die dort arbeitenden Lehrer und Lehrerinnen, brauchen deren Knowhow und deren Bereitschaft, an der Schaffung eines inklusiven Schulssystems mitzuarbeiten. Noch mehr brauchen es die förderbedürftigen Kinder und deren Eltern, die ihre Kinder an einer Regelschule unterrichtet sehen wollen.
Dafür braucht es klare politische Vorgaben.
Die Ansage, dass eine Vielzahl von Förderschulen auslaufen wird, ist genau eine solche. Wer dagegen glaubt, er könne von Inklusion reden und gleichzeitig die Förderschulen am Leben erhalten, der lügt sich aber auch allen anderen in die Tasche.
Die Mehrzahl der Förderschulen hat keine Zukunft mehr.
Wir dürfen gespannt sein, wie der kommunale Schulträger das Problem lösen wird.
Thema: Inklusion
17. Juni 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Zur kommenden Schulausschusssitzung hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gefragt, wieviele Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf an den Frechener weiterführenden Schulen angemeldet wurden. In Auszügen veröffentlichen wir hier die Antwort der Verwaltung.
Die Frechener Hauptschule ist zu klein, um diese Kinder alle aufzunehmen. Zudem, so die klare Ansage der Schulaufsicht, muss Inklusion an allen Schulen stattfinden. Im Umkehrschluss läßt sich also annehmen, dass es von Seiten der Schulaufsicht für notwendig erachtet wurde, die Frechener Schulen darauf hinzuweisen.
Man hat im ersten Anlauf wieder die Förderschulen ins Spiel gebracht und versucht dies dahingehend zu verstärken, dass ja Kinder mit einer Hauptschulempfehlung eigentlich auf einem Gymnasium nichts zu suchen hätten. Die Schulaufsicht erklärte klar und deutlich: Der Elternwunsch nach einer Regelschule steht im Vordergrund.
Der Hinweis des Gymnasiums, man sei völlig unvorbereitet wurde von der Schulaufsicht zur Kenntnis genommen, wie in der Vorlgae steht. Das ist Dipolmatensprache für: das interessiert die Schulaufsicht nicht. Man hätte sich an dieser Stelle gewünscht, die Begründung zu lesen …….
Zu guter Letzt kamen Stadtverwaltung und Hauptschule mit dem Vorschlag, mit einer Sondergenehmigung die wenigen Hauptschulkinder auf 3 Züge zu verteilen, um so mehr Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen zu können. Ein Vorschlag mit politischem Charme, denn mit dieser Sondergenehmigung in der Tasche hätte man mehrere Dinge gleichzeitig erreicht:
Eine nach hinten offene Laufzeitverlängerung der Hauptschule und zugleich eine Konzentration der Kinder mit sonderpädagogischem Bedarf an einer Schule, nämlich der Hauptschule.
Man hätte, durch die Hintertüre, aus der Hauptschule die neue Förderschule gemacht und zugleich erklärt, in Frechen sei die Inklusion schon auf dem besten Wege.
Die Schulverwaltung war wohl wenig amused: der Vorschlag wurde zurückgewiesen.
Die Verwaltungsvorlage endet dann mit der Beschreibung, wie im weiteren Prozess die Kinder den jeweiligen Schulen, also Hauptschule, Realschule und Gymnasium zugewiesen wurden.
Bereits Mitte März wurde der Rhein-Erft-Kreis über die Anmeldungen von 14 GU-SchülerInnen in der Hauptschule informiert; zum derzeitigen Anmeldestand für das Schuljahr 2013/2014 konnten nur 5 Kinder mit Förderbedarf an der Hautpschule verbleiben.Zu Zeiten der verpflichtenden Schulempfehlungen wurde die Mehrzahl dieser Kinder auf Förderschulen verwiesen. Mit der Behindertenrechtskonvention im Rücken ist dieser Umgang mit Kindern mit sonderpädagogischen Förderbedarf nicht mehr möglich.
Auf Wunsch der Schulaufsicht lud die Stadtverwaltung die Leiter der weiterführenden Schulen ein.
In dem Gesprächstermin am 25.04.13 informierte die Schulaufsicht dann über den Bedarf, nunmehr 21 Kinder im Übergang von der Grundschule zu versorgen. Sie stellte die klare Erwartung in den Raum, dass alle weiterführende Schulen Kinder aufnehmen, sie andernfalls anordnen werde, dass alle Schulen gleichermaßen aufnehmen.
Die Frechener Hauptschule ist zu klein, um diese Kinder alle aufzunehmen. Zudem, so die klare Ansage der Schulaufsicht, muss Inklusion an allen Schulen stattfinden. Im Umkehrschluss läßt sich also annehmen, dass es von Seiten der Schulaufsicht für notwendig erachtet wurde, die Frechener Schulen darauf hinzuweisen.
Aus dem Gespräch ist festzuhalten:Hinter diesen dürren Worten kann man eine sehr lebhafte Diskussion vermuten, bei der der Schulaufsicht mehrere Optionen vorgeschlagen wurden, um die Inklusion von der Realschule und vorzugsweise dem Gymnasium fern zu halten.
Aus Sicht des Schulträgers sind alle Optionen an den weiterführenden Schulen wie auch der Förderschulen denkbar, die räumlichen und sachlichen Voraussetzungen herstellbar.
Aus Sicht der Schulleitungen war die Alternative, Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Verbindung mit der Hauptschulempfehlung z.B. dem Gymnasium zuzuweisen, unglücklich. Aus Sicht der Schulaufsicht stand unverändert der Elternwunsch nach einer allgemeinbildenden Schule im Vordergrund, wozu auch das Gymnasium gehört.
Der Einwand des Gymnasiums, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Schulaufsicht nur den Bedarf für ein Gymnasium kreisweit formuliert hatte und das Gymnasium Frechen vor diesem Hintergrund keine Gelegenheit hatte und bekommen hat, sich auf GU vorzubereiten, wurde zur Kenntnis genommen.
Das Angebot der HSH sowie der Stadtverwaltung, seitens der Schulaufsicht über eine Ausnahme bzgl. der Senkung der Klassenrichtzahl zuzustimmen und für einen dritten Zug zusätzliches Lehrpersonal einzusetzen, wurde zurückgewiesen. Insofern stand abschließend die örtliche Abstimmung der Schulleitungen oder die Weisung der Schulaufsicht im Raum.
Man hat im ersten Anlauf wieder die Förderschulen ins Spiel gebracht und versucht dies dahingehend zu verstärken, dass ja Kinder mit einer Hauptschulempfehlung eigentlich auf einem Gymnasium nichts zu suchen hätten. Die Schulaufsicht erklärte klar und deutlich: Der Elternwunsch nach einer Regelschule steht im Vordergrund.
Der Hinweis des Gymnasiums, man sei völlig unvorbereitet wurde von der Schulaufsicht zur Kenntnis genommen, wie in der Vorlgae steht. Das ist Dipolmatensprache für: das interessiert die Schulaufsicht nicht. Man hätte sich an dieser Stelle gewünscht, die Begründung zu lesen …….
Zu guter Letzt kamen Stadtverwaltung und Hauptschule mit dem Vorschlag, mit einer Sondergenehmigung die wenigen Hauptschulkinder auf 3 Züge zu verteilen, um so mehr Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen zu können. Ein Vorschlag mit politischem Charme, denn mit dieser Sondergenehmigung in der Tasche hätte man mehrere Dinge gleichzeitig erreicht:
Eine nach hinten offene Laufzeitverlängerung der Hauptschule und zugleich eine Konzentration der Kinder mit sonderpädagogischem Bedarf an einer Schule, nämlich der Hauptschule.
Man hätte, durch die Hintertüre, aus der Hauptschule die neue Förderschule gemacht und zugleich erklärt, in Frechen sei die Inklusion schon auf dem besten Wege.
Die Schulverwaltung war wohl wenig amused: der Vorschlag wurde zurückgewiesen.
Die Verwaltungsvorlage endet dann mit der Beschreibung, wie im weiteren Prozess die Kinder den jeweiligen Schulen, also Hauptschule, Realschule und Gymnasium zugewiesen wurden.
Auf Vermittlung der Verwaltung fand dann am 16.05. ein Termin der weiterführenden Schulen einschl. Förderschule gemeinsam mit den abgebenden Grundschulen statt, um die unterschiedlichen Eigenschaften und Fähigkeiten der betroffenen Kinder auszutauschen, da lediglich die Schule, bei der die Anmeldung erfolgt, also die Hauptschule, diese Informationen vorliegen.Freude über die Inklusion sieht anders aus.
Darüber hinaus war es der Verwaltung wichtig, dass ein weiterer gemeinsamer Termin der unteren und oberen Schulaufsicht, der Frechener Schulleitungen der weiterführenden Schulen sowie der betroffenen Eltern terminiert wird, um die Eltern über die Zuweisung des Förderortes durch die Schulaufsicht entsprechend zu informieren. Dieser Termin fand am 24.05.2013 in der Hauptschule statt.
Thema: Inklusion
21. Mai 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Der Pionier der Euthanasieforschung ist tot. Er starb am 18.05.2013 in Frankfurt an einer schweren Krebserkrankung.
1983 veröffentlichte Ernst Klee das Standardwerk zum nationalsozialistischen Krankenmord: „Euthanasie im NS-Staat. Die Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Auch 30 Jahre nach dem ersten Erscheinen ist es, regelmäßig erweitert und ergänzt, das Standardwerk zu diesem Thema.
Noch 1964 schrieb die ZEIT über ein Büchlein* eine kurze Notiz die folgendermaßen eingeleitet wurde:
Was wir heute zu diesem Thema wissen, verdankt die deutsche Gesellschaft ihm, auch dadurch, dass er die nachfolgende akademische Forschung angeregt hat.
Und er hat, aller Wissenschaftlichkeit zum Trotz, niemals die Subjekte seines Interesses aus den Augen verloren: die behinderten Menschen und ihr Recht auf ihre Eigenarten, die in ihrer Andersartigkeit die Vielfalt menschlicher Entwicklungsmöglichkeiten repräsentieren.
Nie wieder, so kann man Ernst Klee verstehen, wollte er ein solches Zitat hören:
* (Hans Christoph von Hase (Hg.): Evangelische Dokumente zur Ermordung der „unheilbar Kranken“ unter der nationalsozialistischen Herrschaft in den Jahren 1939–1945.)
1983 veröffentlichte Ernst Klee das Standardwerk zum nationalsozialistischen Krankenmord: „Euthanasie im NS-Staat. Die Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Auch 30 Jahre nach dem ersten Erscheinen ist es, regelmäßig erweitert und ergänzt, das Standardwerk zu diesem Thema.
Noch 1964 schrieb die ZEIT über ein Büchlein* eine kurze Notiz die folgendermaßen eingeleitet wurde:
Es gibt noch keine auf eingehender Forschung beruhende geschichtliche Gesamtdarstellung der sogenannten Euthanasie. Bis diese Geschichte geschrieben werden kann, wird noch einige Zeit vergehen (…)Es bedurfte weiterer 20 Jahre und eines Ernst Klee, bis diese Lücke erstmalig gefüllt wurde.
Was wir heute zu diesem Thema wissen, verdankt die deutsche Gesellschaft ihm, auch dadurch, dass er die nachfolgende akademische Forschung angeregt hat.
Und er hat, aller Wissenschaftlichkeit zum Trotz, niemals die Subjekte seines Interesses aus den Augen verloren: die behinderten Menschen und ihr Recht auf ihre Eigenarten, die in ihrer Andersartigkeit die Vielfalt menschlicher Entwicklungsmöglichkeiten repräsentieren.
Nie wieder, so kann man Ernst Klee verstehen, wollte er ein solches Zitat hören:
Das Dilemma der Behindertenhilfe besteht hauptsächlich darin, daß eine bessere Behandlung und Betreuung der Behinderten die Lebenserwartung dieser Mitmenschen erhöht und so die Zahl der Behinderten ansteigen läßt.“So sprach der der Humangenetiker Ernst Wendt, Vorsitzende der „Stiftung für das behinderte Kind“ von 1974 bis 1979,
„treffender müßte es heißen: gegen das behinderte Kind„,der Begründer der modernen genetischen Beratung, der seine wissenschaftliche Karriere Medizinern verdankte, die alle tief in die Eutahnasiemorde verstrickt gewesen waren, die nach 1945 bruchlos ihre Karrieren fortsetzen und versehen mit allen akademischen und gesellschaftlichen Würden beenden konnten.
* (Hans Christoph von Hase (Hg.): Evangelische Dokumente zur Ermordung der „unheilbar Kranken“ unter der nationalsozialistischen Herrschaft in den Jahren 1939–1945.)
Thema: Inklusion
02. Mai 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Es ist schon spannend, dass gerade der Landesrechnungshof (LRH) durch kritisches Hinterfragen auf die negativsten Entwicklungen im Bereich des Förderschulwesens aufmerksam macht. Der Bericht, der vor wenigen Tagen erschienen ist, hat den sperrigen Titel: Unterrichtung des Landtags nach § 99 Landeshaushaltsordnung über die Prüfung des Schulbetriebs an öffentlichen Förderschulen, er enthält aber Aussagen, die in dieser Deutlichkeit selten offen ausgesprochen werden.
Der Bedarf an sonderpädagogischer Förderung wird durch ein behördliches Feststellungsverfahren festgelegt.
Formal steht es Eltern und Schulen offen, dieses Verfahren einleiten zu lassen. In Wirklichkeit aber wird das Verfahren in 95% durch die Schulen veranlasst,
Ein Befund bspw. lautet, dass trotz zurückgehender SchülerInnenzahlen die Anzahl der förderbedürftigen Kinder steigt. Waren es 2001/2002 noch 4,1% der Kinder so sind es 2011/2012 4,7% aller Schulkinder, die einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen. 1991 galten sogar nur 3,1% der nordrhein-westfälischen Kinder als förderungsbedürftig. In den letzten 10 Jahren hat sich die Anzahl der Kinder um immerhin 14.000 Kinder erhöht.
Laut Gesetz ist der festgestellte sonderpädagogische Förderbedarf, der Förderschwerpunkt und der Förderort jährlich zu überprüfen. Nur in den wenigsten Fällen resultierte daraus eine Rückschulung in die allgemeine Schule.
Eine allgemeine Schule erkennt einen gestiegenen Förderbedarf und beantragt die amtliche Feststellung desselben. Der Klassenlehrer schreibt den Bericht und er schreibt ihn so, dass er bzw. die Schule ein Problemkind los wird. Die Schulaufsicht, so schreibt der Landesrechnungshof, akzeptiert in 94% aller Fälle den Förderbedarf und den Förderort an und schwupps ist das Kind im Förderschulssystem. Und wie das so ist: einmal drin, immer drin, denn die Rückkehr in eine allgemeine Schule wird nicht „als realistisches Ziel gesehen“.
Nun ist das Kind im System und dann kann man mittels jährlicher Überprüfungen den sonderpädagogischen Förderbedarf so justieren, dass die je eigene Förderschule ein als optimal erkanntes Lehrkraft-Kind-Verhältnis erhält.
So ist es denn nur noch eine Marginalie, dass die Verordnung zur Mindestgröße der Förderschulen schon zum Zeitpunkt ihres Erlasses in sich nicht stimmig war. Eigentlich müsste die Fördergröße laut LRH bei 162 Schülerinnen und Schülern liegen. Die Verordnung erklärte jeodch, dass die Mindestgröße bei nur 144 Schülerinnen und Schülern liege. Zusätzlich verfügt heutzutage jede 10. Förderschule über eine Sondergenehmigung, mit der sie diese Zahl um 50% unterschreiten darf.
Und dieses System soll mit Verweis auf das Kindswohl vor weiteren Veränderungen geschützt werden?
Der Bedarf an sonderpädagogischer Förderung wird durch ein behördliches Feststellungsverfahren festgelegt.
Formal steht es Eltern und Schulen offen, dieses Verfahren einleiten zu lassen. In Wirklichkeit aber wird das Verfahren in 95% durch die Schulen veranlasst,
“mit oft wiederkehrenden Begründungen - von der allgemeinen Schule gestellt und nur selten abgelehnt (5 v.H.). In den meisten abgeschlossenen Fällen hatte die Schulaufsicht den beantragten sonderpädagogischen Förderbedarf festgestellt (94 v. H.) und auch den beantragten Förderschwerpunkt bestätigt (97 v. H.). (S. 10)Es ist sicherlich so, dass qualifizierte Lehrkräfte eher erkennen, ob ein Schüler / eine Schülerin Defizite hat, die über das zu erwartende Maß hinausgehen, aber man kann natürlich auch die Frage stellen, ob die allgemeine Schule sich auf diesem Wege der schwierigeren Schülerinnen und Schüler entledigt.
“ Als problematisch erwies sich die Funktion des (Klassen-)Lehrers der allgemeinen Schule, der in der Regel sowohl maßgeblich an der Antragstellung zur Einleitung des AO-SF-Verfahrens beteiligt war als auch an der späteren Begutachtung, in der diese Lehrkraft zur Begründung oft zitiert wurde. (S. 11)Man darf bei diesem Befund nicht stehen bleiben, denn erst vor dem Hintergrund weiterer Erkenntnisse ist das System erkennbar.
Ein Befund bspw. lautet, dass trotz zurückgehender SchülerInnenzahlen die Anzahl der förderbedürftigen Kinder steigt. Waren es 2001/2002 noch 4,1% der Kinder so sind es 2011/2012 4,7% aller Schulkinder, die einer sonderpädagogischen Förderung bedürfen. 1991 galten sogar nur 3,1% der nordrhein-westfälischen Kinder als förderungsbedürftig. In den letzten 10 Jahren hat sich die Anzahl der Kinder um immerhin 14.000 Kinder erhöht.
Laut Gesetz ist der festgestellte sonderpädagogische Förderbedarf, der Förderschwerpunkt und der Förderort jährlich zu überprüfen. Nur in den wenigsten Fällen resultierte daraus eine Rückschulung in die allgemeine Schule.
„Weitaus häufiger führte sie zu einem Wechsel vom Förderschwerpunkt Lernen zum Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung bzw. zu einer Zuordnung zur Gruppe der Schwerstbehinderten. Die Begründungen für diese von den Förderschulen beantragten Änderungen waren häufig objektiv nicht nachvollziehbar. Gleichwohl wurde den Anträgen regelmäßig entsprochen.“ (S. 5)Das Schöner für die Förderschulen: einerseits beschreibt dieser Vorgang eine Abwärtsspirale für das betroffene Kind, das aber andererseits die personelle Ausstattung der Förderschule verbessert, denn der Förderschwerpunkt Emotionale und Soziale Entwicklung bedeutet, dass sich eine Lehrkraft um weniger Kinder zu kümmern hat, als im Schwerpunkt Lernen. Und im Schwerpunkt Schwerstbehinderte sind es nochmal weniger Kinder. Hier kümmert sich eine Lehrkraft dann nur noch um 4,17 Kinder.
„Die vom LRH stichprobenhaft eingesehenen Begründungen für die beantragten Förderschwerpunktwechsel bzw. Zuordnungen zur Gruppe der Schwerstbehinderten waren häufig objektiv nicht nachvollziehbar oder wiesen deutliche inhaltliche Schwächen auf. Gleichwohl hatten die Schulaufsichtsbehörden auch solchen Anträgen regelmäßig entsprochen.“ (S. 12)Alleine dies zu lesen ist ein Armutszeugnis für unser System, erschreckend aber wird es, wenn man die Reaktion des Ministeriums zu Kenntnis nimmt, die da lautet:
„eine Rückführung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die allgemeine Schule (könne) meist nicht als realistisches Ziel gesehen werden. (S. 23)Und nun gewinnt das Modell ja an Kontur:
Eine allgemeine Schule erkennt einen gestiegenen Förderbedarf und beantragt die amtliche Feststellung desselben. Der Klassenlehrer schreibt den Bericht und er schreibt ihn so, dass er bzw. die Schule ein Problemkind los wird. Die Schulaufsicht, so schreibt der Landesrechnungshof, akzeptiert in 94% aller Fälle den Förderbedarf und den Förderort an und schwupps ist das Kind im Förderschulssystem. Und wie das so ist: einmal drin, immer drin, denn die Rückkehr in eine allgemeine Schule wird nicht „als realistisches Ziel gesehen“.
Nun ist das Kind im System und dann kann man mittels jährlicher Überprüfungen den sonderpädagogischen Förderbedarf so justieren, dass die je eigene Förderschule ein als optimal erkanntes Lehrkraft-Kind-Verhältnis erhält.
So ist es denn nur noch eine Marginalie, dass die Verordnung zur Mindestgröße der Förderschulen schon zum Zeitpunkt ihres Erlasses in sich nicht stimmig war. Eigentlich müsste die Fördergröße laut LRH bei 162 Schülerinnen und Schülern liegen. Die Verordnung erklärte jeodch, dass die Mindestgröße bei nur 144 Schülerinnen und Schülern liege. Zusätzlich verfügt heutzutage jede 10. Förderschule über eine Sondergenehmigung, mit der sie diese Zahl um 50% unterschreiten darf.
Und dieses System soll mit Verweis auf das Kindswohl vor weiteren Veränderungen geschützt werden?
Thema: Inklusion
18. März 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
In der kommenden Schulausschussitzung wird die Verwaltung einen Sachstandsbericht „Inklusion“ veröffentlichen. Darin steht, wenn man ehrlich ist, NICHTS!
Na ja, fast nichts, ausser, dass das bestätigt wird, was hier bereits früher thematisiert wurde, dass nämlich die kommunale Frechener Förderschule vor dem Aus steht:
Und darin können wir folgende zentralen Aussagen finden:
Wer aber wissen will, was in Frechen unternommen wurde, um den Postulaten der Behindertenrechtskonvention auch nur ansatzweise näher zu kommen, der liest diesen Bericht umsonst. Man fühlt sich wie in der Wüste Gobi. Da ist das große NICHTS. Vermutlich, weil im Bereich der Inklusion wirklich nichts Berichtenswertes geschehen ist. Was wiederum ermöglicht, den Stellenwert zu bestimmen, den das Thema Inklusion hier genießt.
Zwar war die Stadt 2010 und 2012 datzu aufgefordert worden, einen Inklusionsplan zu erstellen, doch beide Male verwies die Stadt auf die ungeklärte Rechtslage im Lande, weswegen eine kleine Kommune wie Frechen von sich aus natürlich nichts tun kann.
Man muss die Stadt mal wieder daran erinnern, dass die Behindertenrechtskonvention jeder Verwaltungsebene, also auch einer kleinen Kommune wie Frechen den Auftrag zur Umsetzung der Postulate der Inklusion ins Auftragsbuch geschrieben hat. Das Weiterreichen der Verantwortung an die nächst höhere Ebene kann nicht als vernünftiges Verwaltungshandeln verstanden werden sondern einzig als der Versuch, sich des Themas Inklusion durch Aussitzen zu entziehen.
Im Bürgerantrag aus dem Jahr 2012 findet sich diese Formulierung:
Na ja, fast nichts, ausser, dass das bestätigt wird, was hier bereits früher thematisiert wurde, dass nämlich die kommunale Frechener Förderschule vor dem Aus steht:
Die beabsichtigte Änderung der Mindestgröße von Schulen führt dazu, dass künftig keine kommunale Förderschule mehr betrieben werden kann und auch die interkommunale Kooperation fraglich ist.Zeiitgleich aber hat die Bertelsmannstiftung heute eine weitere Studie zum Thema Inklusion veröffentlicht: Inklusion in Deutschland – eine bildungsstatistische Analyse
Und darin können wir folgende zentralen Aussagen finden:
Solange das Doppelsystem aus Regel- und Förderschulen in der heutigen Form besteht, ist erfolgreiche Inklusion schwierig, weil die Förderschulen jene Ressourcen binden, die dringend für den gemeinsamen Unterricht benötigt werdenMit anderen Worten: das Ende der Förderschulen ist unabdingbar, um die Inklusion in den Regelschulen voran zu treiben. Das ist insbesondere in NRW notwendig, da die Inklusion hierzulande nur sehr zögerlich vorankommt. Die Studie belegt auch, dass die Inklusion von Bildungsstufe zu Bildungsstufe abnimmt:
In der Kindertagesbetreuung (Kindertageseinrichtungen zuzüglich öffentlich geförderter Kindertagespflege) liegt der Inklusionsanteil bei 67,1 Prozent (NRW: 71,0 Prozent), in den Grundschulen bei 39,2 Prozent (NRW: 36,2 Prozent) und in den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I bei nur noch 21,9 Prozent (NRW: 14,5 Prozent). Das bedeutet: Ein Teil der Kinder, die im Elementarbereich gemeinsam mit Kindern ohne sonderpädagogischen Förderbedarf betreut werden, erfährt beim Eintritt in die Schule, nicht zur großen Mehrheit aller Kinder zu gehören. Beim Übergang in die weiterführenden Schulen wird wiederum einem beachtlichen Teil deutlich gemacht, nicht länger zur großen Gruppe der übrigen Schülerinnen und Schuler zu gehören.Wenn man nun den Blick vom großen Ganzen auf das kleine Frechen wendet, so ist festzustellen, dass das Thema Inklusion weiträumig umschifft wird. Der Sachstandsbericht ist ein dafür bezeichnendes Dokument, denn die Verwaltung referiert den Stand des Gesetzgebungsverfahrens und den Konflikt zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden.
Wer aber wissen will, was in Frechen unternommen wurde, um den Postulaten der Behindertenrechtskonvention auch nur ansatzweise näher zu kommen, der liest diesen Bericht umsonst. Man fühlt sich wie in der Wüste Gobi. Da ist das große NICHTS. Vermutlich, weil im Bereich der Inklusion wirklich nichts Berichtenswertes geschehen ist. Was wiederum ermöglicht, den Stellenwert zu bestimmen, den das Thema Inklusion hier genießt.
Zwar war die Stadt 2010 und 2012 datzu aufgefordert worden, einen Inklusionsplan zu erstellen, doch beide Male verwies die Stadt auf die ungeklärte Rechtslage im Lande, weswegen eine kleine Kommune wie Frechen von sich aus natürlich nichts tun kann.
Man muss die Stadt mal wieder daran erinnern, dass die Behindertenrechtskonvention jeder Verwaltungsebene, also auch einer kleinen Kommune wie Frechen den Auftrag zur Umsetzung der Postulate der Inklusion ins Auftragsbuch geschrieben hat. Das Weiterreichen der Verantwortung an die nächst höhere Ebene kann nicht als vernünftiges Verwaltungshandeln verstanden werden sondern einzig als der Versuch, sich des Themas Inklusion durch Aussitzen zu entziehen.
Im Bürgerantrag aus dem Jahr 2012 findet sich diese Formulierung:
„Die Stadt trägt die Verantwortung für alle ihre Bürgerinnen und Bürger. Behinderte und förderbedürftige Kinder zählen zu den schwächsten Mitgleidernd der Stadtgesellschaft. Ihnen gegenüber hat die Stasdt eine besondere Verantwortung.“Der hier abgelieferte Sachstandsbericht belegt diese besondere Verantwortung der Stadt für die Schwächsten der Stadtgesellschaft nicht. Er ist ein Armutszeugnis.
Thema: Inklusion
03. Januar 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Zu Weihnachten hat das Thema Inklusion erstmalig höhere Wellen geschlagen. Ursächlich war die Erkenntnis, dass die Landesregierung eine Sonderregelung in einem Erlass zu den Schulgrößen von Förderschulen streichen will, wodurch eine Vielzahl von Förderschulen in ihrem Bestand gefährdet ist, da sie einfach zu klein sind.
Das grundsätzliche Problem der Debatte sind die erkennbar schrägen Frontstellungen, was einerseits einer Schulministerin, die den inneren Zusammenhang ihrer Maßnahmen nicht begründet und andererseits in der fehlenden Öffentlichkeit für das Thema Inklusion begründet sein mag.
Beginnen wir oben: Bund und Länder haben sich mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention zur Inklusion verpflichtet, wobei Inklusion ein sehr weit gefasster Begriff ist und die allumfassende gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe sowohl Behinderter, als auch (chronisch) Kranker und sozial Ausgegrenzter meint.
Das Recht auf Teilhabe wurde in der Konvention dahingehend erweitert, dass Staat und Gesellschaft sich verpflichtet haben, alles zu ermöglichen, um den Schwächsten der Gesellschaft diese Teilhabe zu ermöglichen.
Dies ist eine Pflicht für Staat, Länder und Kommunen.
In Bezug auf das Thema Schulen sagt die Konvention ganz einfach, dass alle behinderten Kinder im Regelschulsystem zu unterrichten sind. Sollen hiervon Ausnahmen gemacht werden, so sind diese im Grunde einzeln zu begründen.
Sonderschulmodelle für behinderte Kinder werden als das beschreiben, was sie sind: diskriminierend, da sie eben das Gegenteil einer umfassenden gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe verkörpern. Durch das Sonderschulsystem, beschönigend Förderschulsystem genannt, werden behinderten Kinder frühzeitig ausgegliedert und ausgegrenzt. Das ist diskriminierend.
Die Landesregierung verhandelt aktuell eine Schulrechtsreform die den Anforderungen der Konvention gerecht werden soll, wobei der aktuelle Entwurf nicht den Endruck einer ernsthaften Umsetzung der Konvention erweckt. Aber, noch wird ja verhandelt. Bestandteil dieses Reformprozesses ist die Richtlinie zur Größe von Förderschulen, die nicht unverbunden im Raum steht, sondern, so ist zu vermuten, ein wichtiges Ziel verfolgt: Vorhandene Förderschulen müssen geschlossen werden um die knappen Fachkräfte (SonderpädagogInnen, TherapeutInnen etc.), die in den Förderschulen arbeiten, den Regelschulen zur Verfügung stellen zu können. Denn je mehr behinderte Kinder im Regelschulsystem unterrichtet werden, desto dringlicher stellt sich die Frage, wie diese Kinder in Regelschulen vernünftig beschult werden sollen, wenn das Fachpersonal nicht zur Verfügung steht.
Die Schließung von Förderschulen ist so einerseits ein Ausfluss der Behindertenrechtskonvention und andererseits zwingend für eine erfolgreichen Umsetzung der Inklusion.
Nachdem nun behinderte Kinder nicht mehr ins Förderschulsystem gezwungen werden sollen, ist in allen Kommunen beobachtbar, dass die Anzahl der Kinder in den Förderschulen rückläufig ist. Die Schließung von Förderschulen wird also kommen. Die Richtlinie wird diesen Prozess beschleunigen, ja muss ihn beschleunigen, da heute schon Fachkräfte in Grundschulen fehlen, die sich adäquat um die dort eingeschulten Kinder mit Förderbedarf kümmern können.
An dieser Stelle erhofft man sich dann doch ein Gesetz, das die Konvention umsetzt, eine angemessene Unterrichtung der Öffentlichkeit und einen Landesinklusionsplan, mit dessen Hilfe für Inklusion geworben aber auch Inklusion vor Ort konkret umgesetzt wird.
Aber nun kommt der zweite Teil: Inklusion ist in der Öffentlichkeit bisher noch nicht angekommen, schlimmer noch, nicht verstanden.
So schreibt ein Redakteur des KStA in einem Kommentar:
Ergänzend schreibt der Redakteur, die Umsetzung im schulischen Bereich müsse schrittweise erfolgen, „Behutsam, damit die Gesellschaft folgen kann.“
Damit bewegen wir uns in eine argumentative Richtung, die die Umsetzung eines Menschenrechts vom „Good Will“ der Mehrheitsgesellschaft abhängig macht. Das jedoch widerspricht allen Grundsätzen.
Menschenrechte sind nicht verhandelbar.
Aber eben darum scheint es momentan zu gehen. Die Mehrheitsgesellschaft hat sich in seinem Trennschulverfahren gemütlich eingerichtet. Die beiden Leserbriefe, die am 27.12.2012 im KStA zu diesem Thema veröffentlich wurden, sprechen eine deutliche Sprache, wie die Mehrheitsgesellschaft zu diesem Thema denkt. Man genieße das Gönnerhafte folgender Aussagen:
Inklusion ist ein als „ungerecht dargestelltes Phänomen“ – soll heißen, eigentlich existiert das dahinterliegende Problem gar nicht und zudem wird es nur als ungerecht dargestellt. Und dann wird noch „ohne Rücksicht auf Verluste“ an unserem Schulsystem herumgedoktert, mit anderen Worten: Inklusion wird Verluste hervorrufen, wird eine Verschlechterung des Schulsystems herbeiführen.
Eltern, für die das Lernergebnis zählt, werden bereits durch die Vorstellung eines gemeinsamen Unterrichts irritiert – mit anderen Worten: Inklusion und Lernen sind nicht gemeinsam vorstellbar, insbesondere dann nicht, wenn „ohne Rücksicht auf die Art und Schwere der Behinderung aufgrund staatlicher Vorgaben in bestehende Schulen integriert werden sollen“.
Geradezu überheblich dann aber die Feststellung, wo man Behinderte denn doch mal mitmachen lassen könnte: „Die Mitwirkung von Behinderten in Chören kann zu wunderbaren Ergebnissen führen …“. Ja da freuen sich die Behinderten aber, wenn der Normalo sich dazu herablässt und mit ihnen im Chor singt. Das verstehen Behinderte auch wirklich als Vollendung der gesellschaftlichen Integration!
Und zu guter Letzt ein Argument, das nicht fehlen darf: Inklusionsbefürworter „ideologisieren“ die Debatte – damit werden die Inklusionsbefürworter des Feldes verwiesen, denn mit Ideologen ist nicht zu diskutieren.
Ein Highlight für Genießer aus der Kölnischen Rundschau (Nachtrag vom 18.01.2013)
Erftstadts Schuldezernent Volker Erner hält ein flammendes Plädoyer: „Ich werde alles für den Erhalt der Schule tun.“ Er spricht von der Don-Bosco-Schule in Friesheim. Nach einem ersten Referentenentwurf des NRW-Schulministeriums wäre die Zukunft der Förderschule gefährdet. (...) 144 ist die Zahl, die für Aufregung sorgt. Hat eine Förderschule weniger Schüler, soll sie geschlossen werden. So sah es der Entwurf des Landesministeriums vor. Ein Sturm der Entrüstung folgte. Der Entwurf wurde vorerst zurückgezogen. Grund für die Zahl ist die sogenannte Inklusion. Behinderte Kinder sollen unter anderem in Regelschulen integriert werden.
"... sogenannte Inklusion..."
"Behinderte Kinder sollen unter anderem in Regelschulen integriert werden."
Ist es nicht toll! Nichts kapiert, aber Artikel schreiben dürfen!
Nein, es geht nicht um "unter anderem" und es geht nicht um die "sogenannte" Inklusion und es geht erst recht nicht um "Integration". Integration heißt, dass sich behinderte Kinder in die bestehenden Strukturen zu integrieren haben. Sollen sie sich also mal gefälligst anstrengen - die behinderten Kinder.
Inklusion heißt, dass die Strukturen so verändert werden müssen, dass behinderte Kinder gleich zu gleich im Regelschulsystem unterrichtet werden können.
Man nennt das einen Paradigmenwechsel!
Das grundsätzliche Problem der Debatte sind die erkennbar schrägen Frontstellungen, was einerseits einer Schulministerin, die den inneren Zusammenhang ihrer Maßnahmen nicht begründet und andererseits in der fehlenden Öffentlichkeit für das Thema Inklusion begründet sein mag.
Beginnen wir oben: Bund und Länder haben sich mit der Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention zur Inklusion verpflichtet, wobei Inklusion ein sehr weit gefasster Begriff ist und die allumfassende gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe sowohl Behinderter, als auch (chronisch) Kranker und sozial Ausgegrenzter meint.
Das Recht auf Teilhabe wurde in der Konvention dahingehend erweitert, dass Staat und Gesellschaft sich verpflichtet haben, alles zu ermöglichen, um den Schwächsten der Gesellschaft diese Teilhabe zu ermöglichen.
Dies ist eine Pflicht für Staat, Länder und Kommunen.
In Bezug auf das Thema Schulen sagt die Konvention ganz einfach, dass alle behinderten Kinder im Regelschulsystem zu unterrichten sind. Sollen hiervon Ausnahmen gemacht werden, so sind diese im Grunde einzeln zu begründen.
Sonderschulmodelle für behinderte Kinder werden als das beschreiben, was sie sind: diskriminierend, da sie eben das Gegenteil einer umfassenden gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe verkörpern. Durch das Sonderschulsystem, beschönigend Förderschulsystem genannt, werden behinderten Kinder frühzeitig ausgegliedert und ausgegrenzt. Das ist diskriminierend.
Die Landesregierung verhandelt aktuell eine Schulrechtsreform die den Anforderungen der Konvention gerecht werden soll, wobei der aktuelle Entwurf nicht den Endruck einer ernsthaften Umsetzung der Konvention erweckt. Aber, noch wird ja verhandelt. Bestandteil dieses Reformprozesses ist die Richtlinie zur Größe von Förderschulen, die nicht unverbunden im Raum steht, sondern, so ist zu vermuten, ein wichtiges Ziel verfolgt: Vorhandene Förderschulen müssen geschlossen werden um die knappen Fachkräfte (SonderpädagogInnen, TherapeutInnen etc.), die in den Förderschulen arbeiten, den Regelschulen zur Verfügung stellen zu können. Denn je mehr behinderte Kinder im Regelschulsystem unterrichtet werden, desto dringlicher stellt sich die Frage, wie diese Kinder in Regelschulen vernünftig beschult werden sollen, wenn das Fachpersonal nicht zur Verfügung steht.
Die Schließung von Förderschulen ist so einerseits ein Ausfluss der Behindertenrechtskonvention und andererseits zwingend für eine erfolgreichen Umsetzung der Inklusion.
Nachdem nun behinderte Kinder nicht mehr ins Förderschulsystem gezwungen werden sollen, ist in allen Kommunen beobachtbar, dass die Anzahl der Kinder in den Förderschulen rückläufig ist. Die Schließung von Förderschulen wird also kommen. Die Richtlinie wird diesen Prozess beschleunigen, ja muss ihn beschleunigen, da heute schon Fachkräfte in Grundschulen fehlen, die sich adäquat um die dort eingeschulten Kinder mit Förderbedarf kümmern können.
An dieser Stelle erhofft man sich dann doch ein Gesetz, das die Konvention umsetzt, eine angemessene Unterrichtung der Öffentlichkeit und einen Landesinklusionsplan, mit dessen Hilfe für Inklusion geworben aber auch Inklusion vor Ort konkret umgesetzt wird.
Aber nun kommt der zweite Teil: Inklusion ist in der Öffentlichkeit bisher noch nicht angekommen, schlimmer noch, nicht verstanden.
So schreibt ein Redakteur des KStA in einem Kommentar:
„Das Problem am Schulrechtsänderungsgesetz ist, dass ein moralischer Grundsatz in verbindliches Recht umgewandelt wird, der Grundsatz aber von der Gesellschaft so noch nicht akzeptiert ist.“Was ja nun komplett falsch ist, da es sich eben nicht um einen moralischen Grundsatz handelt, sondern um die rechtlich zwingende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention.
Ergänzend schreibt der Redakteur, die Umsetzung im schulischen Bereich müsse schrittweise erfolgen, „Behutsam, damit die Gesellschaft folgen kann.“
Damit bewegen wir uns in eine argumentative Richtung, die die Umsetzung eines Menschenrechts vom „Good Will“ der Mehrheitsgesellschaft abhängig macht. Das jedoch widerspricht allen Grundsätzen.
Menschenrechte sind nicht verhandelbar.
Aber eben darum scheint es momentan zu gehen. Die Mehrheitsgesellschaft hat sich in seinem Trennschulverfahren gemütlich eingerichtet. Die beiden Leserbriefe, die am 27.12.2012 im KStA zu diesem Thema veröffentlich wurden, sprechen eine deutliche Sprache, wie die Mehrheitsgesellschaft zu diesem Thema denkt. Man genieße das Gönnerhafte folgender Aussagen:
„Inklusion ist ein weiterer Eingriff von oben in unser Schulsystem, der ohne Rücksicht auf Verluste wieder nur ein einziges als ungerecht dargestelltes Phänomen beheben soll.“
„Eltern, für die das Lernergebnis ihrer Kinder im Vordergrund steht, werden durch die Vorstellung, dass Kinder mit Förderbedarf ohne Rücksicht auf die Art und Schwere der Behinderung aufgrund staatlicher Vorgaben in bestehende Schulen integriert werden sollen, irritiert.“
„Die Mitwirkung von Behinderten in Chören kann zu wunderbaren Ergebnissen führen, in einer Fußballmannschaft kann sich das nur schlecht vorstellen.“
„Schon die erste Antwort belegt die häufig von strengen Inklusionsbefürwortern betriebene Ideologisierung der Debatte mit den „bösen“ Förderschulen auf der einen und den „guten“ Regelsystemen auf der anderen Seite.“Hier findet sich das ganze Argumentarium, um ein diskriminierendes System am Leben zu erhalten:
Inklusion ist ein als „ungerecht dargestelltes Phänomen“ – soll heißen, eigentlich existiert das dahinterliegende Problem gar nicht und zudem wird es nur als ungerecht dargestellt. Und dann wird noch „ohne Rücksicht auf Verluste“ an unserem Schulsystem herumgedoktert, mit anderen Worten: Inklusion wird Verluste hervorrufen, wird eine Verschlechterung des Schulsystems herbeiführen.
Eltern, für die das Lernergebnis zählt, werden bereits durch die Vorstellung eines gemeinsamen Unterrichts irritiert – mit anderen Worten: Inklusion und Lernen sind nicht gemeinsam vorstellbar, insbesondere dann nicht, wenn „ohne Rücksicht auf die Art und Schwere der Behinderung aufgrund staatlicher Vorgaben in bestehende Schulen integriert werden sollen“.
Geradezu überheblich dann aber die Feststellung, wo man Behinderte denn doch mal mitmachen lassen könnte: „Die Mitwirkung von Behinderten in Chören kann zu wunderbaren Ergebnissen führen …“. Ja da freuen sich die Behinderten aber, wenn der Normalo sich dazu herablässt und mit ihnen im Chor singt. Das verstehen Behinderte auch wirklich als Vollendung der gesellschaftlichen Integration!
Und zu guter Letzt ein Argument, das nicht fehlen darf: Inklusionsbefürworter „ideologisieren“ die Debatte – damit werden die Inklusionsbefürworter des Feldes verwiesen, denn mit Ideologen ist nicht zu diskutieren.
Ein Highlight für Genießer aus der Kölnischen Rundschau (Nachtrag vom 18.01.2013)
Erftstadts Schuldezernent Volker Erner hält ein flammendes Plädoyer: „Ich werde alles für den Erhalt der Schule tun.“ Er spricht von der Don-Bosco-Schule in Friesheim. Nach einem ersten Referentenentwurf des NRW-Schulministeriums wäre die Zukunft der Förderschule gefährdet. (...) 144 ist die Zahl, die für Aufregung sorgt. Hat eine Förderschule weniger Schüler, soll sie geschlossen werden. So sah es der Entwurf des Landesministeriums vor. Ein Sturm der Entrüstung folgte. Der Entwurf wurde vorerst zurückgezogen. Grund für die Zahl ist die sogenannte Inklusion. Behinderte Kinder sollen unter anderem in Regelschulen integriert werden.
"... sogenannte Inklusion..."
"Behinderte Kinder sollen unter anderem in Regelschulen integriert werden."
Ist es nicht toll! Nichts kapiert, aber Artikel schreiben dürfen!
Nein, es geht nicht um "unter anderem" und es geht nicht um die "sogenannte" Inklusion und es geht erst recht nicht um "Integration". Integration heißt, dass sich behinderte Kinder in die bestehenden Strukturen zu integrieren haben. Sollen sie sich also mal gefälligst anstrengen - die behinderten Kinder.
Inklusion heißt, dass die Strukturen so verändert werden müssen, dass behinderte Kinder gleich zu gleich im Regelschulsystem unterrichtet werden können.
Man nennt das einen Paradigmenwechsel!