Montag, 27. Oktober 2014
Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Auch in Frechen. Hier im Blog wurde ja schon häufiger angemerkt, dass die lokale SPD ein eindeutiges und klares Bekenntnis zur Gesamtschule vermissen lässt. Oft genug entstand der Eindruck, dass die hiesige SPD dem formalen Bekenntnis zur Gesamtschule ein aufschiebendes „in weiterer Zukunft“ nachfolgen ließ. Man war zwar für die Gesamtschule aber bloß nicht konkret werden, besser kein Datum benennen, wann denn die Gesamtschule kommen soll, so stellte sich die SPD Frechen dar.

Am Samstag wurde Ferdi Huck in einer Mitgliederversammlung zum Bürgermeisterkandidaten für die Wahl im September 2015 gewählt. Und, man reibt sich verwundert die Augen, es geht auch anders.
Da erklärt der Ferdi seinen Genossinnen und Genossen:
Ihr wisst, dass ich mich für die Einrichtung einer Gesamtschule einsetze, eine Entscheidung, die schon lange überfällig ist und in anderen Kommunen längst zum selbstverständlichen Angebot schulischer Versorgung gehört. Frechener Eltern wollen ihre Kinder nicht länger auf Busse und Bahnen zwingen, um zur Schule zu gelangen. Frechener Eltern fordern die Einrichtung von Bildungsinstitutionen, die allen Kindern Chancen bieten. Hier sehe ich akuten Handlungsbedarf. (…) Ich fordere die Einrichtung einer Gesamtschule mit sechs Zügen! Der Standort Herbertskaul wäre eine finanzgünstige und vor allem machbare Lösung. Wir müssen handeln. Ich ganz persönlich sehe durchaus die Chance, dass wir 2016 mit einer Gesamtschule hier einziehen können. (…)Wir haben den Eltern der Schüler in den Grundschulklassen drei und vier genau zugehört, sie wollen die Gesamtschule, beantragen wir die Genehmigung, ich sehe den Eröffnungstermin 2016 im Bereich des Möglichen und Machbaren.
Und diese Botschaft findet die ungeteilte Zustimmung der Mitgliederversammlung, die Ferdi mit gut 95% der Stimmen zum Bürgermeisterkandidaten wählt. H.G. Eilenberger, Fraktionsvorsitzender legt noch einen drauf und erklärt, dass Ferdi die uneingeschränkte Unterstützung der SPD-Fraktion genieße und U.Lussem, Ortsvereinsvorsitzender, bestätigte bereits zu Beginn der Sitzung, dass die Eröffnung der Gesamtschule im Jahr 2016 zentrales Element des Huckschen Wahlkampfes sein wird. Die SPD steht „ohne Wenn und Aber“ zur Gesamtschule.

Das wird nicht nur die Eltern der jetzigen Drittklässler freuen, das ist im Grunde auch eine gute Botschaft für Realschule und Gymnasium. Immer mehr Kinder drängen in diese beiden Schulen. Das Aufstellen von Containern wird hier bereits zur (schlechten) Gewohnheit. Aber: übervolle Schulen bedeuten schlechte Raumverhältnisse, schlechte Lernverhältnisse, gro0e Klassen. Übervolle Schulen sind kein Qualitätsmerkmal, übervolle Schulen stehen für schlechte pädagogische Verhältnisse. Das schadet den Kindern und den Lehrkräften.

Jetzt muss das Bekenntnis zur Gesamtschule nur noch gelebt werden, damit aus der Willensbekundung auch Realität wird.




Donnerstag, 23. Oktober 2014
Wie schrieb die damalige Lokalredakteurin des Kölner Stadtanzeigers im März 2011 in einem Kommentar, als Herr Lussem zum neuen Ortsvereinsvorsitzenden gewählt worden war:
„Um aus dem Schatten der CDU herauszutreten, muss möglichst bald ein aussichtsreicher Bürgermeisterkandidat ausgeguckt werden.“(U.Böker am 30.03. 2011 im KStA)
Ob F.Huck diesem Anforderungsprofil entspricht soll hier und heute nicht diskutiert werden. Was aber Frau Böker komplett vergessen hat zu erwähnen, ist, dass daneben auch eine vernünftige Öffentlichkeitsarbeit eine nicht unwesentliche Rolle spielt.
Die aber scheint die SPD bei dieser Bürgermeisterwahl komplett zu versaubeuteln.

Das begann schon mit einer lieblosen, ja geradezu gelangweilten Mitteilung auf der Homepage der SPD über die Nominierung des Kandidaten F.Huck:



Klingt so eine ungeteilte Zustimmung der lokalen SPD zu ihrem Kandidaten? Nein, natürlich nicht – kein Wunder, wenn das „Frechener Wochenende“ am 8. Oktober schreiben konnte:
Nicht dementiert sind Informationen, wonach die Kandidatenfrage innerhalb der Frechener Sozialdemokraten in den vergangenen Wochen sehr kontrovers diskutiert wurde.
Weder wurde diese Aussage widersprochen, noch erklärte der Ortsvereinsvorstand, dass Ferdi Huck aber inzwischen die Unterstützung des gesamten Vorstands genieße … vielmehr gewann man den Eindruck, der Ortsvereinsvorsitzende Uli Lussem warte geradezu auf einen Überraschungskandidaten, der spontan auf der Mitgliederversammlung, die für den 25. Oktober terminiert ist, seinen Hut in den Ring wirft:
„Das Votum des Ortsvereinsvorstandes ist eine Empfehlung an die Mitgliederversammlung. Die Mitgliederversammlung der SPD Frechen entscheidet als oberstes Organ unserer Partei über die Kandidatur. Möglich ist es auch, aus der Versammlung weitere Vorschläge zu machen“, erklärte Ulrich Lussem.
Und heute erfahren wir nun aus der Presse, dass die SPD die Öffentlichkeit ausschließen wird, wenn der Ortsverein am Samstag über den Bürgermeisterkandidaten entscheidet. Ob nun aber Kritik an der Presse die beste Begründung für ein solches Vorgehen darstellt, das mögen die Götter wissen:
„Wir haben in der Vergangenheit, zum Beispiel vor der Wahl 2009, die Erfahrung gemacht, dass sich die anschließende Berichterstattung mehr an den parteiinternen Streitigkeiten geweidet hat, als dass über Sachthemen berichtet worden wäre“, erklärt der Ortsvereinsvorsitzende die Beweggründe für den Entschluss.
Viel unerfreulicher aber, dass Uli Lussem, der „rote Bruder“, seiner „schwarzen Schwester“, Susanne Stupp, eine Vorlage sondergleichen geliefert hat:
„Wir hatten nie ein Problem, wenn die Presse dabei war“, erklärte die CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Susanne Stupp.(…) „Wir haben nicht vor, dieses Mal anders vorzugehen als bisher. Da kann die Presse gerne wieder dabei sein“.
Ja, gut improvisiert Frau Stupp, aber das war auch ein Geschenk, oder?
Und welche Vorteile bringt es Ihnen, Herr Lussem, als SPD-Vorsitzender zu wissen, wie man Regie führt?
So wurde er 2012 in einem Interview gefragt. Und seine Antwort?
Das hat auf jeden Fall Vorteile, gerade jetzt im Wahlkampf für Brigitte D'moch- Schweren. Ich habe am Theater gelernt, wie man organisiert und wachrüttelt. Da muss man auch mal Anweisungen geben. Das ist ein Platz, den ich mir nehme.
Ein auf’s Ganze gesehen sehr lustiges Interview, denn es war ein gemeinsames Interview zusammen mit Susanne Stupp, da diese beiden doch gemeinsam in der Theatergruppe Harlekin tätig sind, man kann wohl sagen gut befreundet sind. Manche gar sprechen bereits von einer Harlekin-Connection. In diesem Interview wurde er auch gefragt,
Könnten Sie sich Frau Stupp auch in der Rolle als Bürgermeisterin vorstellen?
Lussem: Ja, ich kenne sie und ich mag sie furchtbar gerne.
Im Nachsatz erklärte er dann:
Das heißt natürlich nicht, dass wir von der SPD für die Wahl keinen Kandidaten aufstellen werden, den ich ihr vorziehe.
Die aktuelle Pressearbeit lässt daran zweifeln.

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Zwischenzeitlich wurde der Artikel geändert, denn jetzt endet er so:
Am Abend dann doch noch die komplette Kehrtwende der Partei: Nun soll die Presse am Samstag Zutritt erhalten - auch zur Mitgliederversammlung. "Wir sind noch einmal in uns gegangen. Danach hat der Vorstand seine Entscheidung geändert", erklärte Ulrich Lussem.
Ursprünglich lautet der Abschluss des Artikel folgendermaßen:
Weitere Kandidaten nicht in Sicht Am Ende womöglich viel Lärm um nichts – denn eigentlich erwarten weder der Vorsitzende Lussem noch andere in der Frechener SPD für Samstag gar keine vergleichbaren „Streitigkeiten“ wie vor der Wahl 2009. Zurzeit geht niemand davon aus, dass es neben Huck weitere Kandidaten geben wird.




Mittwoch, 8. Oktober 2014
Wie schreibt heute das "Wochenende"
Nicht dementiert sind Informationen, wonach die Kandidatenfrage innerhalb der Frechener Sozialdemokraten in den vergangenen Wochen sehr kontrovers diskutiert wurde.
Darüber soll jetzt die Mitgliederversammlung hinwegtrösten, die vom Ortsvereinsvorstand aufgefordert wurde, "mit einem starken Votum" Ferdi Huck zum Bürgermeisterkandidaten zu wählen.

Begeisterung klingt anders.




Donnerstag, 2. Oktober 2014
Nun ist es geschehen.

Für die SPD wird erneut Ferdi Huck als Bürgermeisterkandidat aufgeboten.

Nun hat Ferdi Huck bereits zwei Mal gegen Hans-Willy Meier den Kürzeren gezogen. Das qualifiziert wohl für einen dritten Anlauf.
Man hätte die Stelle auch ausschreiben können. Die SPD Geldern am schönen Niederrhein ist diesen Weg gegangen. Aber die SPD Geldern scheint auf einen Sieg bei der Bürgermeisterwahl zu hoffen.

Die Frechener SPD jedoch hat es vorgezogen, den Polit-Rentner Ferdi Huck ein weiteres Mal ins Rennen zu schicken.
Was also soll im dritten Anlauf anders und damit möglicherweise besser werden als bei den beiden ersten Versuchen, die denn doch grandios gescheitert sind?

2004 gewann Hans-Willy Meier, auf dem Höhepunkt seiner Popularität, die Bürgermeisterwahlen mit 60 % der abgegebenen Stimmen bereits im ersten Wahlgang. Ferdi Huck, damals sicherlich ein ehrenwertes Ergebnis, erreichte 31,1 % der Stimmen. 2009, da war der Lack schon etwas ab bei HWM, erreichte Hans-Willy Meier noch 48%, was zur Wiederwahl vollauf genügte. Ferdi Huck jedoch stagnierte bei 31,4%.
Nun steht nicht mehr Hans-Willy Meier für die CDU zur Wahl sondern seine Stellvertreterin und langjährige Fraktionsvorsitzende Susanne Stupp. Ist das aber schon eine hinreichende Voraussetzung für die SPD, um mit einem 2004 und 2009 gescheiterten Kandidaten einen dritten Anlauf zu riskieren?
Ist es der Mut der Verzweiflung oder ist die Personaldecke in der lokalen SPD inzwischen so dünn, gab es keine Alternativen? Will die Frechener SPD überhaupt gewinnen?

Anscheinend nicht. Denn Ferdi Huck verkörpert die alte SPD hier im Kreis, eine SPD, die mit beiden Beinen fest in der Braunkohle stand und wohl auch heute noch steht. Früher stand Braunkohle für sichere Arbeitsplätze, für Fortschritt und eine sichere Energieversorgung. Mit der Braunkohle kam der Wohlstand in die Region. Man stand gut mit beiden Beinen in der Braunkohle. Eine prosperierende Industrie, eine prosperierende Gewerkschaft, eine prosperierende Region. Und Menschen, die ihren eigenen wirtschaftlichen und sozialen Aufstieg mit der Braunkohleindustrie, der dazugehörenden Gewerkschaft und eben der SPD verbunden sahen. Hieraus resultierte die Stärke der SPD im rheinischen Revier.

Doch diese Zeiten neigen sich dem Ende zu. Heute reden wir vom Sparprogramm „Neo“ der RWE, von der Energiewende, vom absehbaren Ende des Tagesbaus im Rheinischen Revier. Und die lokale SPD? Steht weiterhin in Treue fest zur Braunkohle.



Eine SPD, die sich uneingeschränkt zu einer naturzerstörenden Technologie bekennt (beim Abbau der Braunkohle im Tagebau, und bei der Verbrennung in den lokalen Kraftwerken, den größten CO2-Schleudern der Republik), muss sich nicht wundern, wenn bspw. die Anschlussfähigkeit an die grüne Partei verloren geht.
Bei einer Bürgermeisterwahl steigt aber die Notwendigkeit, neben der eigenen StammwählerInnenschaft auch die Stimmen des eigenen Lagers einzusammeln. Hieran aber scheitert die „alte SPD“. Sie hat ihre Fähigkeit eingebüßt, die Stimmen des linken Lagers zu bündeln. 2009 konnte Ferdi Huck gerade einmal die Stammwähler der SPD für sich gewinnen. Weder WählerInnen der Grünen noch der Linken ließen sich becircen.

Ist es denkbar, dass ein stadtbekannter Politiker, aktiv in vielen Vereinen, dass dieser in der Lage ist, sich politisch neu zu erfinden, dass er, entgegen den Wahlgängen 2004 und 2009, plötzlich doch das linke Lager hinter sich vereinen kann?

Es steht vielmehr zu befürchten, dass auch die kommende Bürgermeisterwahl 2015 sich nicht anders entwickelt als die drei vergangenen Wahlen. Offen ist dabei einzig die Frage, ob Susanne Stupp das Rennen bereits im ersten Wahlgang macht, oder ob sie vielleicht doch zwei Wahlgänge benötigt.




Freitag, 26. September 2014
In Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren kürzlich Landtagswahlen. Sollen die Grünen mit den Schwarzen oder doch lieber mit rotgrün, war so eines der liebsten Spiele vor Ort und in der nationalen Presse.
Zwischenzeitlich gibt es erste Versuche, die Wahlergebnisse vor dem Hintergrund der Farbenspiele zu interpretieren. Nun fanden die Wahlen in Ostdeutschland statt und wie alle interessierten WahlbeobachterInnen wissen, tickt der ostdeutsche Wähler anders als der Wähler im Westen. Insofern sind einfache Übertragungen der ostdeutschen Erfahrungen in die westdeutsche Erfahrungswelt mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem lassen sich Denkanstöße gewinnen, was Schwarzgrün für Wahleffekte auslösen kann.

In Sachsen beispielsweise war der Eindruck entstanden, die Grünen hätten sich bereits auf Schwarz-Grün festgelegt. Das wurde von vielen Grünwählern nicht honoriert. Die Grünen verloren 13.000 Wählerstimmen innerhalb des linken Lagers. Dem standen nur 4.000 Stimmen Zugewinn aus dem bürgerlichen Lager gegenüber. Waren die sächsischen Grünen überzeugt, zuzulegen, so stellten sie am Wahlabend ernüchtert fest, dass sie nur 5,7% erhalten hatten, 0,7% weniger als 2009.

In Thüringen versuchten die Grünen sich sozusagen mittig zwischen Rot und Schwarz zu positionieren. Auch die Äquidistanz hat sich nicht ausgezahlt. Hohen Stimmenverlusten innerhalb des linken Lagers und hin zu den Nichtwählern stehen kaum spürbare Zugewinne aus dem bürgerlichen Lager gegenüber. Auch die Thüringer Grünen haben 5,7% erreicht, 0,5% weniger als 2009.

In Brandenburg hingegen waren die Grünen eindeutig auf Opposition festgelegt. Diese Oppositionsrolle festigten sie mit klaren Positionierungen bei grünen Kernthemen: Gegen Massentierhaltung und für einen Ausstieg aus dem Braunkohletagebau. Die grünen WählerInnen haben diese klare Festlegung auf einen Oppositionsrolle honoriert. Bei diesen drei Landtagswahlen waren es einzig die Brandenburger Grünen, die mit leichten prozentualen Zugewinnen von 0,4% (=6,2%) aufwarten konnten.

Wir bewegen uns hier natürlich im Bereich der kleinen Zahlen, eine statistische Relevanz kann leicht bestritten werden. Trotzdem sind einige Aspekte bedenkenswert und sollten im Westen der Republik als Warnsignal aufgenommen werden:

Schwarzgrüne Bündnisabsichten führen bisher nicht zu substantiellen Stimmengewinnen im bürgerlichen Lager. Vielmehr führen sie zu erkennbaren Verlusten hin zu Parteien des linken Lagers.

Vergleichbar unfruchtbar sind Versuche sich mittig zwischen den Lagern zu positionieren. Es gibt ausreichend Untersuchungen, dass WählerInnen der Grünen und auch weite Teile der grünen Parteimitglieder sich im linken Lager verorten.

Trotzdem hängen weite Teile des grünen Establishments dem Mantra an, dass Opposition Mist sei. Und wie dem halt so ist, wenn man an die Fleischtöpfe der Macht will: da geht viel Programm unterwegs verloren. Das ist für Parteien wie die Grünen, die sich als Programmparteien verstehen, ein verheerendes Signal. Was bleibt von der grünen Partei, wenn das Programm zur Dispositionsmasse in Koalitionsverhandlungen verkommt? Ein Herrschaftsverband wie die FDP, dessen Existenzberechtigung sich in den vergangenen Jahrzehnten nur noch auf die Tatsache des Mehrheitsbeschaffers für die CDU reduzierte?

Auch die regionalen Wahlergebnisse zeigen, dass eine schwarz-grünen Koalition für die grüne Partei (bisher) keine positiven Effekte zeitigt. Die Jamaika-Koalition im Kreistag hat für die grüne Partei in allen Kommunen zu Stimmenverlusten (teilweise knapp 2%) geführt, mit einer einzigen Ausnahme: die Pulheimer Grünen konnten sich dem Trend entziehen, aber diese hatten auch eine Sonderkonjunktur, denn ihre Erfolgsbilanz wurde durch die Einführung der Brauweiler Gesamtschule verschönert.

Was aber bleibt vom grünen Programm auf lokaler / auf regionaler Ebene, nachdem der Atomausstieg gegessen ist? Die Energiewende ist sperrig, ist bundespolitisch und wird nur dann lokal, wenn sich Bürgerinitiativen gegen den Bau von Hochspannungsmasten und Windrädern bilden. Da kommt die Grüne Partei in die Bredouille.
Und sonst? Richtig, die programmatische Luft wird dünne, die Themen zerfasern, was dem einen ein Herzensanliegen, ist dem anderen Verhandlungsmasse.
Die Grünen werden plötzlich als beliebig erlebt, alles ist möglich, aber nichts ist zwingend und dringend.

In den vergangenen Wochen wurden in einigen Kommunen des Rhein-Erft-Kreises schwarz-grüne Bündnisse abgeschlossen. Alle grünen Ortsverbände haben ein Hohelied auf die „grüne Handschrift“ im Koalitionsvertrag gesungen. Damit ist es nicht weit her – so wollten die Hürther Grünen als erste Maßnahme die bereits beschlossene Gesamtschule auf 2 Standorte aufteilen – pädagogisch / organisatorisch und finanziell ein Unfug größten Ausmaßes, aber auf dem Altar des schwarz-grünen Bündnisses wurde wohl als allererstes die Vernunft geopfert.

Das lässt für Frechen das Schlimmste erahnen, sollten die Frechener Grünen das Thema „Koalitionsverhandlungen“ weitertreiben. Verschärfend kommt in Frechen hinzu, dass heute öffentlich wurde, dass im Etat der Stadt für 2014 bereits 13 Millionen fehlen, da bereits vereinnahmte Gewerbesteuer zurückbezahlt werden muss. Ein Gewerbesteuerzahler, der den Totalausfall der RWE ausgleichen könnte ist auch nicht in Sicht, folglich muss in den kommenden Jahren mit totaler Ebbe im städtischen Haushalt gerechnet werden. Wollen wir wetten: das Sparen wird zur obersten Priorität und die Frechener Grünen werden die Ehre haben, die Einsparvorschläge der Verwaltung mitzutragen, man ist ja der Koalition verpflichtet und muss sich beweisen. Eine wunderbare Situation. Seit 3 Jahrzehnten in der Politik, nie durfte man über die Ausgaben der Stadt mitentscheiden, nun aber darf man die Sparkommissarin markieren. Da freut man sich doch bereits, wenn uns die grüne Stadtratsfraktion erklären wird, warum die freiwilligen Leistungen der Stadt gekürzt werden müssen: für kulturelle Zwecke, für Leistungen im Bereich der OGS, der Schulsozialarbeit, vielleicht der Bücherei und der Musikschule. Ach richtig, man kann ja auch wieder über das Thema Sportplatznutzungsgebühren reden.




Montag, 22. September 2014
Im französischen politischen Sprachgebrauch gibt es den Begriff der „banlieue rouge“ (rote Vorstädte) oder gleichwertig des „centure rouge“ (roter Gürtel), womit die französischen Kommunen rund um Paris gemeint waren, die ab den 1920ern mehrheitlich von der Arbeiterklasse bewohnt wurden und die über Jahrzehnte in ihrer Mehrheit für die französische kommunistische Partei gestimmt haben.

Bei einer Wahlanalyse der Stadt Frechen in den letzten Jahren könnte man in einer weitgefassten Analogiebildung von einem schwarzen Gürtel sprechen, der die Kernstadt umfasst. Der schwarze Gürtel besteht aus den Ortsteilen Königsdorf, Buschbell/Hücheln, Bachem, Habbelrath und Grefrath, die der hiesigen CDU seit mehr als 10 Jahren ihre Mehrheiten verschafft haben.

Da im Mai 2015 die Bürgermeisterwahl stattfindet, kann es sich lohnen diese politische Struktur genauer zu analysieren.

Die fünf Ortsteile stellten bereits 2009 mit 20.701 Wahlberechtigten 52% aller Wahlberechtigten, wobei durch den Ausbau Königsdorfs sich der Schwerpunkt noch etwas stärker in den schwarzen Gürtel verschoben haben dürfte.

Eine erste Auffälligkeit bei einer näheren Betrachtung der Zahlen ergibt sich bei der Wahlbeteiligung. Im schwarzen Gürtel sind fast 58% aller Wahlberechtigten zur Wahl gegangen, in der Kernstadt nur gut 50%. Betrachtet man das CDU-Ergebnis, so wird die Bedeutung des schwarzen Gürtels für die Partei erkennbar, denn hier holte sie 60% ihrer Stimmen, in der Kernstadt nur 40%. Das Verhältnis bei der SPD war etwas ausgeglichener, wenn auch aus anderen Gründen: die SPD holte 52% ihrer Stimmen in der Kernstadt und 48% im schwarzen Gürtel.

Schaut man dann auf die Stimmverteilung zwischen den Parteien, so zeigt sich die Stärke des schwarzen Gürels. Im schwarzen Gürtel erhielt die CDU 52% aller abgegebenen Stimmen, die SPD hingegen nur gut 26%. Denkt man in den großen politischen Lagern, also das Rot-Grüne gegen das Schwarz-Gelb Lager (inklusive der Perspektive) so holt das Schwarz-Gelbe Lager im schwarzen Gürtel knapp 62% der Stimmen, das Rot-Grüne dagegen nur 38%.

Die Verhältnisse in der Innenstadt gestalten sich deutlich anders: im direkten Parteienvergleich holte die CDU gut 41% der Stimmen und die SPD 37%. Denkt man dagegen wieder in Lagerstrukturen, so ergibt sich ein kaum mehr spürbarer Vorsprung für das Schwarz-Gelbe Lager. Hier 50,6%, bei Rot-Grün 49,3%.

Strukturell entscheidend aber ist für die CDU das gute Abschneiden im schwarzen Gürtel, verknüpft mit der dort deutlich höheren Wahlbeteiligung. 2009 hätte der SPD-Kandidat seinen realen Stimmenanteil in der Innenstadt verdoppeln müssen, um seinen Rückstand resultierend aus dem Ergebnis des Schwarzen Gürtels zu egalisieren.

Unvorstellbar! Unerreichbar!

Für die SPD stellt sich die Situation auch deshalb so negativ dar, da sie im linken Lager an Bindungsfähigkeit verloren hat. Als 1999 Jürgen Schaufuß gegen Hans Willy Meier die Bürgermeisterwahl verlor, vereinte die SPD noch 91% der Stimmen des linken Lagers. Bei der Wahl 2004 konnte die SPD noch 86% der Wähler des linken Lagers an sich binden, 2009 sank der Anteil auf gerade noch 72%.

Daraus lassen sich bereits heute einige Schlussfolgerungen ziehen, ohne dass es von Relevanz ist, mit welcher Person die SPD in den Wahlkampf ziehen will.

1. Der SPD muss es gelingen, die Wahlbeteiligung in der Kernstadt substantiell zu erhöhen. Hier muss man nur an die SPD-Ministerpräsidentin erinnern, die den Straßenwahlkampf als zentrales Element begreift, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Es gibt sozialdemokratische Erfahrungen aus dem letzten Frechener Kommunalwahlkampf, die belegen, dass ein gut gemachter Stadtteilwahlkampf zum Erfolg führen kann.

2. Die SPD benötigt einen Kandidaten, eine Kandidatin, die im grünen / im linken Lager wählbar ist. Das kann beispielsweise bedeuten, dass ein sozialdemokratischer Kandidat sich als „eigenständiger Kopf“ profiliert, der Ideen umsetzen will, die in der eigenen Partei möglicherweise noch umstritten sind, aber für GrünwählerInnen einen hohen Stellenwert haben.

3. Die SPD benötigt „eine Erzählung“, die einerseits auf die grundlegenden sozialdemokratischen Werte referiert (das links-progressive Profil der Partei betont) und andererseits die Vision einer „sozialdemokratischen Stadt der Zukunft“ vermittelt. Um verständlich zu machen, worum es hierbei geht, muss nochmals an Hannelore Kraft erinnert werden, die im Landtagswahlkampf 2009 das Thema „vorsorgende Sozialpolitik“ wieder salonfähig gemacht hat. Vorsorgende Sozialpolitik, die heute kostet, aber den Menschen und der Gesellschaft langfristig nützt, diese Erzählung trug ihren Wahlkampf und ermöglichte auch den Sieg der lokalen SPD-KandidatInnen im Landtagswahlkampf 2010.

Vorsorgende Sozialpolitik ist jedoch kein Thema, um in einem Kommunalwahlkampf zu punkten, dazu ist der sozialpolitische Handlungsspielraum einer Kommune zu gering.
Was in den kommenden Jahren indes alle Kommunen beschäftigen wird ist die Entwicklung der Schullandschaft. Die Landesregierung hat einige Vorlagen gegeben, die nutzbar sind.
So forciert die Landesregierung mit dem 9.Schulrechtsänderungsgesetz die schulische Inklusion. Was muss in Frechen für eine erfolgreiche Umsetzung getan werden? Hier sind viele Felder noch unbearbeitet.
Um auf den Niedergang der Hauptschulen zu reagieren hat die Landesregierung das Tor für Neugründungen von Gesamtschulen weit aufgestoßen. Der kurzfristige Bedarf in Frechen für diese Schulform ist vorhanden. Alleine mit diesem Thema ließe sich ein Wahlkampf gestalten. Und, dieser Aspekt ist nicht gering zu achten: ein klares Bekenntnis zum sofortigen Start einer Gesamtschule könnte der SPD ermöglichen im grünlinken Lager zu wildern.
Es gibt sicherlich noch weitere Themen, die es einem sozialdemokratischen Kandidaten ermöglichen würden, sich vom rechten Lager abzugrenzen und ein eigenständiges Profil zu entwickeln. Unbeantwortet bleibt dabei die Frage: will der künftige Kandidat der SPD diesen Weg gehen, bzw. will ihn die lokale SPD auf diesem Weg unterstützen?

Sollte sich der SPD-Wahlkampf wie 2009 im lokalen Kleinklein erschöpfen, so ist die Niederlage bereits jetzt strukturell vorgezeichnet, denn bei einem Kleinklein-Wahlkampf wird der schwarze Gürtel die Wahl entscheiden, wie 1999, 2004 und 2009.




Donnerstag, 11. September 2014
Wie wir schon des Längeren wissen, wird Susanne Stupp, Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat der Stadt, im Mai kommenden Jahres als Bürgermeisterkandidatin für ihre Partei antreten.
Frau Stupp hat ja bereits die Kommunalwahl dazu genutzt, im 8-seitige Hochglanzmagazin der CDU eine komplette Seite für ihre Bürgermeisterkandidatur zu reservieren. Die Kandidatin der CDU will den Posten des Bürgermeisters nicht im kurzen Spurt erobern, nein, Frau Stupp hat sich auf einen Marathonlauf eingestellt.
Dabei, noch läuft sie einsam und alleine, denn die Konkurrenz schläft und wenn sie nicht schläft, so weiß sie das gut zu verbergen.

In einer anderen Kommune auf der anderen Rheinseite konnte ich beobachten, wie die dortige CDU einen neuen Bürgermeisterkandidaten suchte. Mit Hilfe einer Auswahlkommission wurden interne und externe Kandidaten begutachtet. Am Schluss wurde dem lokalen Parteivorstand durch die Kommission eine Dreierliste präsentiert und der dort auf Platz 1 gesetzte Kandidat wurde ausgewählt. Der Kandidat war ortsfremd.
Was mich damals beeindruckt hat, war der lange zeitliche Vorlauf, mit dem die dortige CDU plante, was für mich Ausdruck eines professionellen Herangehens an die Kandidatenauswahl war. Denn: wähle ich eine ortsbekannte Größe zum Kandidaten, so kann ich mir bei der Kandidatenkür Zeit lassen. Jeder im Ort kennt ihn. Gehe ich aber den Weg über eine Auswahlkommission, so muss damit gerechnet werden, dass ein Ortsfremder das Rennen macht. Fällt nun die Wahl auf einen Ortsfremden, so kennt ihn niemand. Und das muss geändert werden, soll dieser Kandidat gewählt werden.
Aber so professionell, wie es begonnen wurde, so professionell wurde der Wahlkampf fortgesetzt. Zwischen der Kandidatenkür durch die Partei und dem offiziellen Wahltermin lag in dem hier beschriebenen Fall fast ein halbes Jahr und der Bürgermeisterkandidat wurde von der CDU bei jeder Gelegenheit der Öffentlichkeit präsentiert, war bei jedem öffentlichen Empfang, war jeden Sonntag in einem anderen Gottesdienst, war bei Schützenfesten, Heimatfesten und was man im Bergischen so alles festet und feiert.
Als der eigentliche Wahlkampf begann, war der CDU-Kandidat im Ort bekannt, am Ende des Wahlkampfes gehörte er dazu und wurde gewählt.

Kommen wir zurück auf die Situation in Frechen:

Die ortsbekannte Fraktionsvorsitzende der CDU hat den Wahlkampf als Marathon angelegt. Ob Frau Stupp diesen langen Vorlauf benötigt, kann hier offen bleiben. Sicher ist aber, dass eine SPD, die bisher nicht erkennen lässt, dass sie aktiv außerhalb der Kommune auf Kandidatensuche ist, uns mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Eigengewächs beglücken wird. Die Anzahl dieser Eigengewächse ist überschaubar. Da gibt es einen Fraktionsvorsitzenden Hans Günter Eilenberger, da gibt es einen Ortsvereinsvorsitzenden, Ulrich Lussem und da gibt es Ferdi Huck, der schon zweimal Bürgermeisterkandidat war, es aber nie zum Bürgermeister schaffte.
Nachdem S.Stupp im vergangenen Kommunalwahlkampf ihren eigenen Wahlkreis gegen den SPD-Kandidaten nicht verteidigen konnte, ist klar, dass ein Sieg bei der Bürgermeisterwahl für sie kein Selbstläufer mehr ist.
Eine Voraussetzung jedoch muss erfüllt sein: es muss ein attraktives „Gegenangebot“ geben. Verfügt die SPD über einen Kandidaten / einer Kandidatin mit Kompetenz und Charisma, gelingt es ihr zudem, eigene Themen zu platzieren, dann können wir uns auf einen spannenden und vor allem im Ausgang offenen Bürgermeisterwahlkampf freuen.

Vielleicht schaut die Frechener SPD ja außerhalb des eigenen Ortsvereins nach einem Kandidaten / einer Kandidatin mit Kompetenz und Charisma und wir haben es nur noch nicht mitbekommen …. oder sollte der Ortsverein über eine Geheimwaffe verfügen?