„Die taugen nichts, die taugen alle beiden nichts.“

Das hört man so, wenn man an einem Samstagvormittag nur wenige Meter abseits der Wahlstände am Klüttenbrunnen in der Frechener Fußgängerzone flaniert.

Steht man dagegen direkt an den Wahlständen, so herrscht dort professioneller Optimismus vor. Unsere beiden Kandidaten und ihre Unterstützer sind sich in ihrer Einschätzung einig. Ihr Kandidat, ihre Kandidatin wird die Bürgermeisterwahl gewinnen.

Nun ja, Überzeugung ist das eine und Wahltag das andere. Einer der beiden wird am Ende den Kürzeren ziehen. So ist das bei einer Persönlichkeitswahl.

Und danach?

Bei Radio Erft wurden beide gefragt, was sie im Falle einer Niederlage tun würden und beide haben erklärt, dass sie Zähne zusammenbeißen würden, um dann weiterzumachen wie bisher.
Das ist ein zumindest interessanter Ansatz, der bei einer kleineren Partei völlig normal ist, nicht jedoch, wenn eine Partei sich reale Siegchancen ausrechnet.
Bei kleinen Parteien handelt es sich um Zählkandidaten, die die Flagge der Partei hochhalten sollen, um dem eigenen Wählerklientel die Chance zu geben, zur Abstimmung zu gehen und die Stimme abzugeben.

Bei dieser Bürgermeisterwahl wird uns diese Chance leider nicht gegeben. Außer SPD und CDU haben alle im Rat vertretenen Parteien auf einen eigenen Kandidaten verzichtet. Das kann einige möglicherweise negative Effekte zeitigen.

Dazu eine kleine Geschichte aus der Historie: bei der Wahl zum Generalrat des Departements Rhône in den 1880ern, der Generalrat entspricht ganz vereinfacht unserem Kreistag, kam es in einem Wahlbezirk zu eben einer reinen Zweierkonstellation. Beide Kandidaten gefielen den Wählern, damals wählten nur die Männer, nicht. Am Ende des Wahltages notierte der Wahlvorstand in sein Wahlprotokoll, dass eine Auszählung nicht habe stattfinden können, da keine Wähler erschienen seien.

Die Geschichte belegt schlagend: wem das Angebot nicht gefällt, der geht vermutlich nicht zur Wahl. Es ist also mit einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung zu rechnen.

Auch die Anzahl der wohlfeilen Ausreden wird sich nach einer Wahlniederlage massiv reduzieren. Bei einer Vielzahl an Gegenkandidaten kann man als Unterlegener seine Niederlage mit der Existenz der "vielen Kandidaten aus dem eigenen Lager" begründen, mit der Zersplitterung des konservativen bzw. des linken Lagers.

Solche Ausreden ziehen 2015 nicht. Eine Niederlage ist die eigene wohlerworbene Niederlage.

Und Niederlagen müssen verarbeitet werden. Persönlich und organisatorisch, denn jede Niederlage erfordert ein Opfer. Nicht umsonst folgen auf deutliche Niederlagen schnelle Rücktritte. Dabei gibt es unterschiedliche Ebenen, die den Parteien zur Verfügung stehen, um eine Niederlage zu erklären und zu verarbeiten.

Auf der sachlichen Ebene werden die Gründe einer Niederlage entweder in der Wahlkampforganisation oder im Wahlprogramm gesucht und gefunden. Ein als mangelhaft empfundener Wahlkampf führt meist sehr stringent zum Rücktritt des Wahlkampfmanagers und oft zu personellen Veränderungen im Parteivorstand.
Wird die Ursache der Niederlage an den Wahlkampfthemen festgemacht, so bedeutet das, dass die eigenen Themen dem Wahlvolk nicht vermittelbar waren, aus der Zeit gefallen sind. Dies wird mit dem Rücktritt der Personen gesühnt, die mit den „falschen“ Inhalten in eins gesetzt werden. In einem zweiten Schritt wird dann versucht, die Inhalte zu „modernisieren.“ Die Grünen haben nach der letzten Bundestagswahl ihren Spitzenkandidaten Jürgen Trittin schnellstens entsorgt und schreiben jetzt ihre politische Programmatik um. Alles, was nach Steuererhöhung riecht, muss weg.

Schlussendlich aber lieben Parteien einfache Antworten auf komplexe Fragen. Niederlagen werden daher personifiziert. Es war der Spitzenkandidat. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann geh’n. Das Schicksal Norbert Röttgens‘ steht da für viele.

Dieses Vorgehen hat einen strukturellen Vorteil für die betroffene Partei, denn hier wird mit einem schnellen Schnitt aus der Niederlage der Partei die Niederlage des Spitzenkandidaten. Das Ganze bekommt etwas von einer griechischen Tragödie: das (Wahl-)Schicksal hat zugeschlagen, der Held stürzt in den Abgrund.

Den Parteimitgliedern und der Öffentlichkeit wird gezeigt, dass die Partei bereit ist, aus der Niederlage schnelle und massive Konsequenzen zu ziehen. Es ist wie im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, nur das die Partei, die diesen Kaiser auf’s Schild hob, ihn kleidete und ihn umschmeichelte sich nun in ein Kind verwandelt, am Straßenrand steht und ruft: „Schau mal Papa, der Kaiser ist nackt.“ (Hierbei handelt es sich um die demokratisch gewandelte Lehre von der Dreifaltigkeit: Partei, Kandidat und Kind sind eine unauflösliche Einheit und doch unterscheidbar.)

Und vor diesem Hintergrund sind unsere beiden Helden der Meinung, dass sie auch nach einer Niederlage weitermachen können, als sei nichts passiert?

Das können wir nicht glauben, das wollen wir auch nicht glauben.

Eine Niederlage erzwingt ein Opfer, darauf wartet die Öffentlichkeit. Und wenn eine Partei bei zukünftigen Wahlen wieder auf die Siegesstraße einbiegen will, so muss sie rasch nachweisen, dass sie aus der Niederlage Lehren ziehen will, dass sie aus der Niederlage lernen will.

Der einfachste Weg, der Öffentlichkeit die eigene Veränderungswilligkeit, die eigene Lernfähigkeit zu demonstrieren besteht in der Opferung des ehemaligen Spitzenkandidaten.

Wir sind den Griechen näher, als wir es wahrhaben wollen.





direktblogger, Dienstag, 1. September 2015, 22:31
Angebot hin oder her, Bürgermeisterwahl ist keine Parteiwahl sondern Personenwahl, was auch immer...
Wir haben nicht den perfekten Wunschkandidaten, also müssen wir entscheiden oder es wird für uns entschieden...

Frau Stupp ist sicherlich eloquent, dem Papier nach politisch gebildet und nimmt sich als Zuhörerin und Problemlöserin aller unsere Sorgen an blablabla...
Fakt ist, Frau Stupps ist kinderlos, kennt somit nicht die Sorgen und Nöte von Frechner Familien in Sachen KiTa, Schulen, Freizeitangebote...
Wenn ich mir zudem die berufliche Vita der einigermaßen passablen Laienschauspielerin anschaue, erkenne ich keinen klaren beruflich roten Faden bzw. berufliches Profil welches sie als Bürgermeisterin qualifiziert. Mit diesen Qualifikationen kann sie nicht "Bürgermeisterin"!!! Damit kann Sie nur "Schauspielerin"!!!

Herr Huck hat Familie und als Ingenieur kann man ein gewisses Grundverständnis von komplexen Wirkungszusammenhängen unterstellen. Und damit qualifiziert er sich mehr als Bürgermeister.

Den Versprechen von blühenden Landschaften glaube ich keinen von beiden...