Thema: Zuckungen
10. März 15 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Tatsächlich ist die Sperrklausel für unsere Demokratie keineswegs förderlich, im Gegenteil. Sie hat dazu geführt, dass sich das bestehende Parteiensystem verfestigt, ja dass es erstarrt. Sie verhindert einen offenen Wettbewerb und eine Chancengleichheit unter den politischen Ideen, und in der Folge entsteht kaum Erneuerung. Das kommt natürlich besonders den Interessen der etablierten Parteien wie CDU/CSU und SPD entgegen.(Die Zeit 14. Januar 2014)
Da steckt alles drin, was es zur wieder aufgeflammten Debatte um die Einführung einer kommunalen Sperrklausel in NRW zu sagen gibt.
Es wundert daher nicht, dass in NRW sich sowohl SPD als auch CDU dafür stark machen.
Das NRW-Kommunalwahlrecht, bei dem der arme Wähler auf den Kandidaten, die Kandidatin seines kleinen Wahlbezirks beschränkt ist und nicht mehr als eine einzige Stimme hat, diente den etablierten Parteien. Dieses Wahlrecht stärkt die großen, die etablierten Parteien.
Parteienvielfalt, so scheint es, muss von den großen NRW-Parteien erst noch gelernt werden, denn in deren Denken ist Vielfalt kein Wert, den es zu verteidigen gilt, sondern Hemmschuh im politischen Entscheidungsprozess.
Richtig, genau deshalb werden kleine Parteien gewählt, weil durch sie das Erstarrte, das Verkrustete der kommunalen Politik aufgebrochen werden soll. Man kann also verstehen, warum SPD und CDU, die ihre je eigenen Ecken und Kanten bis zur Unkenntlichkeit aneinander abgerieben haben, die bis zur Bewegungsunfähigkeit erstarrt sind, dass diese beiden Großen eine kommunale Sperrklausel einführen wollen.
Dass nun aber die NRW-Grünen sich auch für eine Sperrklausel aussprechen, das lag bisher außerhalb des Vorstellbaren. Die Grünen, die Vielfalt als Monstranz vor sich hertragen, die den toleranten Umgang mit der Vielfalt als politische Tugend einfordern, diese Grünen finden sich im Lager der Erstarrten.
Es gibt nur sehr wenige Bundesländer mit einer kommunalen Sperrklausel, es gibt auch nur noch sehr wenige Bundesländer mit einem derart die WählerInnen einschränkendem Wahlsystem wie NRW.
Man nehme zum Beispiel Baden-Württemberg mit seinem Verhältniswahlrecht mit offenen Listen. In BaWü haben Wählerinnen und Wähler mehrere Stimmen ( so viele, wie es Mandate in der Kommune zu vergeben gibt), die sie auf verschiedene Personen und Listen verteilen dürfen (kumulieren und panaschieren, wie es so schön politologisch heißt).
In BaWü ist Vielfalt in Kommunalparlamenten seit Jahrzehnten üblich. So gibt es bspw. im Karlsruher Rat 10 Fraktionen, im Heidelberger 13 und im Freiburger 8.
Über die Einführung einer Sperrklausel wird nicht nachgedacht. Denn, Vielfalt will gelebt werden, auch in Kommunalparlamenten.
Anscheinend aber empfinden auch die NRW-Grünen Vielfalt in kommunalen Räten inzwischen nur noch als störend. Ach ihr Grünen, ihr habt auch mal ganz klein angefangen. Schon vergessen?
Liebe Grünen, solltet ihr bei der nächsten Kommunalwahl auch nur in einer einzigen Gemeinde an der Sperrklausel scheitern, der ihr eure Zustimmung geben wollt, das Hohngelächter möchte ich nicht ertragen müssen.