Thema: Inklusion
Vor gut einem Monat (06.05.2014) habe ich mich an die Grüne Kreistagsfraktion des Rhein-Erft-Kreises gewendet mit der Bitte um Aufklärung, denn ich hatte etwas im Kreistagswahlprogramm gefunden, das mir nun überhaupt nicht gefallen hat:
"Die Förderschulen werden erhalten, damit eine Wahlfreiheit für Kinder mit Einschränkungen besteht."
Also schrieb ich eine Mail:
(Das) klingt im ersten Moment unheimlich gut, behauptet jedoch einen Zustand, den Eltern behinderter Kinder im Grunde nicht kennen.
Bisher galt, dass Kinder zwangsweise und qua Amt einer Förderschule zugewiesen worden sind. Nun könnte man ja behaupten, dass durch die Abschaffung der Zwangszuweisung eine neue Situation entstanden sei und Eltern behinderter Kinder nun erstmals Wahlfreiheit besitzen würden und ihr als Grüne diese „liberale Errungenschaft“ nicht in Frage stellen wollt.
Aber, Wahlfreiheit bei unveränderten Rahmenbedingungen bedeutet die Konservierung der aktuellen Behandlung behinderter Kinder. Die unsichtbare Bevormundung durch Institutionen und internalisierte Bildungsvorstellungen wird ausgeblendet. Wahlfreiheit bedeutet das Negieren einer kollektiven Verantwortung für die Ausgrenzung behinderter Kinder.
Von welcher Wahlfreiheit ist die Rede, solange alle konventionellen Schulen den Begriff Inklusion bestenfalls buchstabieren können, Inklusion aber nicht leben?
Mit anderen Worten: die Wahlfreiheit ist eine Schimäre.
Nicht umsonst findet der Begriff der Wahlfreiheit vorzugsweise dann Verwendung im politischen Raum, wenn behinderten Kindern der freie Zugang zu Regelschulen verbaut werden soll.
Ist Euch bewusst, dass bei genauer Lektüre der UN-Behindertenrechtskonvention Eure Positionierung nicht mit der Konvention in Deckung zu bringen ist?
Diese besagt nämlich, dass behinderte Kinder im Regelschulbetrieb zu unterrichten sind. Förderschulen sind zwar grundsätzlich möglich aber – so muss man wohl formulieren - individuell zu begründen.
Es handelt sich ja auch, entgegen eurer hier gewählten Formulierung, nicht um die Wahlfreiheit der Kinder sondern um ein Elternwahlrecht, dem hier das Wort geredet wird.
(…)
Wer Inklusion will kann sich nicht in so vereinfachender und verallgemeinernder Form für den Erhalt der Förderschulen aussprechen.
Ich bat dann um eine Korrektur dieses Programmpunktes. Da nun hätten die Kreisgrünen ja so einiges zurück schreiben können, von wegen ihre Position sei wohl abgewogen oder auch man werde darüber nachdenken und sich beizeiten mal wieder melden und was man halt so schreibt, wenn einer im falschen Augenblick mit dem falschen Thema anreitet.

Aber, die Kreisgrünen hüllten sich in Schweigen.

Ich habe daraufhin am 22. Mai die grüne Spitzenkandidatin Anna Stenz angemailt:
nachdem die grüne Kreistagsfraktion sich bisher nicht auf meine Mail vom 06.05.2014 gemeldet hat, wende ich mich direkt an Sie, die Sie auf Platz 1 der grüne Liste für den Kreistag stehen.
Ich habe nachfolgendes Zitat gefunden, mit dem Sie Ihren Antrieb für grüne Politik begründen:
„Aktiv zu einer Gesellschaft beitragen, die nachhaltig handelt und auch an Morgen denkt, in der alle Menschen gemeinschaftlich miteinander leben und Niemand wegen einer Behinderung, einer Herkunft oder anderen Individualitätsfaktoren diskriminiert wird, das bedeutet Grüne Politik für mich.“
Mir scheint, die in meiner Mail aufgeworfenen Fragen passen inhaltlich gut hierzu. Anbei daher meine Mail (s.o.) an die grüne Kreistagsfraktion, mit der ich um Aufklärung zum Thema Inklusion in grünen Kreistagsprogramm gebeten habe. Ich würde mich freuen, wenn ich noch vor dem Wahltag eine Antwort erhalten würde.
Aber, auch Frau Stenz hüllte sich in Schweigen.

Vor wenigen Tagen (02.06.2014) habe ich daher sowohl die Kreistagsfraktion als auch die (ehemalige) Spitzenkandidatin Anna Stenz angemailt:
ich weiß ja, dass die Zeit zwischen Wahl und konstituierender Sitzung des Kreistages durch vielerlei Aktivität gefüllt ist.
Ich finde es aber trotzdem bedauerlich, dass weder die Fraktion als solche noch Sie, Frau Stenz, als Spitzenkandidatin sich mit nur einer Silbe auf meine Anfrage gemeldet haben.
Aber, sowohl die Grüne Kreistagsfraktion als auch die Grüne Spitzenkandidatin hüllen sich in Schweigen.

Ich habe in der letzten Mail eine mögliche Einschätzung abgegeben, wie das grüne Kreistagsprogramm und die fehlenden Reaktionen zu werten sein können:
Ist es möglich, dass das Thema Inklusion innerhalb der grünen Kreistagsarbeit ohne jegliche Priorität ist?
Das wäre schade - aber auch in dieser Form als politische Aussage zu werten.
Bis zum Beweis des Gegenteils gilt daher:

Wer Inklusion will sollte sich von den Kreisgrünen fernhalten.