Die Entwicklung der Frechener Schullandschaft scheint sich zu einem netten kleinen Tänzchen zu entwickeln. Als hätte sie Frechen da schon gekannt, sang Petra Pascal 1972:
„Zwei Schritte vor und drei zurück,
so kommt der Mensch voran.“ (1)

Die zwei Schritte voran fanden vor der politischen Sommerpause statt, als einerseits fast 200 Eltern ihrem Wunsch nach einer Gesamtschule in Form eines Bürgerantrags Ausdruck verliehen und als dann ein von der Stadt beauftragtes Gutachterbüro der Stadt beschied, dass eine Gesamtschule für Frechen die vernünftigste Lösung sei.

Die Begründungen waren eindeutig:

Immer mehr Eltern wollen einen Gymnasialabschluss für ihre Kinder, immer weniger Kinder werden Förder- un d Hauptschulen besuchen. Diese Effekte lassen sich NRW-weit beobachten und die Qualität der einzelnen Schule spielt dabei keine Rolle. Selbst preisgekrönte Hauptschulen stehen vor dem Aus!
Dies führt in Frechen dazu, dass, wenn nicht gegengesteuert wird, innerhalb weniger Jahre die Hauptschule zu wenige SchülerInnen für einen regelhaften Betrieb haben, andererseits das Frechener Gymnasium auf massive Raumprobleme zulaufen wird.

Eine Gesamtschule wäre, so die Gutachter, in der Lage, sowohl das Hauptschulproblem zu lösen als auch das ungeregelte Wachstum des Frechener Gymnasiums in beherrschbare Bahnen zu lenken.

Vor der Sommerpause hatte man den Eindruck, dass fast alle Parteien gewillt seien, sich dem Thema unvoreingenommen zuzuwenden. Einzig die CDU zuckte und zögerte und konnte einen Änderungsbedarf nicht wirklich erkennen. Der CDU sei ins Stammbuch geschrieben, dass die NRW-Landesregierung erwartet, dass die Einschulungen an den Hauptschulen von 22.839 SchülerInnen (Schuljahr 2010/11) auf 3.420 SchülerInnen (Schuljahr 2016/17) zurückgehen werden. Damit ist kein Staat mehr zu machen. Verschärfend kommt hinzu, dass Hürth eine Gesamtschule eröffnen wird. Die Frechener Hauptschule wird mit Sicherheit SchülerInnen an diese neue Schule verlieren.

Auf der von nur wenigen Eingeweihten besuchten Informationsveranstaltung der CDU Ende August war denn wohl Tenor, dass die Frechener Schulwelt unverändert über die Zeit kommen soll. Ja, das mag den Traditionskompagnien der CDU so scheinen – da aber Eltern die Zukunft ihrer Kinder im Blick haben und nicht die hehre Vergangenheit des deutschen dreigliedrigen Schulsystems, wird es sich in kürzester Zeit weisen, dass die Zeit der Frechener Hauptschule abgelaufen ist.

Herr Uttecht seinerseits war auch etwas vorsichtiger, in einem Schreiben an die Mitglieder des Schulausschusses formulierte er, dass die Erfahrungen der Vergangenheit, dass, die Hauptschule also ihren Bestand mit mindestens 2 Zügen sichern und regelmäßig ausbauen konnte“ „genauso wenig als sicher gelten kann“ wie die Prognosen der Gutachter.

Spätestens aber mit der Hiobsbotschaft der wegbrechenden Gewerbesteuereinnahmen des größten Frechener Gewerbesteuerzahlers, der RWE Power AG, wird aus der Stadtverwaltung gegengesteuert.

Noch vor der Sommerpause hatte der Schulausschuss 2 Sondersitzungen ins Auge gefasst, um sich intensiv mit dem vorhandenen Schulangebot aber auch den möglichen Veränderungen auseinander zu setzen. Damals war geplant worden, Schulausschuss und Elternschaft gemeinsam mit den Informationen zu versorgen.

Das ist nun nicht mehr gewünscht. Die Informationsveranstaltung für den Schulausschuss soll von einem „noch später zu terminierenden Elterninformationsabend abgekoppelt“ werden. Diese Aussage lädt zu unterschiedlichen Interpretationen ein:

1. Eine gleichberechtigte Teilhabe der Eltern an Informationen und an der sich daraus ergebenden Diskussion über die Zukunft der Frechener Schullandschaft ist nicht erwünscht. Politik und Verwaltung wollen den Entscheidungen vorgreifen. Die Städte Pullheim und Rösrath haben es mit unterschiedlichem Erfolg vorgemacht, indem den Eltern nur eine Schulform, die Sekundarschule, angeboten worden ist.
2. Vor dem Hintergrund rückläufiger Steuereinnahmen will die Stadtverwaltung auf absehbare Zeit keine Veränderungen innerhalb der Frechener Schullandschaft, weil – logisch – Änderungen immer auch mit Bau- / Sanierungsmaßnahmen verbunden sind. Und das kostet Geld.

Zeitgleich und „sachlich richtig“ hat die SPD-Frechen ihre Pressemitteilung "Schullandschaft in Frechen" vom Juni 2012 aus dem Netz genommen – die Pressemitteilung klang zu sehr nach Veränderungswillen und das war denn doch nicht das, was der Frechener SPD gut zu Gesicht steht. (Wer vermutet, dass der strukturkonservative Grundzug der Partei vor Ort etwas mit der massiven Überalterung zu tun haben könnte, der liegt vermutlich richtig.)

Die Probleme werden dadurch aber nicht geringer. Es mag sein, dass es Verwaltung und großer Koalition gelingen wird, das Thema zu vertagen. Wer aber in diesen Kreisem glaubt wirklich, dass die Eltern sich so verhalten, wie von Politik und Verwaltung erträumt?

Ach ja, die Strophe von P.Pascal ging dann noch weiter:

Alles auf einmal kriegt man nicht
und meistens dauert’s lang.

So oder so, auch die Frechener werden den gesellschaftlichen Wandel nicht aufhalten. Man kann ihn gestalten, man kann ihn erleiden. Die Frechener scheinen ein Faible für’s Erleiden zu haben, denn vor dem Gestalten schrecken sie zurück.



(1) Zugegebenermaßen hat sie „Drei Schritte vor und zwei zurück“ gesungen, aber mal ehrlich, andersrum passt es doch viel besser, oder?">