Montag, 12. September 2016
Thema: Opposition
Langsam geht es ans Eingemachte.
Einen ersten Versuchsballon hat die CDU schon gestartet.

Die CDU fragt bei der Verwaltung an, ob man den Zuschussbedarf für die Bäder durch eine Reduzierung der Öffnungszeiten für den öffentlichen Publikumsverkehr an Vormittagen erreichen könne.
Die Antwort der Verwaltung ist recht eindeutig. Ein erkennbares Einsparpotential ergibt sich hierbei nicht.

Aber alleine die Zielrichtung ist schon recht eindeutig, denn es gibt ja immer verschiedene Möglichkeiten eine Defizit zu verringern.

Erstens, in dem man die Kosten reduziert, so wie es die CDU vorschlägt, man kürzt die Öffnungszeiten und spart so Personal ein.

Zweitens, in dem man die Anzahl der Nutzer*innen erhöht, also dass man die Einnahmen erhöht so wie es der Bäderbetrieb in den vergangenen Jahren erfolgreich getan hat.

Ach ja, und dann gibt es noch eine dritte Möglichkeit, die vielerorts diskutiert und an einigen Orten schon umgesetzt wurde. Man erhöht die Eintrittspreise.
Wollen wir wetten, dass das die nächste Idee der CDU sein wird?

Die Folgen sind bekannt. Die Gemeinde Stolberg hat 2011 die Preise für die Nutzung des Hallenbades ordentlich erhöht. Daraufhin gingen die Besucherzahlen um rund 14% nach unten.

Es darf also bezweifelt werden, dass der Zuschussbedarf der städtischen Bäder nach einer spürbaren Preiserhöhung deutlich reduziert werden kann. Man bezahlt die steigenden Einnahmen je Ticket mit einem deutlichen Rückgang der Nutzer*innen, im schlechtesten Fall ein Nullsummenspiel, im besten Fall ein kaum spürbarer RÜckgang des Zuschussbedarfs.

Und spätestens dann sind wir vielleicht doch dort, wo ein begeisterter Schwimmer die Stadt Frechen heute schon hinsteuern sieht: bei der Diskussion um die Schließung des Freibads.

Und die CDU wird uns dann erzählen, dass man ja alle anderen Möglichkeiten schon diskutiert habe, die Schließung des Freibades sei „alternativlos“.




Ganz ohne Hintergedanken, nur weil es so "schön" ist.

a) wer hätte ohne diesen Hinweis gewußt, dass man für ein Weißbier ein entsprechendes Glas benötigt?
Eben drum, danke Aldi.
b.) wer hätte gedacht, dass selbst Dosenbier noch richtig chic daherkommen kann?
Eben drum, danke Aldi.




Mittwoch, 7. September 2016
Thema: Zuckungen
dann müsste man solchen Unsinn in unserer Qualitätspresse nicht mehr unbedingt lesen:
. Mit Blick auf die Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern sagte Gabriel dem RBB, die erste Frage sei: Was müssen eigentlich die machen, die massiv an die AfD verloren haben? Das sind nicht Sozialdemokraten. Die CDU hatte die Wahl in Merkels politischer Heimat verloren und war mit 19 Prozent hinter die AfD (20,8 Prozent) zurückgefallen. Was Gabriel jedoch unterschlägt: Auch die SPD von Ministerpräsident Erwin Sellering hatte bei der Wahl am Sonntag fünf Prozentpunkte eingebüßt.
Im KStA und in der Frankfurter neuen Presse hat Forsa-Chef Manfred Güllner eine kleine Wahlanalyse platziert, die deutlich macht, dass Wahlanalysen mehr sind als die prozentualen Verlust- und Gewinnbetrachtungen die heutzutage vorherrschen.

Nur ein kleines Beispiel: bei der Landtagswahl 2011 haben 157.000 Menschen die CDU gewählt, 2016 nun 154.000. In absoluten Zahlen hat die CDU 2011 und 2016 fast gleich viele Menschen zur Wahl bewegt. Prozentual hat die CDU aber 4% verloren.
Und bei der SPD? 2011 wurde sie von 242.000 Menschen gewählt, 2016 von 246.000. Sie hat sogar 4.000 Stimmen hinzugewonnen. Trotzdem hat sie prozentual 5% verloren.

Das entscheidende Moment wird bei den vereinfachenden Betrachtungen à la Spiegel unterschlagen: die gestiegene Wahlbeteiligung, die sich nur mit dem Auftreten der AfD erklären lässt.
Aus allen Wahlanalysen geht hervor, dass es der AfD gelungen ist, viele in den vergangenen Wahlen abstinente Wähler*innen wieder an die Urnen zu bringen. Möglicherweise hat das Auftreten der AfD auch dazu geführt, dass Menschen, die die AfD verhindern wollen, wieder wählen gegangen sind. Man könnte dann von einem sekundären Mobilisierungseffekt der AfD sprechen: mal wieder wählen gehen, um gegen die AfD zu stimmen.

Wenn es der AfD aber gelingt, mit einem rassistischen und fremdenfeindlichen Wahlkampf, Nichtwähler zu mobilisieren, handelt es sich dann um ein Wählerpotential, um das es sich für demokratische Parteien lohnt, zu kämpfen?
Laut Manfred Güllner spricht alles dafür, dass demokratische Parteien davon die Finger lassen sollten:
Die schon bei früheren Wahlen zu beobachtende Fehleinschätzung der Verankerung der AfD in der Wählerschaft zeigt sich auch wieder nach dieser Wahl. Die AfD ist nämlich auch nach dem Ergebnis der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern keinesfalls auf dem Weg zu einer Volkspartei, sondern sie erhält nur die Stimmen jener Minorität aller Wahlberechtigten (in Mecklenburg-Vorpommern 12,6 Prozent), die schon immer anfällig waren für fremdenfeindliches, rassistisches und rechtsradikales Gedankengut.
Dieses latent schon immer vorhandene Potenzial liegt in ganz Deutschland bei 12 bis 15 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern, wo schon 1992 in Rostock-Lichtenhagen der bisher brutalste Anschlag auf ein Flüchtlingsheim stattfand, dürfte es eher höher sein. Die AfD hat also mitnichten – wie für eine Volkspartei charakteristisch – eine heterogene Wählerschaft, sondern eine im Hinblick auf ihre Grundeinstellung sehr homogene.
Und auch thematisch sitzen wir einer Legende auf, wenn wir den populärpolitischen Erklärungsansätzen auf den Leim gehen: Mitnichten kann gelten,
dass {Frau Merkels] Flüchtlingspolitik angeblich „zum einzigen Wahlkampfthema wurde“ und die Bundespolitik somit die Landespolitik überlagert habe.
Aus Meinungsumfragen lässt sich ableiten, dass diese Aussage nur für das AFD-Wählerklientel galt.
Alle anderen Wähler und Nichtwähler jedoch gaben mit großer Mehrheit an, für sie sei bei der Frage, ob man sich an der Wahl beteilige oder nicht, oder welcher Partei man die Stimme gebe, die Landespolitik entscheidender als die Bundespolitik.
Der Verweis auf die Wirkungsmächtigkeit der Flüchtlingskrise lenkt nur davon ab, sich mit den eigenen politischen Schwächen zu beschäftigen, findet M.Güllner und er verweist auf die Gruppe der Nichtwähler, die in Mecklenburg-Vorpommern mit 39,5% aller Wahlberechtigten mehr als dreimal so groß war, wie die Gruppe der AfD-Wähler, die es zu beachten gelte.

Knapp 40% der Wahlberechtigten, die durch Wahlabstinenz ihre Unzufriedenheit mit der Art und Weise zum Ausdruck brachten, wie heute Politik gemacht wird, die aber zugleich in der Wahl der AfD kein angemessenes Ventil für ihre Unzufriedenheit gesehen haben.

Hier ist das Potential, auf das sich die demokratischen Parteien stürzen sollten, wollen sie zu besseren Wahlergebnissen kommen. Für diese Gruppe sollte es sich lohnen, ein attraktives politisches Angebot zu machen. Aber da sind wir wieder beim altbekannten Problem. Man geht wählen, wenn es eine Auswahl gibt. Auswahl bedeutet, dass ein unterscheidbares politisches Angebot vorhanden ist.

Und genau daran mangelt - es auf allen politischen Ebenen.




Sonntag, 4. September 2016
Thema: Zuckungen
Vor wenigen Tagenkam mir ein Artikel von Wolgang Kaschuba, Professor für Europäische Ethnologie, unter. Es diskutiert darin die Veränderungen des urbanen Raums, des öffentlichen Raums in den Städten. Es ging dabei eher um die großen Städte, die Metropolen, die Kölns und Berlins und Paris und Londons der westlichen Hemisphäre.
Aber es tauchte ein Satz auf, der eben nicht nur auf Metropolen trifft, sondern der möglicherweise mit noch viel mehr Berechtigung für Mittel- und Kleinstädte gilt.
W. Kaschuba spricht von einem "Gesamtkunstwerk Öffentlichkeit", den er als "unabgeschlossenen und prekären Prozess der Suche nach den Chancen und den Problemen eines urbanen "Wir"." versteht. Entscheidend ist dabei, dass das urbane "Wir" alle möglichen Akteure und Formationen, von der Stadtteilinitiative über kulturelle Initiativen bis hinein in Politik und Verwaltung meint, die in einem dauerhaften Aushandeln dessen stehen, was man übergreifend unter Stadtentwicklung versteht.

Kommen wir aber zu der Formulierung, die mich an Frechen hat denken lassen:
Künftig meint Öffentlichkeit damit aber auch in sozialer und politischer Hinsicht etwas tatsächlich Neues. Nicht mehr jenes "Justemilieu" der alten wirtschaftlichen und bildungsbürgerlichen Stadtelite, also jener Filz aus lokaler Politik, Verwaltung, Unternehmerschaft und Vereinswesen, der sich im Honoratiorengestus die Stadt zur Beute nahm.
Das, was W.Kaschuba mit die Stadt "zur Beute machen" beschreibt, ist in Klein- und Mittelstädten noch viel ausgeprägter als in den Metropolen, denn diese Städte sind in ihrer Entwicklung deutlich weniger dynamisch als Großstädte. Die tägliche Konforntation mit dem "Neuen", vorangetrieben durch den steten Zuzug von Menschen, die in der Großstadt ihre Zukunft suchen, findet in den kleineren Städten deutlich weniger statt.

Man nehme nur Frechen. Der wohl größte Gruppe der Zuziehenden, wenn wir die Flüchtlinge für einen Augenblick beiseite lassen, bestand in den vergangenen Jahren aus Familien aus Köln bzw. dessen Speckgürtel. Der Mittelstand, der seine Kinder in einer etwas ruhigeren Umgebung aufwachsen sehen will als im quirligen und lauten Köln.

Jedenfalls eine Bevölkerungsgruppe, die nicht zwingend angetreten ist, das "Justemilieu" aufzubrechen, gegen die Honoratiorenstrukturen, gegen "den Filz aus lokaler Politik, Verwaltung, Unternehmerschaft und Vereinswesen" (Kaschuba) angehen will.

Das aber ist erforderlich, wenn Frechen sich in bürgerschaftlichem Sinne weiterentwickeln soll. Auch Städte wie Frechen benötigen eine neue Form der Öffentlichkeit, eine neue Form des Diskutierens und Aushandelns der großen und kleinen städtischen Probleme.

Nur ein Beispiel, das Teile der Öffentlichkeit beschäftigt. Die FDP hat im vergangenen Jahr die Qualität des Trinkwassers zum Thema gemacht. ES gab mehrere öffentliche Veranstaltungen zum Thema, der Rat und seine Ausschüsse hat sich damit beschäftigt.
Wie immer sind die Lösungsoptionen nicht eindeutig. Das Frechener Wasser ist in Ordnung. alle gesetzlichen Grenzen werden eingehalten. Es könnte aber bspw. weniger Nitrat enthalten, wenn es aus einem anderen Trinkwasserbrunnen entnommen würde.
Will man jedoch, dass Frechen Wasser aus einem anderen Trinkwasserbrunnen erhält, so sind vorweg Investitionen in die Wasserleitungen notwendig, die in der Folge den Trinkwasserpreis für alle Frechener*innen deutlich erhöhen werden. Die Schätzungen sprechen von einer Erhöhung von 30 bis 50%.

Es gibt jetzt 2 Optionen:

a.) das Pferd ist inzwischen totgeritten, dann sollte man es aber auch dem Abdecker übergeben und beerdigen. Soll heißen: öffentlich erklären, dass das Trinkwasserthema nicht weiter verfolgt wird.
oder
b.) es ist noch quicklebendig und es soll weiter geritten werden.
Auch gut, dann aber wäre es nur konsequent und zielführend, wenn der Rat der Stadt Frechen sich ein eindeutiges Votum der Bürgerschaft abholt, ob die Mehrheit der Frechener*innen für ein nitratärmeres Trinkwasser bereit ist, einen deutlich höhren Trinkwasserpreis zu bezahlen.

Die Fakten liegen auf dem Tisch und der Rat könnte selber mittels eines von ihm initiierten Bürgerbegehren sich Klarheit verschaffen, in welche Richtung mit dem oder den betroffenen Wasserversorgern weiterverhandelt werden soll.

So aber verbleibt das Thema im "Themenspeicher" wird im Sommerinterview der FDP-Fraktionsvorsitzenden Kayser-Dobiey ein weiteres Mal vorgeführt und verschwindet wieder in der Versenkung .... bis man es bei der nächsten passenden Gelegenheit wieder ans Tageslicht zerrt.

Die FDP als Hauptakteurin in diesem Spiel hätte schon längst den Weg über ein Bürgerbegehren gehen können. Aber sie tut es nicht.
Vermutlich weiß sie um die Schwierigkeiten, eine skeptische Öffentlichkeit davon zu überzeugen dass massive Preiserhöhungen für sehr geringe Verbesserungen der Trinkwasserqualität gerechtfertigt sind.
Da ist es konsequent und zielführender, wenn dies im Rahmen des von W.Kaschuba als Filz beschriebenen "Justemilieu" ausgehandelt wird, wenn Politik und Verwaltung hinter verschlossenen Türen weiterverhandeln und irgendwann ein ihnen "genehmes" Ergebnis präsentiert werden.

Die alten Honoratiorenkreise wissen halt immer am besten, was der Stadt gut tut. Und eine echte demokratische Öffentlichkeit, die überzeugt werden muss und die mitentscheiden darf, die stört da nur.

So werden demokratische Potentiale verschleudert, wird Beute gemacht.