Mittwoch, 2. September 2015
die Berichterstattung im Frechener Wochenende zur ersten Podiumsdiskussion unserer beiden Bürgermeisterkandidaten ist mehr als eine Offenbarung.
Die Hälfte des Berichts ist den Werbefilmchen der Kandidaten gewidmet, deren Ästhetik gewürdigt wird. Sicherlich, auch darüber läßt sich trefflich philosophieren, aber man hätte sich denn doch über die extrem unterschiedlichen Positionen der beiden erhofft.

Aber immerhin, in der zweiten Hälfte des Berichts wurde es noch etwas inhaltlich.

Und was dürfen wir alle druckfrisch lesen:

Beide wollen, dass Frechen nicht weiter wächst. Aber keiner der beiden hat erklärt, dass das Baugebiet Grube Carl nicht weiterentwickelt werden soll. Vielmehr wollen beide, dass dort weitergebaut wird, denn das sei ja bereits entschieden. Damit ist doch städtisches Wachstum bereits angelegt.

Beide wollen die Stadtverwaltung mit einem weiteren Dezernenten, dem technischen beglücken. Eine gleichförmige Reaktion auf ein erkennbares Problem: städtische Baumaßnahmen haben einen langen Vorlauf und auch die Umsetzung scheint nicht immer optimal. Man sollte aber vorher geklärt haben, ob es sich um ein Führungsproblem handelt oder ob das entsprechende Fachdezernat nicht einfach unterbesetzt ist. Im zweiten Falle bräuchte es keinen neuen Häuptling sondern einfach ein paar Indianer, die die Fachaufgaben erledigen können.



Beide wollen einen neuen Wirtschaftsförderer einstellen

Beide schließen Steuererhöhungen nicht aus. Nun ja, die Jamaikakoalition hat den entsprechenden Vorratsbeschluss bereits gefasst und der laute Protest von Ferdi Huck war denn wohl auch nur eine unwesentliche Formalie.

Also auch hier: unsere beiden Kandidaten sind einer Meinung.



Spannend aus Sicht eines Aussenstehenden im Rahmen einer ums Wirtschaftliche zentrierten Diskussion wären die Fragen nach dem geplanten Gewerbegebiet an der Krankenhausstraße gewesen oder auch die Frage, ob und welche weiteren Flächen in Frechen für Gewerbeansiedldungen angedacht sind und wie das mit dem Verkehr so laufen soll, wenn weiteres Gewerbe angesiedelt wird.

Extrem unterschiedlichen Positionen? Fehlanzeige!

Aber hören wir zum Schluss noch den Worten von S.Stupp:
"Eigentlich ist diese Wahl für Frechener Bürger extrem spannend. Es gibt zwei sehr unterschiedliche Kandidaten mit sehr unterschiedlichen Positionen! Da müsste dem Bürger die Wahl odch leicht fallen."
Echt?
Bisher ist nichts erkennbar von "extrem unterschiedlichen Positionen" und die Spannung tendiert gegen Null.

Aber wie sagt Frau Stupp im gleichen Interview:
Die Hoffnung stirbt zuletzt.


Aber sie stirbt.




Montag, 31. August 2015
„Die taugen nichts, die taugen alle beiden nichts.“

Das hört man so, wenn man an einem Samstagvormittag nur wenige Meter abseits der Wahlstände am Klüttenbrunnen in der Frechener Fußgängerzone flaniert.

Steht man dagegen direkt an den Wahlständen, so herrscht dort professioneller Optimismus vor. Unsere beiden Kandidaten und ihre Unterstützer sind sich in ihrer Einschätzung einig. Ihr Kandidat, ihre Kandidatin wird die Bürgermeisterwahl gewinnen.

Nun ja, Überzeugung ist das eine und Wahltag das andere. Einer der beiden wird am Ende den Kürzeren ziehen. So ist das bei einer Persönlichkeitswahl.

Und danach?

Bei Radio Erft wurden beide gefragt, was sie im Falle einer Niederlage tun würden und beide haben erklärt, dass sie Zähne zusammenbeißen würden, um dann weiterzumachen wie bisher.
Das ist ein zumindest interessanter Ansatz, der bei einer kleineren Partei völlig normal ist, nicht jedoch, wenn eine Partei sich reale Siegchancen ausrechnet.
Bei kleinen Parteien handelt es sich um Zählkandidaten, die die Flagge der Partei hochhalten sollen, um dem eigenen Wählerklientel die Chance zu geben, zur Abstimmung zu gehen und die Stimme abzugeben.

Bei dieser Bürgermeisterwahl wird uns diese Chance leider nicht gegeben. Außer SPD und CDU haben alle im Rat vertretenen Parteien auf einen eigenen Kandidaten verzichtet. Das kann einige möglicherweise negative Effekte zeitigen.

Dazu eine kleine Geschichte aus der Historie: bei der Wahl zum Generalrat des Departements Rhône in den 1880ern, der Generalrat entspricht ganz vereinfacht unserem Kreistag, kam es in einem Wahlbezirk zu eben einer reinen Zweierkonstellation. Beide Kandidaten gefielen den Wählern, damals wählten nur die Männer, nicht. Am Ende des Wahltages notierte der Wahlvorstand in sein Wahlprotokoll, dass eine Auszählung nicht habe stattfinden können, da keine Wähler erschienen seien.

Die Geschichte belegt schlagend: wem das Angebot nicht gefällt, der geht vermutlich nicht zur Wahl. Es ist also mit einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung zu rechnen.

Auch die Anzahl der wohlfeilen Ausreden wird sich nach einer Wahlniederlage massiv reduzieren. Bei einer Vielzahl an Gegenkandidaten kann man als Unterlegener seine Niederlage mit der Existenz der "vielen Kandidaten aus dem eigenen Lager" begründen, mit der Zersplitterung des konservativen bzw. des linken Lagers.

Solche Ausreden ziehen 2015 nicht. Eine Niederlage ist die eigene wohlerworbene Niederlage.

Und Niederlagen müssen verarbeitet werden. Persönlich und organisatorisch, denn jede Niederlage erfordert ein Opfer. Nicht umsonst folgen auf deutliche Niederlagen schnelle Rücktritte. Dabei gibt es unterschiedliche Ebenen, die den Parteien zur Verfügung stehen, um eine Niederlage zu erklären und zu verarbeiten.

Auf der sachlichen Ebene werden die Gründe einer Niederlage entweder in der Wahlkampforganisation oder im Wahlprogramm gesucht und gefunden. Ein als mangelhaft empfundener Wahlkampf führt meist sehr stringent zum Rücktritt des Wahlkampfmanagers und oft zu personellen Veränderungen im Parteivorstand.
Wird die Ursache der Niederlage an den Wahlkampfthemen festgemacht, so bedeutet das, dass die eigenen Themen dem Wahlvolk nicht vermittelbar waren, aus der Zeit gefallen sind. Dies wird mit dem Rücktritt der Personen gesühnt, die mit den „falschen“ Inhalten in eins gesetzt werden. In einem zweiten Schritt wird dann versucht, die Inhalte zu „modernisieren.“ Die Grünen haben nach der letzten Bundestagswahl ihren Spitzenkandidaten Jürgen Trittin schnellstens entsorgt und schreiben jetzt ihre politische Programmatik um. Alles, was nach Steuererhöhung riecht, muss weg.

Schlussendlich aber lieben Parteien einfache Antworten auf komplexe Fragen. Niederlagen werden daher personifiziert. Es war der Spitzenkandidat. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann geh’n. Das Schicksal Norbert Röttgens‘ steht da für viele.

Dieses Vorgehen hat einen strukturellen Vorteil für die betroffene Partei, denn hier wird mit einem schnellen Schnitt aus der Niederlage der Partei die Niederlage des Spitzenkandidaten. Das Ganze bekommt etwas von einer griechischen Tragödie: das (Wahl-)Schicksal hat zugeschlagen, der Held stürzt in den Abgrund.

Den Parteimitgliedern und der Öffentlichkeit wird gezeigt, dass die Partei bereit ist, aus der Niederlage schnelle und massive Konsequenzen zu ziehen. Es ist wie im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, nur das die Partei, die diesen Kaiser auf’s Schild hob, ihn kleidete und ihn umschmeichelte sich nun in ein Kind verwandelt, am Straßenrand steht und ruft: „Schau mal Papa, der Kaiser ist nackt.“ (Hierbei handelt es sich um die demokratisch gewandelte Lehre von der Dreifaltigkeit: Partei, Kandidat und Kind sind eine unauflösliche Einheit und doch unterscheidbar.)

Und vor diesem Hintergrund sind unsere beiden Helden der Meinung, dass sie auch nach einer Niederlage weitermachen können, als sei nichts passiert?

Das können wir nicht glauben, das wollen wir auch nicht glauben.

Eine Niederlage erzwingt ein Opfer, darauf wartet die Öffentlichkeit. Und wenn eine Partei bei zukünftigen Wahlen wieder auf die Siegesstraße einbiegen will, so muss sie rasch nachweisen, dass sie aus der Niederlage Lehren ziehen will, dass sie aus der Niederlage lernen will.

Der einfachste Weg, der Öffentlichkeit die eigene Veränderungswilligkeit, die eigene Lernfähigkeit zu demonstrieren besteht in der Opferung des ehemaligen Spitzenkandidaten.

Wir sind den Griechen näher, als wir es wahrhaben wollen.




Freitag, 28. August 2015
Im Straßenverkehr läuft so einiges schief. Wir wickeln einen Hauptteil des Straßenverkehrs über Nebenstraßen ab.
Man mag dem Bürgermeisterkandidaten der SPD, F.Huck da nicht widersprechen, aber man stellt sich schon die Frage, was sich konkret in Frechen ändern soll, wissen wir doch, dass F.Huck an anderer Stelle dem vierspurigen Ausbau der Bonnstraße das Wort redet, die SPD-Landtagsabgeordneten auffordert, sich für die schnelle Umsetzung des A4-Anschlussstelle zwischen Horrem und Königsdorf einzusetzen, den Vollanschluss Frechen-Nord wünscht und was der Autofahrerwünsche mehr sein mögen. An einer anderen Stelle hat er sich ein weiteres Mal für die Verlängerung des Freiheitsrings ausgesprochen.

Also, alles im Rahmen, nichts wirklich Neues, damit kann auch die CDU, damit kann unsere Interessengemeinschaft Frechener Unternehmen, damit kann die FPD.

Auch im Bereich der Gewerbepolitik steht Ferdi Huck, da, wo CDU, FDP und IFU im Grunde auch stehen: alle wollen eine Ausweitung der in Frechen vorhandenen Gewerbeflächen. Da soll an der Krankenhausstraße ein neues Gewerbegebiet entstehen und F.Huck hat erweiternd die Flächen zwischen der Brikettfabrik und der Holzstraße ins Spiel gebracht. Auch da könne man Gewerbe ansiedeln.



Auch wenn nun F.Huck hier als Stichwortgeber fungiert hat, man hätte es auch anhand der Aussagen von S.Stupp aufziehen können. Die Differenzen sind marginal.

Fragt sich nur, wie sich das mit dem Verkehr dann so entwickeln wird. Jedes neue Gewerbegebiet führt zu einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens. Je nach Gewerbe, das angesiedelt wird, kommen mehr oder weniger LKWs, mehr oder weniger PKWs, kommen die Autos zu je anderen Uhrzeiten. Sicher aber ist: es fahren mehr LKWs als zuvor, es fahren mehr PKWs als zuvor auf den Zufahrtsstraßen.

So beispielsweise die Krankenhausstraße: sie ist jetzt schon voll. Wird die Umgehung Buschbell eröffnet, wird es vermutlich noch mehr Verkehr, kommt der Vollanschluss Frechen-Nord, wird die Bonnstraße komplett vierspurig, wird sich das Verkehrsaufkommen weiter erhöhen. Man kann die Uhr danach stellen. Und kommt dann noch ein neues Gewerbegebiet, kommt noch ne Schippe Verkehr oben drauf. Und es ist wahrscheinlich eher etwas weltfremd, wenn man dann erwarten würde, dass das gesamte Verkehrsaufkommen sich auf die Hauptstraßen beschränkt.

Und Vergleichbares lässt sich für ein neues Gewerbegebiet oben an der Brikettfabrik vermuten. Neues Gewerbe führt zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen, das sich auch auf die anliegenden Nebenstraßen auswirken wird.

Und wenn wir zudem alle wissen, dass die Stadt Köln ihre eigenen Verkehrsprobleme in Marsdorf nicht in den Griff bekommt und durch den geplanten Bau des Großmarktes an der Bachemer Straße sogar noch vergrößern wird, der kann sich vorstellen, wie sich ein gesamthaft steigendes Verkehrsaufkommen in Frechen auswirken wird.

Solange die Verantwortlichen bzw. diejenigen, die anstreben, verantwortlich zu werden, unter einem Verkehrskonzept in erster Linie immer noch den fließenden Autoverkehr verstehen und die einzige Lösung im Ausbau von Straßen erblicken und solange Gewerbegebiete geplant werden ohne dass an den dadurch hervorgerufene Autoverkehr gedacht wird, bzw. der Verkehr über noch zu bauende Straßen abfließen soll, Straßen, von denen niemand weiß ob und wann sie je gebaut werden, nähern wir uns Schritt für Schritt dem Verkehrskollaps.

Ach ja, auch neue Wohnbebauung erhöht das Verkehrsaufkommen – worauf das städtische Straßennetz insgesamt nicht ausgerichtet ist ….

Was man so hört und liest von unseren beiden Kandidaten für den Bürgermeisterposten ist inhaltlich kaum zu unterscheiden.
Nun gut, so ist das manchmal in kleinen Kommunen, man mag politisch stehen wo man will, es gibt nur eine überschaubare Menge an Lösungen für bestimmte Probleme. Manchmal sogar nur eine einzige Lösung. In Frechen ist das halt bei fast allem so.

Was aber bei beiden Kandidaten fehlt ist so etwas wie die „große Erzählung“, die Einordnung der einzelnen Lösungsvorschläge in einen Gesamtzusammenhang:
Wohin wollen die beiden die Stadt führen? Wieviel Bevölkerungszuwachs wollen die beiden der Stadt zumuten? Wieviel neues Gewerbe braucht die Stadt? Welches Gewerbe? Wo sind die konkreten Zielvorgaben? Welche Flächen bleiben der Bevölkerung als Erholungsraum in einer Stadt, die von großen Verkehrsadern umschlossen ist?

Oder ganz einfach formuliert: wie soll ein lebenswertes Frechen in 10, in 15 Jahren aussehen? Darüber sollte geredet werden und dies in einem ergebnisoffenen Verfahren mit den Einwohnern und Einwohnerinnen, mit der Bereitschaft, bereits getroffene Entscheidungen auch zur Disposition zu stellen.

Dann wäre Wahlkampf.

So aber kann festgehalten werden, dass weder F.Huck noch S.Stupp uns ein Idee liefern für das Frechen der Zukunft. Es werden uns Einzelmaßnahmen präsentiert, die sich zu keinem Gesamtbild zusammenfügen, die sich widersprechen. Schlimmer noch, werden all die in den Wahlprogrammen genannten Einzelmaßnahmen umgesetzt, so wird der Stadt die Zukunft „verbauen“.