Dienstag, 9. Juni 2015
An dieser Stelle wurde bereits vor drei Monaten über die Notwendigkeit eines Schülerspezialverkehrs vom Einzugsgebiet der Lindenschule (Grube Carl / Sandstraße / Alte Straße Richtung Wasserturm) rüber zum Übergangsstandort der Lindenschule am Herbertskaul hingewiesen.
Die Schulpflegschaft der Lindenschule hat einen Antrag auf Einrichtung eines Schülerspezialverkehrs gestellt, den der Schulausschuss morgen beraten muss.
Wer sich in der Gegend auskennt, der weiß, dass die Überquerung der Dürener Straße im Berufsverkehr keine wahre Freude ist, der weiß, dass die Querung der Straßenbahn im Bereich der Kreuzung Dürener Straße / Franzstraße ampellos von statten gehen muss, der weiß, dass die Bahnstraße sehr unübersichtlich ist.
In der städtischen Verwaltungsvorlage wird nun bezüglich der Gefährlichkeit des Schulwegs streng juristisch argumentiert:
Laut gerichtlicher Auslegung müssen dabei die normalen Gefahren des großstädtischen Straßenverkehrs weit überschritten sein.
Mag sein, dass Gerichte so entschieden haben, es spricht aber wenig dafür, dass Eltern sich dieser juristischen Einschätzung anschließen werden. Für Erst- und Zweitklässler ist diese Wegführung nicht ohne Gefahr, insbesondere weil kleine Kinder weder die Verkehrsregeln kennen, noch Geschwindigkeiten einschätzen, noch mit dem teilweise aggressiven Fahrverhalten von Berufspendlern umgehen können. Über das sprunghafte und nur schwer beeinflussbare Verhalten von Kindern, die in Gruppen unterwegs sind ganz zu schweigen, ebenso wenig sollte man über das Winterhalbjahr nachdenken, wenn die Kinder morgens in der Dämmerung unterwegs sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Strecke zur Schule sich für viele Kinder mindestens verdoppelt wird. Von der Grube Carl aus ergeben sich Wegstrecken, die knapp an die 2 Kilometer heranreichen, 23 Kindern haben sogar einen Wegstrecke, die die 2 Kilometer übersteigt. Diese Strecke im Plapperkindermodus gelaufen führt dazu, dass die einfache Wegstrecke mit rund 40 Minuten kalkuliert werden muss.

In der Vorlage werden unterschiedliche Finanzierungsvarianten diskutiert, wobei nur eine Variante sinnvoll in Betracht kommt: die Einrichtung eines Schülerspezialverkehrs, der von der Stadt abseits aller rechtlichen Verpflichtungen für den Zeitraum der Bauphase zu finanzieren ist. Laut Einschätzung der Schulpflegschaft scheint es kaum möglich, über 200 GrundschülerInnen in die aktuell bereits überfüllten Busse des normalen Linienverkehrs zwängen zu wollen. Diese wurde durch die REVG bereits bestätigt:
Es wurde mit der REVG Rücksprache genommen, um die Möglichkeit eines Transports mit dem Linienverkehr zu prüfen. Die bestehende Linie wird vor allem durch Schüler/innen der weiterführenden Schulen stark frequentiert. Daher könnte es nach den Erfahrungen der REVG für Grundschüler nicht unproblematisch sein, dort mitzufahren.
Wichtig für Eltern ist, dass ihre Kinder sicher, pünktlich und verlässlich zum Übergangsstandort der Lindenschule und wieder zurück kommen. Es ist derzeit so, dass die übergroße Mehrheit der Kinder die Lindenschule zu Fuß erreicht, zum Nutzen der Kinder und der Eltern, die ihre Kinder eben nicht mit dem Auto zur Schule kutschieren müssen. Damit sind die Rahmenbedingungen für einen Schülerspezialverkehr abgesteckt.
Über den Schülerspezialverkehr muss der Schulbeginn und das Schulende abgedeckt werden. Hier aber geht die Verwaltungsvorlage nicht weit genug:
Bei den angenommenen Fahrten wurden lediglich Rückfahren zum regulären Unterrichtsende 11:30 Uhr, 12:35 Uhr und 13:20 Uhr vorausgesetzt. Da der Schulträger gemäß Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung vom 23.12.2010 nicht verpflichtet ist, Kosten für die Heimfahrten nach außerunterrichtlichen Betreuungsangeboten zu übernehmen, wurden diese nachmittäglichen Fahrten nicht berücksichtigt.
Das bedeutet nämlich, dass es keinen Bustransfer zum Ende des offenen Ganztags geben wird.
Das ist, mal ehrlich, eine unsinnige Sparpolitik, denn der geschlossene Ganztag an den weiterführenden Schulen gilt als Unterricht und daher muss ein Schülerspezialverkehr daraufhin ausgerichtet sein. Der offene Ganztag der Grundschulen dagegen gilt als „freiwillig“ …
Eltern von Grundschulkindern gehen ja auch nur freiwillig arbeiten und verzichten darauf gerne, um ihre Kinder nachmittagspünktlich von der OGS abzuholen – in unserem Wirtschaftssystem eine realistische Option, klar doch.
In der aktuellen Elternbefragung zur Gesamtschule war auch gefragt worden, wie viele Eltern sich ihre Grundschule als Ganztagsschule wünschen. 55% der Eltern haben diesen Bedarf angemeldet. Mit anderen Worten: rund 55% der Kinder müssen zukünftig von den Eltern abgeholt werden, wenn die Stadt sich an den Wortlaut der entsprechenden ministeriellen Erlasse hält.
Zudem lohnt sich ein Blick auf das Gesamtvolumen der Baumaßnahmen Lindenschule / Burgschule. Die Stadt will hier 22 Millionen Euro investieren. Es kann ja nicht sein, dass in diesem Volumen nicht auch die für die Einrichtung des Schülerspezialverkehrs notwendigen rund 160.000 Euro je Schuljahr vorhanden sind.
Auszuschließen ist das aber in Frechen nicht, denn die letzte Passage der Verwaltungsvorlage beschreibt einen Ausweg, den zwar die Lindenschuleltern nicht gehen werden, der aber ach so gesund und ach so vernünftig klingt:
Die Lindenschule hat in der Vergangenheit an den bundesweiten Aktionstagen „Zu Fuß zur Schule“ teilgenommen und im Verlauf dessen den sogenannten „Walking Bus“ ins Leben gerufen. Dieser ist eine Gehgemeinschaft von Kindern auf dem Schulweg. Jeder Walking Bus wird von 2 Erwachsenen begleitet. Die Kinder laufen in einer Gruppe auf einer festgelegten Route zur Schule, unterwegs werden weitere Kinder mitgenommen. .
So klingt es zwar schön, ist aber falsch, denn der „Walking Bus“ wurde nicht von Schule ins Leben gerufen, sondern beruhte alleine auf dem Engagement einer Einzelperson.
Ob der Walking Bus eine Alternative wäre auch für den Schulweg zur Burgstraße, hängt von der Initiierung durch Schulleitung und Schulkonferenz und der Bereitschaft und der Möglichkeit der Eltern zur Begleitung der Kinder ab.
Durch die Blume wird hier der hohe zeitliche und personelle Einsatz der Eltern angesprochen, der gegen eine Realisierung dieses Modells spricht. Die WalkingBus-Gruppen früherer Jahre umfassten maximal 15 Kinder mit je 2 Erwachsenen. Diese müssten die Kinder zum Herbertskaul begleiten und zu Fuß wieder nach Hause laufen und nachmittags alles in die umgekehrte Richtung. Der Zeitaufwand je Weg liegt bei deutlich über einer Stunde. Der tägliche Zeitbedarf und die hohe Anzahl an Eltern, die für den WalkingBus benötigt würden lassen diese Option heute bereits als die Totgeburt erscheinen.
Da geht dann auch die pädagogische Begründung mal forsch an der Lebenswirklichkeit vorbei:
Der Walking Bus stellt nicht nur eine umweltfreundliche Alternative dar, sondern fördert körperliche Aktivität und soziales Miteinander der Kinder. Nicht zuletzt werden dadurch sicheres Verhalten und Selbständigkeit im Straßenverkehr trainiert.
Und so gibt es bereits heute Eltern, die sich klar positioniert haben: Kommt kein Bus, dann werden die Kinder mit dem Auto zur Schule gebracht. Die Verkehrssituation auf der Franz- und der Burgstraße wird dank dieses Autokorsos dann zu einem zweijährigen Ärgernis, nachdem die Verwaltungsvorlage die „Verkehrsbelastung der Burgstraße“ zumindest als Problem angesprochen hat.




Mittwoch, 3. Juni 2015
Die Ergebnisse der Elternbefragung liegen vor. Eindeutiger hätten sie kaum ausfallen können. Von 892 Eltern der Kinder der 2. und 3. Klassen haben 684 Eltern den ausgefüllten Fragebogen abgegeben. Das bedeutet eine Teilnahmequote von 76,7 Prozent. Alleine dieser Wert belegt, wie hoch das Interesse der Eltern an diesem Thema ist.

Den Eltern waren zum Thema Gesamtschule vier Antwortmöglichkeiten auf die Frage „Würden Sie Ihr Kind an einer Gesamtschule in Frechen anmelden“ vorgegeben worden: ja – ja, vielleicht – eher nicht – nein.
Aufgeschlüsselt auf die beiden Klassenstufen ergaben folgende Ergebnisse:





Fasst man nun die tendenziell bejahenden und die tendenziell verneinenden Antworten zusammen, dann erhält man ein Meinungsbild, das nur noch wenig Spielraum offen läßt:
Unter den Eltern der Zweitklässler sprechen sich fast 59 % für eine Gesamtschule in Frechen aus, unter den Eltern der Drittklässler gut 63 %.



Man kann sich nun über diese hohe Zustimmungsrate für eine Gesamtschule freuen, oder man liest die Elternbefragung mal von hinten: Unter den Zweitklässlern wollen nur 41 % der Eltern ihr Kind wohl nicht auf einer Gesamtschule anmelden, bei den Drittklässlern sogar nur 37 %.

Die Motivlagen werden jeweils sehr individuell sein, dem einen ist die Realschule zu voll, dem anderen das Gymnasium zu naturwissenschaftlich, ein Dritter sucht eine Schule, in der sein Kind nicht schon früh auf einen bestimmten Abschluss festgelegt ist, ein Vierter hat was gegen G8. Der Gründe mag es noch mehr geben.

Diese individuellen Gründe zeigen aber ein Bild, das eine deutliche Absage gegenüber der bisherigen Frechener Schullandschaft transportiert. Möglicherweise sollten sich zudem die zukünftig neben einer Gesamtschule existierenden lokalen weiterführenden Schulen ernsthaft fragen, warum sich nur ein gutes Drittel der Eltern sich klar zu den bestehenden Schulformen bekannt hat. Hier können sich die spannenden Fragen ergeben.

Etwas ist faul im Staate Dänemark.




Dienstag, 2. Juni 2015
Thema: Inklusion
Vor einem Jahr wurde in diesem Blog auf die in Summe absolut unklare Haltung der Kreisgrünen zum Thema Inklusion hingewiesen. Der Beitrag transportierte auch die Information, dass weder die Fraktion der Grünen im Kreis, noch die persönlich angemailte Anna Stenz (Vorsitzende des Frechener Ortsvereins und Mitglied im Kreisrat) auf die Mails des Bloggers reagiert haben.

Damals ging es um möglicherweise eher abgehobene und grob verallgemeinernde Formulierungen in einem Wahlprogramm, jetzt protestieren Eltern von zwei anscheinend von der Schließung bedrohten Förderschulen im Kreis. Ein Mitglied der Grünen aus Elsdorf fragt vor diesem Hintergrund an, wie denn die Schulpolitik der Grünen im Kreis aussehe.

Eine Frage, die hier auch schon gestellt und vorläufig folgendermaßen beantwortet wurde:
Ich habe in der letzten Mail eine mögliche Einschätzung abgegeben, wie das grüne Kreistagsprogramm und die fehlenden Reaktionen zu werten sein können: Ist es möglich, dass das Thema Inklusion innerhalb der grünen Kreistagsarbeit ohne jegliche Priorität ist? Das wäre schade - aber auch in dieser Form als politische Aussage zu werten. Bis zum Beweis des Gegenteils gilt daher: Wer Inklusion will sollte sich von den Kreisgrünen fernhalten.
Zur besseren Einordnung der Situation sollten einige Daten in Erinnerung gerufen werden: die UN-Behindertenrechtskonvention wurde 2008 ratifiziert und trat 2009 in der BRD in Kraft. Die Landesgrünen gingen 2009 und 2010 mit klaren Aussagen pro Inklusion in den Landtagswahlkampf. Im NRW-Landtag wurden die Notwendigkeiten der Änderungen des Schulgesetzes seit 2009 diskutiert. 2013 wurde das neue Schulgesetz mit den gesetzlichen Regelungen für die Inklusion verabschiedet. In Hürth und Frechen sind die ersten Förderschulen bereits geschlossen worden.

Der Prozess der Inklusion ist also angelaufen … wobei im Kreis müssen die Hunde zum Jagen getragen werden müssen, freiwillig läuft hier niemand. Andernorts sind es die Grünen, die die Hunde zum Jagen tragen, sich für Inklusion einsetzen.. Nicht aber im Rhein-Erft-Kreis.

Auch jetzt, im Jahr 2015 hält man sich bedeckt, versteckt sich hinter der Kreisverwaltung:
Wir werden nicht alle Förderschulen erhalten, wenn wir Inklusion ernst nehmen. Es gibt den Versuch von Schuldezernent Cremer zu einer mit den Kommunen abgestimmten Schulentwicklungsplanung zu kommen. Dieser Prozess muss und wird politisch begleitet werden. Aktuell gibt es noch keine Beschlüsse hinsichtlich der Empfehlungen des Gutachtens zur künftigen Schulentwicklungsplanung. Wir müssen uns als Fraktion dabei auch darauf einstellen, dass insbesondere die Lehrenden und die Eltern erheblichen Druck für den Erhalt
Und die veröffentlichten Stellungnahme bleibt vielsagend nichtssagend. Dem Kreis liege ein Entwurf des Schulentwicklungsplans vor. Bevor nun aber politische Beschlüsse gefasst würden, müsse die Verwaltung die Gebäudesubstanz bestehender oder alternativ zu nutzender Gebäude prüfen.
Frühestens in einem Jahr ist mit Ergebnissen zu rechnen. Unabhängig davon ist uns der Elternwille für die zu treffenden Entscheidungen wichtig. Auf Wunsch der Eltern geht landesweit bereits etwa ein Drittel der förderbedürftigen Kinder in inklusive Regelschulen, die anderen in die Förderschulen. Diese Anteile dürften sich weiter ändern und wir werden sie bei den anstehenden Entscheidungen berücksichtigen.
Weiß man jetzt mehr wie die Schulpolitik der Grünen im Kreis ausschaut? Ist der Elsdorfer Grüne jetzt schlauer?

Frage an Radio Eriwan: „Kümmern sich die Grünen um Inklusion?“
Im Prinzip ja, aber nur an Förderschulen.


Leider ist das kein Scherz, denn die Kreisgrünen wollen einen „mitgliederöffentlicher Arbeitskreis Inklusion“ einrichten in dem einerseits die „allgemeinen Barrierefreiheit“ als auch die "Inklusionsthematik im Förderschulbereich" behandelt werden soll.

Und um den Treppenwitz zu einem angemessenen Ende zu führen, die oben genannte Anna Stenz ist Mitglied im Kreisschulausschuss und sie ist
jeweils erreichbar mit einer Mailadresse in folgendem Muster vorname.nachname@gruene-rek.de
Erreichbar bedeutet ja zum Glück nicht, dass Mails beantwortet werden.