Mittwoch, 29. Oktober 2014
Die Gesamtschule hat es ins Zentrum des langsam anlaufenden Bürgermeisterwahlkampfs geschafft!

Vor nicht allzu langer Zeit wusste das Aktionsbündnis für Gesamtschule von einer überwältigenden Resonanz unter den Eltern der Dritt- und Viertklässler zu berichten. Doch alle Versuche, den erkennbaren Elternwillen in den politischen Prozess einzuspeisen, scheiterten am Beharrungswillen der beiden großen Parteien und der Verwaltung. Hier schien man nach dem Grundsatz zu leben, dass wer nichts tut auch keine Fehler macht.

Doch auch nichts zu tun kann ein Fehler sein. Man hat mehrere Jahre die Augen geschlossen, um die vorhersehbaren Schließung der Anne-Frank-Förderschule nicht wahrnehmen zu müssen, um dann dem Rat und der überraschten Öffentlichkeit mitzuteilen, dass die Schule im kommenden Jahr abgewickelt wird - alternativlos, wie es dann so schön heißt.

Das gleiche Vorgehen war bisher im Umgang mit der dahinsiechenden Hauptschule zu beobachten. Immer weniger Eltern melden ihre Kinder dort an, die Schule schrumpft und es ist absehbar, dass die Hauptschule mangels Kindern den Weg alles Irdischen gehen wird.
Doch Politik und Verwaltung tun so, als wäre dieser Prozess mittels schöner Gedenkreden auf die Qualität der Frechener Hauptschule im Schulausschuss zu ändern.
Wie wenig sich Frechens Eltern davon beeinflussen lassen, zeigt sich jedes Jahr auf’s Neue, wenn die Schulen ihre Neuanmeldungen für das kommende Schuljahr bekannt geben. Im Schuljahr 2014/15 sind weniger als 50 Kinder an der Hauptschule angemeldet worden, ein Negativrekord.

Nun aber ändert sich die politische Tektonik in Frechen in einem Tempo, das für hiesige Verhältnisse einer Revolution gleichkommt. Vor knapp zwei Wochen veröffentlichte das Aktionsbündnis für eine Gesamtschule ein Grundsatzpapier, in dem postuliert wurde, dass die Eröffnung einer 6-zügigen Gesamtschule zum Schuljahr 2016/17 auf dem Gelände und in den Räumlichkeiten der aufzulösenden Hauptschule möglich ist, wenn der Plan mit dem nötigen politischen Nachdruck verfolgt wird.

Zur allgemeinen Überraschung hat sich der Bürgermeisterkandidat der SPD, Ferdi Huck, voll hinter dieses Projekt gestellt und hat daraus den „größten Trumpf“ in seinem anlaufenden Bürgermeisterwahlkampf gemacht.

Selbst die Grünen, zusammen mit der „LINKEN“ größte Befürworter einer Gesamtschule, waren überrumpelt:
Dabei wollen die Grünen vor allem eines – sich von der SPD „nicht überholen lassen“, wie es Ratsmitglied Susanne Neustadt ausdrückte: „Die Gesamtschule war unser zentrales Wahlkampfthema. Wir waren vor der Wahl die einzige Partei, die das immer wieder gefordert habt.“
So beschrieb Frank Klemmer im KStA die grüne Gefühlslage auf der letzten Mitgliederversammlung.

Und für die Grünen stellt sich nun ein grundsätzliches Problem. Da verhandelt man seit nunmehr rund fünf Monaten mit CDU und FDP über eine Jamaika-Koalition. Man fühlte sich auf einem guten Weg. Nur das Thema Gesamtschule stört die ansonsten anscheinend harmonischen Verhandlungsrunden der drei ungleichen Partner.

Nun haben die Grünen auf der letzten Mitgliederversammlung auch noch alle Führungsgremien mit Unterstützern dieser Koalition besetzt, auf dass die Harmonie zukünftig nicht mehr gestört werde. Mit dem Schwenk der SPD wurden die Grünen jetzt aber kurzfristig gezwungen, öffentlich und eindeutig zu bestätigen, dass sie weiterhin zu ihrem Wahlversprechen stehen, schnellstmöglich eine Gesamtschule zu eröffnen.

Was mit CDU und FDP nicht funktionieren will, das geht nun plötzlich mit der SPD.

Für grüne Jamaika-Befürworter eine ärgerliche Situation, denn aus dieser Nummer kommen die Grünen nur noch heraus, wenn CDU und FDP sich blitzartig zur Gesamtschule bekehren lassen. Danach sah es bisher aber nicht aus.

Noch darf gewettet werden:

Scheitert Jamaika an der Gesamtschule?
Fallen CDU und FDP um?
Oder verraten die Grünen Wahlprogramm und Überzeugung für ein bisschen kommunale Macht?




Montag, 27. Oktober 2014
Es geschehen noch Zeichen und Wunder. Auch in Frechen. Hier im Blog wurde ja schon häufiger angemerkt, dass die lokale SPD ein eindeutiges und klares Bekenntnis zur Gesamtschule vermissen lässt. Oft genug entstand der Eindruck, dass die hiesige SPD dem formalen Bekenntnis zur Gesamtschule ein aufschiebendes „in weiterer Zukunft“ nachfolgen ließ. Man war zwar für die Gesamtschule aber bloß nicht konkret werden, besser kein Datum benennen, wann denn die Gesamtschule kommen soll, so stellte sich die SPD Frechen dar.

Am Samstag wurde Ferdi Huck in einer Mitgliederversammlung zum Bürgermeisterkandidaten für die Wahl im September 2015 gewählt. Und, man reibt sich verwundert die Augen, es geht auch anders.
Da erklärt der Ferdi seinen Genossinnen und Genossen:
Ihr wisst, dass ich mich für die Einrichtung einer Gesamtschule einsetze, eine Entscheidung, die schon lange überfällig ist und in anderen Kommunen längst zum selbstverständlichen Angebot schulischer Versorgung gehört. Frechener Eltern wollen ihre Kinder nicht länger auf Busse und Bahnen zwingen, um zur Schule zu gelangen. Frechener Eltern fordern die Einrichtung von Bildungsinstitutionen, die allen Kindern Chancen bieten. Hier sehe ich akuten Handlungsbedarf. (…) Ich fordere die Einrichtung einer Gesamtschule mit sechs Zügen! Der Standort Herbertskaul wäre eine finanzgünstige und vor allem machbare Lösung. Wir müssen handeln. Ich ganz persönlich sehe durchaus die Chance, dass wir 2016 mit einer Gesamtschule hier einziehen können. (…)Wir haben den Eltern der Schüler in den Grundschulklassen drei und vier genau zugehört, sie wollen die Gesamtschule, beantragen wir die Genehmigung, ich sehe den Eröffnungstermin 2016 im Bereich des Möglichen und Machbaren.
Und diese Botschaft findet die ungeteilte Zustimmung der Mitgliederversammlung, die Ferdi mit gut 95% der Stimmen zum Bürgermeisterkandidaten wählt. H.G. Eilenberger, Fraktionsvorsitzender legt noch einen drauf und erklärt, dass Ferdi die uneingeschränkte Unterstützung der SPD-Fraktion genieße und U.Lussem, Ortsvereinsvorsitzender, bestätigte bereits zu Beginn der Sitzung, dass die Eröffnung der Gesamtschule im Jahr 2016 zentrales Element des Huckschen Wahlkampfes sein wird. Die SPD steht „ohne Wenn und Aber“ zur Gesamtschule.

Das wird nicht nur die Eltern der jetzigen Drittklässler freuen, das ist im Grunde auch eine gute Botschaft für Realschule und Gymnasium. Immer mehr Kinder drängen in diese beiden Schulen. Das Aufstellen von Containern wird hier bereits zur (schlechten) Gewohnheit. Aber: übervolle Schulen bedeuten schlechte Raumverhältnisse, schlechte Lernverhältnisse, gro0e Klassen. Übervolle Schulen sind kein Qualitätsmerkmal, übervolle Schulen stehen für schlechte pädagogische Verhältnisse. Das schadet den Kindern und den Lehrkräften.

Jetzt muss das Bekenntnis zur Gesamtschule nur noch gelebt werden, damit aus der Willensbekundung auch Realität wird.




Donnerstag, 23. Oktober 2014
Wie schrieb die damalige Lokalredakteurin des Kölner Stadtanzeigers im März 2011 in einem Kommentar, als Herr Lussem zum neuen Ortsvereinsvorsitzenden gewählt worden war:
„Um aus dem Schatten der CDU herauszutreten, muss möglichst bald ein aussichtsreicher Bürgermeisterkandidat ausgeguckt werden.“(U.Böker am 30.03. 2011 im KStA)
Ob F.Huck diesem Anforderungsprofil entspricht soll hier und heute nicht diskutiert werden. Was aber Frau Böker komplett vergessen hat zu erwähnen, ist, dass daneben auch eine vernünftige Öffentlichkeitsarbeit eine nicht unwesentliche Rolle spielt.
Die aber scheint die SPD bei dieser Bürgermeisterwahl komplett zu versaubeuteln.

Das begann schon mit einer lieblosen, ja geradezu gelangweilten Mitteilung auf der Homepage der SPD über die Nominierung des Kandidaten F.Huck:



Klingt so eine ungeteilte Zustimmung der lokalen SPD zu ihrem Kandidaten? Nein, natürlich nicht – kein Wunder, wenn das „Frechener Wochenende“ am 8. Oktober schreiben konnte:
Nicht dementiert sind Informationen, wonach die Kandidatenfrage innerhalb der Frechener Sozialdemokraten in den vergangenen Wochen sehr kontrovers diskutiert wurde.
Weder wurde diese Aussage widersprochen, noch erklärte der Ortsvereinsvorstand, dass Ferdi Huck aber inzwischen die Unterstützung des gesamten Vorstands genieße … vielmehr gewann man den Eindruck, der Ortsvereinsvorsitzende Uli Lussem warte geradezu auf einen Überraschungskandidaten, der spontan auf der Mitgliederversammlung, die für den 25. Oktober terminiert ist, seinen Hut in den Ring wirft:
„Das Votum des Ortsvereinsvorstandes ist eine Empfehlung an die Mitgliederversammlung. Die Mitgliederversammlung der SPD Frechen entscheidet als oberstes Organ unserer Partei über die Kandidatur. Möglich ist es auch, aus der Versammlung weitere Vorschläge zu machen“, erklärte Ulrich Lussem.
Und heute erfahren wir nun aus der Presse, dass die SPD die Öffentlichkeit ausschließen wird, wenn der Ortsverein am Samstag über den Bürgermeisterkandidaten entscheidet. Ob nun aber Kritik an der Presse die beste Begründung für ein solches Vorgehen darstellt, das mögen die Götter wissen:
„Wir haben in der Vergangenheit, zum Beispiel vor der Wahl 2009, die Erfahrung gemacht, dass sich die anschließende Berichterstattung mehr an den parteiinternen Streitigkeiten geweidet hat, als dass über Sachthemen berichtet worden wäre“, erklärt der Ortsvereinsvorsitzende die Beweggründe für den Entschluss.
Viel unerfreulicher aber, dass Uli Lussem, der „rote Bruder“, seiner „schwarzen Schwester“, Susanne Stupp, eine Vorlage sondergleichen geliefert hat:
„Wir hatten nie ein Problem, wenn die Presse dabei war“, erklärte die CDU-Partei- und Fraktionsvorsitzende Susanne Stupp.(…) „Wir haben nicht vor, dieses Mal anders vorzugehen als bisher. Da kann die Presse gerne wieder dabei sein“.
Ja, gut improvisiert Frau Stupp, aber das war auch ein Geschenk, oder?
Und welche Vorteile bringt es Ihnen, Herr Lussem, als SPD-Vorsitzender zu wissen, wie man Regie führt?
So wurde er 2012 in einem Interview gefragt. Und seine Antwort?
Das hat auf jeden Fall Vorteile, gerade jetzt im Wahlkampf für Brigitte D'moch- Schweren. Ich habe am Theater gelernt, wie man organisiert und wachrüttelt. Da muss man auch mal Anweisungen geben. Das ist ein Platz, den ich mir nehme.
Ein auf’s Ganze gesehen sehr lustiges Interview, denn es war ein gemeinsames Interview zusammen mit Susanne Stupp, da diese beiden doch gemeinsam in der Theatergruppe Harlekin tätig sind, man kann wohl sagen gut befreundet sind. Manche gar sprechen bereits von einer Harlekin-Connection. In diesem Interview wurde er auch gefragt,
Könnten Sie sich Frau Stupp auch in der Rolle als Bürgermeisterin vorstellen?
Lussem: Ja, ich kenne sie und ich mag sie furchtbar gerne.
Im Nachsatz erklärte er dann:
Das heißt natürlich nicht, dass wir von der SPD für die Wahl keinen Kandidaten aufstellen werden, den ich ihr vorziehe.
Die aktuelle Pressearbeit lässt daran zweifeln.

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Zwischenzeitlich wurde der Artikel geändert, denn jetzt endet er so:
Am Abend dann doch noch die komplette Kehrtwende der Partei: Nun soll die Presse am Samstag Zutritt erhalten - auch zur Mitgliederversammlung. "Wir sind noch einmal in uns gegangen. Danach hat der Vorstand seine Entscheidung geändert", erklärte Ulrich Lussem.
Ursprünglich lautet der Abschluss des Artikel folgendermaßen:
Weitere Kandidaten nicht in Sicht Am Ende womöglich viel Lärm um nichts – denn eigentlich erwarten weder der Vorsitzende Lussem noch andere in der Frechener SPD für Samstag gar keine vergleichbaren „Streitigkeiten“ wie vor der Wahl 2009. Zurzeit geht niemand davon aus, dass es neben Huck weitere Kandidaten geben wird.