Mittwoch, 17. September 2014
Thema: Inklusion
Es handelt sich nicht gerade um eine Lektüreempfehlung, aber auch ein Koalitionsvertrag kann mit Gewinn gelesen werden. Zumindest mit einem Zugewinn an Information.

Im Frechener Stadtrat wurde vor kurzem die Schließung der Anne-Frank-Förderschule zum Ende des Schuljahres beschlossen. In dieser Vorlage wurde die Alternativlosigkeit der Schließung auch damit begründet, dass Kooperationsangebote an den Kreis von diesem abgelehnt worden seien.

Nun braucht man sich keinen Illusionen hingeben. Die Anne-Frank-Schule muss geschlossen werden, da Eltern förderbedürftiger Kinder mit den Füssen abgestimmt haben. Soll heißen: diese Eltern wollen ihre Kinder an Regelschulen unterrichtet sehen, nicht an Förderschulen.
Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu erkennen, dass dieser Trend auch vor den Förderschulen des Kreises keinen Halt machen wird. Die Folgen sind absehbar: auch die Förderschulen des Kreises müssen mit in den kommenden Jahren mit stark rückläufigen Kinderzahlen rechnen. Die Existenz vieler Förderschulen im Kreis ist gefährdet. Wenn nicht schon heute, dann spätestens in drei bis vier Jahren.

Bereits im vergangenen Jahr sind in vielen Kommunen des Kreises Förderschulen geschlossen oder zusammengelegt (Wesseling/Hürth/Brühl, Kerpen und Erftstadt sowie Bergheim mit mit den kleineren Nordkreiskommunen) worden. Man redet von Kooperationen, die vereinbart wurden, dabei sind es Operationen am offenen Herzen, Notmaßnahmen um die Lebenszeit einzelner Förderschulen künstlich zu verlängern. Den Preis dieser Maßnahmen müssen oft genug die betroffenen Kinder und ihre Familien tragen, denn deren Fahrtzeiten zu den Förderschulen verlängern sich dadurch nicht unwesentlich.

Es ist kaum anzunehmen, dass die längeren Fahrtzeiten zu Steigerung der Popularität der Förderschulen beitragen werden.

Wenn man aber diese Effekte bereits vor Augen hat, wie kann man dann in einen Koalitionsvertrag diese Sätze hineinschreiben?
Zurzeit wird die Thematik der schulischen Inklusion im Rahmen einer gemeinsamen Schulentwicklungsplanung von Kommunen und Kreis erarbeitet. Die Koalitionsfraktionen orientieren sich dabei am Elternwillen und Kindeswohl. Das Förderschulangebot des Kreises soll im Umfang der Nachfrage erhalten bleiben, um Wahlfreiheit zu sichern.
Man muss das Geschwurbsel mal auflösen, um zu verstehen, was nicht mehr wirklich zu verstehen ist:

a.) Es gibt eine Rechtslage, die das Recht des Kindes in den Vordergrund stellt: das Recht des Kindes auf Beschulung in einer Regelschule. Formal gilt sogar: dieses Recht des Kindes kann sogar den Elternwillen (bei der Wahl der Schule) brechen.
b.) Es gibt einen dokumentierten Elternwillen, der sich darin ausdrückt, dass immer weniger Eltern ihre Kinder auf Förderschulen anmelden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass immer mehr förderbedürftige Kinder an Regelschulen unterkommen wollen und müssen.
c.) Bei diesem Thema nachfrageorientiert zu argumentieren, wirkt an dieser Stelle etwas deplatziert. Es gibt keinen von Angebot und Nachfrage gesteuerten Markt, der hier, im liberalen Duktus gesprochen, segensbringend funktionieren würde. Bis vor zwei Jahren wurden förderbedürftige Kinder zwangsweise einer Förderschule zugewiesen. ZWANGSWEISE! Die Nachfrage nach Förderschulplätzen entstand nicht, weil Eltern das so wollten, sondern weil man ihre Kinder einer bestimmten Förderschule zugewiesen hat. Man hat aber auch diese Zwangsmaßnahmen sicherlich damals bereits mit dem Kindswohl begründet.
d.) Fiel eine Förderbedürftigkeit eines Kindes erst im Laufe der Schulzeit auf, so konnte bisher die Schule die „Feststellung des Förderbedarfes“ beim zuständigen Amt veranlassen. Auch das ist vorbei. Es bleibt nun Eltern überlassen, ob sie einen besonderen Förderbedarf amtlich festgestellt sehen wollen oder nicht. Noch vor zwei Jahren führte dieses Verfahren dazu, dass Kinder von Amts wegen aus den Regelschulen herausgenommen und zwangsweise einer Förderschule zugewiesen wurden. Vorbei, passé, auch diese Form der von Regelschulen und Ämtern in friedlicher Eintracht produzierten Nachfrage nach Förderschulen gibt es nicht mehr.

Die Jamaika-Koalition will aber „das Förderschulangebot des Kreises (…) im Umfang der Nachfrage erhalten (…), um Wahlfreiheit zu sichern“

Das ist Unsinn. Eine aktive Nachfrage nach Förderschulen ist, wenn wir das Thema Mehrfachbehinderungen in dieser Debatte vorläufig ausblenden, kaum spürbar.
Und wenn auf das Thema der Wahlfreiheit referiert wird, so muss der Fokus nicht auf den Förderschulen liegen, sondern auf den Regelschulen. Wirkliche Wahlfreiheit bedeutet doch wohl, dass die Regelschulen fähig und willens sind, förderbedürftige Kinder aufzunehmen und zu fördern. Was unternimmt der Kreis, um Regelschulen bei der Umsetzung der Inklusion zu helfen? Welche Pläne hat die Jamaika-Koalition?

Der Koalitionsvertrag erweckt den Eindruck kompletter Ahnungslosigkeit bei den Jamaika-Abgeordneten. Sollten die Formulierung nicht Produkt kollektiver Ahnungslosigkeit sein, so ist sogar noch Schlimmeres zu vermuten.

Das wundert einen ja nicht unbedingt bei CDU und FDP – aber was für ein trauriges Bild geben die Kreisgrünen bei diesem Thema ab?




Montag, 15. September 2014
Thema: Zuckungen
Der Thüringer CDU-Politiker Younes Ouaqasse, Mitglied des Bundesvorstandes, forderte seine Partei auf, den Grünen „ein ernsthaftes Angebot“ zu machen, „damit die neue Landesregierung auf breiter Grundlage arbeiten kann.

Nein, diese wird nicht der Ort, um die Thüringer Irrungen und Wirrungen zu kommentieren, vielmehr bietet sich dieses tagesaktuelle Zitat an, um auf die hiesige Verwirrung in koalitionspolitischer Hinsicht hinzuweisen.

Auch hier in Frechen wird verhandelt, so berichtet die Kölnische Rundschau, die FDP bspw. führt „zurzeit Gespräche mit vielen Parteien, so ihr Fraktionschefin, Frau Kayser-Dobiey. Das klingt nun etwas seltsam, denn eigentlich spricht die CDU mit FDP und Grünen über eine Zusammenarbeit, aber es ist wohl die FDP, die entscheidet. Wie formuliert es eben diese Frau Kayser-Dobiey: „Die Gespräche seien noch nicht so weit gediehen, um sich auf eine bestimmte Konstellation festzulegen.“

Nun denn, dann wissen wir ja Bescheid, die CDU führt Gespräche aber die FDP bewertet und entscheidet.....

Um nun aber wieder auf das Eingangszitat zurückzukommen, in Thüringen ist gestern gewählt worden, in Frechen vor gut 16 Wochen. Andernorts, so etwa eine Ebene höher, im Kreistag, sind die Koalitionsverhandlungen längst abgeschlossen, die dortige Jamaica-Koalition ist handlungsfähig.

Hier aber wird immer noch geredet.

Aus dem Artikel lässt sich vieles herauslesen nicht aber ein spürbarer Wille der lokalen CDU, ernsthafte Koalitionsverhandlungen mit den Grünen zu führen. Wie sagte das der Thüringer CDUler so stimmig: man müsse ein „ernsthaftes Angebot machen“.

Wie formuliert es die CDU-Fraktionsvorsitzende: „Es kann auch immer noch sein, dass wir am Ende sagen, wir arbeiten nur in Sachfragen zusammen.“

Mal ehrlich, weiter sind sie noch nicht, nach noch nicht einmal 16 Wochen?

Da ist ja jede Sitzung einer Schülermitverwaltung ein Ausbund an Zielstrebigkeit.




Donnerstag, 11. September 2014
Wie wir schon des Längeren wissen, wird Susanne Stupp, Fraktionsvorsitzende der CDU im Rat der Stadt, im Mai kommenden Jahres als Bürgermeisterkandidatin für ihre Partei antreten.
Frau Stupp hat ja bereits die Kommunalwahl dazu genutzt, im 8-seitige Hochglanzmagazin der CDU eine komplette Seite für ihre Bürgermeisterkandidatur zu reservieren. Die Kandidatin der CDU will den Posten des Bürgermeisters nicht im kurzen Spurt erobern, nein, Frau Stupp hat sich auf einen Marathonlauf eingestellt.
Dabei, noch läuft sie einsam und alleine, denn die Konkurrenz schläft und wenn sie nicht schläft, so weiß sie das gut zu verbergen.

In einer anderen Kommune auf der anderen Rheinseite konnte ich beobachten, wie die dortige CDU einen neuen Bürgermeisterkandidaten suchte. Mit Hilfe einer Auswahlkommission wurden interne und externe Kandidaten begutachtet. Am Schluss wurde dem lokalen Parteivorstand durch die Kommission eine Dreierliste präsentiert und der dort auf Platz 1 gesetzte Kandidat wurde ausgewählt. Der Kandidat war ortsfremd.
Was mich damals beeindruckt hat, war der lange zeitliche Vorlauf, mit dem die dortige CDU plante, was für mich Ausdruck eines professionellen Herangehens an die Kandidatenauswahl war. Denn: wähle ich eine ortsbekannte Größe zum Kandidaten, so kann ich mir bei der Kandidatenkür Zeit lassen. Jeder im Ort kennt ihn. Gehe ich aber den Weg über eine Auswahlkommission, so muss damit gerechnet werden, dass ein Ortsfremder das Rennen macht. Fällt nun die Wahl auf einen Ortsfremden, so kennt ihn niemand. Und das muss geändert werden, soll dieser Kandidat gewählt werden.
Aber so professionell, wie es begonnen wurde, so professionell wurde der Wahlkampf fortgesetzt. Zwischen der Kandidatenkür durch die Partei und dem offiziellen Wahltermin lag in dem hier beschriebenen Fall fast ein halbes Jahr und der Bürgermeisterkandidat wurde von der CDU bei jeder Gelegenheit der Öffentlichkeit präsentiert, war bei jedem öffentlichen Empfang, war jeden Sonntag in einem anderen Gottesdienst, war bei Schützenfesten, Heimatfesten und was man im Bergischen so alles festet und feiert.
Als der eigentliche Wahlkampf begann, war der CDU-Kandidat im Ort bekannt, am Ende des Wahlkampfes gehörte er dazu und wurde gewählt.

Kommen wir zurück auf die Situation in Frechen:

Die ortsbekannte Fraktionsvorsitzende der CDU hat den Wahlkampf als Marathon angelegt. Ob Frau Stupp diesen langen Vorlauf benötigt, kann hier offen bleiben. Sicher ist aber, dass eine SPD, die bisher nicht erkennen lässt, dass sie aktiv außerhalb der Kommune auf Kandidatensuche ist, uns mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Eigengewächs beglücken wird. Die Anzahl dieser Eigengewächse ist überschaubar. Da gibt es einen Fraktionsvorsitzenden Hans Günter Eilenberger, da gibt es einen Ortsvereinsvorsitzenden, Ulrich Lussem und da gibt es Ferdi Huck, der schon zweimal Bürgermeisterkandidat war, es aber nie zum Bürgermeister schaffte.
Nachdem S.Stupp im vergangenen Kommunalwahlkampf ihren eigenen Wahlkreis gegen den SPD-Kandidaten nicht verteidigen konnte, ist klar, dass ein Sieg bei der Bürgermeisterwahl für sie kein Selbstläufer mehr ist.
Eine Voraussetzung jedoch muss erfüllt sein: es muss ein attraktives „Gegenangebot“ geben. Verfügt die SPD über einen Kandidaten / einer Kandidatin mit Kompetenz und Charisma, gelingt es ihr zudem, eigene Themen zu platzieren, dann können wir uns auf einen spannenden und vor allem im Ausgang offenen Bürgermeisterwahlkampf freuen.

Vielleicht schaut die Frechener SPD ja außerhalb des eigenen Ortsvereins nach einem Kandidaten / einer Kandidatin mit Kompetenz und Charisma und wir haben es nur noch nicht mitbekommen …. oder sollte der Ortsverein über eine Geheimwaffe verfügen?