Dienstag, 28. August 2012
Thema: Zuckungen
Auch wenn es bisher nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert wird, das Nachfolgeunternehmen der Rheinbraun, die RWE, verabschiedet sich aus dem rheinischen Braunkohlerevier. Wobei der Abschied nur ein partieller ist. RWE wird weiterhin Braunkohle abbauen, solange die Genehmigungen dies erlauben, die RWE wird weiterhin Kraftwerke betreiben, solange dies wirtschaftlich möglich ist, aber als Steuerzahler wird die RWE immer weniger für diese Region tun.

Dies zeigt sich ganz aktuell am Beispiel der Gewerbesteuer. Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Bergheim den Ausfall des größten Gewerbesteuerzahlers verkraften muss. Der Kämmerer hat eine Haushaltssperre verhängt.
Wie jetzt bekannt wurde, trifft der Ausfall der Gewerbesteuer nicht nur Bergheim sondern auch Frechen und Hürth. Noch sind in diesen Kommunen weniger stark betroffen, aber spätestens in den Haushaltsberatungen für das kommende Jahr werden die Auswirkungen spürbar werden.

Es ist aber so, wie es die Rundschau am 20. August geschrieben hat: die Belastungen, die aus den Industrieansiedelungen resultieren, bleiben der Region erhalten – es wird Strom produziert, es wird Kohle abgebaut, es wird Kohle veredelt und die Anlagen produzieren Abgase und Schmutz wie all die Jahre zuvor.
Aber der Ausgleich in Form der Gewerbesteuer wird immer geringer ausfallen.

1997 wurde die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer beschlossen. Seither ist die Gewerbesteuer ausschließlich von dem Ertrag eines Unternehmens abhängig. Weitere Gesetzesänderungen folgten. Ein Ergebnis sind die extremen Schwankungen ... des Gewerbesteueraufkommens.

Vereinfacht bedeutet dies, dass nicht der Ertrag vor Ort die Höhe der Gewerbesteuer definiert, sondern der Ertrag des Gesamtunternehmens. Da die RWE sich auf Kohle und Atom fokussiert hat, trifft die Energiewende sie im Kern, waren es doch die (oft abgeschriebenen) AKWs, die die hohen Erträge abwarfen. Die Zeiten der einfachen Erträge sind vorbei und das Standing der RWE als nachhaltiger Stromproduzent ist eher ein Nicht-Standing. Mit anderen Worten: RWE muss die gesamte Unternehmenspolitik auf die neuen Gegebenheiten einstellen, was im realen Leben nur mittels hoher Investitionen möglich sein wird.

Hohe Investitionen bei sinkenden Erträgen sind nur dann zu schultern, wenn die Kosten gesenkt werden. RWE will daher über 10.000 Stellen abbauen. Eine Maßnahme hierbei ist die Gründung der Europa-Gesellschaft. Alle konventionellen Kraftwerke in Europa, also die in Deutschland, Großbrittanien und den Niederlanden, sollen in der neuen Gesellschaft gebündelt werden. Die Bündelung der Aktivitäten soll Einsparungen von bis zu 100 Millionen ermöglichen, insgesamt will RWE bis 2015 bis zu einer Mrd. einsparen. Von den MitarbeiterInnen, die im Unternehmen verbleiben, wird zukünftig eine höhere räumliche Mobilität erwartet, nur dann können sie darauf hoffen, weiterhin einen sicheren Arbeitsplatz zu haben.

Vor diesem Hintergrund ist daher zu vermuten, dass die neue Europa-Gesellschaft in den kommenden Jahren weniger Ertrag erwirtschaften wird als bisher, lukrative neue Geschäftsfelder jedenfalls werden in dieser Gesellschaft nicht entstehen. Dafür werden hier die hohen Kosten anfallen, die notwendig sind, um die Energieeffizienz der Kraftwerke zu erhöhen, um Emissionsrechte zu bezahlen oder alternativ die CO2-Emissionen zu reduzieren. Die Städte des rheinischen Reviers werden also gut daran tun, das Gewerbesteueraufkommen der RWE Power zukünftig sehr, sehr niedrig anzusetzen.

Die Rundschau verweist darauf, dass die Steuergesetze Menschenwerk sind und dementsprechend wieder geändert werden können. Das ist sicherlich richtig. Vielleicht erleben wir ja eine Politikergerneration, die erkennt, dass die kommunale Selbstverwaltung, so wie sie heute praktiziert wird, nicht mehr lebensfähig ist. Langlaufender finanzieller Verpflichtungen werden von Staat und Land auf die Kommune übertragen, während gleichzeitig die finanziellen Grundlagen der Kommunen ausgetrocknet werden. Dies führt dazu, dass die Kommunen finanziell ausbluten, woraufhin das Königsrecht jeden Parlaments, das Budgetrecht an die staatliche Aufsicht abgetreten werden muss.

Man kann am Beispiel der RWE-Power zeigen, welche konkreten Folgen es hat, wenn ein Unternehmen sich schrittweise aus einer Region verabschiedet. Ursächlich für die daraus resultierenden großen Probleme bei den Kommunen sind aber politische Entscheidungen auf der Bundesebene, die dazu geführt haben, dass die Abhängigkeit der Kommunen von einzelnen großen Gewerbesteuerzahlern dieses Ausmaß erreicht hat.




Montag, 20. August 2012
Thema: SPD
... nicht Ehrlichkeit“, so wird gemunkelt, habe sich die neugebackene Landtagsabgeordnete der SPD, Frau D’Moch-Schweren geäußert.
Wir sind dem nachgegangen und müssen dem einen Punkt widersprechen, können den anderen Punkt dagegen bestätigen.

Bestätigt werden kann der Punkt Ehrlichkeit, denn auf abgeordnetenwatch.de hat Frau D’Moch Schweren am 24. April 2012 erklärt:
nach meiner Überzeugung kann man nicht gleichzeitig allen drei Mandate gerecht werden. Sollte ich am 13. Mai in den Landtag gewählt werden werde ich mich mit meinen Fraktionsvorsitzenden darüber unterhalten.
Inzwischen hat sie mit ihren Fraktionsvorsitzenden geredet:
wie angekündigt habe ich mich nach der Wahl mit den beiden Fraktionsvorsitzenden beraten. Im Ergebnis werde ich dem Stadtrat und Kreistag weiter angehören, allerdings die von mir bislang ausgeübten Ausschussvorsitze abgeben und so deutlich entlastet werden.
Mit anderen Worten: Frau D’Moch-Schweren hat, nach Rücksprache mit den Fraktionsvorsitzenden, die neue Überzeugung gewonnen, allen drei Mandaten gerecht werden zu können, solange sie keine Ausschussarbeit mehr leisten muss.

So viel zum Thema Ehrlichkeit.

Das mit dem Thema Gerechtigkeit dagegen muss nochmals gesondert betrachtet werden.

Frau D’Moch-Schweren erhält als Landtagsabgeordnete eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 9.979 €. Und dies 12 Mal im Jahr.
Hinzu kommen zudem die Pauschalen für das Kreistags- und das Stadtratsmandat: 341,50 € respektive 166 € jeden Monat. Im Rahmen des Kreistages wird Frau D’Moch-Schweren grob geschätzt an gut 20 Sitzungen teilnehmen (Kreistag, Ausschuss und Fraktion) im Stadtrat muss man mit rund 50 Sitzungsteilnahmen (Rat, Ausschüsse und Fraktion) kalkulieren. Jede Sitzung wird mit 17,50 € vergütet. Zukünftig werden die Aufwandspauschalen etwas geringer ausfallen, da ja die Ausschusssitzungen wegfallen werden. (Schätzung: Kreis: 16 statt 20 Sitzungen; Stadt: 42 statt 50 Sitzungen)
Im Jahr erhält Frau D’Moch-Schweren daher: 119.748 € Aufwandsentschädigung aus ihrer Tätigkeit als Abgeordnete, so gegen 4.350 € aus ihrem Kreistagsmandat und vermutlich weitere 2.700 € aus dem Stadtratsmandat.

Alleine für die Pauschalen und Sitzungsgelder aus Kreistag und Stadtrat muss eine sozialdemokratische Omi ganz schön lange für stricken, denn die Durchschnittsrente für Frauen liegt aktuell bei 473 € im Monat oder 5.676 € im Jahr. Stadtrat und Kreistag bringen da zusammen schon mehr ein.

Dafür, dass Frau D’Moch-Schweren ursprünglich der Meinung war, man könne nicht allen drei Mandate gleichzeitig gerecht werden und sie nun ein recht nettes Taschengeld aus Mandaten bezieht, denen sie nicht gleichzeitig (…) gerecht werden“ kann, läßt daran zweifeln, dass dem Topos Gerechtigkeit genüge getan wird.

So viel zum Thema Gerechtigkeit.

Schaut man auf die lokalen / regionalen Sitzungsteilnahmen des frisch gebackenen Mitglieds des nordrhein-westfälischen Landtags, dann wird deutlich, dass man auch durch Fernbleiben von Sitzungen ein Mandat „erfolgreich“ wahrnehmen kann. Bis zur parlamentarischen Sommerpause war Frau D’Moch-Schweren Vorsitzende dreier Ausschüsse (Sozialausschuss des Kreistages, Schulausschuss und Sozialausschuss des Stadtrates). Jeder dieser Ausschüsse tagte vor der Sommerpause noch ein einziges Mal. Einzig die Schulausschusssitzung vom 12. Juni 2012 beehrte sie mit ihrer Anwesenheit. Diesen aber mit einer Verspätung von mehr als 45 Minuten. Daneben schwänzte sie die Stadtratssitzung vom 03. Juli 2012 und zur Sitzung des Kreistages vom 05. Juli 2012 kam sie auch verspätet.

Übersetzt man ihre Anwesenheit in Minuten, so kommt man auf folgendes Ergebnis: Gesamtsitzungsdauer: 528 Minuten. Real Anwesenheit: 180 Minuten. Wir wollen nicht zu lästerlich sein, aber eine Anwesenheit von 34% ist kein Qualitätsausweis.

Frau D’Moch hält es hier wohl ganz pragmatisch mit Adenauer: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“




Donnerstag, 26. Juli 2012
Thema: Inklusion
Wenn auch derzeit nur in Bayern.
Aber an diesem Beispiel zeigt sich, dass die Folgen der UN-Behindertenrechtskonvention durch Behörden nicht ausgebremst werden können, wenn Eltern das Recht auf die Regelbeschulung ihrer Kinder einklagen.

Die Eltern eines gehörlosen Kindes haben in einem Vergleich durchgesetzt, dass ihre Tochter die normale Grundschule besuchen darf und dass das Land die Kosten für den Gebärdendolmetscher übernehmen muss. Der zuständige Bezirk wollte das Mädchen auf eine Förderschule schicken. Mit der Begründung, dort werde sie besser gefördert. Der vom Gericht beauftragte Gutachter erklärte dagegen klar, das Mädchen sei an der Förderschule unterfordert.

Noch handelt es sich um einen Vergleich und der ist auf ein Schuljahr befristet, aber sollte das im kommenden Jahr erfolgende Anschlussgutachten zu einem positiven Schluss kommen, dann wird die zuständige Behörde (der Bezirk Schwaben) die Kosten übernehmen müssen.

Wer also meinen sollte, Inklusion lasse sich auf dem Behördenweg ausbremsen, der sieht sich hier eines Besseren belehrt. Die Gerichte werden dafür sorgen, dass behinderte Kinder endlich die ihnen zustehenden Rechte erhalten.

Frechen ist in der Pflicht endlich und konsequent einen Inklusionsplan zu beraten und zu verabschieden, der allen FrechenerInnen zeigt, was Inklusion auf kommunaler Ebene bedeutet und wie Inklusion auf kommunaler Ebene umgesetzt werden soll.

Andernfalls wird Frechen durch Gerichtsbeschlüsse auf den Weg gebracht werden. Selber gestalten wäre vielleicht die bessere Alternative.