Montag, 7. Mai 2012
Der Landtagswahlkampf tritt in seine entscheidende Phase und ein Bummel am Klüttenbrunnen vorbei läßt die eine oder andere Assoziation purzeln.
Ich überlege derzeit, ob man den Auftrieb an den Wahlkampfständen als Hilfsmittel für eine Wahlprognose nutzen kann, wobei, Auftrieb ist nicht gleich Auftrieb. Treffen sich nur Parteimitglieder zum gemütlichen Plausch oder kommt auch die WählerIn? Bedeutet der rege Andrang von Parteimitgliedern und ein reichhaltiges Angebot an Givaways eine positive Grundstimmung für die eigenen Anliegen?

Diesen Ansatz halte ich auf alle Fälle für tragfähig. Man erinnere sich nur an den Bürgermeisterwahlkampf 2009, dynamische JungunionistInnen neben gestandenen lokalen Politprofis im Wahlkamptshirt, wie lautet noch der Spruch? „Meyers’ Jungs“ oder so was in dem Stil.
Jedenfalls: viele Wahlkämpfer, kein Schritt konnte man in der Reichweite der CDU machen, ohne angesprochen zu werden. Und 2012? Ein eher schüchterner Auftritt, man muss sich dem Stand nähern und selbst dann erhält man nur ein bisschen Material zu Frau Klöpper, nichts wirklich Ansprechendes, alles eher trocken. Will Frau Klöpper das Mandat wirklich haben? Zumindest am Klüttenbrunnen kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die eigene Mannschaft das Spiel schon aufgegeben hat.

Ganz anders dagegen die Frauschaften der SPD, ja genau, Frauschaften – im Gegensatz zu 2009 sind es nicht die Männer, die den Stand beherrschen, sondern die Frauen. Ebenso auffällig: vemehrtes Auftreten des Parteinachwuchses (und der Symphatisanten). Dieses Jahr trägt die SPD die rote Kluft und verkündet mit großem Stand und breiter Brust den Anspruch aufs Direktmandat. Meine Tochter lobte im Übrigen die Saarländische Fleischwurst …. Warum eigentlich Saarland?

Schön fänd’ ich, ja die Gedanken, die sind frei, und vom Saarland ist es nicht weit, schön fänd’ ich eine französische Partnerstadt – welch Potential für die kommenden Wahlen: Leckereien aus der französischen Partnerstadt als Wahlkampf-Giveaways …. Also, da ist noch Potential. (Wer kennt schon Kapfenberg?)

Die Piraten scheinen in Frechen noch kein stabiles Standing zu haben. Mal sind sie da, mal sind sie weg – dieses Wochenende waren sie weg ……

Die Linken haben an ihrem kleinen Stand, unauffällig, auch in rot, aber gegen die Übermacht der SPD tendenziell unsichtbar – die Linke, war da was?

Und die Grünen, wie immer unter’m Sonnenschirm obwohl es regnete – hier fällt eher auf, dass einem nichts auffällt: keine Überraschung, immer der eine oder andere am Stand aber: kein Überschwang, kein Großauflauf, stabiles Wahlkampfgeschäft.




Mittwoch, 2. Mai 2012
Thema: Piraten
Er war ja schon immer einer dem ich gerne zugehört habe, nicht nur weil er aus Baden-Württemberg kommt, sondern auch weil er ein kluger Kopf ist.
Insofern freut mich, dass er eine fundierte Meinung zu den Piraten hat:
Die Grünen packten einst eine Jahrhundertaufgabe an
so formuliert Ehrhard Eppler und fährt fort:
Warum schätze ich die Piraten ganz anders ein? Weil der Anlass zu ihrer Gründung keine politische Jahrhundertaufgabe war. Am Anfang standen ein paar simple Fragen des Rechts, auch des Verfassungsrechts, die gar nicht von der Politik, sondern von der Justiz zu entscheiden sind.
Das erinnert an den norwegischen Soziologen Stein Rokkan, der im Rahmen seiner „Cleavage-Theorie“ die Entstehung des europäischen Parteiensystems entlang gesellschaftlicher Konfliktlinien beschreibt, wobei sich in den Konflikten grundsätzliche Interessen- oder Wertkonflikte verschiedener organisierter sozialer Gruppen widerspiegeln. Einer der zentralen Grundkonflikte der parteibildend wirkte, war der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit. Die SPD ist Frucht dieses Grundkonflikts.
Derart beschreibt Ehrhard Eppler auch die Entstehung der Grünen in den späten 70er Jahren entlang des Grundkonflikts „Nachhaltigkeit“, einer „Jahrundertaufgabe“, die, so Ehrhard Eppler, bei einer großen Partei wie der SPD besser aufgehoben gewesen wäre. War das Thema aber nicht. Daher war die Gründung der grünen Partei langfristig eine Erfolgsgeschichte.
Die Piratenpartei referiert jedoch eben nicht auf einen solchen Grundkonflikt. In den Worten Ehrhard Epplers:
Insofern verdanken wir die Gründung dieser Partei einem Missverständnis.




Da macht man mal eine kleine Wanderung, nicht durch die Mark Brandenburg, aber immerhin durch die Frechener Fußgängerzone, vielleicht war’s auch eher ein kleiner Spaziergang und schaut so nach rechts und nach links und sieht Rosen, wo man doch traditionell eher Nelken vermutet. Ist Wahlkampf, stimmt ja, aber seit wann Rosen und nicht mehr die Nelken, eine enigmatische und doch programmatische Aussage, so grübelt man und weiß keine Antwort, da fällt ein junges Gesicht auf, jünger als der Schnitt und man denkt, das Gesicht, das kenn ich doch und genau, da fällt es wieder ein, da hab’ ich das Gesicht schon gesehen.
Und dann ist man noch verwunderter, übernehmen die „Jungen Alternativen“ nun die alte Tante SPD oder beobachte ich hier die ersten Anzeichen der Auflösung.: „This is the end my only friend, the end of our elaborate plans, the end“?

Auf alle Fälle verteilte die sachkundige Bürgerin für die Jungen Alternativen im Jugendhilfeausschuss Rosen und nicht Nelken, wir wollen genau bleiben, auch im Detail. Es hat ihr wohl gefallen, das Rosenverteilen, im Kreise der SPD.
Wenn ich jetzt mal wieder spazierengeh’ durch die Frechener Fußgängerzone, dann werde ich einen Blick auf die „Piraten“ werfen. Ein Gefühl tief im Bauch läßt mich erwarten, dass auch die Piraten noch Verstärkung bekommen aus dem Umfeld der „Jungen Alternativen“.
Dann bleibt zurück: eine „Perspektive für Frechen“ ohne die „Jungen Alternativen“.




Montag, 30. April 2012
Am 23. März haben wir hier im Blog darüber geschrieben, dass Sozialdemokraten und Grüne nicht zusammen kommen können. Diese Einschätzung ergab sich bei der Lektüre der Haushaltsreden, wo die SozialdemokratInnen ein Loblied auf die Zusammenarbeit im Rat sangen, währenddessen die Grünen erklärten, dass sich im Frechener Rat eine informelle große Koalition gebildet habe und seitdem eine parteiübergreifende Zusammenarbeit nicht mehr stattfinde.

Dies bestätigt sich nun im Kontext des Landtagswahlkampfs, denn indirekt hat sich die Gesamtschule hier in Frechen zu einem Differenzierungspunkt zwischen SPD und Grünen entwickelt.

Die SPD hat sich die Position des irgendwie alles – irgendwie nichts zu eigen gemacht:
… ist klar, dass wir einer Gesamtschule oder Sekundarschule in Frechen sehr positiv gegenüberstehen.
Im Gegensatz dazu die Grünen, die sich klar für die Gesamtschule aussprechen
Die Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich eindeutig für eine Gesamtschule ausgesprochen. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Wenn so viele Kinder Abitur machen wollen, muss das auch in Frechen möglich sein. Alles Andere wäre bildungspolitisch eine Weichenstellung in die falsche Richtung.
Nun könnte man natürlich sagen, na und? Anscheinend handelt es sich bei Sekundar- und Gesamtschule irgendwie um vergleichbare Schulformen, aber dem ist natürlich nicht so.
An ihre Stelle tritt die Sekundarschule mit gymnasialen Standards, aber ohne eigene Oberstufe. Bis zur sechsten Klasse ist (…) das längere gemeinsame Lernen verpflichtend. Danach können die Schulen zwischen integriertem, teilintegriertem oder schulformbezogenem Lernen bis Klasse 10 wählen. Wenn aber der Bedarf für eine Sekundarstufe I in integrierter Form besteht und es genügend Schülerinnen und Schüler für eine eigenständige Oberstufe gibt, dann muss die Schule als Gesamtschule und damit als Schule der Sek. I und Sek. II gegründet werden. Die Trennlinie zwischen Sekundarschulen und Gesamtschulen ist damit klar gestellt.
Die Position der SPD läßt sich also dahingehend umschreiben, dass es ihr egal ist, ob Frechen eine Realschule oder ein Gymnasium bekommt. Denn hier liegt der grundsätzliche Unterschied. Die Sekundarschule endet mit dem Realschulabschluss, die Gesamtschule mit dem Abitur. Zwar soll die Sekundarschule mit einem Gymnasium kooperieren, aber bisher weiß noch niemand, wie das funktionieren soll und ob ein Übergang von der Sekundarschule auf ein Gymnasium dann auch wirklich funktioniert. Das sind noch alles ungelegte Eier.

Insofern reibt man sich denn doch verwundert die Augen, mit welcher Nonchalance die SPD zwei grundsätzlich unterschiedliche Schulformen gleichsetzt. Aber das ist wohl das aktuelle Programm der SPD: „bloss nirgends anecken“.
Die Landtagsabgeordnete Brigitte D’Moch-Schweren beantwortet auf Abgeordnetenwatch die Frage nach der „Schule für alle“ ebenso nichtssagend wir parteilinienkonform:
es ist nicht entscheidend wie die Schule heißt, sondern was drin steckt: gute Lehrer, kleine Klassen, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen, Lehrmittelfreiheit. Schulen, in denen man sich wohlfühlt, in denen man leben und arbeiten kann, sind Voraussetzungen für gute Bildung. Der Schulkompromiss ist ein Schritt in die richtige Richtung!
Henning Venske hat vor Urzeiten mal ein tolles Buch geschrieben: Pupsi und der Tortenmord, (genau, eine Leseempfehlung hat sich mir gerade in den Text geschmuggelt), da gibt es ein Kapitel mit dem schönen Titel: „Nur wo Tante draufsteht ist auch Tante drin“ – das gilt nun aber für die SPD und ihre Schulpräferenzen nicht (mehr). Ihr ist es heutzutage völlig egal was draufsteht. Das Schlimme daran ist jedoch, dass damit der Zusammenhang zwischen äußerer Form und Inhalt negiert wird. Wie wichtig dieser Zusammenhang in Wirklichkeit ist, belegt Tag für Tag das Gymnasium. Das Gymnasium weiß sich abzugrenzen, da ist der Name Programm, da steht der Name auch für den Inhalt. Nur bei den weniger wichtigen Schulen, da wird es mit einem Mal unwichtig.

Man mag es ja kaum mehr glauben, aber noch vor wenigen Jahren hat die SPD das Sortieren der Kinder im gegliederten Schulsystem für die Vielzahl der Bildungsverlierer verantwortlich gemacht, hat den Begriff der „sozialen Selektion“ bemüht und mehr Bildungsgerechtigkeit eingefordert. Was ist davon übrig geblieben?

Ebenso erstaunlich, dass die SPD sich allein auf ein von der Stadtverwaltung in Auftrag gegebenes Gutachten für die eigene Entscheidung stützen will.
Auch die ergänzende Formulierung im Text von Frau Steinmetzer, der schulpolitischen Sprecherin der SPD erscheint erklärungsbedürftig:
„Für Frechen wurde ein Gutachten beauftragt, um die Voraussetzungen für die Einrichtung zu prüfen und deren Konsequenzen für die bestehenden Schulen darzustellen.
Die Landesregierung formuliert, dass zur Einrichtung einer Sekundarschule ein Bedürfnis bestehen müsse und ein Bedürfnis wird definiert durch das Zusammenkommen zweier Entwicklungen: der Schülerzahlentwicklung und einer Befragung der Grundschuleltern.
Wie im Artikel des grünen Stadtrats Jürgen Weidemann deutlich ausgeführt, spricht das Elternverhalten dafür, dass es ein weitverbreitetes Bedürfnis der Eltern gibt, dass ihre Kinder das Abitur machen können. Die Anmeldezahlen an Gymnasien und Gesamtschulen steigen in ganz NRW, aber auch in Frechen, währenddessen die Hauptschulen darben.
Zusätzlich haben sich vergangenes Jahr viele Frechener Eltern lautstark zu Wort gemeldet und fordern eine Gesamtschule. Das scheint die SPD jedoch nicht wirklich zu interessieren.

Die Schwäche der eigenen Positionierung muss Frau Steinmetzer jedoch auch gespürt haben, denn sie versucht, der Diskussion eine neue Richtung zu geben:
„Der Wunsch und die Forderung nach längerem gemeinsamem Lernen besteht in der in der SPD schon seit Jahrzehnten.“
Dem wird niemand widersprechen. Aber das ist nur ein Teilaspekt der Gesamtproblematik und dann kommt die Volte gegen die Grünen:
[Der Wunsch besteht] länger als manche der Fraktionen des Rates der Stadt Frechen überhaupt existieren.
Womit die Katze aus dem Sack ist: die SPD, die Bildungspartei der 70er und 80er Jahre, muss feststellen, dass sich ihre Themen eine neue parteipolitische Heimat gesucht haben. Wie in Pulheim so auch in Frechen:
die Grünen setzen sich für den Elternwillen ein, der von CDU und FDP bemüht wurde, solange damit die Sonderstellung deas Gymnasiums geschützt werden konnte,
die Grünen kämpfen für die Gesamtschule als die Schulform, die am ehesten dem Anspruch auf Bildungsgerechtigkeit gerecht wird

Elternwille und Bildungsgerechtigkeit um Programm der Grünen, der SPD wird wohl blümerant, denn sie wird zum Opfer der eigenen Konturlosigkeit und reagiert mit einem überheblichen: "Aber wir sind schon länger auf der Welt"
Es wäre schön, wenn da inhaltlich noch was nachkäme.

Wie sagt man in der Schule? Klassenziel verfehlt?