Freitag, 18. November 2011
Nur mit fortschreitender Verwirrung ist das aktuelle Verhalten der CDU-Fraktion im Schulausschuss noch zu erklären.
Am 1. September reichte die CDU den Antrag in den Schulausschuss, die Stadtverwaltung solle doch bitte prüfen, ob die zwischenzeitlich gesetzlich mögliche Sekundarschule nicht für Frechen genutzt werden könnte. Die CDU hat dazu ausführlich aus den Unterlagen des NRW-Bildungsministeriums zitiert. Es machte den Eindruck, als hätte die CDU-Fraktion sich mit dem Thema auseinandergesetzt.
In den ministeriellen Papieren steht auch eindeutig, dass eine Sekundarschule im Regelfall aus der Fusion von Haupt- und Realschule entsteht. Also eine klare Sache: Die Stadtverwaltung soll, so will es die CDU-Fraktion, prüfen, ob Haupt- und Realschule zur Sekundarschule fusioniert werden sollen.
Da dadurch die bisherige Schulstruktur in Frechen grundsätzlich verändert würde, baten die Schulpflegschaften um eine neue Befragung der Eltern, deren Kinder von diesen Veränderungen ja massiv betroffen sein werden. Zugleich baten die Schulpflegschaften, auch den Wunsch nach einer Gesamtschule abzufragen, da eine Fusion von Haupt- und Realschule nicht zwingend zu einer Sekundarschule führen muss, sondern aus dieser Fusion auch eine Gesamtschule hevorgehen kann, einer Schule also, die neben den bisherigen Abschlüssen auch das Abitur anbieten würde.
Mit Datum vom 8. November rückt die CDU-Fraktion von ihrem alten Antrag wieder ab, aber von hinten durch die Brust ins Auge. Zwar wünscht auch die CDU-Fraktion eine neue Befragung der Eltern, jedoch sollen die abzufragenden Schulformen so ausgeweitet werden, dass keinesfalls mit verwertbaren und eindeutigen Ergebnissen zu rechnen ist. Abgefragt werden soll nun:

 Sekundarschule
 Gesamtschule
 Gymnasium
 Hauptschule

Mit der Begründung, es seien ja alle Schulen in Frechen vorhanden.
Bezüglich der Hauptschule verweise ich an dieser Stelle nur auf die dieses Frühjahr erfolgte Elternbefragung der Grundschüler: ganze 3 Prozent der Eltern spachen sich für die Hauptschule aus.
(Kurze Anmerkung: welcher Absicht steckt dahinter, die Realschule nicht aufzuführen? Hat die CDU-Fraktion etwas gegen die Realschule? Glaubt die CDU-Fraktion, die Sekundarschule sei einzig eine Umbennenung einer Realschule?)

Das ist absurd. In jeder Hinsicht.
Nochmals der CDU-Fraktion ins Stammbuch geschrieben:

Wer eine Sekundarschule will, entscheidet sich klar gegen die bestehende Real- und Hauptschule.

Soll dies in Frechen gemacht werden, so haben Eltern einen Anspruch, darüber frühzeitig informiert zu werden und darüber mitreden zu dürfen - es geht ja um ihre Kinder.

Und wenn eindeutige Befragungsergebnisse gewünscht sind, dann ist es Auftrag der Politik / der Stadtverwaltung, eine klar strukturierte Befragung durchzuführen. Alles andere kann nur so gedeutet werden, dass zumindest die CDU-Fraktion die Wünsche der Frechener Eltern lieber nicht so genau wissen will.




Mittwoch, 16. November 2011
Heute Abend hat mich nachfolgende Bitte um Unterstützung erreicht, der ich gerne nachkomme:

"Liebe Frechener BürgerInnen,

anbei erhalten Sie einen Bürgerantrag mit der Bitte um Einrichtung einer Gesamtschule in Frechen. Wenn Sie den Antrag unterstützen, schicken Sie bitte eine Antwort-Mail bis spätestens Sonntag, 20.11. mit Ihrem Namen und Ihrer Anschrift an mich zurück. Der Antrag soll zur nächsten Sitzung des Schulausschusses der Stadt Frechen vorliegen (am Mittwoch, 23.11.), da dieses Thema dann behandelt wird. Bitte schicken Sie diese Mail an möglichst viele interessierte Eltern, Großeltern etc. weiter, da ich in der Kürze der Zeit keine andere Möglichkeit der Kontaktaufnahme sehe.

reginaruesing@netcologne.de

Hier noch der Text des Bürgerantrags:

"Im Zuge der Umstrukturierung der Frechener Schullandschaft fordern wir, die Unterzeichnenden, die Einrichtung einer Gesamtschule im Stadtgebiet Frechen.

Mit dem Besuch einer Gesamtschule steht den SchülerInnen der Erwerb aller Bildungsabschlüsse offen. Zudem müssen sich die Kinder nicht dem enormen Druck des sogenannten „Turbo-Abiturs“ aussetzen, sondern haben die Möglichkeit ihr Abitur in 9 Jahren – wie früher üblich - zu erlangen.
Deshalb nehmen schon jetzt viele SchülerInnen für den Besuch einer Gesamtschule weite Wege in andere Städte in Kauf. Die Gesamtschulen in diesen Städten haben aufgrund ihrer Beliebtheit nur geringe Platzkapazitäten für auswärtige SchülerInnen, so dass nur wenige Frechener Kinder überhaupt in den Genuss des Gesamtschulbesuchs kommen können.

Wir sehen eine Gesamtschule als eine Bereicherung der Frechener Schullandschaft und bitten deshalb im Interesse der Zukunft unserer Kinder um eine rasche Bearbeitung unseres Antrages."
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Anbei die Presseberichterstattung über den Elternantrag:

KR v. 22.11.2011
KStA v. 22.11.2011




Montag, 14. November 2011
Im ersten Schritt betrachten wir die echten Schülerzahlen, die besagen, dass dieses Jahr 1.085 Kinder das Gymnasium besuchen, 800 Kinder die Realschule, 436 Kinder die Hauptschule und 94 Kinder die Förderschule. Die Förderschule hat dieses Jahr im Vergleich zum letzten Jahr bereits 17,5% weniger Kinder.
Im zweiten Schritt nehmen wir die Befragung der Eltern der Drittklässler der Grundschulen bezüglich des elterlichen Schulwunsches für ihre Kinder. Die Eltern, die geantwortet haben wünschen sich zu 60% das Gymnasium, zu 23% die Realschule zu 11% die Gesamtschule und zu 2% die Hauptschule.

Damit das nicht so ganz leer im Raum steht, übertragen wir nun die Wunschwerte der Eltern auf die aktuelle Gesamtschülerzahl der weiterführenden Schulen (wobei der Gesamtschulwunsch „umgelegt“ wird) und tun so als wäre der Wunsch schon Realität, nur um zu sehen, mit welchen Kinderzahlen die einzelnen Schulen zukünftig rechnen müssen, wenn sich der Wunsch der Eltern eins zu eins übersetzen würde:
Unter dieser Prämisse würden aktuell

1.690 Kinder das Gymnasium besuchen,
652 Kinder wären an der Realschule,
72 Kinder an der Hauptschule
Und kein Kind an der Förderschule.

Daraus lässt sich ableiten:
1. Die Förderschule muss damit rechnen, dass sie innerhalb der kommenden 5 Jahre unter die Schwelle von 50 Kindern rutscht. Damit wird die Mindestgröße für eine Förderschule unterschritten und sie müsste geschlossen werden.
2. Die Hauptschule ist aus Elternsicht tot. Dazu ein mitgehörtes Gespräch zweier Mütter auf einem Schulhof der Grundschule: „Mein Kind hat eine eingeschränkte Realschulempfehlung, da habe ich dem Lehrer gesagt: mein Sohn ist kein Hauptschulkind.“
3. Ohne Hauptschule ist auch die Realschule nichts, denn ihre Existenzberechtigung leitet sich aus ihrer Mittelposition zwischen Gymnasium und Hauptschule ab. Ohne funktionierende Hauptschule ist die Realschule nicht mehr in der Mittellage, sondern ganz unten. Nicht mehr Realschule, nein Resteschule.
4. Das Frechener Gymnasium ist auf eine solche Schülerzahlentwicklung nicht ausgelegt.

Nimmt man diese Zahlen, so kann man konstatieren, dass der Elternwunsch massiv auf das Gymnasium zielt und auch die Realschule diese Erwartungen nicht erfüllen kann. War die Realschule früher ein vernünftiger Schulabschluss, so gilt er heute bereits als Makel. Das liegt nicht an der Schule, keineswegs, aber wer erinnert sich noch, es gab eine Zeit, da genügte ein Realschulabschluss für eine Ausbildung zum Bankkaufmann oder zum Versicherungskaufmann (innerbetriebliche Aufstieg inklusive) und heute …?
Alle Arbeitsmarkt- und Sozialuntersuchungen bestätigen daher, dass es sich lohnt, das Abitur zu machen. Wer das Abitur und ein entsprechende berufliche / akademische Bildung erworben hat wird seltener arbeitslos, kann mit einem höheren Einkommen rechnen, hat ein höheres Sozialprestige, lebt gesünder und länger. Mit welchem Argument soll den Eltern daher begegnet werden, die sich genau dieses für ihre Kinder wünschen?

Dieser Elternwunsch führt zwischenzeitlich dazu, dass bereits Viertklässler Nachhilfe bekommen, damit sie den Elternwunsch nach einer möglichst hochwertigen Schulempfehlung erfüllen. Wir können nur erahnen, welcher schulische Horrorweg diesen Kinder bevorstehen mag – Nachhilfe, Leistungsdruck, möglicherweise unerfüllbare Erwartungen mit der Erfahrung frühen schulischen Scheiterns – nicht immer ist der Elternwunsch ein guter Ratgeber.

Die Frage ist daher nicht, ob schulstrukturell etwas in Frechen getan werden muss, vielmehr lautet die Frage: wohin soll sich die Schulstruktur verändern?
Die AG der Schulpflegschaften hat mit guten Argumenten darauf hingewiesen, dass das Modell der Sekundarschule in diesem Zusammenhang keine langfristige Perspektive darstellt. Auch die aktuellen Erfahrungen aus Thüringen zeigen, dass der Sekundarschule, in Thüringen heißt das Ding Oberschule, keine Zukunft beschieden ist. Nach nur wenigen Jahren wurde aus der Oberschule eine Resteschule und in der Wahrnehmung der Eltern handelt es sich nur um eine umbenannte Hauptschule – und da soll das eigene Kind eben nicht hin.