Thema: Grube Carl
22. Oktober 18 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
"Positiv überrascht und beeindruckt" zeigte sich die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Frechener Stadtrat M.Erbacher nach der Vorstellung der neuen Planungen für die Grube Carl. Was nun Frau Erbacher so positiv überrascht hat, das erschließt sich bei näherem Hinsehen kaum.
Erkennbar ist, dass die Reihenfolge der Bebauungen der Baufelder geändert werden soll, diese also nicht mehr von Ost nach West fortschreitend erfolgen soll, sondern dass im Osten und Westen gleichzeitig entwickelt werden soll. Das hat während der Entwicklung gewisse Vorteile, da der Verkehr der westlichen Bauflächen via Rosmarer Weg / Straße Grube Carl fließen soll und damit der Grefrather Weg und die Straße Zum Bellerhammer entlastet wird. Gleichzeitig soll die Bebauung verdichtet werden, wodurch auf den noch unbebauten Flächen statt der 600 bis zu 1.000 neue Wohneinheiten entstehen sollen.
Problematisch aber ist, dass der größte Schwachpunkt aller bisherigen Planungen auch in der aktualisierten Version nicht abgestellt wird. Am Verkehrskonzept für den Stadtteil wurde im Grunde nichts verändert, es ist noch aus dem letzten Jahrhundert. Nun ist der Klimawandel kein Ereignis mehr, dass ich auf irgendwelchen Pazifikinseln abspielt, sondern der gerade vergangene Sommer war ein erster Hinweis, was uns zukünftig erwarten wird. Viele Zeichen deuten darauf hin, dass sich der Klimawandel beschleunigt hat und unsere bisherigen Maßnahmen unzureichend sind. Der gerade veröffentlichte IPCC-Bericht fordert daher unverzügliche und durchgreifende Maßnahmen, um den CO2-Ausstoß innerhalb weniger Jahre auf Null zu reduzieren.
Dieses Baugebiet soll über die kommenden beiden Jahrzehnte entwickelt werden, muss also zwingend auf diese Anforderungen reagieren. Eine der größten CO2-Quellen ist der Verkehr. Auch hier sind die Ansagen eindeutig: unser Mobilitätsverhalten muss sich grundlegende verändern. Vereinfacht formuliert: weg vom eigenen Auto. Womit auch gemeint ist, dass E-Mobilität keine Lösung darstellt, da auch E-Mobilität eine ressourcenfressende Form der Fortbewegung ist, die wir uns nicht mehr werden leisten können.
Also brauchen wir einen Ausbau der Infrastrukturen des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs.
Zum öffentlichen Nahverkehr wird eine in weiter Zukunft liegende Idee formuliert, die schon seit Jahrzehnten im Schwange ist: die Umwidmung der Nord-Süd-Bahn, auf der aktuell noch schmutzige Braunkohle aus dem Tagebau Hambach in die Kraftwerke transportiert wird. Hier könnte der Stadtteil langfristig an den ÖPNV angebunden werden.
Gleichzeitig aber wird ein Verkehrsgutachten beauftragt, mit dem die Belastungsgrenze der Kreisverkehre Dürener Straße / Grube Carl und Neuer Weg neu berechnet werden soll, da ja mehr Menschen hier wohnen sollen als bisher geplant. Schon in einem früheren Verkehrsgutachten war festgestellt worden, dass der Kreisel Dürener Straße/ Grube Carl nicht in der Lage sein wird, bei einer Komplettbebauung des Stadtteils den gesamten Verkehr aufzunehmen. Der Zeitpunkt, ab dem der Kreisverkehr überlastet sein wird, so darf vermutet werden, wird bei einer baulichen Verdichtung also deutlich früher eintreten, als in der alten Planung.
Mit anderen Worten, der Zeitpunkt, zu dem die Verlängerung des Freiheitsrings hoch in den Stadtteil uns als „alternativlos“ verkauft werden wird, wird schneller kommen als bisher angenommen.
Dabei, „alternativlos“ ist diese Entwicklung nicht.
Was benötigt wird, ist ein sofortiger Einstieg in die Verlängerung der Linie 7. Es war bereits ein Fehler, die Linie 7 nicht direkt mit der Entwicklung der ersten Bauabschnitte in den Stadtteil hinein zu führen. Dieser Fehler wurde, so berichtete der KStA am 17.10.2018, auch im Neubaugebiet Widdersdorf begangen. In Neu-Widdersdorf war eine Straßenbahnanbindung versprochen worden, die aber bis heute auf sich warten lässt. Dort, so erklärte ein Stadtplaner „hätte die Trasse zeitgleich mit oder vor den ersten Häusern gebaut werden müssen. Wird eine Bahn in einem bereits bestehenden Wohngebiet installiert, wird sie viel weniger angenommen.“ Und warum das so ist, das erklärte eine Widdersdorferin ganz klar: „Die meisten Familien haben hier aber in dem Wissen gebaut, auf zwei Autos angewiesen zu sein.“
Eine Busverbindung, das wäre ja eine mögliche Alternative zur Straßenbahn, insbesondere in der Frechener Sparversion, wird niemals die gleiche Akzeptanz erreichen, wie eine direkte Straßenbahnanbindung bis ins Kölner Zentrum.
Die Frechener Planung geht nun von bis zu 1.000 Wohneinheiten aus, was bedeutet, dass bis zu 2.000 zusätzliche Autos dazu kommen werden, mit einer entsprechender Anzahl an täglichen Fahrten im Stadtteil, und aus dem Stadtteil heraus und wieder zurück. Ein Albtraum für den gesamten Frechener Westen, aber ein selbstgewähltes Schicksal, da die Stadtverwaltung die Investition in die Verlängerung der Linie 7 scheut und lieber in Straßen und Parkplätze investiert.
Zur Absurdität wird es dann, wenn in der Verwaltungsvorlage postuliert wird, dass man plane, ein Kreativquartier zu entwickeln, um die Wohnattraktivität zu steigern und darüber die Stadt Frechen insgesamt zu profilieren. Im Rahmen eines Workshops war dann festgestellt worden, „dass Urbanität städtebaulich nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt und gelebt werden muss.“
Urbanität bedeutet heutzutage aber, dass das Auto als Verkehrsmittel immer unwichtiger und u.a. der ÖPNV und andere Formen der Mobilität immer wichtiger werden.
Eine grüne Politikerin, die die Entwicklung auf Grube Carl noch vor wenigen Jahren als "planlose Siedlungspolitik" bezeichnet hat, die noch vergangenes Jahr darauf hingewiesen hat, dass beim Klimawandel "der Ernst der Lage zu wenig beachtet" werde, müsste also bei dieser autofokussierten Verkehrsplanung vor Schmerzen aufschreien.
Die Frechener Grünen als Bestandteil der hiesigen Jamaika-Koalition scheinen zwischenzeitlich aber ziemlich schmerzfrei zu sein. Sie haben von allem Abschied genommen, was einmal den eigenen Markenkern ausgemacht hat. Da fällt die konsensuelle Entwicklung eines Autostadtteils nicht mehr wesentlich ins Gewicht.
Aber halt: die Grünen werden sich dafür einsetzen, dass der Stadtteil zwei Car-Sharing-Parkplätze erhält, großes Indianerehrenwort.
Erkennbar ist, dass die Reihenfolge der Bebauungen der Baufelder geändert werden soll, diese also nicht mehr von Ost nach West fortschreitend erfolgen soll, sondern dass im Osten und Westen gleichzeitig entwickelt werden soll. Das hat während der Entwicklung gewisse Vorteile, da der Verkehr der westlichen Bauflächen via Rosmarer Weg / Straße Grube Carl fließen soll und damit der Grefrather Weg und die Straße Zum Bellerhammer entlastet wird. Gleichzeitig soll die Bebauung verdichtet werden, wodurch auf den noch unbebauten Flächen statt der 600 bis zu 1.000 neue Wohneinheiten entstehen sollen.
Problematisch aber ist, dass der größte Schwachpunkt aller bisherigen Planungen auch in der aktualisierten Version nicht abgestellt wird. Am Verkehrskonzept für den Stadtteil wurde im Grunde nichts verändert, es ist noch aus dem letzten Jahrhundert. Nun ist der Klimawandel kein Ereignis mehr, dass ich auf irgendwelchen Pazifikinseln abspielt, sondern der gerade vergangene Sommer war ein erster Hinweis, was uns zukünftig erwarten wird. Viele Zeichen deuten darauf hin, dass sich der Klimawandel beschleunigt hat und unsere bisherigen Maßnahmen unzureichend sind. Der gerade veröffentlichte IPCC-Bericht fordert daher unverzügliche und durchgreifende Maßnahmen, um den CO2-Ausstoß innerhalb weniger Jahre auf Null zu reduzieren.
Dieses Baugebiet soll über die kommenden beiden Jahrzehnte entwickelt werden, muss also zwingend auf diese Anforderungen reagieren. Eine der größten CO2-Quellen ist der Verkehr. Auch hier sind die Ansagen eindeutig: unser Mobilitätsverhalten muss sich grundlegende verändern. Vereinfacht formuliert: weg vom eigenen Auto. Womit auch gemeint ist, dass E-Mobilität keine Lösung darstellt, da auch E-Mobilität eine ressourcenfressende Form der Fortbewegung ist, die wir uns nicht mehr werden leisten können.
Also brauchen wir einen Ausbau der Infrastrukturen des öffentlichen Nahverkehrs und des Radverkehrs.
Zum öffentlichen Nahverkehr wird eine in weiter Zukunft liegende Idee formuliert, die schon seit Jahrzehnten im Schwange ist: die Umwidmung der Nord-Süd-Bahn, auf der aktuell noch schmutzige Braunkohle aus dem Tagebau Hambach in die Kraftwerke transportiert wird. Hier könnte der Stadtteil langfristig an den ÖPNV angebunden werden.
Gleichzeitig aber wird ein Verkehrsgutachten beauftragt, mit dem die Belastungsgrenze der Kreisverkehre Dürener Straße / Grube Carl und Neuer Weg neu berechnet werden soll, da ja mehr Menschen hier wohnen sollen als bisher geplant. Schon in einem früheren Verkehrsgutachten war festgestellt worden, dass der Kreisel Dürener Straße/ Grube Carl nicht in der Lage sein wird, bei einer Komplettbebauung des Stadtteils den gesamten Verkehr aufzunehmen. Der Zeitpunkt, ab dem der Kreisverkehr überlastet sein wird, so darf vermutet werden, wird bei einer baulichen Verdichtung also deutlich früher eintreten, als in der alten Planung.
Mit anderen Worten, der Zeitpunkt, zu dem die Verlängerung des Freiheitsrings hoch in den Stadtteil uns als „alternativlos“ verkauft werden wird, wird schneller kommen als bisher angenommen.
Dabei, „alternativlos“ ist diese Entwicklung nicht.
Was benötigt wird, ist ein sofortiger Einstieg in die Verlängerung der Linie 7. Es war bereits ein Fehler, die Linie 7 nicht direkt mit der Entwicklung der ersten Bauabschnitte in den Stadtteil hinein zu führen. Dieser Fehler wurde, so berichtete der KStA am 17.10.2018, auch im Neubaugebiet Widdersdorf begangen. In Neu-Widdersdorf war eine Straßenbahnanbindung versprochen worden, die aber bis heute auf sich warten lässt. Dort, so erklärte ein Stadtplaner „hätte die Trasse zeitgleich mit oder vor den ersten Häusern gebaut werden müssen. Wird eine Bahn in einem bereits bestehenden Wohngebiet installiert, wird sie viel weniger angenommen.“ Und warum das so ist, das erklärte eine Widdersdorferin ganz klar: „Die meisten Familien haben hier aber in dem Wissen gebaut, auf zwei Autos angewiesen zu sein.“
Eine Busverbindung, das wäre ja eine mögliche Alternative zur Straßenbahn, insbesondere in der Frechener Sparversion, wird niemals die gleiche Akzeptanz erreichen, wie eine direkte Straßenbahnanbindung bis ins Kölner Zentrum.
Die Frechener Planung geht nun von bis zu 1.000 Wohneinheiten aus, was bedeutet, dass bis zu 2.000 zusätzliche Autos dazu kommen werden, mit einer entsprechender Anzahl an täglichen Fahrten im Stadtteil, und aus dem Stadtteil heraus und wieder zurück. Ein Albtraum für den gesamten Frechener Westen, aber ein selbstgewähltes Schicksal, da die Stadtverwaltung die Investition in die Verlängerung der Linie 7 scheut und lieber in Straßen und Parkplätze investiert.
Zur Absurdität wird es dann, wenn in der Verwaltungsvorlage postuliert wird, dass man plane, ein Kreativquartier zu entwickeln, um die Wohnattraktivität zu steigern und darüber die Stadt Frechen insgesamt zu profilieren. Im Rahmen eines Workshops war dann festgestellt worden, „dass Urbanität städtebaulich nicht nur geplant, sondern auch umgesetzt und gelebt werden muss.“
Urbanität bedeutet heutzutage aber, dass das Auto als Verkehrsmittel immer unwichtiger und u.a. der ÖPNV und andere Formen der Mobilität immer wichtiger werden.
Eine grüne Politikerin, die die Entwicklung auf Grube Carl noch vor wenigen Jahren als "planlose Siedlungspolitik" bezeichnet hat, die noch vergangenes Jahr darauf hingewiesen hat, dass beim Klimawandel "der Ernst der Lage zu wenig beachtet" werde, müsste also bei dieser autofokussierten Verkehrsplanung vor Schmerzen aufschreien.
Die Frechener Grünen als Bestandteil der hiesigen Jamaika-Koalition scheinen zwischenzeitlich aber ziemlich schmerzfrei zu sein. Sie haben von allem Abschied genommen, was einmal den eigenen Markenkern ausgemacht hat. Da fällt die konsensuelle Entwicklung eines Autostadtteils nicht mehr wesentlich ins Gewicht.
Aber halt: die Grünen werden sich dafür einsetzen, dass der Stadtteil zwei Car-Sharing-Parkplätze erhält, großes Indianerehrenwort.