Dienstag, 15. September 2015
Eine Wahl ohne Überraschungen, und doch, je näher man drauf schaut, man findet sie noch, die kleinen Überraschungen. Hier betrachten wir, wie auch schon bei einigen vergangenen Wahlen, die Wahlbezirke 12 und 13, also Grube Carl und Oberstadt.

Erste Überraschung: entgegen den Presseberichterstattungen zur niedrigen Wahlbeteiligung liegt die Wahlbeteiligung in diesen beiden Bezirken nicht wesentlich schlechter als bei den Kommunalwahlen 2014 und den Bürgermeisterwahlen 2009.

Zweite Überraschung: Hans-Adam Breuer von der SPD muss sich massive Sorgen um seinen Wahlbezirk 12 (Lindenschule) machen. 2009 lag F.Huck hier im ersten Wahlgang bereits 6 Punkte vor H.W.Maier (39% zu 33%), bei der Kommunalwahl 2014 erhielt H.A.Breuer für die SPD gerade noch 32,5% der Stimmen, die CDU lief bei 28,5% aus und die Grünen bei 16,8%. Das reichte zwar noch zu einem Direktmandat, aber gut war das schon nicht mehr. Und 2015? Da hat Frau Stupp den Wahlkreis gewonnen und zwar deutlich mit 53,5% der Stimmen. In absoluten Zahlen ausgedrückt hat H.A. Breuer im Kommunalwahlkampf 2014 192 Stimmen erhalten, Ferdi Huck nur ein Jahr später immerhin 323 Stimmen, ein Plus von 134 Stimmen. Für die SPD ist also Luft nach oben. H.A. Breuer scheint dafür aber nicht mehr die richtige Person.

Schauen wir nun auf den Wahlkreis 13 (Haus am Bahndamm), hier wohnt F.Huck. Hier schnitt er bei der Bürgermeisterwahl 2009 stadtweit am besten ab. Schon im 1. Wahlgang landete er damals bei 44,2% der Stimmen, H.W.Meier abgeschlagen bei 36,1 %. Die Kommunalwahlen 2014 ergaben ein deutlich schwächeres Bild, die SPD landete bei 40% und die CDU bei 29,5%. 2015 sieht es nun auf den ersten Blick wieder deutlich besser aus, denn Ferdi Huck kam auf 51,9%. Doch S.Stupp war ihm mit 48,1% dicht auf den Fersen.

Die Überraschung spielt sich eher auf der Ebene der absoluten Stimmenzahlen ab. 2009 waren 5 Kandidaten für den Bürgermeisterposten im Rennen, dieses Jahr nur 2. In beiden Wahlkreisen hat die CDU-Kandidatin aber gegenüber 2009 deutlich größere Stimmenzugewinne erzielt als F.Huck. Frau Stupp gewann im 12. Wahlbezirk 170 Stimmen hinzu und im 13. Wahlbezirk immerhin 54. Ferdi Hucks Zugewinne dagegen lagen bei 78 Stimmen im 12er und gerade mal 14 Stimmen im 13er.

Beide Wahlbezirke galten lange Jahre als „sichere Bank“ für die SPD – darauf kann sich die SPD in den kommenden Jahren nicht mehr ausruhen.




Montag, 14. September 2015
So sang der SPD-Bürgermeisterkandidat anlässlich einer seiner Kneipenveranstaltungen.
Doch der Weg war nicht das Ziel, da war sich der Frechener Souverän sehr sicher und so verfehlte der SPD-Kandidat F.Huck das Ziel um Meilen. Oder deutlicher formuliert:

Das war eine Klatsche.
Die SPD muss sich der Situation stellen, dass weder ihr Kandidat noch die Partei mehrheitsfähig waren. Neue Themen, neue Akzente und neue Gesichter könnten sie nach vorne bringen. Denn die Frechener haben schon oft bewiesen, dass nicht immer die Fraktionszugehörigkeit zählt, sondern Inhalte und Argumente. Wenn die überzeugen, muss nicht unbedingt ein Bündnis die Nase vorn haben.
Ob die SPD künftig mit Inhalten überzeugt, welche Konsequenzen sie aus der Wahlniederlage zieht, bleibt abzuwarten. Wichtig wäre nur, dass sich etwas ändert und die Debatten durch Inhalte bestimmt bleiben. Wünschenswert wäre es.
So schreibt heute Pamo Roth im Kölner Stadtanzeiger zur Situation der SPD.

Lauscht man aber den Originaltönen, wie sie der KStA bereits gestern ins Netz stellte, so klaffen große Lücken zwischen dem im Kommentar der Zeitung formulierten Wunsch und der profanen Frechener Wirklichkeit:
Der SPD-Kandidat Ferdi Huck bewahrte … Fassung. „Die Enttäuschung ist groß, denn man geht ja in ein Rennen mit der Zuversicht, dass es zu packen ist“, erklärte er. Er werde aber weiterhin in der Fraktion und im Rat tätig sein.
Auch SPD-Fraktionsvorsitzender Günter Eilenberger zeigte sich von dem Ergebnis enttäuscht. „Es ist traurig, dass sich solch ein intensiver Wahlkampf nicht in Gänze ausgezahlt hat. …Wir müssen nun genau hinschauen, was wir ändern müssen, damit wir besser werden.“ Allerdings sei die Wahlbeteiligung auch enttäuschend gewesen.
Betrachtet man das Ergebnis etwas genauer, so bestätigen sich einige der früher hier im Blog getätigten Analysen:

So lag die Wahlbeteiligung in den Königsdorfer Wahlbezirken bei 51,5%, im Vergleich dazu kamen die innerstädtischen Wahlbezirke (inklusive Oberstadt und Grube Carl) nur auf 43,2%, mit den Tiefpunkten von rund 39% in den Wahlkreisen 15, 16 und 19 (Burgschule, Herbertskaul, St.Audomar). 32,1 % ihrer Gesamtstimmen hat S.Stupp in den 5 Königsdorfer Wahlbezirken geholt. F. Huck dagegen erzielte hier gerade 18 % seiner Stimmen.

Im gesamten „Schwarzen Gürtel“ (Königsdorf, Buschbell, Bachem, Grefrath und Habbelrath) gewann S.Stupp die Wahl mit 66,5 % währenddessen F.Huck bei 33,5 % auslief. In der Innenstadt sind die Abstände geringer aber auch hier lag S.Stupp vorne und zwar mit 53,5 % zu 46,5 %.
S.Stupp holte in absoluten zahlen im „schwarzen Gürtel“ fast 6.900, F. Huck dagegen nur rund 3470 Stimmen. Mit anderen Worten, der SPD-Kandidat hätte in der Kernstadt rund 3.500 Stimmen vor S.Stupp liegen müssen. Rein wahlarithmetisch ein Ding der Unmöglichkeit. Alleine die Wahlbeteiligung hätte dazu in der Innenstadt um mindestens 20 Prozentpunkte höher liegen müssen.

Dazu aber hätten wir einen Wahlkampf mit kontroversen Themen, Programmen „Inhalten und Argumenten“ benötigt.
Aber das kann die lokale SPD in ihrer derzeitigen personellen Aufstellung nicht. Und wenn wir den beiden zentralen Protagonisten, dem Fraktionsvorsitzenden H-G.Eilenberger und dem dreifach ehemaligen Bürgermeisterkandidaten F.Huck Glauben schenken dürfen, dann ist die SPD hierzu weder willens noch in der Lage.
So hat der eine hat einen "intensiven Wahlkampf erlebt", der sich „nicht zur Gänze ausgezahlt hat“.
Da reibt sich der eine oder andere Frechener sicherlich verwundert die Augen, denn unter einem intensiven Wahlkampf kann man sich so einiges vorstellen, mit dem Frechener Wahlkampf der vergangenen Wochen hat das aber wenig zu tun. Und wenn man rund 20 Punkte hinter der Siegerin zurückliegt, dann scheint die Formulierung „nicht zur Gänze“ den Sachverhalt eine Klatsche bezogen zu haben, nur schön zu reden.

Ach ja, und wie angekündigt will der Verlierer in Rat und Partei weitermachen als sei nichts passiert.

Auf die dringend notwendige Erneuerung der lokalen SPD an Kopf und Füssen, die im Kommentar von P.Roth angemahnt wird, wird man unter diesen Umständen noch länger warten.

Wenn sich da nichts ändert, so wird 2017 auch das Landtagsmandat wieder bei der CDU landen.




Dienstag, 8. September 2015
Man kann es wohl nicht oft genug sagen und lesen und nun auch im Spiegel bei Wolfgang Münchau:
Politische Binsenweisheiten stimmen so lange, bis sie nicht mehr stimmen. Eine davon ist, dass linke Parteien nur aus der Mitte heraus Wahlen gewinnen. (…)Doch diese Binse funktioniert nicht immer und überall. Wir sehen das an dem stetigen Niedergang der SPD, die noch nie konservativer war als unter ihrem jetzigen Parteichef Sigmar Gabriel.
Nun ist das nicht Gabriels Schuld alleine. Die SPD ist insgesamt nach rechts gerückt. Das hat sicherlich eine längere Vorgeschichte, die mit Schröders Agenda 2010 und die wirtschaftsfreundlichen Gesetze der damaligen rotgrünen Koalition einen ersten Höhepunkt erlebte. Die große Koalition, die die SPD gerne eingegangen ist, stellt da vermutlich nur den letzten Sargnagel dar.
Der Grund ist der gleiche wie der bei der SPD. Der kardinale politische Fehler der Sozialdemokraten und anderer linker Parteien in Europa ist die Akzeptanz einer neoliberalen Wirtschaftsdoktrin. Ich will an dieser Stelle nicht inhaltliche Argumente für oder gegen diese Doktrin diskutieren. Mir geht es hier um die neoliberale Politik, die zu einem Verfall der Reallöhne beigetragen hat. Sie führte zu Machtverschiebungen in der Wirtschaft zuungunsten von Gewerkschaften und zugunsten von Banken.
Das Grundproblem aller Sozialdemokraten ist die tiefe Verankerung der neoliberalen Doktrin in der europäischen Politik und in den europäischen Verträgen - im Maastrichter Vertrag, im Stabilitätspakt und seinen späteren Varianten und zuletzt im Fiskalpakt. Diese von Konservativen verfassten Regeln reduzieren die politischen Spielräume. Und damit sind Sozialdemokraten aus Sicht der Wähler von Christdemokraten nicht mehr zu unterscheiden.
Das klingt nun so, als finde die neoliberale Politik nur auf der nationalen bzw. der europäischen Ebene statt. Dem ist aber nicht so. Die Konservativen haben, und die SPD ist diesen Weg mitgegangen, in die verschiedenen Verfassungen die Generalregel des ausgeglichenen Haushalts bis 2020 hineingeschrieben. Wenn ein Bundesland bereits mit einem ordentlichen Packen an Schulden belastet ist, so bedeutet der Zwang zum ausgeglichenen Haushalt, dass auf Jahre hinaus scharf gespart werden muss. Und das bricht sich runter bis auf die einzelne Kommune.

Gestern bei der Podiumsdebatte der Frechener Bürgermeisterkandidaten wurde man Zeuge zu welchen Schizophrenien die tiefe Verankerung neoliberalen Denkens in der Kommunalpolitik führen kann.

So sang die CDU-Kandidatin Frau Stupp, als es um die Frage der Kommunalfinanzen ging, ein Hohelied auf das Königsrecht eines jeden Kommunalparlaments, also das Recht, einen eigenen Haushalt verabschieden zu dürfen. Einfach formuliert verlieren Kommunen dieses Recht, wenn sie keinen ausgeglichenen Haushalt präsentieren können: sie kommen unter staatliche Kuratel. Frau Stupp will nicht, dass Frechen unter staatliche Kuratel kommt. Also will sie weiterhin ausgeglichene Haushalte präsentieren. Das aber ist schwierig, denn Kommunen müssen viele Aufgaben erledigen, die ihnen vom Land oder vom Bund zugewiesen werden. (bspw. im sozialen Bereich). Leider vergessen Bund und Land aber, den Kommunen hierfür ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen.

Alles richtig und doch alles falsch, denn Bund und Länder sind laut den von den Konservativen gewollten Verfassungsänderungen gezwungen, ausgeglichene Haushalte zu präsentieren. Also wird gespart – im Zweifelsfalle auf Kosten der Kommunen. Das ist sehr unschön für die Kommunen dieses Landes aber denn doch von eben dieser CDU, für die Frau Stupp antritt, im Grundsatz so gewollt.

Und der SPD-Kandidat? Wer von der SPD erwartet hätte, dass hier eine Gegenposition bezogen würde, der sah sich getäuscht (… wobei, wer in Frechen glaubt an eine sozialdemokratische Gegenposition?). Ferdi Huck hat das neoliberale Denken so verinnerlicht, dass er die CDU sogar beim Thema Personaleinsparung gerne überholen will. Es gäbe in der städtischen Verwaltung noch größere Einsparpotentiale, die es zu heben gelte und die er heben werde. Alles, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen und um Steuererhöhungen zu vermeiden.

Das ist für Außenstehende nun nicht wirklich zu beurteilen, dass nun aber der SPD-Kandidat den Sparkommissar gibt, seine CDU-Gegnerin dagegen erklärt, für sie sähe es so aus, als sei die Grenze der Personaleinsparungen erreicht, das erstaunt denn doch gewaltig.

Erstaunlich aber bleibt allemal, dass die SPD vom Kopf bis zu den Füssen, von Gabriel bis Huck, sich dem neoliberalen Denken verschrieben hat und nicht erkennt, dass eben diese Alternativlosigkeit des Handelns, die sich hieraus ergibt, der CDU in die Hände spielt. Wer braucht eine SPD, wenn sie sich von der CDU nicht unterscheidet?




Montag, 7. September 2015
Die Bertelsmann-Stiftung hat eine Analyse der Bremer Bürgerschaftswahlen 2015 unter dem Titel „prekäre Wahlen“ veröffentlicht.

Dabei wurde untersucht, wie sich Wahlbeteiligung und Wahlverhalten entwickelt haben, insbesondere ob die Wahlen als repräsentativ betrachtet werden können.

Die Zusammenfassung ist mehr als ernüchtern:
Mit der Wahlbeteiligung (50,1 Prozent aller Wahlberechtigten) (...) sinkt auch die rechnerische Repräsentationsquote der Bremischen Bürgerschaft: Die neu gewählte Bürgerschaft repräsentiert nur noch die Stimmen von knapp 48,6 Prozent aller wahlberechtigten Bremer Bürger.

Die Ergebnisse unserer Studie sind eindeutig: Je prekärer die Lebensverhältnisse in einem Ortsteil, desto weniger Menschen gehen wählen. Die soziale Lage eines Ortsteils bestimmt die Höhe der Wahlbeteiligung: Je höher der Anteil von Haushalten aus den sozial schwächeren Milieus, je höher die Arbeitslosigkeit, je geringer der formale Bildungsstand und je geringer die durchschnittliche Kaufkraft der Haushalte in einem Ortsteil, desto geringer ist die Wahlbeteiligung.

Das hat Konsequenzen für die soziale Repräsentativität des Bremer Wahlergebnisses: Je nach sozialer Lage ihrer Stadtviertel sind die dort lebenden Menschen in der neu gewählten Bremer Bürgerschaft sehr unterschiedlich stark vertreten. Die sinkende Wahlbeteiligung ist auch in Bremen Ausdruck einer zunehmend ungleichen Wahlbeteiligung, hinter der sich eine soziale Spaltung der Wählerschaft verbirgt. Das Wahlergebnis der Bremischen Bürgerschaftswahl 2015 ist deshalb sozial nicht repräsentativ.

Die Bremische Bürgerschaft ist sozial gespalten und die Demokratie wird auch in Bremen zu einer immer exklusiveren Veranstaltung der Menschen aus den mittleren und oberen Sozialmilieus der Stadtgesellschaft, während die sozial schwächeren Milieus deutlich unterrepräsentiert bleiben. Die Verankerung aller Parteien in diesen Nichtwählermilieus erodiert. Deshalb wird in dieser Studie auch die Bremische Bürgerschaftswahl 2015 als eine sozial prekäre Wahl bezeichnet.
Die Studie hat keine Schlussfolgerungen über die Profiteure solcher Entwicklungen gezogen, aber es gehört keine große Phantasie dazu, um festzustellen, dass insbesondere CDU und Grüne von dieser Entwicklung begünstigt werden, denn ihr Wählerklientel rekrutieren sie in den besser gestellten Stadtteilen.
Hier im Blog wurden solche Ergebnisse bereits zwei Mal an den Frechener Wahlergebnisse gespiegelt: Schwarzer Gürtel und Kein Erfolg in Sicht

Um uns nicht zu wiederholen wurde nun der Blickwinkel etwas verschoben mit dem Ziel die Bürgermeisterwahlen von 1999 mit denen des Jahres 2009 zu vergleichen. Geprüft wurde, in welchen Wahlbezirken der SPD-Kandidat des Jahres 2009 im Vergleich mit dem Jahr 1999 am schwächsten abgeschnitten hatte.

Man könnte diese Wahlbezirke auch als Ferdis Problembezirke bezeichnen.

Überraschenderweise konzentrieren sich diese Problembezirke nicht auf Königsdorf und Bachem, womit irgendwie zu rechnen war. Hier liegt nur einer der insgesamt 9 analysierten Bezirke (WB 1: Johannesschule). Ebenfalls hochproblematisch sind die WB 21 und 22 (Grefrath und Habbelrath), die Bachemer Wahlbezirke 18 und 20 (Haus Burggraben und CJD) sowie die innerstädtischen Wahlbezirke 7, 8, 15 und 16 (Gymnasium, Heinrich-Böll-Schule, Burgschule und Herbertskaul).

Bei der Analyse wurden die innerstädtischen Wahlkreise und die Wahlkreise des „schwarzen Gürtels“ (Königsdorf, Buschbell, Bachem, Habbelrath und Grefrath) getrennt betrachtet.

Schauen wir im ersten Schritt auf die Wahlbezirke des "schwarzen Gürtels".
Gegenüber 1999 haben die Wahlbezirke des „schwarzen Gürtels“ 1.363 Wahlberechtigte durch Zuzug in den Neubaugebieten gewonnen. Trotzdem sind 2009 nur 63 Wahlberechtigte mehr zu Wahl gegangen als 1999. Die Wahlbeteiligung sank somit um rund 9,9% (von 66% auf 56,1%). Die Auswirkungen jedoch fielen für SPD und CDU ganz unterschiedlich aus. Die SPD verlor real 618 Stimmen oder 12,5% (von 41,8% auf 29,3%) der abgegebenen Stimmen, die CDU dagegen „vermisste“ nur 91 Stimmen oder 2% der abgegebenen Stimmen (von 53,9% auf 51,9%).

Wirklich repräsentativ waren die Wahlen in beiden Fällen nicht. Bezogen auf die Anzahl aller Wahlberechtigten erreichte die CDU 1999 35,6% und 2009 noch 29,2%. Die SPD erreichte 1999 immerhin 27,6% und 2009 gerade mal 16,5% aller Wahlberechtigten.

In den innerstädtischen Wahlbezirken stellen sich die Verhältnisse für die SPD im Grunde noch ungünstiger dar. Auch hier hat die Anzahl der Wahlberechtigten zwischen 1999 und 2009 zugenommen und zwar um 640 WählerInnen. Die Anzahl der abgegebenen Stimmen sank im gleichen Zeitraum trotzdem um 484 Stimmen. Bezogen auf die Wahlbeteiligung bedeutet das einen Rückgang 11,9% von 58,9% auf noch 47%.1999 lag die Wahlbeteiligung hier bereits um 7% niedriger als in den Wahlbezirken des "schwarzen Gürtels". Der Abstand war nun auf 9% gestiegen.
Gegenüber 1999 verlor die CDU 476 Stimmen, was 6% der abgegebenen Stimmen entsprach (von 52,3% auf 46,3%), die SPD aber 579 oder 10,4%. Der Stimmenanteil der SPD sank damit von 43,7% auf 33,3%.

Auch hier kann natürlich von einer wirklichen Repräsentativität des Ergebnisses keine Rede sein: die CDU erreichte 1999 30,8% aller Wahlberechtigten und 2009 noch 21,7%, bei der SPD sehen wir einen Rückgang von 25,8% auf 15,6%.

Entscheidend aber ist: addiert man beide Gruppen von Wahlbezirken, so sind hier rund 40% aller Wahlberechtigten beheimatet. Die SPD hat in ihren als „Problembezirke“ bezeichneten Wahlbezirken zwischen 1999 und 2009 spürbar höhere Stimmverluste als die CDU erlitten. Und dies obwohl der CDU-Kandidat bei der Bürgermeisterwahl von 2009 stadtweit 9,9% der Stimmen verloren hatte, der SPD-Kandidat dagegen "nur" 6,8%. In den „SPD-Problembezirken“ verlor die CDU hingegen "minimale" 3,6% der Stimmen, die SPD dafür 11,2%, prozentual also das Dreifache.

In diesen Zahlen ist erkennbar, dass Elemente, die durch die Bertelsmann-Stiftung herausgearbeitet wurden und die negative Effekte auf Wahlbeteiligung und Repräsentativität einer Wahl haben, auch in Frechen auffindbar sind.

Je prekärer die Lebensverhältnisse, desto geringer die Wahlbeteiligung, so die zentrale These. Dies wirkt sich, da Parteien ein je unterschiedliches Wählerklientel ansprechen, unterschiedlich auf die Wahlchancen der Parteien aus.
Hier in Frechen kann gelten, dass die „besseren“ Stadtteile einen immer größeren Einfluss auf die Repräsentativkörperschaften ausüben können. Durch eine nachweislich deutlich höhere Wahlbeteiligung verändert sich die Sitzverteilung im Rat oder, wie aktuell, die Besetzung des Bürgermeisterpostens zu Gunsten des Wahlverhaltens dieser Stadtteile.

Erschwerend kommt hinzu, dass die SPD und deren Bürgermeisterkandidat 2009 keinen Weg gefunden hatten, der steigenden Wahlenthaltung bei der eigenen Klientel entgegen zu wirken. Nachdem der Kandidat von 2009 derselbe ist wie 2015 scheint sich an diesem Grundzug des Wahlkampfes des SPD-Kandidaten nichts geändert zu haben. Es steht also zu befürchten, dass bei der Bürgermeisterwahl am 13. September die Wahlbeteiligung noch weiter zurückgeht und sich das vorrangig in den sozial schlechter positionierten Wahlbezirken abspielen wird, die früher als SPD-Wahlbezirke beschrieben werden konnten.
Der SPD-Kandidat wird diese Wahl nicht deshalb verlieren, weil die CDU-Kandidatin viel besser wäre, nein er wird die Wahl verlieren, da sein Wahlkampf in seiner erkennbaren Inhaltsarmut die ursprüngliche SPD-Wählerklientel nicht anspricht.
Wenn man es auf eine Frage zuspitzt, so könnte sie lauten:

Welches politische Angebot macht der SPD-Kandidat einem in der Burgstraße lebenden Geringverdiener, der auf staatliche Transferleistungen angewiesen ist?

Warum sollte dieser einem SPD-Kandidaten seine Stimme geben?




Mittwoch, 2. September 2015
die Berichterstattung im Frechener Wochenende zur ersten Podiumsdiskussion unserer beiden Bürgermeisterkandidaten ist mehr als eine Offenbarung.
Die Hälfte des Berichts ist den Werbefilmchen der Kandidaten gewidmet, deren Ästhetik gewürdigt wird. Sicherlich, auch darüber läßt sich trefflich philosophieren, aber man hätte sich denn doch über die extrem unterschiedlichen Positionen der beiden erhofft.

Aber immerhin, in der zweiten Hälfte des Berichts wurde es noch etwas inhaltlich.

Und was dürfen wir alle druckfrisch lesen:

Beide wollen, dass Frechen nicht weiter wächst. Aber keiner der beiden hat erklärt, dass das Baugebiet Grube Carl nicht weiterentwickelt werden soll. Vielmehr wollen beide, dass dort weitergebaut wird, denn das sei ja bereits entschieden. Damit ist doch städtisches Wachstum bereits angelegt.

Beide wollen die Stadtverwaltung mit einem weiteren Dezernenten, dem technischen beglücken. Eine gleichförmige Reaktion auf ein erkennbares Problem: städtische Baumaßnahmen haben einen langen Vorlauf und auch die Umsetzung scheint nicht immer optimal. Man sollte aber vorher geklärt haben, ob es sich um ein Führungsproblem handelt oder ob das entsprechende Fachdezernat nicht einfach unterbesetzt ist. Im zweiten Falle bräuchte es keinen neuen Häuptling sondern einfach ein paar Indianer, die die Fachaufgaben erledigen können.



Beide wollen einen neuen Wirtschaftsförderer einstellen

Beide schließen Steuererhöhungen nicht aus. Nun ja, die Jamaikakoalition hat den entsprechenden Vorratsbeschluss bereits gefasst und der laute Protest von Ferdi Huck war denn wohl auch nur eine unwesentliche Formalie.

Also auch hier: unsere beiden Kandidaten sind einer Meinung.



Spannend aus Sicht eines Aussenstehenden im Rahmen einer ums Wirtschaftliche zentrierten Diskussion wären die Fragen nach dem geplanten Gewerbegebiet an der Krankenhausstraße gewesen oder auch die Frage, ob und welche weiteren Flächen in Frechen für Gewerbeansiedldungen angedacht sind und wie das mit dem Verkehr so laufen soll, wenn weiteres Gewerbe angesiedelt wird.

Extrem unterschiedlichen Positionen? Fehlanzeige!

Aber hören wir zum Schluss noch den Worten von S.Stupp:
"Eigentlich ist diese Wahl für Frechener Bürger extrem spannend. Es gibt zwei sehr unterschiedliche Kandidaten mit sehr unterschiedlichen Positionen! Da müsste dem Bürger die Wahl odch leicht fallen."
Echt?
Bisher ist nichts erkennbar von "extrem unterschiedlichen Positionen" und die Spannung tendiert gegen Null.

Aber wie sagt Frau Stupp im gleichen Interview:
Die Hoffnung stirbt zuletzt.


Aber sie stirbt.




Montag, 31. August 2015
„Die taugen nichts, die taugen alle beiden nichts.“

Das hört man so, wenn man an einem Samstagvormittag nur wenige Meter abseits der Wahlstände am Klüttenbrunnen in der Frechener Fußgängerzone flaniert.

Steht man dagegen direkt an den Wahlständen, so herrscht dort professioneller Optimismus vor. Unsere beiden Kandidaten und ihre Unterstützer sind sich in ihrer Einschätzung einig. Ihr Kandidat, ihre Kandidatin wird die Bürgermeisterwahl gewinnen.

Nun ja, Überzeugung ist das eine und Wahltag das andere. Einer der beiden wird am Ende den Kürzeren ziehen. So ist das bei einer Persönlichkeitswahl.

Und danach?

Bei Radio Erft wurden beide gefragt, was sie im Falle einer Niederlage tun würden und beide haben erklärt, dass sie Zähne zusammenbeißen würden, um dann weiterzumachen wie bisher.
Das ist ein zumindest interessanter Ansatz, der bei einer kleineren Partei völlig normal ist, nicht jedoch, wenn eine Partei sich reale Siegchancen ausrechnet.
Bei kleinen Parteien handelt es sich um Zählkandidaten, die die Flagge der Partei hochhalten sollen, um dem eigenen Wählerklientel die Chance zu geben, zur Abstimmung zu gehen und die Stimme abzugeben.

Bei dieser Bürgermeisterwahl wird uns diese Chance leider nicht gegeben. Außer SPD und CDU haben alle im Rat vertretenen Parteien auf einen eigenen Kandidaten verzichtet. Das kann einige möglicherweise negative Effekte zeitigen.

Dazu eine kleine Geschichte aus der Historie: bei der Wahl zum Generalrat des Departements Rhône in den 1880ern, der Generalrat entspricht ganz vereinfacht unserem Kreistag, kam es in einem Wahlbezirk zu eben einer reinen Zweierkonstellation. Beide Kandidaten gefielen den Wählern, damals wählten nur die Männer, nicht. Am Ende des Wahltages notierte der Wahlvorstand in sein Wahlprotokoll, dass eine Auszählung nicht habe stattfinden können, da keine Wähler erschienen seien.

Die Geschichte belegt schlagend: wem das Angebot nicht gefällt, der geht vermutlich nicht zur Wahl. Es ist also mit einer sehr niedrigen Wahlbeteiligung zu rechnen.

Auch die Anzahl der wohlfeilen Ausreden wird sich nach einer Wahlniederlage massiv reduzieren. Bei einer Vielzahl an Gegenkandidaten kann man als Unterlegener seine Niederlage mit der Existenz der "vielen Kandidaten aus dem eigenen Lager" begründen, mit der Zersplitterung des konservativen bzw. des linken Lagers.

Solche Ausreden ziehen 2015 nicht. Eine Niederlage ist die eigene wohlerworbene Niederlage.

Und Niederlagen müssen verarbeitet werden. Persönlich und organisatorisch, denn jede Niederlage erfordert ein Opfer. Nicht umsonst folgen auf deutliche Niederlagen schnelle Rücktritte. Dabei gibt es unterschiedliche Ebenen, die den Parteien zur Verfügung stehen, um eine Niederlage zu erklären und zu verarbeiten.

Auf der sachlichen Ebene werden die Gründe einer Niederlage entweder in der Wahlkampforganisation oder im Wahlprogramm gesucht und gefunden. Ein als mangelhaft empfundener Wahlkampf führt meist sehr stringent zum Rücktritt des Wahlkampfmanagers und oft zu personellen Veränderungen im Parteivorstand.
Wird die Ursache der Niederlage an den Wahlkampfthemen festgemacht, so bedeutet das, dass die eigenen Themen dem Wahlvolk nicht vermittelbar waren, aus der Zeit gefallen sind. Dies wird mit dem Rücktritt der Personen gesühnt, die mit den „falschen“ Inhalten in eins gesetzt werden. In einem zweiten Schritt wird dann versucht, die Inhalte zu „modernisieren.“ Die Grünen haben nach der letzten Bundestagswahl ihren Spitzenkandidaten Jürgen Trittin schnellstens entsorgt und schreiben jetzt ihre politische Programmatik um. Alles, was nach Steuererhöhung riecht, muss weg.

Schlussendlich aber lieben Parteien einfache Antworten auf komplexe Fragen. Niederlagen werden daher personifiziert. Es war der Spitzenkandidat. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann geh’n. Das Schicksal Norbert Röttgens‘ steht da für viele.

Dieses Vorgehen hat einen strukturellen Vorteil für die betroffene Partei, denn hier wird mit einem schnellen Schnitt aus der Niederlage der Partei die Niederlage des Spitzenkandidaten. Das Ganze bekommt etwas von einer griechischen Tragödie: das (Wahl-)Schicksal hat zugeschlagen, der Held stürzt in den Abgrund.

Den Parteimitgliedern und der Öffentlichkeit wird gezeigt, dass die Partei bereit ist, aus der Niederlage schnelle und massive Konsequenzen zu ziehen. Es ist wie im Märchen von des Kaisers neuen Kleidern, nur das die Partei, die diesen Kaiser auf’s Schild hob, ihn kleidete und ihn umschmeichelte sich nun in ein Kind verwandelt, am Straßenrand steht und ruft: „Schau mal Papa, der Kaiser ist nackt.“ (Hierbei handelt es sich um die demokratisch gewandelte Lehre von der Dreifaltigkeit: Partei, Kandidat und Kind sind eine unauflösliche Einheit und doch unterscheidbar.)

Und vor diesem Hintergrund sind unsere beiden Helden der Meinung, dass sie auch nach einer Niederlage weitermachen können, als sei nichts passiert?

Das können wir nicht glauben, das wollen wir auch nicht glauben.

Eine Niederlage erzwingt ein Opfer, darauf wartet die Öffentlichkeit. Und wenn eine Partei bei zukünftigen Wahlen wieder auf die Siegesstraße einbiegen will, so muss sie rasch nachweisen, dass sie aus der Niederlage Lehren ziehen will, dass sie aus der Niederlage lernen will.

Der einfachste Weg, der Öffentlichkeit die eigene Veränderungswilligkeit, die eigene Lernfähigkeit zu demonstrieren besteht in der Opferung des ehemaligen Spitzenkandidaten.

Wir sind den Griechen näher, als wir es wahrhaben wollen.




Freitag, 28. August 2015
Im Straßenverkehr läuft so einiges schief. Wir wickeln einen Hauptteil des Straßenverkehrs über Nebenstraßen ab.
Man mag dem Bürgermeisterkandidaten der SPD, F.Huck da nicht widersprechen, aber man stellt sich schon die Frage, was sich konkret in Frechen ändern soll, wissen wir doch, dass F.Huck an anderer Stelle dem vierspurigen Ausbau der Bonnstraße das Wort redet, die SPD-Landtagsabgeordneten auffordert, sich für die schnelle Umsetzung des A4-Anschlussstelle zwischen Horrem und Königsdorf einzusetzen, den Vollanschluss Frechen-Nord wünscht und was der Autofahrerwünsche mehr sein mögen. An einer anderen Stelle hat er sich ein weiteres Mal für die Verlängerung des Freiheitsrings ausgesprochen.

Also, alles im Rahmen, nichts wirklich Neues, damit kann auch die CDU, damit kann unsere Interessengemeinschaft Frechener Unternehmen, damit kann die FPD.

Auch im Bereich der Gewerbepolitik steht Ferdi Huck, da, wo CDU, FDP und IFU im Grunde auch stehen: alle wollen eine Ausweitung der in Frechen vorhandenen Gewerbeflächen. Da soll an der Krankenhausstraße ein neues Gewerbegebiet entstehen und F.Huck hat erweiternd die Flächen zwischen der Brikettfabrik und der Holzstraße ins Spiel gebracht. Auch da könne man Gewerbe ansiedeln.



Auch wenn nun F.Huck hier als Stichwortgeber fungiert hat, man hätte es auch anhand der Aussagen von S.Stupp aufziehen können. Die Differenzen sind marginal.

Fragt sich nur, wie sich das mit dem Verkehr dann so entwickeln wird. Jedes neue Gewerbegebiet führt zu einer Erhöhung des Verkehrsaufkommens. Je nach Gewerbe, das angesiedelt wird, kommen mehr oder weniger LKWs, mehr oder weniger PKWs, kommen die Autos zu je anderen Uhrzeiten. Sicher aber ist: es fahren mehr LKWs als zuvor, es fahren mehr PKWs als zuvor auf den Zufahrtsstraßen.

So beispielsweise die Krankenhausstraße: sie ist jetzt schon voll. Wird die Umgehung Buschbell eröffnet, wird es vermutlich noch mehr Verkehr, kommt der Vollanschluss Frechen-Nord, wird die Bonnstraße komplett vierspurig, wird sich das Verkehrsaufkommen weiter erhöhen. Man kann die Uhr danach stellen. Und kommt dann noch ein neues Gewerbegebiet, kommt noch ne Schippe Verkehr oben drauf. Und es ist wahrscheinlich eher etwas weltfremd, wenn man dann erwarten würde, dass das gesamte Verkehrsaufkommen sich auf die Hauptstraßen beschränkt.

Und Vergleichbares lässt sich für ein neues Gewerbegebiet oben an der Brikettfabrik vermuten. Neues Gewerbe führt zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen, das sich auch auf die anliegenden Nebenstraßen auswirken wird.

Und wenn wir zudem alle wissen, dass die Stadt Köln ihre eigenen Verkehrsprobleme in Marsdorf nicht in den Griff bekommt und durch den geplanten Bau des Großmarktes an der Bachemer Straße sogar noch vergrößern wird, der kann sich vorstellen, wie sich ein gesamthaft steigendes Verkehrsaufkommen in Frechen auswirken wird.

Solange die Verantwortlichen bzw. diejenigen, die anstreben, verantwortlich zu werden, unter einem Verkehrskonzept in erster Linie immer noch den fließenden Autoverkehr verstehen und die einzige Lösung im Ausbau von Straßen erblicken und solange Gewerbegebiete geplant werden ohne dass an den dadurch hervorgerufene Autoverkehr gedacht wird, bzw. der Verkehr über noch zu bauende Straßen abfließen soll, Straßen, von denen niemand weiß ob und wann sie je gebaut werden, nähern wir uns Schritt für Schritt dem Verkehrskollaps.

Ach ja, auch neue Wohnbebauung erhöht das Verkehrsaufkommen – worauf das städtische Straßennetz insgesamt nicht ausgerichtet ist ….

Was man so hört und liest von unseren beiden Kandidaten für den Bürgermeisterposten ist inhaltlich kaum zu unterscheiden.
Nun gut, so ist das manchmal in kleinen Kommunen, man mag politisch stehen wo man will, es gibt nur eine überschaubare Menge an Lösungen für bestimmte Probleme. Manchmal sogar nur eine einzige Lösung. In Frechen ist das halt bei fast allem so.

Was aber bei beiden Kandidaten fehlt ist so etwas wie die „große Erzählung“, die Einordnung der einzelnen Lösungsvorschläge in einen Gesamtzusammenhang:
Wohin wollen die beiden die Stadt führen? Wieviel Bevölkerungszuwachs wollen die beiden der Stadt zumuten? Wieviel neues Gewerbe braucht die Stadt? Welches Gewerbe? Wo sind die konkreten Zielvorgaben? Welche Flächen bleiben der Bevölkerung als Erholungsraum in einer Stadt, die von großen Verkehrsadern umschlossen ist?

Oder ganz einfach formuliert: wie soll ein lebenswertes Frechen in 10, in 15 Jahren aussehen? Darüber sollte geredet werden und dies in einem ergebnisoffenen Verfahren mit den Einwohnern und Einwohnerinnen, mit der Bereitschaft, bereits getroffene Entscheidungen auch zur Disposition zu stellen.

Dann wäre Wahlkampf.

So aber kann festgehalten werden, dass weder F.Huck noch S.Stupp uns ein Idee liefern für das Frechen der Zukunft. Es werden uns Einzelmaßnahmen präsentiert, die sich zu keinem Gesamtbild zusammenfügen, die sich widersprechen. Schlimmer noch, werden all die in den Wahlprogrammen genannten Einzelmaßnahmen umgesetzt, so wird der Stadt die Zukunft „verbauen“.




Freitag, 21. August 2015
Vor einigen Tagen kam ich mit Unterstützern eines der Kandidaten um den Frechener Bürgermeisterposten ins Gespräch. Ich äußerte dabei, dass ich nicht erkennen könne, wo die Unterschiede zwischen den Programmen von Kandidat und Kandidatin nun liegen würden. Man könne auf das Programm von Frau Stupp leicht SPD drüber schreiben und über das Programm von Herrn Huck CDU.

Dem wurde nicht widersprochen, ja, das sei so.

Und aus welchem Grund soll ich dann bei einer bestimmten Person ein Kreuz machen, wenn ich im September in der Wahlkabine stehe?

Nun ja, jetzt bin ich ja als Kritiker verschrien und niemand wird mir abnehmen, dass ich sie oder ihn wählen werde, weil mich das jeweilige Programm so richtig überzeugt. Schaue ich auf alleine auf meinen kleinen Beritt, die Grube Carl, so kann ich guten Gewissens keinem der beiden meine Stimme geben.

Hier oben fehlt ein ganzheitliches Verkehrskonzept – keiner der beiden äußert sich hierzu.

Hier oben müsste die gesamte Bauplanung überdacht werden – keiner der beiden redet darüber.

Vor kurzem hat die Bürgerinitiative Grube Carl die Idee eines Bürgerparks ins Gespräch gebracht – beide hüllen sich in Schweigen.

Nun hat man als WählerIn in Frechen bei der kommenden Bürgermeisterwahl jedoch ein kleines Problem. Es gibt nur zwei Kandidaten: S.Stupp von der CDU und F.Huck von der SPD.

Und wenn man beide höchst ungern an der Spitze der Stadt sehen möchte?
Bei der Bürgermeisterwahl 2009 gab es ja noch Alternativen: die Bündnisgrünen hatten einen eigenen Kandidaten, ebenso die „Perspektive für Frechen“, die „Junge Alternative“ und selbst die FDP. Man hatte eine relativ breite Auswahl und verschiedene Vorstellungen, was für Frechen in den kommenden Jahren richtig und wichtig ist. Ja, das macht eine Demokratie aus: der Wähler, die Wählerin kann zwischen verschiedenen Optionen auswählen, kann bei Interesse Personen und Programme studieren und danach eine aus seiner / ihrer Sicht vernünftige Wahlentscheidung treffen.

Und 2015: tja, zwei Personen, deren politischen Inhalte sich nicht wesentlich unterscheiden. Grüne und FDP haben sich auf die Seite der CDU geschlagen, Ausfluss der Jamaika-Koalition, die „Jungen Alternativen“ gibt es nicht mehr, die „Perspektive für Frechen“ und die Linke haben auf eigene Kandidaten verzichtet.

Als guter Demokrat würde man jetzt ja trotzdem gerne wählen gehen, aber was bleibt als Auswahlkriterium übrig:
Alter?
Altersdiskriminierung: nicht erlaubt.
Geschlecht?
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts: nicht erlaubt.

Das dürfen also alles keine relevanten Gründe sein, sich auf die eine oder andere Seite zu schlagen.

Was bleibt denn dann noch? Ja, genau, ein Argument, naja, eher ein Scheinargument, oder doch eher ein Pseudoargument?
DAS KLEINERE ÜBEL.

Wird ja oft bemüht und wir selber betrügen uns damit ja gerne selber, indem wir unsere eigene Wahlentscheidung vor uns selbst als die Wahl des KLEINEREN ÜBELS rechtfertigen. Soll heißen: überzeugt hat uns die Partei, die Person, der wir unsere Stimme gegeben haben, nicht. Aber den Anderen oder die Andere haben wir aus diversen Gründen für noch weniger wählbar gehalten.

Das genau ist das KLEINERE ÜBEL, eine bedingtes Misstrauenserklärung.

Die echte Misstrauenserklärung lautet Wahlabstinenz oder Abgabe einer ungültigen Stimme. Das aber traut man sich als guter Demokrat nicht. Da ist der gute Demokrat falsch sozialisiert für. Wir haben doch gelernt, dass wir als aufgeklärte gute StaatsbürgerInnen bei allen Wahlen unsere Stimme abzugeben haben, da Nichtteilnahme bedeuten würde, dass andere über unser Schicksal befinden würden. Man dürfe seine Stimme nicht verschenken …

Darüber ließe sich noch fechten, wenn es denn zwischen A und B eine wählbare Differenz gäbe. In Frankreich ist das häufiger der Fall, wenn es bei Stichwahlen zu einem Zweikampf zwischen dem rechtsextremen Front National und den Sozialisten oder den Konservativen kommt. Dann ist man als Demokrat aufgerufen, sich für die demokratische Seite zu entscheiden, gleich ob der demokratische Kandidat ein sozialistisches oder ein konservatives Parteibuch hat.

Aber in Frechen, bei einer Bürgermeisterwahl?
Ich stelle mir vor, ich finde ein KLEINERES ÜBEL und gebe diesem meine Stimme und dann gewinnt mein KLEINERES ÜBEL die Wahl und in der ersten Erklärung nach dem Wahlsieg bekomme ich zu hören, dass mein KLEINERES ÜBEL sich bei seinen Wählern und Wählerinnen für das ihm / ihr entgegen gebrachte Vertrauen bedankt.

Meine Wahl des KLEINEREN ÜBELS war eine bedingte Misstrauenserklärung, kein Vertrauensbeweis!

Und was muss ich dann feststellen?

Meine Wahl war ein großes Missverständnis. Mein KLEINERES ÜBEL hat die Botschaft meiner Wahl nicht verstanden.

Wem ist das in den letzten Jahren schon mal so gegangen? Man hat möglicherweise Rot gewählt und sie haben uns die Agenda 2010 und Hartz IV geschenkt. Man hat sie trotzdem nochmals gewählt, als KLEINERES ÜBEL und bekam im Gegenzug eine große Koalition mit Angela Merkel. Frau Merkel hätte man auch anders haben können…..

Ein jeder von uns der schon mal das KLEINERE ÜBEL gewählt hat, hat so seine eigene Liste von politischen Entscheidungen für die sein KLEINERES ÜBEL die Verantwortung trägt. In diesen Situationen würde man seinem KLEINEREN ÜBEL gerne die Stimme wieder entziehen. Aber das geht ja nicht. Einmal in die Urne geworfen gibt es kein Zurück mehr.

Und nun muss man auch bei dieser Wahl entscheiden, ob man wieder auf das KLEINERE ÜBEL setzt oder ob man aus einer bedingten eine echte Misstrauenserklärung macht.

Demokratie könnte Spass machen, reduziert auf die Entscheidung zwischen zwei KLEINEREN ÜBELN aber, vergeht einem jeder Spass.




Montag, 17. August 2015
Lange hat es gedauert, doch nun scheint das Thema Mobilität in Frechen angekommen zu sein - und die Jamaikakoalition will zur Trendsetterin werden, angeführt von der CDU-Bürgermeisterkandidatin S.Stupp. Dieser Eindruck kann jedenfalls entstehen, wenn man die politischen Äußerungen der vergangenen Wochen zusammen liest.

Auf Facebook etwa verkündet Frau Stupp, dass sie seit einem Monat mit einem Elektromobil durch die Gegend kutschiere und die Grünen durften vor den Ferien noch ihren kleinen kommunalpolitischen Erfolg verkünden, denn in Königsdorf am Bahnhof, wurde ein Carsharingparkplatz eingerichtet.
Etwas blauäugig erklärt Frau Erbacher für die Grünen:
„Da könnte vielleicht so mancher Zweitwagen durch die Nutzung eines Carsharing-Autos ersetzt werden - oder auch Erstfahrzeuge, die nur selten genutzt werden.“
Nun ja, eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein einzelnes Carsharing-Auto wird noch keinen Zweitwagen ersetzen. Aber das kann ja noch werden, wollen die Grünen doch Carsharing ausdehnen und auch in der Kernstadt einen Carsharing-Abstellplatz eingerichtet sehen. Dann haben wir 2 Schwalben. Vielleicht reicht das für einen Frechener Sommer ...

Das ist der Teil der offiziellen Verlautbarungen und Ankündigungen, es lohnt sich aber auch hier genauer hinzuschauen und etwas nachzudenken:

Eröffnen wir das Nachdenken mit einem Blick auf das Wahlprogramm von Frau Stupp: Abteilung Verkehr.
Der Programmpunkt "Verkehr" hat 6 Unterpunkte, wobei 5 der 6 Unterpunkte autozentriert sind: „Verbesserung der Verkehrswege“, „Straßen in einem guten Zustand“, „Bau von Umgehungsstraßen“ „Mobilitätskonzept mit Carsharing-Station und Ladestation für Elektrofahrzeuge“und "geeignete Gestaltung der Aachener Straße“.
Aber immerhin stellt sich das Wahlprogramm hinter den Radschnellweg Frechen – Köln.

Nun fährt Frau Stupp inzwischen ein Elektromobil und find‘ es wunderbar. Das passt ja auch zum Thema Änderungen im Bereich Mobilität und harmoniert mit dem Carsharing-Ansatz der Frechener Grünen. Das E-Auto als das grüne Anstecktüchlein im CDU-Wahlkampf. Ja das hat doch was, da hüpft das grüne Herz und vielleicht gibt es ja auch die eine oder andere grüne Leihstimme.

Leider aber löst Elektromobilität keines unserer lokalen oder bundesrepublikanischen Mobilitätsprobleme. Elektromobilität, und eben das kolportiert Frau Stupp mit ihrem Facebookauftritt, ist weiterhin in erster Linie Automobilität.
Es handelt sich um den blossen Ersatz des Verbrennungsmotors durch einen elektrischen Antrieb inklusive Batterie.

Die Folgeprobleme der Automobilität werden dadurch natürlich nicht geringer und die Autoindustrie kann sich freuen, denn der PKW bleibt weiter Symbol für Aufschwung, Wirtschaftswunder, Freiheit und sozialen Status.

Aber es kommt noch schlimmer, denn ein gleichwertiges Auto mit Verbrennungsmotor ist im direkten Vergleich einen satten 5-stelligen Eurobeitrag preiswerter als ein entsprechendes E-Auto. Da die Akkus zudem auf knappe Rohstoffe angewiesen sind, wird sich an diesen Kostennachteilen wenig ändern. Also wird das E-Auto für die meisten Menschen keine ökonomische Alternative sein.
E-Autos sind entweder reine Marketingmaßnahmen oder aber Prestigeobjekte für das obere Drittel der Gesellschaft. Da steht dann ein E-Auto neben dem Porsche Cayenne und die Haushaltshilfe darf mit dem E-Auto die Einkäufe erledigen.

Doch mal angenommen, aus den E-Autos würden bezahlbare Alternativen zu Autos mit Verbrennungsmotor, so benötigen E-Autos dann genauso viel Straßenraum und Parkraum wie Autos mit Verbrennungsmotor. Unsere innerstädtischen Probleme mit dieser Form der Mobilität werden also nicht geringer.

Daher sind wir also wieder bei der Ausgangsfrage jeglicher Mobilität: Sind private PKWs die geeigneten Fortbewegungsmittel für Städte? „NEIN“ wird diese Frage von der Mehrzahl aller Verkehrsexperten inzwischen beantworten. Die radikaleren unter den Experten gehen sogar noch einen Schritt weiter: Städte müssen für Autos unattraktiv gemacht werden, damit sie wieder lebenswert werden. Das wäre doch mal ein Thema für einen Bürgermeisterwahlkampf. Stattdessen reden wir über Umgehungsstraßen, die Vierspurigkeit von Straßen und den Ausbau von Autobahnanschlüssen.

Zu Fuß gehen, Öffentlicher Nahverkehr, das Fahrrad, das sind die Bestandteile eines zukunftweisenden Mobilitätskonzepts, dazu als Ergänzung Carsharing, Taxi oder Mietwagen.

Das zentrale Problem am Auto ist das Auto, ganz gleich ob unter der Motorhaube ein Verbrennungsmotor steckt oder ein Elektroantrieb. Um einen Menschen von A nach B zu bewegen wird bei einem Mittelklasseauto 1 Tonne Material in Bewegung gesetzt. Im Schnitt benötigt dieses Auto für 100 KM 60 KwH Energie.
Man muss es sich mal wieder vor Augen führen: um 80 KG Mensch zu bewegen, wird 1 Tonne Gewicht in Bewegung gesetzt. Das ist widersinnig!

Wer also ernsthaft über städtische Mobilität reden will, muss die Perspektive wechseln. Nicht das elektrogetriebene Auto darf in den Mittelpunkt der Debatte gestellt werden, nein unsere (städtische) Mobilität muss vom Fußgänger, vom Radfahrer, vom öffentlichen Nahverkehr her gedacht werden.

Und wenn man sich im Bereich der Elektromobilität profilieren will, so sollte man dies mit Elektrofahrrädern tun.
Im Gegensatz zu den E-Autos sind Elektrofahrräder technisch ausgereift und bezahlbar. Der Flächenverbrauch von Fahrrädern ist geringer, ebenso das Gefährdungspotential gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, die Akkus sind kleiner (geringerer Ressourcenbedarf), die Räder sind einfach klimagerechter.

Der Stuppsche Umsteig ins E-Auto und der einsame Carsharing-Platz am Königsdorfer Bahnhof sind nicht mehr Marketinggags ohne substantiellen Mehrwert.

Wenn denn schon Elektromobilität, Frau Stupp, dann würde ich sie gerne auf einen E-Bike sehen (und das nicht nur im Wahlkampf …) – oder noch schöner, alleine mit Muskelkraft angetrieben, am besten zusammen mit Herrn Huck.




Montag, 22. Juni 2015
Ist ja nicht die erste Wahlkampfanzeige die hier im Blog gewürdigt wurde. Diese aber glänzt durch schöne Farben und durch qualifizierten Nonsens.


Für klare Verkehrsverhältnisse
Jau, dafür sind irgendwie alle – klare Verhältnisse klingt gut, als wisse da einer, was er will.
Wobei, was sind denn "klare Verkehrsverhältnisse", weiß der Ferdi, was er damit meint?

Doch, der Ferdi weiß, was er damit meint – das wird aus der Anzeige nicht so recht deutlich, die ist so, na wie soll man sagen, so allgemein und pointiert nichtssagend, aber seine öffentlichen Verlautbarungen geben die entscheidenden Hinweise:

Ferdi will Kreisverkehr,
eben, inzwischen hat er schon vier Standorte ausgemacht, 2 in Buschbell, einen in Bachem und einen in Grefrath und der Wahlkampf geht noch 2,5 Monate.

Das ergibt im Summe: klare Verkehrsverhältnisse in Frechens Kreisverkehren mit Ferdi.

Wobei, meine Assoziationskette war eine ganz andere:


Klare Verhältnisse.
Mit Ferdis‘ Fahrschule zum Führerschein