Dienstag, 19. Juli 2022
Thema: Umwelt
Nur noch eine kleiner politischer Schritt und dann wird das Parkhaus in der Josefstraße abgerissen und macht einen Neubau Platz.
Endlich! so hört man SPD, FDP und Perspektive aufatmen, die sich schon lange für einen Neubau eingesetzt haben. Und auch die CDU begrüßt diese Entscheidung, war sie doch nie gegen ein Parkhaus sondern übte sich in dipolmatische Zurückhaltung, solange "ihre" Stadtverwaltung sich noch im Entscheidungsprozess befand.
Nur die Fraktionen der Linken und Grünen sind wohl gegen den Neubau, wobei das Zitat von Hauke Dressel (Linke) aus dem Novmeber 2020 immer noch schlüssig ist:
"Nun sieht es so aus, als ob wir weiterhin viele Parkplätze in der Innenstadt haben, aber immer weniger Geschäfte, die einen Besuch der Innenstadt lohnen", so Dressel. Eine fortschrittliche und klimafreundliche Politik muss statt auf Erhalt und Neubau von Parkplätzen auf eine weitgehende Autofreiheit der Innenstadt und mehr Fahrrad- und öffentlichen Nahverkehr setzen."
Ebenso korrekt der Hinweis der Grünen:
"Zudem widerspricht ein Parkhausneubau in der Innenstadt völlig jedem Klimaschutzziel. Solche Entscheidungen sind es, die mit dazu beitragen, dass der Verkehrssektor der Einzige ist, dessen Emissionen seit 1990 sogar noch gestiegen sind"
Trotzdem gibt es eine politische Mehrheit im Rat, die bereit ist für aktuell 7,6 Mio Euro ein neues Parkhaus zu errichten. Nicht nur, dass das Geld im Schulbau deutlich zukunftsträchtiger angelegt wäre, bei der Preisentwicklung, insbesondere im Baugewerbe, dürfen jetzt bereits Wetten abgegeben werden, ob die veranschlagten 7,6 Mio reichen werden.

Vermutlich eher nicht.

Und damit kommen wir zu einem Kernproblem der Frechener Politik. Diese 7,6 Mio Euro werden von der Stadt Frechen investiert, um AutofahrerInnen kostenlosen Parkraum in der Frechener Innenstadt zur Verfügung zu stellen. Bezahlen dürfen diese Investition alle Frechener BürgerInnen, gleichgültig ob sie sich mit dem Auto fortbewegen oder nicht. Wir sprechen also von einer versteckten Subventionierung der Automobilität. In einer Stadt, die bspw. bis heute an keiner Stelle über ein angemessenes Netz an Radwegen verfügt.

Und das Ganze wird mit Argumenten und Statistiken unterfüttert, deren Wert doch eher begrenzt ist. So wird erklärt, dass das bisherige Parkhaus eine Auslastung von 80 % habe. Sicherlich bestenfalls dann wenn man die Auslastung nicht über die kompletten 24 Stunden betrachtet, die ein Tag nun mal lang ist, sondern nur dann, wenn man die Nachtstunden außer Betracht lässt.
Ebenso wird immer wieder darauf verwiesen, dass der Frechener Einzelhandel auf ausreichend kostenfreien Parkraum angewiesen sei, da andernfalls Umsätze wegbrechen würden. Mit anderen Worten: AutofahrerInnen bringen Kaufkraft in die Frechener Innenstadt. Wäre schön, diejenigen, die dieses Argument seit Jahrzehnten bemühen, würden endlich mal den wissenschaftlichen Beweis antreten. Denn dann würde offensichtlich, dass es sich hier um nichts weniger als eine leere Behauptung handelt.

Aber, die Mehrheit im Rat der Stadt Frechen kann sich Mobilität kaum ohne vier Räder und einen Motor vorstellen, was an sich schon ein eklatanter Mangel an Phantasie bedeutet. Auch über sinnvolle Nutzungsalternativen wird nicht einmal im Ansatz nachgedacht. Wir erleben nach den drei heißen Sommern 2018 / 2019 und 2020 aktuell schon den nächsten heißen Sommer, heute haben wir 37 Grad. Und alle KlimawissenschaftlerInnen erklären es uns seit Tagen in allen Nuancen: es wird zukünftig noch heißer werden.
Und alle MobilitätsforscherInnen sind sich darin einig, dass wir uns an andere Formen der Mobilität gewöhnen müssen.
Und auch hier ein Hinweis auf den Mangel an Phantasie in Frechen: vielen scheint es bereits als ausreichend, wenn der Diesel durch ein E-Auto ersetzt wird.
MobilitätsforscherInnen und StadtplanerInnen haben da ganz andere Vorstellungen: Autos müssen aus den Innenstädten verschwinden. Sie müssen verschwinden, da man den knappen innerstädtischen Raum benötigt, um Platz für FußgängerInnen und RadfahrerInnen zu schaffen aber auch um Innenstädte zu begrünen, Räume zu schaffen, die an den vielen heißen Tagen, die kommen werden, für Kühle und Belüftung sorgen. Und man benötigt freie Versickerungsflächen für die ebenfalls zu erwartenden Starkregenfälle, die durch die Normkanalisation nicht aufgefangen werden und die dann wieder die Frechener Keller fluten.

Vor mehr als einem Jahr gab es eine kurze politische Auseinandersetzung um die Frage, was wichtiger sei: Parkplätze oder Straßenbäume. In der Hasenheide, direkt neben an haben die Parkplätze gewonnen.

Und daher stellt sich doch die zentrale Frage: wäre der Platz im Hinblick auf die klimatischen Risiken, auf die wir uns zu bewegen, nicht besser genutzt, wenn daraus eine kleiner baumbestandener Park würde, mit einem Teich, der zugleich ein erster Schritt in zu der von allen geforderten Schwammstadt würde?
Eine kühlende Insel in einer immer heißeren Innenstadt?

Und für unsere KaufkraftexpertInnen im Rat der Stadt Frechen der Hinweis, dass bei Temperaturen, die die 30 Grad Celsius überschreiten, der Wunsch nach einem Einkaufserlebnis bei vielen Menschen massiv rückläufig ist. Es könnte sein, dass eine grüne Innenstadt mit entsprechenden Rückzugsräumen, einen höheren Wert für den Einzelhandel hat, als die Anzahl kostenfreier Parkplätze.

Aber so viele neue Ideen, das überfordert.




Freitag, 20. Mai 2022
Thema: Radfahren
Schaut man auf das Frechener Radwegenetz, dann kann man eines feststellen: in den letzten 10 Jahren ist kommunal fast nichts passiert. Die Stadt hat für Straßen in ihrer Verantwortung keine neuen Radwege gebaut, vorhandene innerstädtische Radwege sind weiterhin in einem sehr schlechten Zustand, sind bspw. zu schmal oder die Asphaltdecke ist aufgeworfen, gebrochen. Radspuren, die auf den Straßen aufgebracht sind, enden weiterhin direkt vor parkenden Autos und ähnliche Unsinnigkeiten.

Und nun streiten sich unsere "Volksparteien" darum, ob mit dem Auftrag von roter Farbe in Kreuzungsbereichen das Radfahren in Frechen sicherer werde. Man kann Farbe auftragen, unsicherer wird das Radfahren in Frechen dadurch sicher nicht. Aber die Mängelpunkte, die bspw. vom ADFC erhoben wurden, werden damit nicht einmal im Ansatz gelöst.

Zentrale Forderungen aus der ADFC-Befragung lassen sich nur durch einen echten Ausbau der Fahrradinfrastruktur, also über eine Neuverteilung des Frechener Straßenraumes erreichen.
Wenn man nun die Frage stellt, wieviel öffentlicher Straßenraum denn in den letzten Jahren umgewidmet wurde und dadurch dem Radverkehr zu Verfügung gestellt wurde, oder fragt, wie viele Parkplätze im öffentlichen Raum abgeschafft wurden, damit der Radverkehr mehr Platz hat, dann fällt die Antwort eindeutig aus: es ist wohl nichts passiert.

Dazu zwei recht aktuelle Beispiele: In der Hasenheide scheitert die Pflanzung von Straßenbäumen daran, dass man in einem solchen Falle Parkplätze abschaffen müsste. Unzumutbar für die AnwohnerInnen.
Oder, als es in den letzten Jahren um die Neugestaltung des Marktplatzes in Königsdorf ging, war der Wegfall von Parkplätzen der strittigste Punkt, ein ebensolcher Aufreger war der Plan der Deutschen Bahn, am Königsdorfer Bahnhof die Parkplätze kostenpflichtig zu machen.

Aus Sicht unserer Parteien handelt es sich beim Wegfall von kostenlosen Parkplätzen im öffentlichen Raum um eine Unzumutbarkeit.

Der aktuelle Streit im politischen Raum über mögliche Verbesserungen für den Radverkehr folgt genau diesen gewachsenen Grundstrukturen der Frechener Mobilitätspolitik.

So will die Koalition im Carré nördlich der Fußgängerzone die Einrichtung von Fahrradstraßen und damit im Zusammenhang stehend die Einrichtung von Einbahnstraßen. Da spricht erst einmal nichts dagegen. Zu kritisieren ist vielmehr, das das gewählte Carré extrem klein ist und die wesentlichen von RadfahrerInnen genutzten Wege (bspw. Schulwege) eben nicht erfasst wurden. Dass sich die Koalition bewusst für diese Carré entschieden hat, verweist darauf, dass der Autoverkehr möglichst wenigen Belastungen ausgesetzt werden soll. Die Kritik der SPD, dass die AnwohnerInnen zu Carré-Umfahrungen gezwungen werden, wenn sie mit dem Auto bis zu ihrer Wohnung fahren wollen, folgt dabei derselben Logik.

Hat die Koalition die möglichen Einschränkungen für die AutofahrerInnen durch die Wahl eines kleinteiligen und von wenig Durchgangsverkehr belastetem Carré schon auf ein Minimum reduziert, so wünscht die SPD nun für die letzten betroffenen Carré-AnwohnerInnen Lösungen, wodurch sich für die AutofahrerInnen gleich gar nichts mehr ändert.

Wie man erkennen kann: die Autofokussierung, die inzwischen wohl zur Genetik unserer "Volksparteien" gehört, lebt, mehr oder weniger verdeckt fort. Daraus resultieren "Lösungen", die im Schwerpunkt rein kosmetische Maßnahmen sind, deren Nutzen überschaubar ist, die anfallenden Kosten sind gering und dem Autoverkehr wird fast kein Raum weggenommen.

Dabei gilt in Städten: ein Umbau des Straßenraums zu Gunsten des Rad- und/oder Fußverkehrs ohne Zumutungen für die AutofahrerInnen nicht zu haben sind.

Es gibt Städte, die damit schon vor Jahren angefangen haben, es gibt andere Städte, die schrittweise aus der Planungsphase in die Umsetzungsphase kommen, so bspw. Köln und es gibt Städte, da streitet man öffentlich über unzulängliche Lösungen und übertönt mit viel Geplapper und Geklapper, dass nichts Wesentliches geschieht.

Das erleben wir aktuell in Frechen.

Zentral wäre aber bspw. solche Lösungen, über die intensiv gestritten werden müsste::
* der Bau echter Radwege unter Wegfall von Parkplätzen im öffentlichen Raum
* Tempo 30 in der gesamten Innenstadt
* Der Wegfall des kostenlosen Parkens im öffentlichen Raum

Die aktuell als Verbesserungen verhandelten Themen greifen einfach zu kurz, aber vermutlich sind ernsthafte Änderungen auch nicht geplant.




Freitag, 1. April 2022
Thema: Grube Carl
Im März 2010 verteilten die Frechener Grünen ein Flugblatt im Stadtteil Grube Carl.

Unter der Überschrift: "Grube Carl: Sind Politik und Verwaltung in der Wirklichkeit angekommen?" forderten die Grünen pragmatische Lösungen für viele offene Punkte. Man könnte das Flugblatt auch heute noch verwendet.
Einer der genannten Punkte lautete: "Keine ausreichende Nahversorgung mit Produkten des täglichen Bedarfs". Auch daran hat sich bis heute nichts geändert.

Lustig wird es aber, wenn der zentrale Vorwurf der damaligen Oppositionspartei zitiert wird:
"Der kurzfristige Frechener Politikstil 'Erst mal bauen und später kümmern wir uns dann um die Infrastruktur' funktionierte früher einmal, in heutiger Zeit jedoch nicht mehr (...)."



Nun sind die Grünen nicht mehr in der Opposition, zusammen mit der CDU sind sie die "Gestaltungsmehrheit" im Rat. Und gestalten wollen sie. Das haben sie im letzten Planungsausschuss klar gemacht. CDU und Grüne haben entschieden, dass das bisher für ein großes Einzelhandelsgeschäft reservierte Grundstück auf Grube Carl umgewidmet werden soll in einen "Bürgerpark".

Man durfte sich etwas überrascht die Augen reiben, dass die "Gestaltungsmehrheit" im Rat, die ja eigentlich diejenige ist, die Verwaltung und CDU-Bürgermeisterin stützt, plötzlich als Opposition gegenüber der Verwaltung agiert. Und wenn dann noch die eigene Verwaltung die besseren Argumente hat und den Bürgerpark ablehnt, denn wird's endgültig dubios.

Aber zurück zur konkreten Situation auf Grube Carl. In dem alten Flugblatt schrieben die Grünen:
"Nun geht es darum, die vielen neuen Bewohner (sic!, grüne Frauen, wo blieb damals bloß der Proteststurm? Wohnen hier nur Männer?) nicht im Regen stehen zu lassen. Jetzt müssen pragmatische Lösungen erarbeitet werden" [Denn:] "(...) wir befinden uns genau im Übergang zum postfossilen Zeitalter, also dem Übergang in das Zeitalter nach dem billigen Öl."
Klingt, im Zusammenhang mit den Folgen des Ukrainekriegs und dem Übergang zu nachhaltigen Energien heute fast schon prophetisch ...

Das Konzept des Bürgerparks jedoch passt eben nicht wie Topf und Deckel. Hier wird "kurzfristig" erst mal eine Entscheidung getroffen, deren Tragweite die "Gestaltungsmehrheit" anscheinend einfach nicht interessiert.

Es muss ja nicht nur ein bestehender Bebauungsplan geändert werden, sondern vielmehr ist nun eine weitreichende Umplanung von Nöten. In der aktuellen Planung gibt es nämlich keine für Nahversorgung ausgewiesene Reservefläche. Also hätte man zusammen mit diesem Beschluss auch darüber diskutieren müssen, wo denn der Nahversorger angesiedelt werden soll. Es müssen Flächen im hinteren Teil der Grube Carl, die für Wohnbebauung oder einen Grünstreifen vorgesehen waren, umgewidmet werden, damit dort ein Nahversorger sein Geschäft errichten kann.

Aber wie schreiben die Grünen so richtig "(...) und später kümmern wir uns um die Infrastruktur."

Die bisher sehr kurze Anfahrt für LKWs zum Nahversorgerstandort wird dank dieses Beschlusses unnötig verlängert. Das bedeutet dann auch, dass der gesamte Zulieferverkehr zu diesem Geschäft bzw. den Geschäften, falls es mehrere werden sollten, durch bestehende oder neue Wohnbebauung erfolgen wird. LKW-Verkehr in Wohngebieten bedeutet, dass die Gefährdung von RadlerInnen, FußgängerInnen und Kinder erhöht wird.

Das spricht jetzt eher weniger für prophetische Weitsicht.

Falls keine Umwidmung im hinteren Bereich des Stadtteils erfolgt, dann wird dem Stadtteil der Nahversorger dauerhaft fehlen. Womit noch mehr StadtteilbewohnerInnen mit dem Auto zum Einkaufen fahren werden.

Das spricht jetzt eher weniger für prophetische Weitsicht.

Davon ausgehend, dass die ursprüngliche Idee des Stadtteils der "kurzen Wege" die beste Idee war, die hier in der Stadt bei wohnbaulichen Großprojekten je entwickelt worden ist, kann man lapidar festhalten, dass spätestens diese Entscheidung der Idee den letzten Todesstoß versetzt hat.

Insofern ist es fast schon wieder von prophetischer Weitsicht, wenn im Konzept auch weitere öffentliche Parkplätze geplant sind. Immerhin mit Ladesäule, denn wie oben schon gesagt, wir sind ja im Übergang zum postfossilen Zeitalter.

Schön also, dass die schwarz-grüne Politik in ihrer eigenen Wirklichkeit angekommen ist. Man möchten kein Teil davon sein.