Mittwoch, 20. Juni 2012
Thema: Inklusion
In der letzten Schulausschusssitzung hat die Grüne Fraktion einen Antrag eingebracht, mit dem die Stadtverwaltung aufgefordert worden ist, die Erfordernisse der Inklusion bei den „laufenden und zukünftigen Planungen im Rahmen der Neugliederung des Frechener Schulsystems für alle Schulen „zu berücksichtigen und entsprechend darzustellen.“

Im Grunde also eine Selbstverständlichkeit, nachdem selbst in Frechen angekommen ist, dass die UN-Behindertenrechtskonvention nicht an den Stadttoren halt machen wird.

Wie notwendig dieser Antrag war, erwies sich noch in der gleichen Sitzung, denn nur kurze Zeit zuvor war der „Schulentwicklungsplans für die Stadt Frechen: Weiterentwicklung des Schulangebots in der Sekundarstufe“ vom Gutachterbüro Komplan präsentiert worden. In diesem Gutachten ist folgender Absatz zu finden:
Aus den aktuellen Orientierungsgrößen von schulisch genutzten Flächen „geht auch hervor, dass (…) Räume für eine inklusive Nutzung nicht eingeschlossen sind.
In den nachfolgenden Betrachtungen des Gutachters über die vorhandenen Räume der Frechener Schulen (Hauptschule, Realschule und Gymnasium) wird dem Aspekt des erhöhten Raumbedarfs im Rahmen der Inklusion jedoch an keiner Stelle Rechnung getragen.

Das Gutachten prüft das an den Schulen vorhandene Raumangebot ohne nach Räumen für die „inklusive Nutzung“ zu fragen. Aber, das ist auch nicht wirklich erforderlich, denn das Raumangebot sowohl der aktuellen Realschule als auch des Gymnasiums stößt auch ohne Inklusion jetzt bereits an seine Grenzen.

Um so erstaunlicher das seltsame Verhalten der Fraktionen und der Verwaltung im Rat auf den Antrag der Grünen: alle Beteiligten versuchten den Antrag wegzureden. Was man denn als Kommune beim Thema Inklusion überhaupt tun solle? Das Land habe noch überhaupt keine Richtlinien erlassen, und was es der Ausflüchte mehr gibt. Am Ende stimmte nur die Vertreterin der Grünen für den Antrag, alle anderen Mitglieder des Schulausschusses enthielten sich der Stimme. Damit wurde der Antrag unter den kuriosesten Bedingungen angenommen, doch das Verhalten von CDU, SPD, FDP, SBF und Perspektive gibt zu denken. Es hat den Anschein, als würde man dem Thema gerne aus dem Weg gehen, als gäbe es keine kommunale Verantwortung in diesem Bereich. Andererseits aber scheint die Angst, als Gegner der Inklusion wahrgenommen zu werden, noch größer.
Da reibt man sich denn doch ein bisschen die Augen. So also „gestalten“ die Frechener Parteien die Zukunft der Kommune, wegducken und klein machen.

Da lohnt es sich, an eine Fachtagung der Freien Wohlfahrtspflege zu erinnern, an die sich die Vorsitzende des Schulausschusses Frau D’Moch-Schweren vielleicht noch erinnern wird. In der Eröffnungsrede zum Thema Inklusion fiel folgender Satz:
„Die Kommunen sind in der Pflicht, schon allein aus ihrer Verantwortung für die Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger.“
In dieser Rede wurden auch vier Aufgaben formuliert, die die Kommunen jetzt bereits angehen können.
„Was ist kommunal zu tun?
Vier mögliche Schritte, die vielleicht auch ohne großen finanziellen Aufwand zu gehen sind, könnten vor Ort am Anfang von Inklusionsaktivitäten stehen:
1. Erhebung des status quo – mit einer Bestandsaufnahme der Lebensbedingungen der Menschen mit Behinderung (und der anderen Gruppierungen) verschafft sich die Kommune einen Überblick - und erfragt, was den Menschen vor Ort wichtig ist, was sie sich wünschen
2. Ableitung von Handlungsnotwendigkeiten
3. Vermeiden eines Nebeneinanders von Sozialraumplanung, Demographieplanung, Pflegeplanung, Teilhabeplanung etc., Es gilt ein Konzept im Gesamtkontext der kommunalen Handlungsfelder zu entwickeln.
4. Erarbeitung von Plänen – mit konkreten Maßnahmen und konkreten Zeitschienen.“
Mit anderen Worten: Inklusion muss gewollt und umgesetzt werden. Aktuell zeigen nur die Grünen, dass sie die Notwendigkeiten verstanden haben. Die übrigen Parteien haben die Zeichen der Zeit wohl noch nicht erkannt. Ob sie es je tun, wer weiß ... Aber immerhin, man hat schon Angst vor dem Eindruck, der entstehen könnte, sollte das jeweilige Desinteresse am Thema Inklusion offenkundig werden.

Das zumindest ist schon mal etwas.