Sonntag, 29. Januar 2023
Thema: Umwelt
Nein, die KVB bekommt ihre Werkstatt in Frechen nicht. Es mag zwar der aktuell bestmögliche Platz für die Bedürfnisse der KVB gewesen sein, aber für Frechen ist die KVB kein attraktiver Arbeitgeber.
Man kann den ökonomischen Wert der Argumente, die für oder gegen eine Ansiedlung der KVB sprechen, sorgfältig abwägen. In der Tagespresse wurden die Argumente auch alle benannt.
Kann man also, muss man aber nicht, denn wir sind in Frechen.

Und hier gilt rund um Mobilität nur eine einzige Wahrheit, die besagt: ein Leben ohne Auto mag möglich sein, ist aber sinnlos.

Insofern ist es in sich folgerichtig und konsequent, dass der Frechener Stadtrat sich mit den Stimmen von CDU, SPD und Perspektive gegen die Ansiedelung der KVB ausgesprochen hat. (Jaja, es handelte sich um eine geheime Abstimmung, aber die Erklärungen dieser drei Fraktionen sind eindeutig: keine KVB auf Frechener Gemarkung.)

Frechen lebt weiterhin die seit den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts fest etablierte Sakralisierung des Autos als Symbol von Freiheit und Unabhängigkeit.
Unsere Frechener Freiheitsstatue streckt keine Fackel in den Himmel, sondern hat 4 Räder und einen Motor und das einzige was sich möglicherweise gen Himmel streckt, ist der Mittelfinger eines Autofahrers Und das richtet sich gegen Menschen, die sich auf der Straße festkleben oder die ein Tempolimit fordern.

Man redet hier über Fahrradwege und baut ein Parkhaus, man redet hier über ein anderes Mobilitätsverhalten und fordert weitere Parkplätze in Königsdorf, man redet hier, und das seit mehreren Legislaturperioden und immer pünktlich zum Wahltermin, über die Verlängerung der Linie 7 aber, hat man danach je wieder was davon gehört? Ach ja, doch, vier Jahre später, denn nach der Wahl ist vor der Wahl und man kann das Thema wieder aufwärmen. Man redet darüber, dass auch in Frechen die Menschen vermehrt auf das Auto verzichten sollten und an plant mal locker weitere Gewerbegebiete, die man am einfachsten mit dem Auto erreichen wird.
Das Auto und seine Straßen und Parkflächen sind in der Zwischenzeit weiterhin sakrosankt und damit tabu für bessere Nutzungen.
Weswegen der öffentliche Raum in Frechen immer noch nur für Autos attraktiv ist.

Auch hier gilt, was der französische Soziologe Grégory Salle geschrieben hat:
Tatsächlich haben sich ökologische Bedenken seit Anfang der neunziger Jahre in Planungskonflikten als rhetorische Pflichtfigur durchgesetzt. Aber in den meisten Fällen, also wenn es sich nicht bloß um einen dahergesagten Kunstgriff handelt, bleiben sie der wirtschaftliche oder, um den Diskurs aufzupolieren "sozialen" (Stichwort: Rettung von Arbeitsplätzen) Argumentation untergeordnet."
Grégory Salle, Superyachten. Luxus und Stille im Kapitalozän, Frankfurt 2022, S. 142/143)

Nein, ein starker Anbieter von Dienstleistungen des öffentlichen Nahverkehrs ist hier in Frechen völlig deplatziert. Sozusagen ein Traditionsbruch. Dann doch lieber ein paar weitere Speditionen oder irgendwelche Unternehmen, die dem Auto eng verbunden sind.

Das passt zu Frechen und seiner politischen Kultur.




Dienstag, 30. August 2022
Thema: Umwelt
Wie hier schon des Öfteren geschrieben ist für die Frechener CDU ein Leben ohne Auto zwar denkbar aber sinnlos. Oder anders formuliert: einerseits hehre Erklärungen andererseits die reale Politik.
In dieser hier zur Debatte stehenden Frage gilt daher: es müssen immer und überall kostenlose Parkplätze in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, andernfalls funktioniert das Leben nicht.

Das zeigt sich jetzt wieder, denn die bisher von CDU und Stadtverwaltung gemeinsam vorangetriebene Umgestaltung der "Königsdorfer Ortsmitte" soll auf Betrieben der CDU geändert werden. Sollte bisher nur die Hälfte der aktuell 52 vorhandenen Parkplätze erhalten bleiben, so möchte die CDU nun 10 weitere Parkplätze retten.

Amüsanter als die reine Sachverhaltsdarstellung ist aber das, was wir aus der Aussage des Vorsitzenden der CDU Königsdorf, Stefan Höss lernen können: ein "echter erlebbarer Ortsmittelpunkt" ist verknüpft ist "mit dem Erhalt einer Vielzahl von Parkplätzen". Es scheint sogar so zu sein, dass nur "mit dem Erhalt einer Vielzahl von Parkplätzen" ein "lebendiger Ortskern mit hoher Aufenthaltsqualität" geschaffen werden kann.

Es war zu erwarten.




Dienstag, 19. Juli 2022
Thema: Umwelt
Nur noch eine kleiner politischer Schritt und dann wird das Parkhaus in der Josefstraße abgerissen und macht einen Neubau Platz.
Endlich! so hört man SPD, FDP und Perspektive aufatmen, die sich schon lange für einen Neubau eingesetzt haben. Und auch die CDU begrüßt diese Entscheidung, war sie doch nie gegen ein Parkhaus sondern übte sich in dipolmatische Zurückhaltung, solange "ihre" Stadtverwaltung sich noch im Entscheidungsprozess befand.
Nur die Fraktionen der Linken und Grünen sind wohl gegen den Neubau, wobei das Zitat von Hauke Dressel (Linke) aus dem Novmeber 2020 immer noch schlüssig ist:
"Nun sieht es so aus, als ob wir weiterhin viele Parkplätze in der Innenstadt haben, aber immer weniger Geschäfte, die einen Besuch der Innenstadt lohnen", so Dressel. Eine fortschrittliche und klimafreundliche Politik muss statt auf Erhalt und Neubau von Parkplätzen auf eine weitgehende Autofreiheit der Innenstadt und mehr Fahrrad- und öffentlichen Nahverkehr setzen."
Ebenso korrekt der Hinweis der Grünen:
"Zudem widerspricht ein Parkhausneubau in der Innenstadt völlig jedem Klimaschutzziel. Solche Entscheidungen sind es, die mit dazu beitragen, dass der Verkehrssektor der Einzige ist, dessen Emissionen seit 1990 sogar noch gestiegen sind"
Trotzdem gibt es eine politische Mehrheit im Rat, die bereit ist für aktuell 7,6 Mio Euro ein neues Parkhaus zu errichten. Nicht nur, dass das Geld im Schulbau deutlich zukunftsträchtiger angelegt wäre, bei der Preisentwicklung, insbesondere im Baugewerbe, dürfen jetzt bereits Wetten abgegeben werden, ob die veranschlagten 7,6 Mio reichen werden.

Vermutlich eher nicht.

Und damit kommen wir zu einem Kernproblem der Frechener Politik. Diese 7,6 Mio Euro werden von der Stadt Frechen investiert, um AutofahrerInnen kostenlosen Parkraum in der Frechener Innenstadt zur Verfügung zu stellen. Bezahlen dürfen diese Investition alle Frechener BürgerInnen, gleichgültig ob sie sich mit dem Auto fortbewegen oder nicht. Wir sprechen also von einer versteckten Subventionierung der Automobilität. In einer Stadt, die bspw. bis heute an keiner Stelle über ein angemessenes Netz an Radwegen verfügt.

Und das Ganze wird mit Argumenten und Statistiken unterfüttert, deren Wert doch eher begrenzt ist. So wird erklärt, dass das bisherige Parkhaus eine Auslastung von 80 % habe. Sicherlich bestenfalls dann wenn man die Auslastung nicht über die kompletten 24 Stunden betrachtet, die ein Tag nun mal lang ist, sondern nur dann, wenn man die Nachtstunden außer Betracht lässt.
Ebenso wird immer wieder darauf verwiesen, dass der Frechener Einzelhandel auf ausreichend kostenfreien Parkraum angewiesen sei, da andernfalls Umsätze wegbrechen würden. Mit anderen Worten: AutofahrerInnen bringen Kaufkraft in die Frechener Innenstadt. Wäre schön, diejenigen, die dieses Argument seit Jahrzehnten bemühen, würden endlich mal den wissenschaftlichen Beweis antreten. Denn dann würde offensichtlich, dass es sich hier um nichts weniger als eine leere Behauptung handelt.

Aber, die Mehrheit im Rat der Stadt Frechen kann sich Mobilität kaum ohne vier Räder und einen Motor vorstellen, was an sich schon ein eklatanter Mangel an Phantasie bedeutet. Auch über sinnvolle Nutzungsalternativen wird nicht einmal im Ansatz nachgedacht. Wir erleben nach den drei heißen Sommern 2018 / 2019 und 2020 aktuell schon den nächsten heißen Sommer, heute haben wir 37 Grad. Und alle KlimawissenschaftlerInnen erklären es uns seit Tagen in allen Nuancen: es wird zukünftig noch heißer werden.
Und alle MobilitätsforscherInnen sind sich darin einig, dass wir uns an andere Formen der Mobilität gewöhnen müssen.
Und auch hier ein Hinweis auf den Mangel an Phantasie in Frechen: vielen scheint es bereits als ausreichend, wenn der Diesel durch ein E-Auto ersetzt wird.
MobilitätsforscherInnen und StadtplanerInnen haben da ganz andere Vorstellungen: Autos müssen aus den Innenstädten verschwinden. Sie müssen verschwinden, da man den knappen innerstädtischen Raum benötigt, um Platz für FußgängerInnen und RadfahrerInnen zu schaffen aber auch um Innenstädte zu begrünen, Räume zu schaffen, die an den vielen heißen Tagen, die kommen werden, für Kühle und Belüftung sorgen. Und man benötigt freie Versickerungsflächen für die ebenfalls zu erwartenden Starkregenfälle, die durch die Normkanalisation nicht aufgefangen werden und die dann wieder die Frechener Keller fluten.

Vor mehr als einem Jahr gab es eine kurze politische Auseinandersetzung um die Frage, was wichtiger sei: Parkplätze oder Straßenbäume. In der Hasenheide, direkt neben an haben die Parkplätze gewonnen.

Und daher stellt sich doch die zentrale Frage: wäre der Platz im Hinblick auf die klimatischen Risiken, auf die wir uns zu bewegen, nicht besser genutzt, wenn daraus eine kleiner baumbestandener Park würde, mit einem Teich, der zugleich ein erster Schritt in zu der von allen geforderten Schwammstadt würde?
Eine kühlende Insel in einer immer heißeren Innenstadt?

Und für unsere KaufkraftexpertInnen im Rat der Stadt Frechen der Hinweis, dass bei Temperaturen, die die 30 Grad Celsius überschreiten, der Wunsch nach einem Einkaufserlebnis bei vielen Menschen massiv rückläufig ist. Es könnte sein, dass eine grüne Innenstadt mit entsprechenden Rückzugsräumen, einen höheren Wert für den Einzelhandel hat, als die Anzahl kostenfreier Parkplätze.

Aber so viele neue Ideen, das überfordert.




Montag, 13. Dezember 2021
Thema: Umwelt
Am 4. Dezember konnte man im KStA lesen ("Neue Proteste gegen Ansiedlung des Großmarktes", KStA v. 04.12.2021), dass alle Stadtratsfraktionen des Frechener Rates die Wiederaufnahme der Baupläne für den Kölner Frischemarkt an der Frechener Gemarkungsgrenze entlang der Bachemer Straße verurteilen.
Zentraler Kritikpunkt war dabei das durch den Frischemarkt steigende Verkehrsaufkommen im Westen Kölns, also auch in und um Frechen herum.

An dieser Kritik ist wenig auszusetzen, außer, dass sich da die Falschen beschweren.

Die Falschen? Genau, die Falschen. Oder mal ganz knapp in Form eines abgewandelten Sprichworts formuliert:
Eigentlich sagt das Sprichwort ja: "Heiliger Sankt Florian / Verschon' mein Haus, zünd' andre an!" In Bezug auf die Verkehrssituation in Frechen muss aber gelten: "Heiliger Sankt Florian/ mein Haus, das zünd' ich selber an!"

Denn wer die Frechener Planungen kennt, der reibt sich schon verwundert die Augen über die Beschwerden der Frechener Parteien über ein steigendes Verkehrsaufkommen, das durch den Frischemarktbeschluss des Kölner Rates verursacht werden wird.

So gilt für die Gemarkung Frechen, dass die Verwaltung, vom Rat positiv beschieden,
ein neues Gewerbegebiet an der Krankenhausstraße plant,
den Ausbau der Grube Carl als Wohngebiet für mehrere tausend Menschen weitertreibt,
in Habbelrath die Planung für ein weiteres Wohngebiet in den letzten Zügen liegt
und im Rahmen des Strukturwandels wird für Grefrath bereits ein "Handwerkerhof", auf deutsch: ein weiteres Gewerbegebiet, avisiert ist.

Alle diese Planungen setzen zu 100% auf's Auto. Die dadurch zu erwartenden und damit bereits prognostizierten Verkehrszuwächse in der Frechener Innenstadt sind eklatant. Bei keiner der Planungen ist erkennbar, dass Menschen und Güter anders als mit dem Auto in die Gewerbe- oder Wohngebiete kommen werden.

Es gibt keine erkennbaren Planungen den ÖPNV (Straßenbahn) auszubauen, keine erkennbaren Planungen (analog Köln), Parkplätze ersatzlos zu streichen und den Menschen, laufend und radelnd, den öffentlichen Raum zurückzugeben, den die AutofahrerInnen ihnen geraubt haben, keine erkennbaren Planungen, das Anwohnerparken (bspw. analog Tübingen) mit angemessenen Kosten zu belasten, keinen erkennbaren Plan für einen schnellen und massiven Ausbau der Fahrradinfrastruktur.

Und dann stören sich die Frechener Parteien am Verkehrszuwachs eines Kölner Frischemarkts?

Scheinheilig!




Montag, 15. November 2021
Thema: Umwelt
Das neugeplante Gewerbegebiet an der Krankenhausstraße steht immer stärker in der Kritik. Nicht nur, dass eine Bürgerinitiative gegen das Gewerbegebiet Unterschriften sammelt, auch die Frechener Grünen scheinen sich zu fragen, ob sie der weiteren Umweltzerstörung schweigend zuschauen können.

Dabei lohnt ein genauerer Blick auf die derzeit vorgebrachten Argumente, die uns sehr viel über die lokale politische Kultur zu lehren vermögen.

Zu Einordnung sei darauf verwiesen, dass alle politisch an der Durchsetzung des Gewerbegebiets Interessierten wohl der Meinung sind, dass ein Gewerbegebiet, wenn man es in einem Zusammenhang mit dem Strukturwandel bringt, sakrosankt ist.
?Im Strukturwandel brauchen Unternehmen Raum zur Entwicklung ? IFU und IHK Köln plädieren für Gewerbefläche an der Krankenhausstraße?
?Wenn wir es im Rhein-Erft-Kreis nicht mehr schaffen, solche planerisch bereits lange vorgesehenen Flächen für neue Arbeitsplätze zu erschließen, muss man sich ernsthaft fragen, ob die ganzen Diskussionen über einen erfolgreichen Strukturwandel nicht vollkommen unnötig sind?
Ja, ja, der Strukturwandel. Doch warum wird denn so intensiv über den Strukturwandel diskutiert?
Der Strukturwandel ist zwar in aller Munde, die tieferen Ursachen des Strukturwandels werden aber wohlweislich verschwiegen. Der Strukturwandel, von dem hier die Rede ist, ist Folge unseres wirtschaftlichen Handels, das erfolgreich nur funktioniert, wenn wir den Planeten zerstören.

Richtig, zerstören.

Da reicht ein Blick in die tiefen Löcher, die die RWE in Hambach, Inden und Garzweiler gebaggert hat. Und wofür? Für den Wohlstand der Region, der seit mehr als 100 Jahren am Abbau und der Verstromung von Braunkohle hängt. RWE ist daher bis heute der größte deutsche CO2-Produzent. Wollte man die historische Verantwortung des Konzerns berechnen, man käme auf einen erschreckenden Wert. Alleine im Zeitraum von 1988 bis 2015 verantwortete RWE 0,5% aller weltweiten CO2-Emissionen. Die hiesige Region, die Gemeinden, ja die hier lebenden Menschen haben direkt oder indirekt davon profitiert.

Man könnte jetzt argumentieren, dass daraus nun eine Verantwortung erwächst, die uns auch vor Ort zu einem besonders vorsichtigen Umgang mit den hier noch vorhandenen natürlichen Ressourcen auffordert. Aber weit gefehlt.

Hört man auf IHK und IFU, die Organisationen, in denen sich die regionalen wirtschaftlichen Interessen bündeln, so ist davon nichts zu spüren. Vielmehr dominiert eine sehr einfache Sicht auf die Lage:
?Frechen braucht Flächen für unternehmerische Entwicklung, Wertschöpfung und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Durch den Strukturwandel fallen viele Arbeitsplätze weg, gleichzeitig ziehen immer mehr Menschen in die Region. Wenn wir nicht aufpassen, verpassen wir die Chance, uns für die Zukunft gut aufzustellen?
Unternehmerische Entwicklung scheint in dieser Argumentation nur möglich, wenn neue Flächen erschlossen werden. Erschließung bedeutet: sie werden überbaut. Ist ja auch irgendwie nachvollziehbar. Der wirtschaftliche Wert eines Ackers ist überschaubar, der Wertzuwachs begrenzt. Wird daraus jedoch ein Gewerbegebiet, dann wird aus einen geringwertigen Acker eine Fläche, die bebaut und gehandelt werden kann. Ordentliche Wertsteigerungen sind zu erwarten.

Und wenn sich doch noch Widerstand gegen diese kapitalistische Landnahme regt, so handelt es sich um ?Einzelinteressen?. Auch eine perfide Form der Abwertung. Die Schaffung von Gewerbefläche unter Inkaufnahme der Zerstörung eines wertvollen Ackers wird implizit als ?Allgemeininteresse? verhandelt, die mehr als 1.300 Unterschriften, die die Bürgerinitiative Krankenhausstraße gegen das Gewerbegebiet gesammelt hat, werden zu störenden ?Einzelinteressen?.

Selbst den Frechener Grünen ist zwischenzeitlich aufgefallen, dass der rheinische Ackerboden nicht nur ertragreich ist, sondern dass die darin lebenden Kleinstlebewesen wertvolle Dienste bei der Bindung von CO2 leisten.
Trotzdem durchzieht eine grundsätzlich inkonsequente Haltung die komplette Stellungnahme, Die Überschrift lautet: ?Grüne lehnen Versiegelung ab?, um nur wenige Zeilen später zu schreiben, sie sähen ?das neue Gewerbegebiet kritisch.? Ja was nun? Wirkliche Ablehnung oder halt mal ein bisschen Kritik formuliert?

Wohl nur zweiteres, denn eigentlich wollen die Grünen nur ?retten, was zu retten ist?.
Denn die dann folgenden Aufzählungen beschreiben bauliche Auflagen, mit denen die Grünen sich die Genehmigung des Gewerbegebiets schön reden, womit sie das Allerschlimmste verhindern wollen. Nur so ist gegen Ende der Stellungnahme zu verstehen, warum die Grünen die Verkehrsanbindung kritisieren. Ein Gewerbegebiet benötigt eine Anbindung an den ÖPNV, Ackerland kommt ohne aus. Im Grund sagen uns die Grünen, dass das Gewerbegebiet kommen wird, sie aber noch ein paar "Verbesserungen" am Konzept vorgenommen sehen wollen. Anscheinend sind sie mit ihren Verbesserungsvorschlägen noch nicht richtig durchgedrungen.

An was einen das erinnern könnte?
Genau, an Annalena Baerbock und die Bundesgrünen. Frau Baerbock hat vor einigen Tagen die Umweltverbände aufgerufen, öffentlichen Druck auf FDP und SPD zu machen, da die Grünen in den Koalitionsgesprächen beim Klimaschutz wohl unter die Räder gekommen sind.

Könnte es sein, dass die Frechener Grünen ein ähnlich instrumentelles Verhältnis zur Bürgerinitiative Krankenhausstrasse haben?

In beiden Fällen gilt: man könnte eine Koalition ja auch platzen lassen, wenn man seine selbstverfassten Text ernst nehmen würde:
?Wer die Generationengerechtigkeit ernst nimmt, muss aufgrund der Klimakatastrophe letztendlich zu dem Schluss kommen, dass das Gewerbegebiet nicht gebaut werden darf.?
So sprechen unsere Grünen mit großem Ernst und empfehlen das Unterschreiben der Petition.

Am Ende aber bleibt die Einsicht, dass diese Form der Strukturpolitik nur ein weiterer Beleg für den rücksichtslosen Umgang mit den begrenzten natürlichen Ressourcen hier in der Region ist.




Freitag, 8. Oktober 2021
Thema: Umwelt
"Die meisten Verantwortlichen sind offenbar überzeugt, es sei günstiger, alle zehn Jahre mit Hilfsfonds die Schäden der Klimafolgen zu beheben, als sich an sie anzupassen".
Das sagt Wolfgang Dickhaut, Professor für umweltgerechte Stadt- und Infrastrukturplanung an der HafenCity Universität Hamburg in einem Interview der 'Zeit'.

Das kann man nur unterschreiben. Der Klimawandel ist ein nicht mehr zu diskutierendes Faktum. Wir müssen uns darauf einstellen. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungen ist heute in allen Medien mit seiner Untersuchung zur zunehmenden Hitze in Deutschland. Die Durchschnittstemperaturen haben sich in Deutschland im Schnitt um 1,6 Grad gegenüber den vorindustriellen Zeiten erhöht. Die Auswirkungen sind bekannt: die Regenverteilung und -intensität ändert sich, soll heißen: in wärmerer Luft findet sich mehr Energie und mehr Feuchtigkeit. Dies führt unter anderem auch zu intensiveren Regenfällen. Zugleich lahmt der Jetstream, denn er zieht seine Energie aus der Temperaturdifferenz zwischen Pol und dem Äquator und diese Temperaturdifferenz sinkt. Also ziehen Wettersysteme langsamer über uns hinweg. Regenzonen verharren länger über uns. Die Flutkatastrophe an Maas, Ahr und Erft erklärt sich hieraus.

Ein weiterer Effekt ist die Zunahme von Hitzetagen mit mehr als 30 Grad. Zwischen 1950 und 1960 musste man im Rhein-Erft-Kreis mit bestenfalls 4,4 solcher Hitzetage rechnen, dieser Wert ist für den Zeitraum von 2011 auf 2020 auf 12,5 Tage gestiegen. Also fast eine Verdreifachung. Und bei einem weiteren Anstieg der CO2-Konzentration muss man im Rhein-Erft-Kreis mit einer weiteren Erhöhung der Anzahl der Hitzetage um 10 bis 20 rechnen.

Darauf muss eine Stadt wie Frechen sich einstellen. Die Stadtplaner*innen sind da sehr eindeutig:
"Besonders stark heizen sich die Städte auf. Asphaltierte Flächen, Steinhäuser und Bürotürme mit Glasfassaden verwandeln sie in regelrechte Glutöfen. Das beste Gegenmittel sind Grünflächen: Bäume und bewachsene Fassaden wirken wie urbane Klimaanlagen, in ihrem Umfeld liegen die Temperaturen um mehrere Grad niedriger. Begrünte Dächer, Parks und Mulden helfen auch gegen die zweite große Klimagefahr: Wasser. Bei Starkregen nehmen die Pflanzen einen Teil der Fluten auf und entlasten so die Kanalisation."
Ebenso eindeutig sind die Aussagen der Stadtplaner*innen beim Thema Mobilität. Um einen derartigen innerstädtischen Umbau zu realisieren, muss das Auto raus aus der Stadt. Viele Teile der von Autos verbrauchten Flächen werden für die Begrünung benötigt.
Hier in Frechen kämpfen aber Anwohner*innen immer noch um jeden Parkplatz und weder Verwaltung noch Politik haben den Mut die Bürger*innenschaft auf die neue Situation vorzubereiten und einzustellen.

Kontraproduktiv ist deshalb der in Frechen praktizierte Flächenverbrauch. Ein neues Gewerbegebiet an der Krankenhausstraße, ein neues Wohngebiet in Habbelrath, der ungebremste Ausbau des Wohngebiets Grube Carl, Pläne für die gewerbliche Nutzung der RWE-Flächen in Grefrath und am Wachtberg. Es gibt auch schon Gedankenspiele, Habbelrath im Bereich der Reiterhöfe um ein neues Wohnquartier zu erweitern.

Wenn wenigsten beobachtbar wäre, dass die Stadt bei all diesen Planungen ein neues, dem Klimawandel angemessenes Mobilitätskonzept entwickeln würde, aber Pustekuchen. Das letzte veröffentlichte Verkehrsgutachten rund um das Gewerbegebiet Krankenhausstraße operiert mit den Prämissen des vorigen Jahrhunderts: Mobilität findet mit dem eigenen Auto statt. Entsprechend weist das Gutachten auch steigende Belastungen des Straßennetzes nach. Autos brauchen Straßen und Parkraum. Alles kontraproduktiv, wenn man an die Folgen dieser Betonpolitik für das Stadtklima denkt: Frechen wird in den kommenden Jahrzehnten zu einem Glutofen werden.

So müsste es zu einer Prämisse vorausschauender Stadtplanung werden, dass, wenn überhaupt, nur noch dort Flächen entwickelt (vulgo: versiegelt) werden, wenn diese Bereiche von einer Straßenbahnlinie erschlossen sind. Denn alle Untersuchungen hierzu sind eindeutig: nur der schienengebundene Nahverkehr hilft den Städten beim Abschied vom Auto. Und wer den Radverkehr fördern will, benötigt Raum für Radwege. Auch dieser Raum ist nur zu gewinnen, wenn hier in Frechen der Autoverkehr bewusst und massiv zurückgefahren wird. Aber in den Diskussionen rund um die Baumbepflanzung in der Straße 'Hasenweide' und ganz aktuell um die Sanierung des Königsdorfer Marktplatzes ist die Meinung vorherrschend, dass die Existenz von Parkplätzen von übergeordneter Bedeutung ist und sich alles andere diesem Bedürfnis unterzuordnen habe.

Und dann sind wir wieder bei Politik und Verwaltung. Hier wären Politik und Verwaltung gefordert, in gemeinsamer Anstrengung eine neue, dem Klimawandel, angemessene Entwicklung zu skizzieren und umzusetzen. Möglicherweise gibt es ja Skizzen und Gutachten. Denn seit die Grünen Bestandteil der Verwaltungsmehrheit im Rat sind, wurden viele Gutachten erstellt. Umgesetzt wurde aber bisher wohl nur das Wenigste. Und die erkennbare städtische Infrastrukturpolitik zeigt sich von der allerältesten Seite. Es wird weiterhin agiert, als gäbe es keinen Klimawandel.

Dazu noch ein abschließendes Zitat von Thilo Hofmann (Direktor des Forschungsnetzwerks Umwelt, stellvertretender Leiter des Zentrums für Mikrobiologie und Umweltsystemwissenschaft und Professor am Division for Environmental Geosciences):
"Die Stadt der Zukunft kann nicht mehr wie bisher überwiegend aus grauer Infrastruktur, also Glas, Beton, Asphalt und Parkplätzen gedacht werden; grüne Infrastruktur muss in den Vordergrund der Stadtplanung rücken. Die Stadt muss vom Auto wieder dem Menschen zurückgegeben werden. Die lebenswerte Stadt von morgen ist die der Fußgänger*innen und Fahrradfahrer*innen, eine Stadt, welche Regenwasser zurückhält und infiltrieren lässt, kühler ist, und somit erheblich nicht nur der Gesundheit dient, sondern auch den Schadstoffeintrag in Flüsse verringert, da nur so Kläranalagen optimal arbeiten können."




Dienstag, 3. August 2021
Thema: Umwelt
Am gestrigen Montag fanden sich drei Beiträge im KStA, die im Zusammenhang gelesen nur eine Lösung zulassen. Man muss verdrängen. Am besten alles, also alles, was mit Klima und so zu tun hat. Also auch die Flutkatastrophe an Ahr und Erft, die gesamten wissenschaftlichen Fakten, also eigentlich alles.

Beginnen wir doch mal mit dem Interview von Dirk Messner, seines Zeichens Präsident des Bundesumweltamtes. Auf die Frage, warum denn einerseits eine große Mehrheit der Deutschen einen hohen Handlungsbedarf beim Klimaschutz sehe, die Politik aber so zögerlich handle, erhält man folgende Aussage:
Das allgemeine Umweltbewusstsein ist in den vergangenen Jahren spürbar gewachsen. Viele wissen, dass sie etwas tun sollten ? dann gibt es aber den Widerspruch zum Handeln und zwar auf individueller wie auch auf politischer Ebene. Im privaten Bereich geht es um den Fleischkonsum, den Autokauf oder die Nutzung des ÖPNV.
(?Gegen jedes Zehntelgrad Erwärmung kämpfen?, KStA v. 02.08.2021)

Mit anderen Worten, viele wissen, dass sich was ändern soll, nur machen, ja machen, das sollen wohl die anderen.
Dazu passt der Beitrag zum Mobilitätsverhalten, wenn denn mal Corona vorbei ist. Hatten doch viele die steile These aufgestellt, die Pandemie würde die Erkenntnis vermitteln, dass ein anderes Mobilitätsverhalten möglich sei. Sozusagen Klimaschutz als Kollateralschaden. Das geht wohl schief. Bewegungsdaten belegen, dass wir inzwischen wieder so mobil sind, wie vor Corona und eine Befragung hat auch ergeben, dass jetzt schon 70% der befragten Großstadtbewohner*innen an ihr Mobilitätsverhalten vor der Pandemie anknüpfen wollen. Insbesondere bei Reisen und der übrigen Freizeitmobilität wollen die Befragten sogar noch mobiler werden als vor der der Pandemie, was auch Flugreisen einschließt.
(Kein echtes Umdenken durch Corona, KStA v. 02.08.2021)

Und dann noch die Mitteilung der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion der Linken, dass die CO2-Abgabe von aktuell 25 Euro je Tonne CO2 im Grunde keinerlei Lenkungsfunktion entfaltet. Benzin und Diesel sind zwar im Schnitt um 7 bis 8 Cent teurer geworden, aber erkennbare Einschränkungen im Fahrverhalten sind nicht feststellbar. Der CO2-Ausstoß des Autoverkehrs soll dadurch um gerade mal 0,9% in 2021 sinken. Die bisher geplanten Steigerungen der CO2-Abgabe lassen eine Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr für 2025 um gerade mal 2,5% erwarten. (Kohlendioxid-Abgabe bringt nur wenig Effekt, KStA v. 02.08.2021)

Daraus lässt sich ableiten, dass das theoretische Wissen um den Klimawandel wohl fast niemanden dazu bewegt, sein tägliches Verhalten zu ändern. Die bisher staatlicherseits zur Anwendung kommenden Maßnahmen erweisen sich als ineffektiv und der Wunderglaube an die gesellschaftsverändernde Kraft der Pandemieerfahrungen löst sich derzeit in Luft auf.

Mit anderen Worten: der Klimawandel wird wohl, wenn die Politik nicht endlich ihre Ordnung setzenden Funktion nachkommt, nicht zu bremsen sein. Und zwar mit Regeln, die direkt in unser tägliches Handeln eingreifen. Andernfalls werden Ereignisse wie die letzte Flutkatastrophe zum Regelfall werden. Oder Waldbrände, wie jetzt in Südeuropa. Oder lange anhaltende Hitzephasen, die insbesondere für ältere Menschen immer öfter tödlich enden werden.

Also hilft wohl nur Verdrängen.

Nachtrag:

So viel kann man gar nicht verdrängen:

Ein Zitat aus der "Zeit" vom Wochende. Der konkrete Bezug sind die Waldbrände in Südosteuropa und der Türkei.
Der letzte Satz sollte uns nach den Erfahrungen an Erft und Ahr zum Nachdenken bringen:
"Sicher ist: Extrem bedeutet nicht, was wir uns bisher darunter vorgestellt haben ? extrem ist extremer, als wir dachten."
Fachleute sehen in der Hitzeglocke, die seit Wochen über dem östlichen Mittelmeer liegt, und den Bränden ein weiteres Indiz dafür, dass sich der Klimawandel beschleunigt. Der griechische Geowissenschaftler Costas Synolakis meint, die Hitzewellen und Feuerstürme in den Mittelmeerländern wie auch der Dauerregen und die Flutkatastrophen in Mitteleuropa seien Ergebnis der globalen Erwärmung. "Unser Klima kippt", sagt Synolakis.
Auch der Weltklimarat IPCC befürchtet im Mittelmeerraum in Zukunft schlimme Hitzewellen, Dürren und Brände. Die Region mit ihren rund 500 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gelte als "Hotspot des Klimawandels", heißt es in einem neuen Bericht.
Der Geowissenschaftler Synolakis zeigt sich aber überrascht, dass diese Phänomene schon jetzt so massiv auftreten. Eigentlich habe man nach den bisherigen Klimamodellen damit erst nach 2040 gerechnet. Es werde künftig häufiger solche extremen Wetterphänomene geben, warnt Synolakis, der als Professor an der University of Southern California über Naturkatastrophen lehrt. "Sicher ist: Extrem bedeutet nicht, was wir uns bisher darunter vorgestellt haben ? extrem ist extremer, als wir dachten."

Alles verbrannt, alles verloren ? in einer Nacht




Dienstag, 4. Mai 2021
Thema: Umwelt
Das Bundesverfassungsgericht hat die Ziele des Pariser Klima-Abkommens in Verfassungsrang erhoben. Im Zuge des fortschreitenden Klimawandels, so das Gericht, nimmt das Gewicht des in Art. 20a GG geregelten Klimaschutzgebotes zu.
Zudem gilt: bereits heute hat der Staat die Aufgabe seinen Sorgfaltspflichten gegenüber zukünftigen Generationen gerecht zu werden, in dem er heute alle die klimaschützenden Maßnahmen ergreift, die notwendig sind, um die Freiheitsrechte zukünftiger Generationen nicht über die Maßen durch unser heutiges klimaschädigendes Verhalten einzuschränken. Diese Regel greift bereits trotz bestehender wissenschaftlicher Ungewissheiten über umweltrelevante Ursachenzusammenhänge.

Man kann den aus dem Urteil resultierenden Auftrag an die Politik sehr einfach übersetzen: bisher wurde zu wenig getan, um so viel CO2 einzusparen, dass die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreicht werden. Das bedeutet, dass wir alle hier auf Kosten der zukünftigen Generationen zu viel CO2 in die Atmosphäre blasen, wodurch die Lebenschancen und Freiheitsrechte der zukünftigen Generationen massiv bedroht sind.

Ein Urteil, das, wie in der Presse erkennbar, zu sofortigen Reaktionen der Politik geführt hat. Alle Parteien, mit Ausnahme der AfD, erklären unisono, dass das Klimagesetz nachgeschärft werden muss, dass die BRD schneller CO2-neutral werden muss, als geplant. Einzelne Politiker mit hohem Selbstdarstellungspotential bieten bereits erste Lösungen an. Lösungen, die im Regelfall davon ablenken sollen, dass eben diese Politiker bisher alles getan haben, um die durch eine ernsthafte Klimapolitik resultierenden Belastungen von uns Lebenden fern zu halten und auf die Zukunft zu verschieben.

Damit hat es nun ein Ende. Die Zeit des Vertagens und Verschiebens ist vorbei.
Und hierzu lohnt es sich das Urteil genauer anzuschauen. Es sagt, dass der Staat "Voraussetzungen und Anreize für die Entwicklung klimaneutraler Alternativen zu schaffen" hat um vorausschauend "künftige Freiheit" zu schonen. Hierfür sind jetzt bereits die erforderlichen Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse einzuleiten, um schon heute für die Zeit nach 2030 Orientierung zu geben und einen entsprechenden Entwicklungsdruck aufzubauen.
Legte der Gesetzgeber beispielsweise frühzeitig konkret fest, dass dem Verkehrssektor ab einem bestimmten Zeitpunkt nur noch geringe jährliche Emissionsmengen zur Verfügung stehen, könnte dies Anreiz und Druck für die Entwicklung und Verbreitung alternativer Techniken und der dafür erforderlichen Infrastruktur entfalten. Die frühzeitige Erkennbarkeit einer Verteuerung und Verknappung CO2-relevanter Mobilität könnte etwa auch dazu führen, dass grundlegende Entscheidungen und Entwicklungen zu Berufs- und Arbeitsplatzwahl oder zur Gestaltung von Arbeits- und Geschäftsabläufen rechtzeitig so getroffen und eingeleitet würden, dass sie von vornherein weniger Mobilität erforderten. Würde dann der festgelegte Zeitpunkt erreicht, könnte das CO2-Budget des Verkehrssektors verringert werden, ohne damit Freiheiten erheblich zu verkürzen
An diesem vom Bundesverfassungsgericht sicherlich nur zufällig gewählten Beispiel sind wir auch wieder ganz nah an der lokalen Politik. Die meisten Wege, die Menschen zurücklegen, sind kürzere Strecken, finden vor Ort statt, und orientieren sich an der vor Ort vorhandenen Infrastruktur. Also werden die konkreten Umsetzungsmaßnahmen nicht im Bundestag in Berlin entschieden, sondern sehr oft in den Kommunen.

Die Stadt Frechen hat ein integriertes Klimaschutzkonzept, von dem sie behauptet, es repräsentiere eine Klimaschutzstrategie. Man darf nur nicht genauer hinschauen:
Einer der bedeutendsten Faktoren für den Erfolg der Klimaschutzaktivitäten ist die Sensibilisierung und das Motivieren der Bürgerinnen und Bürger. Sie sind die Hauptakteure, die das Gelingen fördern oder hemmen können. Daher sind speziell die qualitativen Ziele auf diese wichtige Zielgruppe ausgerichtet.
Aha.

Das bedeutet, dass die Stadt sich im Schwerpunkt darauf zurückzieht zu informieren und einige öffentlichkeitswirksame Kampagnen anzustoßen, die, so der einzige Anspruch, Verhaltensänderungen bei den Bürgerinnen und Bürgern auslösen sollen.

Im gesamten Klimakonzept der Stadt finden sich keine relevanten, einschneidenden Maßnahmen, die die städtische Infrastruktur derart verändern würden, dass von vornherein bspw. weniger Mobilität entsteht.
So ist das städtische Parkraumkonzept, das auf die Bereitstellung von kostenlosen Parkplätzen setzt, eine Form der Subventionierung von CO2-produzierender Mobilität.
Fehlende Radwege modellieren einen autozentrierten Verkehrsraum, der von nicht motorisierten Vekehrsteilnehmer*innen als strukturelle Gewalt erfahren wird und damit die CO2-produzierende Mobilität befördert.

Solche Grundsatzentscheidungen zu Lasten unserer Kinder sind in allen städtischen Planungen erkennbar. So müssten die gesamten städtischen Planungen in Bezug auf das Wohngebiet Grube Carl unter diesem Blickwinkel hinterfragt werden.

Wie hoch sind bspw. die CO2-Emissionen, die beim Bau von Straßen und Wohnhäusern entstehen? Die Produktion von Stahl und Beton etwa ist extrem klimaschädigend.
Welche CO2-Emissionen werden provoziert, weil kein klimaschonender ÖPNV zur Verfügung steht?
Die Liste klimaschädigender Eingriffe bei derartig großen Baugebieten ist sicherlich Legion.

Solche Fragen können auch hinsichtlich des geplante Gewerbegebiet am Krankenhaus formuliert werden.

Man muss nur wollen.

Oder bedeuten die beiden hier genannten städtischen Entwicklungsmaßnahmen nicht, dass ein klimaschädigender Politikansatz des Wachstums um jeden Preis zu Lasten zukünftiger Generationen unhinterfragt fortgesetzt wird?

Man sollte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pflichtlektüre für alle politischen Entscheidungsträger*innen machen, denn viel zu viele Entscheidungen, die die Freiheit unserer Kinder negativ beeinflussen, fallen auf lokaler Ebene.

Wieviel Zukunft dürfen wir unseren Kindern und Enkelkindern noch stehlen?




Montag, 26. April 2021
Thema: Umwelt
Wie erwartet sind die Bäume in der Hasenheide weg und neue Bäume werden nicht gepflanzt werden.
Die Begründung der Stadtverwaltung ist nachvollziehbar. Maßstab bei Bepflanzungen müssen die Bedürfnisse des ausgewachsenen Baumes sein.
Die Baumscheibe bzw. der Wurzelraum soll möglichst unversiegelt, wasser- und luftdurchlässig sein. Im Idealfall beträgt die Größe der Baumscheibe für eine dauerhaft problemlos zu unterhaltende Baumpflanzung mindestens 16 m².
Bei allen im Ausschuss diskutierten Gegenvorschläge, sei es Blumentöpfe oder kleinere Baumscheiben handelt es sich um Totgeburten. Mittelfristig würden Bäume gepflanzt, die bei zunehmender Trockenheit in den kommenden Jahren nicht überleben könnten.

Dabei hat die Stadt ja aufgeschrieben, wie die Hasenheide zu einigen Baumscheiben kommen könnte, die diesen Mindestanforderungen genügen würden:
"Baumscheiben" (?) stehen im Flächenanspruch in der direkten Konkurrenz mit den anderen Nutzungsansprüchen (z.B. Anzahl der Parkplätze, Einfahrten, Straßenlaternen)
Und
Eine Begrünung von größeren Bereichen der Hasenweide z.B. durch Grünbeete kann somit nur mit vollständiger Neuordnung des Straßenraums und ggfls. durch Reduzierung vorhandener Parkplätzen erfolgen. Entsprechende straßenbautechnische Umplanungen sind in den nächsten Jahren nicht vorgesehen, so dass zurzeit keine Baumpflanzungen erfolgen können.
Mit anderen Worten: wer eine Begrünung der Hasenheide wünscht muss in die Vollen gehen und konsequent eine Neuordnung des Straßenraums fordern und damit den Wegfall von Parkplätzen in Kauf nehmen und gegenüber den Autobesitzer*innen der Straße verteidigen.

So weit aber reicht in Frechen der Mut der Parteienvertreter nicht. Mit den Autobesitzern anlegen? Lieber nicht. Da greift man denn doch gerne den Vorschlag der Stadtverwaltung auf:
Gestaltungs- und Begrünungsmöglichkeiten sieht die Stadtverwaltung im Übergang von Hasenweide und Josefstraße. Dort soll eine Neugestaltung erfolgen.
Da gibt es nämlich ein kleines Fleckchen, auf das man sicherlich auch ein oder zwei Bäume pflanzen kann ohne Parkplätze zu gefährden.

Und so können sich alle Beteiligten auf die Schultern klopfen. Kein einziger Parkplatz bleibt auf der Strecke und im Rahmen eines Pseudokompromisses gibt es doch noch ein oder zwei neue Bäume.

So schafft man die Grundlagen für einen ?Glutofen Innenstadt?. Das ist kein Scherz, in Görlitz hat man mit einer Wärmebildkamera im letzten Sommer Temperaturen über 56 Grad Celsius ermittelt. Der ersatzlose Wegfall der Bäume um keine Parkplätze zu verlieren, erhöht die Chancen für derartige Temperaturspitzen auch in Frechen.




Montag, 5. April 2021
Thema: Umwelt
forderte Ernst Moritz Arndt 1802 in seiner "Geschichte der Leibeigenschaft in Pommern und Rügen."
Ähnliches darf nun von der Wählergemeinschaft "Perspektive für Frechen (PfF) erwartet werden. Vor einigen Wochen hat die PfF die Klage von BewohnerInnen der Straße "Hasenheide" aufgegriffen, nachdem bei Straßenbaumaßnahmen in der Straße Bäume gefällt und nicht wieder ersetzt wurden.

Inzwischen hat die Stadt sich erklärt. Die Straße sei zu eng und zudem würden Versorgungsleitungen die Wiederanlage von Baumscvheiben verhindern.
Aber, die Verwaltung zeigt der PfF (und allen übrigen Parteien im Stadtrat) eine Alternative auf: es könnten sehr wohl Baumscheiben angelegt werden, das gehe aber zu Lasten von Parkkplätzen. Die Entscheidung hierzu müsse in den politischen Gremien gefält werden.

Ja, nun hat sie den Salat die PfF. Klimawandel, Stadtbegrünung und die Neupflanzung von Straßenbäumen, damit will sich die PfF profilieren. Wie wir aber seit der Geschichte mit dem Parkhaus Josefstraße wissen, die Abschaffung von Parkplätzen steht nicht auf ihrer Agenda.

Wie steht es in einem klugen Buch geschrieben:
"Das grundlegende Problem: die Monopolisierung von immer mehr Straßen und Flächen für die Bedürfnisse der Autos, in dem geselliges Leben vertrieben und nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer an den Rand gedrängt werden, bleibt bestehen."
Man nennt das automobilimperiale Lebensweise. Die Automobilität ist infrastrukturell verankert. Der Raum gehört dem Auto nicht den Menschen und der Natur. Und das spielt sich vor unserer Haustüre ab. Da diese Lebensweise unwidersprochene Normalität ist, dürfen wir vermuten, dass die PfF sich bei dieser Alternative jeden Mannesmutes entsagen wird.

Die Stadt bietet dafür jedoch einen "netten" Ausweg an: man nennt es den modernen Ablasshandel. Die in der Innenstadt gefällten Bäume werden andernorts neu gepflanzt.
Und schon ist irgendwie alles wieder in Butter: die Parkplätze, die ja nun wahrlich deutlich wichtiger sind als ein paar Bäume, bleiben erhalten. Die Bäume wiederum werden irgendwelche Lücken im städtischen Wald schließen, die der Klimawandel (vulgo die Trockenheit der vergangenen Jahre) gerissen hat.

Und wenn die nächste Hitzewelle kommt (und sie wird kommen), dann fehlen in der Hasenheide die Bäume, die vielleicht Schatten hätten spenden können und mit ihrer Verdunstung den Stadtraum hätten etwas kühlen können.
Dafür blitzt das Blech der parkenden Autos in der Sonne und wird die Hasenheide in einen glühenden Backofen verwandeln.

Es bedürfte Mannesmut vor Fürstenthronen ....






* Ulrich Brand/ Markus Wissen, Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von mensch und Natur im globalen Kapitalismus, 2017, S. 130.