Thema: Grüne
18. November 14 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Ausschüsse sind vereinfacht formuliert Unterabteilungen des Stadtrates, die die fachlichen Entscheidungen des Rates vorberaten und dem Rat Entscheidungsvorschläge unterbreiten.
In der Kommunalverfassung ist geregelt, welche Ausschüsse jede Kommune haben muss. Dem Rat einer Stadt bleibt es überlassen, weitere Ausschüsse einzurichten. Nun sind Ausschüsse aus Gründen der Arbeitsfähigkeit natürlich kleiner als der Rat einer Stadt. In Frechen bspw. hat der Rat 46 Mitglieder, die Ausschüsse dagegen verfügen entweder über 9 oder 15 Sitze.
Wie nun übersetzt sich die Sitzverteilung des Rates in die Ausschüsse, nachdem die Sitzverteilung im Rat nicht so einfach auf Gremium heruntergebrochen werden kann, dass nur 15 bzw. 9 Sitze hat?
Laut Kommunalgesetz wird bei der Sitzverteilung für Ausschüsse das Hare-Niemeyer-Verfahren angewandt.
Wenn wir jetzt mal ganz hypothetisch von einem Stadtrat ausgehen, der bei 46 Mandaten folgende Sitzverteilung aufweist:
Partei A: 20 Mandate / Partei B: 14 Mandate / Partei C: 6 Mandate / Partei D: 2 Mandate / Partei E: 2 Mandate / Partei F: 2 Mandate,
so ergibt das in einem 15er-Ausschuss folgende Verteilung: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 4 Sitze, Partei C: 2 Sitze und die Parteien D bis F je einen Sitz.
Und nun mal ein Gedankenspiel:
Was passiert nun, wenn der Partei C aus politischen Gründen 2 Stadträte verlustigt gehen, hat das Auswirkung auf die Ausschusssitze?
Ja, beim 15 Ausschuss hat es Auswirkungen:
Variante 1: die beiden schließen sich der Partei B an, (B hat dann 16 Mandate), so sieht das Ergebnis wie folgt aus: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 5 Sitze, Partei C: 1 Sitz und die Parteien D bis F je einen Sitz. B gewinnt also einen Sitz, der C verloren geht.
Variante 2: die beiden schließen sich der Partei F an, F hat dann 4 Mandate im Rat, so sieht das Ergebnis wie folgt aus: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 5 Sitze, Partei C bis F je einen Sitz. B gewinnt also einen Sitz, der C verloren geht, Partei F hat sich im Rat verdoppelt, in den Ausschüssen aber bleibt für F alles beim Alten.
Variante 3: die beiden bilden eine weitere Partei, die Partei G mit 2 Sitzen im Rat, dann sieht das Ergebnis wie folgt aus: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 4 Sitze, Partei C bis G: je einen Sitz. Hier erhält die neue Partei G einen Sitz im 15er-Auschuss, der Partei C verloren geht. Ansonsten ändert sich nichts.
So bleibt in unserem hypothetischen Spiel festzuhalten, dass in dem Fall eines Verlustes von 2 Ratsmitgliedern die betroffene Partei C in den 15er-Ausschüssen immer einen Sitz verlieren würde, egal, wie sich die beiden Austreter entscheiden. Treten sie einer kleinen Partei bei, so profitiert nicht die kleine Partei vom Übertritt, sondern vielmehr die zweitgrößte Partei. Da sieht man mal, welch paradoxe Effekte sich in einer solchen Konstellation ergeben können.
In den 9er-Ausschüssen des Rates dagegen gibt es keine Veränderungen.
Also, ich finde das sehr amüsant, aber wie gesagt, das Ganze ist ein Gedankenspiel und rein hypothetisch.
In der Kommunalverfassung ist geregelt, welche Ausschüsse jede Kommune haben muss. Dem Rat einer Stadt bleibt es überlassen, weitere Ausschüsse einzurichten. Nun sind Ausschüsse aus Gründen der Arbeitsfähigkeit natürlich kleiner als der Rat einer Stadt. In Frechen bspw. hat der Rat 46 Mitglieder, die Ausschüsse dagegen verfügen entweder über 9 oder 15 Sitze.
Wie nun übersetzt sich die Sitzverteilung des Rates in die Ausschüsse, nachdem die Sitzverteilung im Rat nicht so einfach auf Gremium heruntergebrochen werden kann, dass nur 15 bzw. 9 Sitze hat?
Laut Kommunalgesetz wird bei der Sitzverteilung für Ausschüsse das Hare-Niemeyer-Verfahren angewandt.
Wenn wir jetzt mal ganz hypothetisch von einem Stadtrat ausgehen, der bei 46 Mandaten folgende Sitzverteilung aufweist:
Partei A: 20 Mandate / Partei B: 14 Mandate / Partei C: 6 Mandate / Partei D: 2 Mandate / Partei E: 2 Mandate / Partei F: 2 Mandate,
so ergibt das in einem 15er-Ausschuss folgende Verteilung: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 4 Sitze, Partei C: 2 Sitze und die Parteien D bis F je einen Sitz.
Und nun mal ein Gedankenspiel:
Was passiert nun, wenn der Partei C aus politischen Gründen 2 Stadträte verlustigt gehen, hat das Auswirkung auf die Ausschusssitze?
Ja, beim 15 Ausschuss hat es Auswirkungen:
Variante 1: die beiden schließen sich der Partei B an, (B hat dann 16 Mandate), so sieht das Ergebnis wie folgt aus: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 5 Sitze, Partei C: 1 Sitz und die Parteien D bis F je einen Sitz. B gewinnt also einen Sitz, der C verloren geht.
Variante 2: die beiden schließen sich der Partei F an, F hat dann 4 Mandate im Rat, so sieht das Ergebnis wie folgt aus: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 5 Sitze, Partei C bis F je einen Sitz. B gewinnt also einen Sitz, der C verloren geht, Partei F hat sich im Rat verdoppelt, in den Ausschüssen aber bleibt für F alles beim Alten.
Variante 3: die beiden bilden eine weitere Partei, die Partei G mit 2 Sitzen im Rat, dann sieht das Ergebnis wie folgt aus: Partei A: 6 Sitze, Partei B: 4 Sitze, Partei C bis G: je einen Sitz. Hier erhält die neue Partei G einen Sitz im 15er-Auschuss, der Partei C verloren geht. Ansonsten ändert sich nichts.
So bleibt in unserem hypothetischen Spiel festzuhalten, dass in dem Fall eines Verlustes von 2 Ratsmitgliedern die betroffene Partei C in den 15er-Ausschüssen immer einen Sitz verlieren würde, egal, wie sich die beiden Austreter entscheiden. Treten sie einer kleinen Partei bei, so profitiert nicht die kleine Partei vom Übertritt, sondern vielmehr die zweitgrößte Partei. Da sieht man mal, welch paradoxe Effekte sich in einer solchen Konstellation ergeben können.
In den 9er-Ausschüssen des Rates dagegen gibt es keine Veränderungen.
Also, ich finde das sehr amüsant, aber wie gesagt, das Ganze ist ein Gedankenspiel und rein hypothetisch.
Thema: Grüne
25. September 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Der Kölner Stadtanzeiger hat heute eine gewundene Erklärung der Grünen des Rhein-Erft-Kreises zur Stichwahl um den Posten des Landrats veröffentlicht:
Nun formuliert die Erklärung, dass die Grünen, die die beiden Kandidaten im politischen Nahkampf erlebt haben, beide Kandidaten „anhand vieler Beispiele“ kritisiert hätten. Nun haben beide Seiten, SPD wie CDU, erklärt, es handele sich um eine Persönlichkeitswahl, woraus geschlossen werden kann, dass die Person des Kandidaten überzeugen muss. Die Grünen sind wohl von beiden wenig überzeugt, also: wenn man denn dürfte, würde man doch eher keinen von beiden wählen wollen.
Diese Option gibt es ja auch. Nennt sich Wahlenthaltung und ließe sich hier wohl gut begründen. Jede Parlamentarierin, jeder Parlamentarier hat schon von seinem Recht auf Wahlenthaltung Gebrauch gemacht.
Warum um alles in der Welt also fühlen sich die Grünen verpflichtet zur Wahl eines CDU-Kandidaten aufzurufen? Alleine, weil der eine „konstruktive Zusammenarbeit“ versprochen hat? Bei den aktuellen Mehrheitsverhältnissen im Kreistag kommt ein CDU-Landrat um diese konstruktive Zusammenarbeit gar nicht herum, egal ob er diese im Vorfeld anbietet oder nicht.
Man hätte den Ball auch an die Kandidaten zurückspielen können mit einem Aufruf des Inhalts: „Überzeugt unsere Wählerinnen und Wähler“ denn zum derzeitigen Zeitpunkt sei keiner der beiden wählbar.
Gerne wird in solchen Momenten das „Argument“ des kleineren Übels gezogen, so auch hier, denn das blosse Versprechen einer „konstruktiven Zusammenarbeit“ ist gegenüber dem „mehr Trennenden“ das kleiner Übel. Aber mal ehrlich, ein Übel ist ein Übel, ob klein oder groß. Es wäre der „freiheitlichen Tradition“ (das Schlagwort ist erst gestern wieder gefallen, die Grünen wollen sich am Leichnam des gefallenen Liberalismus gütlich tun) der Grünen angemessener gewesen, den eigenen Wählerinnen und Wählern das Fernbleiben von der Urne zu empfehlen, solange bis es einem Kandidaten gelingt, die Wählerinnen und Wähler von seiner Person zu überzeugen.
*************
Weil alles so schön schräg klingt:
KR v. 25. September 2013
KStA v. 25. September 2013
Die Arbeitsweisen von Dezernent Florian Herpel und von Bürgermeister Michael Kreuzberg wurden von den Vertreterinnen und Vertretern der Pulheimer und Brühler Ratsfraktionen anhand vieler Beispiele kritisiert. Michael Kreuzberg hat sich uns gegenüber für eine konstruktive Zusammenarbeit mit Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Kreistag ausgesprochen. Mit den Sozialdemokraten konnten wir in den letzten Jahren kaum Gemeinsamkeiten finden. Wir haben mehr Trennendes. Eine Perspektive mit der SPD im Kreis sehen wir auch nicht mit einem SPD-Landrat.Das ist nun sehr gewunden, aber politisch, verklausuliert steckt da, das hat der Stadtanzeiger schön beschrieben, eine Wahlempfehlung für den CDU-Kandidaten drin.
Nun formuliert die Erklärung, dass die Grünen, die die beiden Kandidaten im politischen Nahkampf erlebt haben, beide Kandidaten „anhand vieler Beispiele“ kritisiert hätten. Nun haben beide Seiten, SPD wie CDU, erklärt, es handele sich um eine Persönlichkeitswahl, woraus geschlossen werden kann, dass die Person des Kandidaten überzeugen muss. Die Grünen sind wohl von beiden wenig überzeugt, also: wenn man denn dürfte, würde man doch eher keinen von beiden wählen wollen.
Diese Option gibt es ja auch. Nennt sich Wahlenthaltung und ließe sich hier wohl gut begründen. Jede Parlamentarierin, jeder Parlamentarier hat schon von seinem Recht auf Wahlenthaltung Gebrauch gemacht.
Warum um alles in der Welt also fühlen sich die Grünen verpflichtet zur Wahl eines CDU-Kandidaten aufzurufen? Alleine, weil der eine „konstruktive Zusammenarbeit“ versprochen hat? Bei den aktuellen Mehrheitsverhältnissen im Kreistag kommt ein CDU-Landrat um diese konstruktive Zusammenarbeit gar nicht herum, egal ob er diese im Vorfeld anbietet oder nicht.
Man hätte den Ball auch an die Kandidaten zurückspielen können mit einem Aufruf des Inhalts: „Überzeugt unsere Wählerinnen und Wähler“ denn zum derzeitigen Zeitpunkt sei keiner der beiden wählbar.
Gerne wird in solchen Momenten das „Argument“ des kleineren Übels gezogen, so auch hier, denn das blosse Versprechen einer „konstruktiven Zusammenarbeit“ ist gegenüber dem „mehr Trennenden“ das kleiner Übel. Aber mal ehrlich, ein Übel ist ein Übel, ob klein oder groß. Es wäre der „freiheitlichen Tradition“ (das Schlagwort ist erst gestern wieder gefallen, die Grünen wollen sich am Leichnam des gefallenen Liberalismus gütlich tun) der Grünen angemessener gewesen, den eigenen Wählerinnen und Wählern das Fernbleiben von der Urne zu empfehlen, solange bis es einem Kandidaten gelingt, die Wählerinnen und Wähler von seiner Person zu überzeugen.
*************
Weil alles so schön schräg klingt:
KR v. 25. September 2013
KStA v. 25. September 2013
Thema: Grüne
12. September 13 | Autor: antoine favier | 4 Kommentare | Kommentieren
2009, ich war erst vor wenigen Monaten nach Frechen gezogen, erlebte ich meinen ersten Bundestagswahlkampf in Frechen. Die Grünen standen vor der Sparkasse und als allererstes bekam ich einen Spucki in die Hand gedrückt. Ein ganz alter Spucki: ich solle auf meine dicke Karre verzichten, wurde ich damit aufgefordert. Der Spucki war schon etwas verfärbt und machte den Eindruck, als stamme er noch aus dem Wahlkampffundus längst vergangener Tage.
Der Spucki kam mir jetzt wieder in den Sinn, da die grüne Forderung nach einem Veggie-Day allumfassend zerissen wird. Es ist ja schon überraschend, zu welchen Entgleisungen dieser Vorschlag einlädt. Als Ökofaschisten werden sie beschimpft, Herr Brüderle will sich von den Grünen nicht sein Kotelett vom Teller nehmen lassen und auch andere WahlkämpferInnen sind sich für dünne Scherze nicht zu schade.
Man muss nun nicht hingehen und versuchen, die Idee des Veggie-Days schöner zu verpacken, in defensiver Manier auf die Freiwilligkeit hinweisen oder ähnliches. Man muss vielmehr die Grundsatzidee politisch zu vermitteln versuchen, die sich im Veggie-Day verbirgt.
Im Veggie-Day steckt weiterhin und immer noch eine grüne Grundidee: die Idee des ökologischen Verzichts. Wer auf den dicken Karren verzichtet, schützt die Umwelt, wer auf Flugreisen verzichtet, schützt die Umwelt, wer seinen Fleischkonsum reduziert, schützt die Umwelt und nützt im besten Falle Menschen in den Hungerregionen der Welt, da deren leere Mägen mit dem Hunger der für die reichen Ländern produzierten Schlachttiere konkurrieren.
Richtig, die Grünen der 80er haben uns noch erklärt, dass wir die Welt nur von unseren Enkeln geerbt haben und haben die damals nicht falsche und heute immer noch richtige Schlussfolgerung gezogen, dass die Art und Weise der kapitalistischen (auch der „sozialistischen“) Produktion diese Leihgabe zerstört. Damals entstand daraus die Idee, dass der Einzelne durch Verzicht sein Scherflein dazu beitragen kann, das Ausmaß der Zerstörung zu begrenzen.
Es gab daneben bei den Grünen immer auch die Ideen der staatlichen Lenkung: Der Liter Benzin für 5 Mark war mal eine Forderung, Flugbenzinbesteuerung eine andere. Wer im grünen Fundus gräbt, wird noch viele dieser Ideen finden. Hier wird das Steuerrecht dazu benutzt, unerwünschtes gesellschaftliches Verhalten zu verteuern und damit unattraktiv zu machen. Die Erhöhung der Tabaksteuer folgt dieser Logik und ist vermutlich das einfachste Mittel, um Menschen vom Glimmstengel weg zubringen.
Aber, das mit den Steuern ist eher ein sozialdemokratischer Ansatz: gesellschaftliche Änderung mittels staatlicher Regulierung. Die Grünen sind an dieser Stelle individualistischer unterwegs: die grüne Idee lautete ja immer auch: Nicht auf die anderen warten, vorausgehen, zur Not auch alleine, zeigen, dass die Gesellschaft verändert werden kann. Die aktuellen grünen Wahlplakate knüpfen daran an. Das zum Veggie-Day passende Wahlplakat erklärt: „Mit Essen spekulier’ ich nicht“ – „und Du?“
In dem „und Du?“ steckt die Aufforderung, selber aktiv zu werden, nicht auf Vatern Staat, Angie oder sonst wen zu warten.
Hierher gehört der grüne Verzichtdiskurs, der bei den Vertretern des „Weiter so“ so schlecht ankommt, denn Verzicht, das schadet dem Bruttosozialprodukt, Verzicht, das ist spießig, Verzicht ist uncool und so was von unsexy. Und man kann sich darüber so herrlich lustig machen.
Dabei, hat sich in den letzten 20 Jahren so viel verändert? Vermutlich nicht, unsere individuellen Einflussmöglichkeiten sind überschaubar, die staatliche Regulierung erscheint auch suboptimal, erinnert sei an die von der CDU groß angekündigte Energiewende, die sich für uns bisher nur in höheren Strompreisen auszuwirken scheint.
Vor diesem Hintergrund erscheint der individuelle Verzicht als eigenständige politische Strategie nicht unbedingt schlecht abzuschneiden:
Wir können weniger Autofahren, weniger Strom verbrauchen, weniger Fleisch essen. Wissend, dass solche Entscheidungen nur Veränderungen bewirken, wenn viele mitmachen. JedeR für sich und alle zusammen. Graswurzelrevolution hieß das früher mal.
Blöd nur, dass selbst bei den Grünen die Idee des Verzichts und seiner politischen Wirkung nicht mehr präsent zu sein scheint. Dabei, man sollte mal wieder daran erinnern: es war ein Buch, dass zum globalen Verzicht aufrief, das neben anderen gesellschaftlichen Entwicklungen, massiv dazu beigetragen hat, die grüne Bewegung in Deutschland zu befördern. Das Buch hieß: „Die Grenzen des Wachstums“ herausgegeben vom Club of Rome, der schon 1972 dazu aufrief,
Der Spucki kam mir jetzt wieder in den Sinn, da die grüne Forderung nach einem Veggie-Day allumfassend zerissen wird. Es ist ja schon überraschend, zu welchen Entgleisungen dieser Vorschlag einlädt. Als Ökofaschisten werden sie beschimpft, Herr Brüderle will sich von den Grünen nicht sein Kotelett vom Teller nehmen lassen und auch andere WahlkämpferInnen sind sich für dünne Scherze nicht zu schade.
Man muss nun nicht hingehen und versuchen, die Idee des Veggie-Days schöner zu verpacken, in defensiver Manier auf die Freiwilligkeit hinweisen oder ähnliches. Man muss vielmehr die Grundsatzidee politisch zu vermitteln versuchen, die sich im Veggie-Day verbirgt.
Im Veggie-Day steckt weiterhin und immer noch eine grüne Grundidee: die Idee des ökologischen Verzichts. Wer auf den dicken Karren verzichtet, schützt die Umwelt, wer auf Flugreisen verzichtet, schützt die Umwelt, wer seinen Fleischkonsum reduziert, schützt die Umwelt und nützt im besten Falle Menschen in den Hungerregionen der Welt, da deren leere Mägen mit dem Hunger der für die reichen Ländern produzierten Schlachttiere konkurrieren.
Richtig, die Grünen der 80er haben uns noch erklärt, dass wir die Welt nur von unseren Enkeln geerbt haben und haben die damals nicht falsche und heute immer noch richtige Schlussfolgerung gezogen, dass die Art und Weise der kapitalistischen (auch der „sozialistischen“) Produktion diese Leihgabe zerstört. Damals entstand daraus die Idee, dass der Einzelne durch Verzicht sein Scherflein dazu beitragen kann, das Ausmaß der Zerstörung zu begrenzen.
Es gab daneben bei den Grünen immer auch die Ideen der staatlichen Lenkung: Der Liter Benzin für 5 Mark war mal eine Forderung, Flugbenzinbesteuerung eine andere. Wer im grünen Fundus gräbt, wird noch viele dieser Ideen finden. Hier wird das Steuerrecht dazu benutzt, unerwünschtes gesellschaftliches Verhalten zu verteuern und damit unattraktiv zu machen. Die Erhöhung der Tabaksteuer folgt dieser Logik und ist vermutlich das einfachste Mittel, um Menschen vom Glimmstengel weg zubringen.
Aber, das mit den Steuern ist eher ein sozialdemokratischer Ansatz: gesellschaftliche Änderung mittels staatlicher Regulierung. Die Grünen sind an dieser Stelle individualistischer unterwegs: die grüne Idee lautete ja immer auch: Nicht auf die anderen warten, vorausgehen, zur Not auch alleine, zeigen, dass die Gesellschaft verändert werden kann. Die aktuellen grünen Wahlplakate knüpfen daran an. Das zum Veggie-Day passende Wahlplakat erklärt: „Mit Essen spekulier’ ich nicht“ – „und Du?“
In dem „und Du?“ steckt die Aufforderung, selber aktiv zu werden, nicht auf Vatern Staat, Angie oder sonst wen zu warten.
Hierher gehört der grüne Verzichtdiskurs, der bei den Vertretern des „Weiter so“ so schlecht ankommt, denn Verzicht, das schadet dem Bruttosozialprodukt, Verzicht, das ist spießig, Verzicht ist uncool und so was von unsexy. Und man kann sich darüber so herrlich lustig machen.
Dabei, hat sich in den letzten 20 Jahren so viel verändert? Vermutlich nicht, unsere individuellen Einflussmöglichkeiten sind überschaubar, die staatliche Regulierung erscheint auch suboptimal, erinnert sei an die von der CDU groß angekündigte Energiewende, die sich für uns bisher nur in höheren Strompreisen auszuwirken scheint.
Vor diesem Hintergrund erscheint der individuelle Verzicht als eigenständige politische Strategie nicht unbedingt schlecht abzuschneiden:
Wir können weniger Autofahren, weniger Strom verbrauchen, weniger Fleisch essen. Wissend, dass solche Entscheidungen nur Veränderungen bewirken, wenn viele mitmachen. JedeR für sich und alle zusammen. Graswurzelrevolution hieß das früher mal.
Blöd nur, dass selbst bei den Grünen die Idee des Verzichts und seiner politischen Wirkung nicht mehr präsent zu sein scheint. Dabei, man sollte mal wieder daran erinnern: es war ein Buch, dass zum globalen Verzicht aufrief, das neben anderen gesellschaftlichen Entwicklungen, massiv dazu beigetragen hat, die grüne Bewegung in Deutschland zu befördern. Das Buch hieß: „Die Grenzen des Wachstums“ herausgegeben vom Club of Rome, der schon 1972 dazu aufrief,
„neue Denkgewohnheiten zu entwickeln, die zu einer grundsätzlichen Änderung menschlichen Verhaltens und damit auch der Gesamtstruktur der gegenwärtigen Gesellschaft führen. [...] Zum erstenmal ist es lebensnotwendig, nach dem Preis unbeschränkten materiellen Wachstums zu fragen und Alternativen zu suchen, die dieses Wachsen nicht endlos fortsetzen.“Es geht also nicht (nur) um das Kotelett des Herrn Brüderle, es geht immer noch darum, in was für einer Welt unsere Enkelkinder werden leben müssen. Man kann nur hoffen, das die Brüderles der Welt dann weniger zu sagen haben. Schöne wäre es, das würde schon bei dieser Wahl gelingen.