Montag, 29. Februar 2016
In der kommenden Sitzung des Rates am 08.03.2016 wird zentral über die weitere Unterbringung von Flüchtlingen in Frechen beraten.

In der städtischen Vorlage wird darüber unterrichtet, wo zukünftig Flüchtlinge untergebracht werden können und sollen.
Nun müssen bis Ende 2016, davon geht die Stadt derzeit aus, rund 1.600 Flüchtlingen dauerhaft untergebracht werden.

Festgezurrt ist im Grunde folgende Situation:
600 Flüchtlinge kommen auf dem Herbertkaul unter. 80 in Habbelrath, 220 in der Turnhalle des Gymnasiums und 180 Flüchtlinge in der Georg-Berger-Halle in Königsdorf. Weitere 450 Flüchtlinge seien dezentral untergebracht.

Die weiteren Planungen besagen, dass 500 Flüchtlingen am Rosmarweg am Westende der Grube Carl untergebracht werden sollen und eine Handvoll in der alten Straßenmeisterei am Neuen Weg. 100 Flüchtlingen können neben der Willi-Giesen-Halle in Habbelrath untergebracht werden.
Als weitere Optionen werden der Parkplatz an der Matthiasstraße gehandelt, Flächen am Ende des Grefrather Wegs (Grube Carl) und ein Fläche an der Rosmarstraße.

Erstaunlich ist irgendwie, dass es Stadtteile gibt, die trotz gravierender Notlage von den neuen Planungen über die dauerhafte Unterbringung der Flüchtlinge rechtschaffen wenig mitbekommen:

Bachem,
Buschbell
und, wer hätte es gedacht: Königsdorf.

Nun lebt in Königsdorf knapp ein Viertel der städtischen Bevölkerung. Da sollte man meinen, dass entsprechend rund 25% der Flüchtlinge untergebracht werden sollten. Bei 1600 Flüchtlingen bis Ende 2016 müsste Königsdorf 400 Flüchtlinge unterbringen. Es sind aber bisher nur 180 in der Turnhalle.

In Bachem wohnen 10% der Frechener Einwohner. Welchen Anteil leistet Bachem? Die gleiche Frage kann man in Bezug auf Buschbell stellen.

Und nun nehmen wir mal als kleines Beispiel den Stadtteil Grube Carl. Aktuell leben vielleicht 40 Flüchtlinge am Rosmarer Weg. Das ist keine große Leistung bei einer Einwohnerzahl von gut 2.000 Einwohnern. Wird aber das Projekt Rosmarer Weg umgesetzt, dann besteht der Stadtteil zu knapp einem Viertel aus Flüchtlingen.

Vor einigen Tagen wurde im Hauptausschuss über den Flüchtlingsstandort Herbertskaul diskutiert. Dabei hat die Verwaltung diesen Standort in den Himmel gelobt, da es eine Vielzahl von sozialen Strukturen gäbe, um die Flüchtlingen zu integrieren. Wir lauschen ergriffen der Stimme der Verwaltung:
Von Seiten der Verwaltung wird der Sozialraum Burgstraße entgegen der geäußerten Bedenken als in Bezug auf Soziale- sowie Bildungsinfrastruktur besonders gut ausgestatteter Sozialraum gesehen. Sowohl die nahe Versorgung mit Kindergartenplätzen, die unmittelbare Grundschule sowie andere, bereits vorhandene Strukturen, ermöglichen ad hoc eine bessere soziale Versorgung (…) Des Weiteren bietet der direkt angrenzende Abenteuerspielplatz Optionen für die Betreuung von Kindern sowie die Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen. Über den Abenteuerspielplatz und das Sozialraumteam hat sich in den letzten Jahren ein sehr aktives Quartiersmanagement etabliert, das bereits seit 2014 verschiedenste Events und Angebote rund um die Burgstraße durchführt. (…)
Dieser Darstellung wurde zu Recht widersprochen, denn der Herbertskaul ist ein sozialer Brennpunkt in der Stadt und alle bisherigen sozialen Maßnahmen sind notwendig, um den jetzt schon vorhandenen sozialen Problemen Herr zu werden. Die zusätzlichen Integrationsfolgen der Flüchtlingsunterbringung sind im Rahmen dieser Projekte kaum zu leisten.

Schauen wir aber auf die Grube Carl, so stellen wir fest, dass es kein Sozialraumteam gibt, dass die vorhandenen Kindergärten heute bereits voll sind und die Lindenschule, hier schon oft beklagt, nur 3-zügig ausgebaut wird (wenn wir es überhaupt noch erleben …).

Bereits vorhandene Strukturen, auf denen aufbauend die Integration zielführend geleistet werden könnte, sind nicht vorhanden. Hier wird ein Ghetto am Rande der Stadt geplant.

So kann Integration nicht funktionieren!




Montag, 22. Februar 2016
Frau Stupp hat ein Interview gegeben. Nach rund 100 Tagen im Amt der Bürgermeisterin der Stadt Frechen.

Wir zitieren hier nur eine Stelle:
Was muss geschehen, um die Flüchtlingspolitik in der Stadt weiterhin erfolgreich zu meistern?

Es muss eine bessere Planungssicherheit geben vom Land und von der Bezirksregierung. Man könnte sich dann besser darauf einstellen. Außerdem haben wir bis heute noch keine Kosten zurückbekommen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in die Kassenkredite rutschen. Vielleicht müssen wir auch andere Vorhaben zeitlich schieben, nicht die Johannesschule, aber eventuell die Lindenschule, dass sie ein Jahr später umzieht.
Dieser Interview ist mit großer Wahrscheinlichkeit vor der Sitzung des Hauptausschusses geführt worden.

Welche Schlussfolgerungen können wir ziehen:

a.) wenn das Geld knapp wird, dann werden Investitionsmaßnahmen gestreckt.
b.) wenn Investitionsmaßnahmen gestreckt werden müssen, dann überall nur nicht in Königsdorf.
c.) wenn Investitionsmaßnahmen gestreckt werden müssen, dann trifft es halt mal wieder die Lindenschule.

Und: Im Hauptausschuss wurde die Bürgermeisterin gefragt, ob die Verwaltung einen Zeitplan habe, wann die Lindenschule denn dann umziehen könne. Weder die Verwaltung noch die Bürgermeisterin waren bereit, hierzu Auskunft zu erteilen.

Was dann doch nur heißen kann: die Lindenschule kann warten und das mit dem einen Jahr, darauf sollte man besser nichts geben. Das war wohl nur so dahingesagt ... klingt halt irgendwie besser.




Freitag, 12. Februar 2016
Die wenigsten werden mit diesem Begriff etwas anzufangen wissen, aber bei anderen klingelt vielleicht noch ein kleines Glöckchen.

Indemnität?

Bismarck??

Genau, unser späterer Reichskanzler, hatte zwischen 1862 und 1866 gegen das von Liberalen beherrschte preußische Parlament ohne Haushalt regiert. In dieser Zeit hatte er eine Heeresreform gegen den Willen des Parlaments durchgeführt und ohne Bewilligung entsprechender Haushaltsmittel Krieg gegen Österreich und Dänemark geführt.
Nach dem erfolgreichen Kriegszug gegen Österreich ließ er per Gesetz sein verfassungswidriges Handeln vom Parlament mit der sogenannten Indemnitätsvorlage absegnen.

Vergleichbares können wir am kommenden Dienstag im Frechener Hauptausschuss beobachten, wenn dieser aufgefordert wird,
„die Entscheidung der Verwaltung zur Errichtung einer Flüchtlingsunterkunft auf dem Gelände des Sportparks Herbertskaul zu bestätigen (…).“
Vorher aber musste die Verwaltung einräumen, dass ihr bisheriges Vorgehen via Dringlicher Entscheidung, die Flüchtlingen am Herbertskaul unterzubringen und hierfür eine Containeranlage zu bestellen in dieser Form nicht hätte erfolgen dürfen. Die Gemeindeordnung kennt das Instrument der Dringlichen Entscheidung nur für Notlagen. Das Vorgehen war somit nicht rechtens.

Grundsätzlich muss die Entscheidung, wo Flüchtlingen untergebracht werden sollen, vom Rat getroffen werden, da er, wie es so schön heißt, allzuständig ist.. Eine Entscheidungsbefugnis der Bürgermeisterin, ohne Beschluss des Rates zu handeln, war also nicht gegeben.

Mit anderen Worten: der HPFA soll das rechtswidrige Verhalten der Verwaltung mit einem nachträglichen Votum „heilen“.

Was jedoch insgesamt verwundert, ist die Tatsache, dass es nur der kleinen Fraktion der „Linken“ aufgefallen ist, dass die Verwaltung sich über die Regelungen der Gemeindeordnung hinwegsetzt und die Rechte der gewählten VertreterInnen massiv beschneidet.

Und auch jetzt will die Verwaltung, mit dem Verweis darauf, dass bei der Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zukünftig Entscheidungen unter „erheblichem Zeitdruck“ getroffen werden müssen, diese Entscheidungen nicht im Rat diskutieren lassen, sondern sie sollen nur im Hauptausschuss behandelt werden. Das ist zwar allemal besser als bisher, aber wirklich befriedigend ist diese Lösung nicht, denn über Entscheidungen dieser Tragweite sollte denn doch der Rat in seiner Gesamtheit befinden.

Es ist zu hoffen, dass neben der Fraktion der „Linken“ auch die anderen Fraktionen sich ihrer Verantwortung gegenüber der kommunalen Öffentlichkeit bewusst sind und darauf bestehen, dass solch weitreichenden Entscheidungen im Rat und unter breiter Beteiligung der Öffentlichkeit zu diskutieren sind.




Dienstag, 26. Januar 2016
Die Stadt Frechen will eine alternative Nutzung von Teilen der Sportanlage Herbertskaul. Sie will dort bis zu 450 Flüchtlinge in rund 70 Containern unterbringen. Jetzt ist die Stadt Hamburg im vergangenen Jahr an einer kleinen rechtlichen Frage gescheitert. Sie wollen in dem Stadtteil Klein-Borstel 700 Flüchtlinge in zwei noch zu errichtenden Unterkünften unterbringen. Die Anwohner hatten dagegen geklagt und Recht bekommen.

Die Begründung müsste auch die hiesige Stadtverwaltung aufschrecken: es existiert kein Baurecht für die zu bebauende Fläche.

Da erhebt sich doch die berechtigte Frage, ob es denn ein Baurecht für die Sportanlage Herbertskaul gibt, oder ob sich die Stadt mit ihrem Vorgehen nicht massiv angreifbar gemacht hat.

Zum Nachlesen

Auch das Thema Verteilungsgerechtigkeit, also die Frage, wie Flüchtlinge auf die verschiedenen Stadtteile verteilt werden, war ja die letzten Tage in der Presse. Drei Essener Ortsvereine wollten mit einer Demo darauf aufmerksam machen, dass die Stadt Essen Flüchtlinge vorzugsweise in den armen und sozial sowieso benachteiligten nördlichen Stadtteilen unterbringt. Die drei SPD-Ortsvereine beklagten, dass die betroffenen Stadtteile mit dieser Integrationsleistung überfordert seien und verlangten, dass die bürgerlichen Stadtteile Essens gleichermaßen gefordert seien. Die Demo wurde abgesagt, das Problem bleibt.
Dass es keine gute Idee ist, Problem-Stadtteile noch zusätzlich mit besonders vielen Flüchtlingen zu belasten, betont der Bochumer Professor für Stadt- und Regionalpolitik, Jörg Bogumil. „Die Unterbringung von Flüchtlingen in Stadtteilen mit geringeren sozialen Problemen ist wesentlich unproblematischer. Da fühlt sich keiner bedroht.“ Die Kommunen stünden allerdings unter Druck, möglichst schnell Lösungen zu finden, weiß Bogumil auch um deren Probleme.
Auch für Frechen stellt sich natürlich die Frage, warum 600 Flüchtlinge im eh benachteiligten Stadtteil Herbertskaul untergebracht werden. Bezogen auf die Einwohnerzahl müssten in Königsdorf rund 40% aller Flüchtlinge mit Bleiberecht untergebracht werden.

Man darf gespannt sein, ob die Stadt Frechen die Verteilung der Flüchtlinge auf die Stadtteile offen legt.