Thema: Opposition
Im Gewerbegebiet Krankenhausstraße sollen LKW-Stellplätze eingerichtet werden.
Wozu?
Damit LKW-Fahrer dort ihre Fahrzeuge parken können und dort übernachten, ihre Wochenenden verbringen, ihre Ruhezeiten einhalten.

Und warum?
Das kann uns Thomas Okos von der CDU-Fraktion erklären:
"Es geht auch um eine soziale Frage. (...) Lastwagenfahrer, die bspw. aus Osteuropa kommen, am Existenzminimum lebten, sich kostenpflichtige Parkplätze nicht leisten können und doch verpflichtet sind, ihre Ruhezeiten einzuhalten, seien in einer schwierigen Lage."
(KStA v. 16.09.2021)

Da sind jetzt mehrere Dinge zurecht zu rütteln.
Warum kommen die LKW-Fahrer aus Osteuropa und warum leben sie am Existenzminimum, so dass sie sich nicht einmal einen kostenpflichtigen Parkplatz leisten können?

Es gibt strukturelle Antworten, die die CDU aber gar nicht erörtern will.

Der globalisierte Kapitalismus ist auf möglichst billige Transportdienstleistungen angewiesen und unsere ach so soziale Marktwirtschaft regelt das im Sinne der wirtschaftlich Stärksten, also in dem hier zu erörternden Fall im Sinne der deutschen Wirtschaft und uns VerbraucherInnen, die wir hier leben und arbeiten. Denn eben unser Lebensstandard, unser Konsum basiert auf der Ausbeutung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in wirtschaftlich schwächeren Ländern.
(Hier ein weiteres Beispiel)

Zu allererst handelt es sich um Lohndumping, denn die osteuropäischen Speditionen zahlen nicht den für in Deutschland erbrachte Arbeit vorgeschriebenen Mindestlohn. Die Speditionen gehen aber noch weiter: sie zwingen ihre Fahrer, Ruhezeiten nicht einzuhalten, Tachografen auszuschalten, Dokumente zu fälschen.

Nun sollte man aber nicht glauben, dass es irgendwelche bösen osteuropäischen Arbeitgeber sind die hier ihre Fahrer ausbeuten, das tun sie, aber oft genug im Auftrag westeuropäischer Transportunternehmen, die entweder lukrative Kooperationen mit osteuropäischen Speditionen eingehen oder zwischenzeitlich selber Speditionen in Osteuropa gegründet haben und so deutsche Arbeitslöhne und Sozialstandards aushebeln.

Dirk Kitzel, seines Zeichens ehemaliger Stadtrat für die CDU, hat am Ende natürlich recht, wenn er auf Facebook schreibt: "Jeder will seine Waren direkt ins Haus", denn vom Ende der Lieferkette her gedacht ist es das, was alleine zählt, dass Waren möglichst preiswert und just in time an einem bestimmten Punkt angeliefert werden. Vor der Ausbeutung osteuropäischer Arbeitnehmer, die sich zwischen Anfang und Ende der Lieferkette abspielt, verschließt man lieber die Augen.

LKW-Stellplätze in Gewerbegebieten sind damit keine soziale Wohltat für die Armen dieser Welt, sondern unterstützen eben diese Ausbeutungsverhältnisse. Dringender wären verstärkte Kontrollen von LKWs und Fahrern, schärfere Gesetze gegen Speditionen und weniger Marktderegulierung.