Thema: Inklusion
18. November 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Am vergangenen Donnerstag hat der Schuldezernent der Stadt Frechen über den Stand der Inklusion in Frechen referiert. Anscheinend waren die anwesenden Pressevertreter mit dem Thema nicht wirklich vertraut. Anders ist die Presseberichterstattung nicht zu erklären, denn es wimmelt nur so von falschen Aussagen.
Beginnen wir mit dem Thema der „Inklusionsquote“ (KStA), der „Zielvorgabe“ (KR). Beide Artikel vermitteln den Eindruck, es gäbe einen bestimmten Inklusionswert zu erreichen, eine Zielvorgabe eine Quote. So „… gibt die Landesregierung vor, dass bis 2017 mindestens die Hälfte der Kinder mit Handicap eine Regelschule besuchen sollen.“ Schreibt die Rundschau schön und falsch. Dem ist nicht so. Es gibt eine Schätzung des Schulministeriums, die besagt, dass das Ministerium damit rechnet, dass bis 2017 jedes 2. Kind mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf die Regelschule besuchen wird. Eine Schätzung. Keine Quote und kein Ziel. Wenn es denn eine Zielvorgabe gibt, so ergibt diese sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention, die da besagt, dass jedes Kind das Recht auf den Besuch der Regelschule hat.
Ergänzend wird in den Berichten lobend erwähnt, dass Frechen die nicht vorhandene Quote zu 47% erfülle. Hier hätte man besser hinter die Zahl schauen müssen, hätte differenzieren müssen. Denn das hätte dazu geführt, dass man vielleicht hätte lesen könnte, dass insbesondere die Frechener Grundschule im alten Modell des „Gemeinsamen Unterrichts“ viel getan haben, worauf Inklusion sinnvoll aufbauen kann. Ebenso hat die Hauptschule sich des Themas früh angenommen. Realschule und Gymnasium jedoch waren bis zum vergangenen Schuljahr im Grunde inklusionsfreie Zonen.
Eine weitere Differenzierung würde ergeben, dass nur bestimmte Förderbedarfe an den Frechener Schulen bisher untergekommen sind, andere aber vollkommen fehlen. Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Diese Informationen kann man verknüpfen und dann ergeben sich Folgefragen:
1. Frage:
Auf welchen Regelschulen sollen die vielen Kinder unterkommen, die im „gemeinsamen Unterricht“ der Grundschulen untergekommen sind? Die Verwaltung hat keine Rechte mehr, diese Kinder zwangsweise einer Förderschule zuzuweisen, wie dies bis vor 2 Jahren noch der Regelfall war.
2. Frage:
Wo sind an Frechener Schulen die Kinder, die Rollstühle angewiesen sind? Sind unsere Schulen überhaupt behindertengerecht ausgebaut?
Kommen wir zum nächsten Punkt, der sich dem Verständnis der Presse komplett entzogen hat: Die Kölner Schulbaurichtlinie. Diese definiert ein inklusionskonformes Raumangebot für Schulen.
Mit einem 2011 gefällten Ratsbeschluss hat sich die Stadt verpflichtet, bei Neubauten diese Richtlinie zur Anwendung zu bringen. Diese Richtlinie geht über eine ältere Landesrichtlinie hinaus, die zu einem Zeitpunkt entstand, als behinderte Kinder zwangsweise und qua Amt Förderschulen zugewiesen wurden. Der in dieser Richtlinie definierte Raumbedarf kannte nur das problemfreie Normalkind.
Das Land hat nun keine neue Richtlinie erlassen. Auch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz macht hierzu keine Vorgaben. Das Gesetz muss dies aber auch nicht, denn Bauliches wurde schon immer außerhalb des Schulgesetzes geregelt.
Völlig falsch also bspw. diese Aussage: „Frechen richtet sich nach der Kölner Schulbaurichtlinie, deren Ziele … weitestgehend bereits erreicht sind.“(KR), oder diese: „Auch in der Schulraumversorgung steht Frechen gut da. Weil sich Frechen an den großzügigen Kölner Schulbau-Richtlinien orientiere.“ (KStA). Aktuell gibt es noch keine einzige Frechener Schule, die den Anforderungen der Kölner Schulbaurichtlinie auch nur im Ansatz entspricht. Ein Antrag der Schulpflegschaften der Grundschulen, den Stand des behindertengerechten Ausbaus der Schulen zu dokumentieren, wodurch das Defizit des Frechener Schulbaus in diesem Bereich zu Tage gefördert worden wäre, hat der Schuldezernent abgelehnt zu behandeln.
Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Trotzdem
3. Frage:
Warum wohl?
Ebenso falsch die Darstellung zur Zukunft der Förderschulen. Fakt ist, dass es eine Richtlinie gibt, wie groß Förderschulen zu sein haben, um weiter existieren zu dürfen. Richtlinien, die es für Regelschulen auch gibt. Hier im Rhein-Erft-Kreis nun sind insbesondere die Förderschulen in kommunaler Trägerschaft extrem klein. Zu klein, um weiter zu existieren. Die kommunalen Förderschulen werden in ihrer bisherigen Form nicht überleben. „Allerdings lässt sich im gesamten Kreis bei einer geforderten Mindestgröße von 144 Schülern langfristig keine einzige Förderschule mehr halten“, so schreibt die Rundschau. Was einfach falsch ist. Es gibt im Kreis keine Förderschule in kommunaler Trägerschaft, die die in der Richtlinie formulierten Mindestgrößen erreicht, aber es gibt Förderschulen in der Trägerschaft des Kreises. Diese erreichen die geforderten Mindestgrößen meistens.
Man hätte genauer fragen können. Aber man muss es nicht.
In den Artikeln wird nun aber so getan, als sei die geänderte Landesrichtlinie schuld am Förderschulsterben. Ursächlich ist aber der Elternwille. Früher wurden die Kinder zwangsweise und, ich wiederhole mich, qua Amt, auf Förderschulen verwiesen. Heute zählt der Elternwille. Die Eltern wollen ihre Kinder nicht mehr auf Förderschulen sehen. Also schrumpfen die Förderschulen. Irgendwann sind sie nicht mehr lebensfähig. Also müssen sie geschlossen werden. Die Richtlinie hat nur verdeutlicht, dass die Unmenge vorhandener Miniaturschulen eine unsinnige Geldverschwendung bedeuten.
Wie schreibt der Stadtanzeiger: „Vor diesem Hintergrund ist offen, ob bei einem Rückgang der Schülerzahlen an der Anne-Frank-Förderschule diese geschlossen werden muss.“ Zu ihren besten Zeiten bspw. hatte die kommunale Anne-Frank-Förderschule 132 Kinder (2007/2008) laut aktueller Schulstatistik noch 75 Kinder. Es geht also nicht mehr um das „ob“ des Schülerrückgangs, denn der ist schon eingetreten. Für eine Betriebsgenehmigung als Ausnahmeregelung benötigt die Schule laut alter Richtlinie mindestens 77 Kinder. Dieser Wert ist bereits unterschritten. Auch auf Basis der alten Richtlinie muss die Schule auslaufen.
Man hätte genauer prüfen können. Aber man muss es nicht.
Beginnen wir mit dem Thema der „Inklusionsquote“ (KStA), der „Zielvorgabe“ (KR). Beide Artikel vermitteln den Eindruck, es gäbe einen bestimmten Inklusionswert zu erreichen, eine Zielvorgabe eine Quote. So „… gibt die Landesregierung vor, dass bis 2017 mindestens die Hälfte der Kinder mit Handicap eine Regelschule besuchen sollen.“ Schreibt die Rundschau schön und falsch. Dem ist nicht so. Es gibt eine Schätzung des Schulministeriums, die besagt, dass das Ministerium damit rechnet, dass bis 2017 jedes 2. Kind mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf die Regelschule besuchen wird. Eine Schätzung. Keine Quote und kein Ziel. Wenn es denn eine Zielvorgabe gibt, so ergibt diese sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention, die da besagt, dass jedes Kind das Recht auf den Besuch der Regelschule hat.
Ergänzend wird in den Berichten lobend erwähnt, dass Frechen die nicht vorhandene Quote zu 47% erfülle. Hier hätte man besser hinter die Zahl schauen müssen, hätte differenzieren müssen. Denn das hätte dazu geführt, dass man vielleicht hätte lesen könnte, dass insbesondere die Frechener Grundschule im alten Modell des „Gemeinsamen Unterrichts“ viel getan haben, worauf Inklusion sinnvoll aufbauen kann. Ebenso hat die Hauptschule sich des Themas früh angenommen. Realschule und Gymnasium jedoch waren bis zum vergangenen Schuljahr im Grunde inklusionsfreie Zonen.
Eine weitere Differenzierung würde ergeben, dass nur bestimmte Förderbedarfe an den Frechener Schulen bisher untergekommen sind, andere aber vollkommen fehlen. Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Diese Informationen kann man verknüpfen und dann ergeben sich Folgefragen:
1. Frage:
Auf welchen Regelschulen sollen die vielen Kinder unterkommen, die im „gemeinsamen Unterricht“ der Grundschulen untergekommen sind? Die Verwaltung hat keine Rechte mehr, diese Kinder zwangsweise einer Förderschule zuzuweisen, wie dies bis vor 2 Jahren noch der Regelfall war.
2. Frage:
Wo sind an Frechener Schulen die Kinder, die Rollstühle angewiesen sind? Sind unsere Schulen überhaupt behindertengerecht ausgebaut?
Kommen wir zum nächsten Punkt, der sich dem Verständnis der Presse komplett entzogen hat: Die Kölner Schulbaurichtlinie. Diese definiert ein inklusionskonformes Raumangebot für Schulen.
Mit einem 2011 gefällten Ratsbeschluss hat sich die Stadt verpflichtet, bei Neubauten diese Richtlinie zur Anwendung zu bringen. Diese Richtlinie geht über eine ältere Landesrichtlinie hinaus, die zu einem Zeitpunkt entstand, als behinderte Kinder zwangsweise und qua Amt Förderschulen zugewiesen wurden. Der in dieser Richtlinie definierte Raumbedarf kannte nur das problemfreie Normalkind.
Das Land hat nun keine neue Richtlinie erlassen. Auch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz macht hierzu keine Vorgaben. Das Gesetz muss dies aber auch nicht, denn Bauliches wurde schon immer außerhalb des Schulgesetzes geregelt.
Völlig falsch also bspw. diese Aussage: „Frechen richtet sich nach der Kölner Schulbaurichtlinie, deren Ziele … weitestgehend bereits erreicht sind.“(KR), oder diese: „Auch in der Schulraumversorgung steht Frechen gut da. Weil sich Frechen an den großzügigen Kölner Schulbau-Richtlinien orientiere.“ (KStA). Aktuell gibt es noch keine einzige Frechener Schule, die den Anforderungen der Kölner Schulbaurichtlinie auch nur im Ansatz entspricht. Ein Antrag der Schulpflegschaften der Grundschulen, den Stand des behindertengerechten Ausbaus der Schulen zu dokumentieren, wodurch das Defizit des Frechener Schulbaus in diesem Bereich zu Tage gefördert worden wäre, hat der Schuldezernent abgelehnt zu behandeln.
Man könnte fragen warum. Aber man muss nicht.
Trotzdem
3. Frage:
Warum wohl?
Ebenso falsch die Darstellung zur Zukunft der Förderschulen. Fakt ist, dass es eine Richtlinie gibt, wie groß Förderschulen zu sein haben, um weiter existieren zu dürfen. Richtlinien, die es für Regelschulen auch gibt. Hier im Rhein-Erft-Kreis nun sind insbesondere die Förderschulen in kommunaler Trägerschaft extrem klein. Zu klein, um weiter zu existieren. Die kommunalen Förderschulen werden in ihrer bisherigen Form nicht überleben. „Allerdings lässt sich im gesamten Kreis bei einer geforderten Mindestgröße von 144 Schülern langfristig keine einzige Förderschule mehr halten“, so schreibt die Rundschau. Was einfach falsch ist. Es gibt im Kreis keine Förderschule in kommunaler Trägerschaft, die die in der Richtlinie formulierten Mindestgrößen erreicht, aber es gibt Förderschulen in der Trägerschaft des Kreises. Diese erreichen die geforderten Mindestgrößen meistens.
Man hätte genauer fragen können. Aber man muss es nicht.
In den Artikeln wird nun aber so getan, als sei die geänderte Landesrichtlinie schuld am Förderschulsterben. Ursächlich ist aber der Elternwille. Früher wurden die Kinder zwangsweise und, ich wiederhole mich, qua Amt, auf Förderschulen verwiesen. Heute zählt der Elternwille. Die Eltern wollen ihre Kinder nicht mehr auf Förderschulen sehen. Also schrumpfen die Förderschulen. Irgendwann sind sie nicht mehr lebensfähig. Also müssen sie geschlossen werden. Die Richtlinie hat nur verdeutlicht, dass die Unmenge vorhandener Miniaturschulen eine unsinnige Geldverschwendung bedeuten.
Wie schreibt der Stadtanzeiger: „Vor diesem Hintergrund ist offen, ob bei einem Rückgang der Schülerzahlen an der Anne-Frank-Förderschule diese geschlossen werden muss.“ Zu ihren besten Zeiten bspw. hatte die kommunale Anne-Frank-Förderschule 132 Kinder (2007/2008) laut aktueller Schulstatistik noch 75 Kinder. Es geht also nicht mehr um das „ob“ des Schülerrückgangs, denn der ist schon eingetreten. Für eine Betriebsgenehmigung als Ausnahmeregelung benötigt die Schule laut alter Richtlinie mindestens 77 Kinder. Dieser Wert ist bereits unterschritten. Auch auf Basis der alten Richtlinie muss die Schule auslaufen.
Man hätte genauer prüfen können. Aber man muss es nicht.