Thema: Inklusion
Der Pionier der Euthanasieforschung ist tot. Er starb am 18.05.2013 in Frankfurt an einer schweren Krebserkrankung.
1983 veröffentlichte Ernst Klee das Standardwerk zum nationalsozialistischen Krankenmord: „Euthanasie im NS-Staat. Die Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Auch 30 Jahre nach dem ersten Erscheinen ist es, regelmäßig erweitert und ergänzt, das Standardwerk zu diesem Thema.


Noch 1964 schrieb die ZEIT über ein Büchlein* eine kurze Notiz die folgendermaßen eingeleitet wurde:
Es gibt noch keine auf eingehender Forschung beruhende geschichtliche Gesamtdarstellung der sogenannten Euthanasie. Bis diese Geschichte geschrieben werden kann, wird noch einige Zeit vergehen (…)
Es bedurfte weiterer 20 Jahre und eines Ernst Klee, bis diese Lücke erstmalig gefüllt wurde.
Was wir heute zu diesem Thema wissen, verdankt die deutsche Gesellschaft ihm, auch dadurch, dass er die nachfolgende akademische Forschung angeregt hat.
Und er hat, aller Wissenschaftlichkeit zum Trotz, niemals die Subjekte seines Interesses aus den Augen verloren: die behinderten Menschen und ihr Recht auf ihre Eigenarten, die in ihrer Andersartigkeit die Vielfalt menschlicher Entwicklungsmöglichkeiten repräsentieren.
Nie wieder, so kann man Ernst Klee verstehen, wollte er ein solches Zitat hören:
Das Dilemma der Behindertenhilfe besteht hauptsächlich darin, daß eine bessere Behandlung und Betreuung der Behinderten die Lebenserwartung dieser Mitmenschen erhöht und so die Zahl der Behinderten ansteigen läßt.“
So sprach der der Humangenetiker Ernst Wendt, Vorsitzende der „Stiftung für das behinderte Kind“ von 1974 bis 1979,
„treffender müßte es heißen: gegen das behinderte Kind„,
der Begründer der modernen genetischen Beratung, der seine wissenschaftliche Karriere Medizinern verdankte, die alle tief in die Eutahnasiemorde verstrickt gewesen waren, die nach 1945 bruchlos ihre Karrieren fortsetzen und versehen mit allen akademischen und gesellschaftlichen Würden beenden konnten.
* (Hans Christoph von Hase (Hg.): Evangelische Dokumente zur Ermordung der „unheilbar Kranken“ unter der nationalsozialistischen Herrschaft in den Jahren 1939–1945.)