Vom Antrag der AG Schulpflegschaften angeregt, haben Frechens Grüne in der Schulpolitik zu einer eigenständigen Stimme zurückgefunden.
"Eine neue Gesamtschule in Frechen könnte vielen Schülerinnen und Schülern eine neue Perspektive geben (…).
Miriam Erbacher, grünes Mitglied im Schulausschuss: „Das neue Schulgesetz bietet die Möglichkeit, unsere Schullandschaft völlig neu zu gestalten und für die Anforderungen der nächsten Jahrzehnte tauglich zu machen. Die Integrierte Gesamtschule ist die beste Lösung, um auf diese Herausforderungen zu reagieren.“
Die SPD hat sich in einem ersten Antrag für die Sekundarschule und gegen eine Gesamtschule ausgesprochen:
„Die Sekundarschule ist eine neue Schulform, die es der Stadt Frechen als Schulträger erlauben würde, dem Elternwunsch nach längerem gemeinsamen Lernen nachzukommen und die so flexibel ist, dass ihre Integration in die Frechener Bildungslandschaft eher möglich scheint, als dies z. B. bei einer Gesamtschule der Fall wäre.“ So die SPD-Fraktion in ihrem Antrag. Und der Fraktionsvorsitzende der SPD Hans-Günter Eilenberger setzt noch einen drauf, nicht nur stehe die SPD der Sekundarschule positiv gegenüber, nein: „Inzwischen hat aber die Sekundarschule das Feld überrollt. Deshalb sehe ich da wenig Chancen.“
Da erhält das Wort „überrollen“ doch eine gänzlich neue Bedeutung … wir reden für das Schuljahr 2012/13 von rund 60 Sekundarschulen - in ganz NRW!
Das klang im Kommunalwahlprogramm der SPD im Jahr 2009 aber noch ganz anders:
„Wir werden das Gesamtschulangebot im Rhein-Erft-Kreis durch Kooperation mit Nachbarkommunen verbessern“ wurde damals erklärt. Das war im Rüttgersland sicherlich eine vernünftige Selbstbeschränkung. Vor dem Hintergrund einer rot-grünen Landesregierung jedoch wirkt es selbstvergessen und rückwärtsgewandt, wenn die neuen Optionen ungeprüft verworfen werden. [Die aktuelle Entwicklung innerhalb der SPD finden sich hier.]

Auch die CDU spricht davon, dass der NRW-Schulkonsens die Partei veranlasse, die Stadtverwaltung zu bitten, zu prüfen, ob die Sekundarschule in Frechen nicht eine sinnvolle Veränderung der Frechener Schullandschaft darstelle.
Sollte die CDU sich vertiefende Gedanken gemacht haben, so versteckt sich in dieser Formulierung eine Ablehnung einer Gesamtschule.
Die Linke in Frechen ist einerseits gespalten, andererseits ist sie bisher zudem bestenfalls durch massives Desinteresse am Thema Schule und Bildung aufgefallen. Mit einem substantiellen Beitrag ist daher wohl kaum zu rechnen. Die ehemalige Stadtratsfraktion der Linken will sich im Übrigen um eine „linke Sozialpolitik“ kümmern. Womit wohl alles gesagt ist.
Und die FDP? Die scheint seit ihrem Wahlerfolg 2009 ins schulpolitische Koma verfallen zu sein. Dass die Partei im Schulausschuss vertreten ist, ist bisher jedenfalls noch niemandem aufgefallen.
Genau wie die Wählerinitiative Junge Alternative (JA) - trotz neuem Stadtverordnetem hört man nichts, obwohl es in deren Wahlprogramm heißt: "Deshalb wollen wir prüfen, ob die Eröffnung einer Gesamtschule in Frechen sinnvoll ist und von genügend Eltern gewünscht wird."

So lohnt ein Blick über die Stadtgrenzen:
Der Stadtrat von Hürth hat im September 2011 eine Elternbefragung zum Thema Gesamtschule verabschiedet. Dazu kann man auf der Homepage der SPD-Hürth folgendes Statement lesen:
„SPD, Grüne und FDP sehen in der Gründung einer Gesamtschule auch die große Chance, den gemeinsamen Unterricht von behinderten und nicht behinderten Kindern (GU) an einer weiterführenden Schule weiterzuentwickeln. „Wir haben beim GU-Unterricht an weiterführenden Schulen Handlungsbedarf", so Stephan Renner. Die Verwaltung wurde auf Antrag der Kooperation beauftragt, bei Einrichtung einer Gesamtschule Möglichkeiten für GU-Unterricht zu schaffen.“

Die Fraktion Die Linke ergänzte dies zudem mit einem Antrag, der die Einrichtung einer integrierten Gesamtschule forderte. Dieser Antrag fand im Schulausschuss der Stadt Hürth eine Mehrheit.
Und wie wir an anderer Stelle der Presse entnehmen konnten, stellt sich auch die CDU Hürth nicht prinzipiell gegen eine Gesamtschule.
Na ja, die Frechener und die Hürther SPD gehören wohl nur noch dem Namen nach derselben Partei an ... oder wie will man sich auf engstem Raum derartig unterschiedliche Wahrnehmungen erklären?

Ein nur einigermaßen ehrlicher Blick auf die Frechener Schullandschaft sollte den PolitikerInnen von CDU und SPD zeigen, dass eine Gesamtschule in Frechen das deutlich zukunftsweisendere Projekt darstellt, als eine Sekundarschule. Ein Gutachter hat nicht umsonst im Pullheimer Rat den Schulkonsens in Bezug auf die Sekundarschule als „Schulnonsens“ bezeichnet.

Inzwischen hat sich auch die FDP erklärt, Näheres dazu findet sich im Beitrag FDP: ideologiegetriebene Schulpolitik

D.Richter, Eltern sollen entscheiden, KStA, 26.10.2011
Presseerklärung - Grüne
Bericht Radio Erft, 25.10.2011
F.Klemmer, Eltern wollen neue Befragung, KR, 27.10.2011





antoine favier, Donnerstag, 10. November 2011, 12:53
Das kam mir heute im Handelsblatt unter (10.11.2011): die CDU hat ihren Leitantrag zur Bildungspolitik für den kommenden Parteitrag umformuliert:
"„Eine einheitliche Bezeichnung für diese Schulform in allen Ländern - zum Beispiel Oberschule - wäre wünschenswert. Darüber hinaus stehen wir zu Haupt- und Realschulen sowie integrativen Schulformen, wo diese funktionieren und dem Elternwillen entsprechen“, heißt es in dem Antrag, der am Dienstag auf dem CDU-Bundesparteitag in Leipzig verabschiedet werden soll."

"...sowie zu integrativen Schulformen ... D.h.: auch eine Gesamtschule wird von der CDU mitgetragen, wenn es dem Elternwillen entspricht.

Jetzt muss der Elternwille nur konkret und zielgerichtet abgefragt werden.

antoine favier, Montag, 14. November 2011, 13:15
Mit fremden Federn schmücken.
Ein Beispiel aus dem Leben der armen kleinen Fraktion „Soziales Bündnis Frechen" (früher: die LInke): Diese hat sich der Argumente des Antrags der Schulpflegschaften bedient und einen Antrag gestellt, der die Einführung einer Gesamtschule fordert. Es wäre ein Zeichen der Fairness gewesen, hätte die Fraktion auf die Herkunft der Argumente hingewiesen, aber eine um’s politische Überleben kämpfende Gruppierung kann sich solche Hemmungen wohl nicht erlauben.

antoine favier, Montag, 21. November 2011, 08:53
Was die SPD anbelangt eine unverständliche Haltung, ist Gesamtschule doch ein ursozialdemokratisches Thema. Vermutlich ist das aber als Überlebenshilfe für die neue Formation "Soziales Bündnis Frechen" gedacht. Sozusagen gelebte Solidarität.
Dabei würde mich schon interessieren, wie sich die Genossinnen und Genossen in der Fraktion in dieser Frage verhalten, deren Kinder eine Gesamtschule besuchen bzw. besucht haben.

antoine favier, Freitag, 27. Januar 2012, 09:57
Hürth nimmt die nächste Hürde. Laut einer kleinen Meldung im KStA v. 27.01.2012 hat die Elternbefragung der Eltern der Zweit- und Drittklässler ein klares Votum für die Errichtung einer Gesamtschule ergeben. Vielleicht gibt dies auch den Frechener Parteien zu denken.