Montag, 2. November 2015
Ja, so hätten sie es gerne, die Frechener Grünen. Die Gesamtschule als grünes Projekt, als Nachweis erfolgreicher grüner Politik:
Nach etlichen Jahren des Bemühens und der nachhaltigen Forderung der Grünen in Frechen, eine Gesamtschule einzurichten, um die Bildungschancen für Kinder und Jugendliche in der Stadt zu verbessern, hat der Rat der Stadt nun die Einrichtung einer Gesamtschule beschlossen. Im Jahr 2016 geht es los!
(…)
Der langjährige und nachhaltige Einsatz der Grünen Partei und Fraktion hat sich gelohnt!
Schaut man aber genau hin, dann ist festzuhalten, dass alle Frechener Parteien, inklusive der Grünen, zur Gesamtschule geschoben werden mussten, die einen etwas kräftiger, die anderen etwas weniger kräftig. Geschoben hat aber das überparteiliche „Aktionsbündnis für eine Gesamtschule in Frechen.“

Und im Rahmen des Aktionsbündnisses, da wollen wir jetzt nicht so sein, haben die Frechener Grünen, solange Jürgen Weidemann noch Mitglied dieser Partei war, einen wichtigen Beitrag für die Frechener Gesamtschule geleistet.

Als aber die Jamaikakoalition endlich unter Dach und Fach und im Koalitionsvertrag die Gesamtschule als Koalitonsziel fixiert war, da waren die Grundsatzentscheidungen bereits gefallen:

Jürgen Weidemann war bei den Grünen ausgetreten,
die SPD hatte sich im Oktober 2014 endlich eindeutig zur Gesamtschule bekannt,
der Schulentwicklungsplan war mit einer eindeutigen Empfehlung zur Einrichtung einer Gesamtschule veröffentlicht worden
und der Schulausschuss und der Rat der Stadt Frechen hatte den Weg für die Errichtung einer Gesamtschule mit den Stimmen aller Fraktionen frei gemacht.

Der Koalitonsvertrag der Jamaikakoalition formulierte ein Ziel, das bei Unterzeichung des Dokuments im März 2015 bereits umgesetzt war.

Man hat Eulen nach Athen getragen.

Sich jetzt diesen Erfolg an die Fahne heften zu wollen ist denn schon fast so etwas wie Geschichtsklitterung.
Und dann noch eine Aussage, deren Wahrheitsgehalt sich erst in den kommenden Monaten zeigen wird:
Nun ist es nicht mehr notwendig, dass Schülerinnen und Schüler auf die Gesamtschulen in den umliegenden Städten besuchen (…)
Das „Aktionsbündnis für eine Gesamtschule in Frechen“ hat mehrfach darauf hingewiesen, dass eine vierzügige Gesamtschule für eine Stadt wie Frechen zu klein sein wird, dass die Nachfrage das Angebot an Gesamtschulplätzen stark übersteigen wird.

Oder um das grüne Zitat aufzugreifen: Es wir weiterhin notwendig sein, dass Schülerinnen und Schüler die Gesamtschulen der umliegenden Städte besuchen, da die eigene Gesamtschule zu klein geplant wurde.

Dafür tragen die Grünen ihren Teil der Mitverantwortung. Das aber werden sie mit Sicherheit nicht mit einer Anzeige in der Frechener Sonntagspost bekannt geben.




Mittwoch, 28. Oktober 2015
Im Jahr 2002 hat die Rheinenergie die Wasserversorgung Frechens von der RWE übernommen. Zwischen 2002 und 2014 hat Frechen sein Trinkwasser aus dem Wasserwerk Dirmerzheim erhalten. Dirmerzheim wird aber zukünftig verstärkt Kommunen im Bereich des Braunkohletagebaus des Erftgebietes versorgen müssen. Zudem müssten die Transportleitungen von Dirmerzheim nach Frechen erneuert werden, sollte das Frechener Trinkwasser weiterhin aus Dirmerzheim kommen. Die Kosten für die Erneuerung der Transportleitungen müssten die Frechener über den Wasserpreis begleichen.
Die Rheinenergie hat vor diesem Hintergrund entschieden, dass Frechen kostengünstiger mit Trinkwasser aus den Kölner Wasserwerken versorgt werden kann.
Wie formulierte es die Rheinenergie sehr eindeutig:
Alle Alternativen führen zwangsläufig zu einem höheren Trinkwasserpreis in ganz Frechen; also auch für die Stadtteile Habbelrath und Grefrath
Ergänzend sei hinzugefügt: und für den Stadtteil Grube Carl, der wie Habbelrath und Grefrath, sein Trinkwasser vom Wasserwerk Kerpen-Türnich bezieht.
So weit so gut, wie es schien eine klare Sache. Der Umweltausschuss wurde von der Rheinenergie am 20. März 2014 darüber informiert. Der Umweltausschuss hat in Anwesenheit des Königsdorfer FDP-Vertreters von Rothkirch den Ausführungen des Vertreters der Rheinenergie gelauscht. Der Umweltausschuss hatte laut Protokoll keine Einwände geltend gemacht.

Trotzdem treibt die FDP-Königsdorf, angeführt von Herrn von Rothkirch, nun seit März 2015 die Trinkwassersau durchs Dorf.
Frechener Bürger haben in einer Unterschriftenaktion und insbesondere in der Bürgerversammlung am 25.06.15 ihren Unmut über die Qualität des Frechener Trinkwassers deutlich gemacht. Sie fordern, dass die Qualität des Trinkwassers wieder auf den Stand vor der Umstellung vom Dirmerzheimer auf das Kölner Wasser gebracht wird. Hauptkriterien sind dabei die Verkalkungsneigung des Wassers und der Nitratgehalt.
(Aus dem FDP-Königsdorf-Antrag zur Ratssitzung 27.10.2015)

Dabei sind die Argumente nicht wirklich stichhaltig. Die Nitratwerte in Dirmerzheim liegen unter 5 mg/l, das Kölner Wasser hat rund 20 mg/l, wobei der Grenzwert bei 50mg/l liegt. Nitrat ist geschmacksneutral. So beliebt die FDP aber gerne vom „verkalkenden Kölner Wasser“ zu reden, eine wahrlich nicht zutreffende Beschreibung bei einem Härteunterschied von gerade mal 1,2 Härtegraden. Dirmerzheim liefert Wasserhärten von 17,3 °dH, das Wasserwerk Hochkirchen 18,5 °dH. Was wir Endkunden merken ist das Verhältnis von Karbonathärte zur Gesamthärte, denn dieser Wert besagt, wieviel Kalk sich ablagern kann, wenn das Wasser über 60 °C erhitzt wird. Der Wert liegt beim Wasser aus Dirmerzheim bei 54%, beim Wasser aus Hochkirchen bei 68% und beim Wasser aus Kerpen-Türnich bei 70%. Übersetzt heißt das: Das Hochkirchener Wasser enthält auf 100 Liter knapp 2 g Kalk mehr als das Dirmerzheimer. 2 g auf 100 Liter Trinkwasser, die sich nun zusätzlich in technischen Geräten ablagern können. Das rechtfertigt diesen Königsdorfer Aufstand wohl kaum.
(Das sagt Volkes Stimme in Königsdorf: ‘Unsere Kaffeemaschine wird nun einmal im Monat, statt alle Drei entkalkt.‘ oder: ‚Unsere Clospülung „leckt“ häufiger. Das kostet Wasser‘)

Und dass es sich um ein Königsdorfer Lokalevent handelt hat ein mit der Sache sehr Vertrauter verlauten lassen. Die übergroße Mehrzahl der Beschwerden zur Qualität des Trinkwassers stammt aus Königsdorf.

Im gerade erst zu Ende gegangenen Bürgermeisterwahlkampf ist die SPD mangels eigener Themen auf diesen Königsdorfer Gaul aufgesprungen und hat versucht, von dieser Art fehlgeleitetem Lokalpatriotismus zu profitieren.



(für die vielen in Frechen Zugezogenen, die mit diesem Dialekt nicht so viel anzufangen wissen, die Übersetzung: „Das Kölner Wasser ist nicht gut.“)
Das war wohl ein Rohrkrepierer. Denn für den SPD-Kandidaten Ferdi Huck haben sich nur gut 27% der Königsdorfer ausgesprochen, obwohl er sich doch so sehr für dieses Königsdorfer Sonderinteresse eingesetzt hat.

Entscheidend ist doch aber, was eine Rückkehr zur alten Wasserversorgung kosten würde, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Rheinenergie erklärt hat, dass Dirmerzheim noch bestenfalls 20 Jahre als Wasserlieferant in Frage kommen würde.

Denn, die Trinkwasserleitungen zwischen Dirmerzheim und Frechen, das war bereits 2002 bekannt, müssen erneuert werden. Dafür sind 2 bis 3 Jahre Bauzeit einzukalkulieren, da
„mögliche Trassenwege ermittelt, die Wege- und Eigentumsrechte geklärt, Genehmigungen eingeholt, eine technische Ausführungsplanung sowie eine Ausschreibung der Bauleistungen vorgenommen und schließlich der Bau der Leitungen beauftragt und realisiert werden.“
, wie die Rheinenergie, die es ja eigentlich wissen sollte, schreibt.

Und das Ganze kostet Geld, viel Geld, Geld das alle FrechenerInnen über den Wasserpreis bezahlen müssen. Der Wasserpreis steigt, so schätzt die Rheinenergie, bei einer Rückkehr zum Dirmerzheimer Wasser um 30%. Bei einem Verbrauch von bspw. 100 Kubikmetern pro Jahr steigt der Preis um 75 Euro. Der jährliche durchschnittliche Wasserverbrauch eines 4-köpfigen Haushaltes wird aktuell mit rund 160 Kubikmetern angegeben. Die Königsdorfer Neurose würde also den Frechener Durchschnittshaushalt 120 Euro jedes Jahr kosten.

Wie wir der Pressemitteilung der FDP-Königsdorf entnehmen können, sind der Partei diese Kostenansätze bekannt. Man könnte sie der Öffentlichkeit also gerne preisgeben. Aber nein, die Fraktionsvorsitzende Frau Kayser Dobiey verknüpft eine Erwartung mit einer Drohung:
Wir erwarten, dass RheinEnergie die in der Bürgerversammlung genannten Kostenansätze im Interesse einer tragbaren, langfristigen Lösung noch einmal überprüft. Andernfalls werden die Forderungen der Bürger spätestens bei der Neuausschreibung des 2020 auslaufenden Wasserliefervertrages zum Tragen kommen.
Kennt die FDP-Königsdorf den Zusammenhang von Aufwand und Ertrag? Steht eine mehrjährige Bauzeit für eine neue Wasserleitung in einem vernünftigen Verhältnis zu einer Wasserbelieferung aus dem Wasserwerk Dirmerzheim bis vielleicht 2035 vor dem Hintergrund, dass wir über 2 g Kalk auf 100 Liter Trinkwasser reden?

Kann es sein, dass die FDP-Königsdorf ein massives Profilierungsproblem hat? Keine eigenen kommunalpolitischen Themen, kleines Anhängsel der Jamaika-Koalition und damit unwichtig bis unsichtbar, gäbe es da nicht das tolle Trinkwasserthema?

Bei der Unterschriftensammlung in Königsdorf hat die FDP-Königsdorf unter anderem diesen Kommentar eingefangen:
Wir zahlen das gleiche Geld für eine viel schlechtere Leistung. Wie konnte die Stadt dem zu Lasten ihrer Bürger zustimmen?
Ist der FDP-Königsdorf bekannt, dass es drei Stadtteile gibt: Habbelrath, Grefrath und Grube Carl, die durch die von der FDP-Königsdorf geforderten Rückkehr zum Dirmerzheimer Wasser von massiven Gebührenerhöhungen betroffen wären, ohne dass diese drei Stadtteile von dem sogenannt besseren Wasser aus Dirmerzheim profitieren würden?

Gleiche Leistung höherer Preis –Danke FDP-Königsdorf

Es mag ja sein, dass es einzelne Königsdorfer Hunde gibt (Auch unser Hund trinkt das Wasser nicht mehr), die das neue Trinkwasser nicht mehr mögen, aber es kann nicht sein, dass die FDP-Königsdorf ganz Frechen für die Probleme dieser Königsdorfer Hunde als Geisel nimmt.




Mittwoch, 21. Oktober 2015
Thema: SPD
Der Begriff entstammt den Kommunikationswissenschaften und beschreibt den Einflussbereich der Medien. So haben Medien keinen großen Einfluss darauf, was die Menschen zu bestimmten Themen denken, aber sie haben einen erheblichen Einfluss darauf, worüber die Menschen nachdenken. Die Spiegelberichterstattung über das gekaufte „Sommermärchen WM 2006“ kann vermutlich als erfolgreiches Agenda-Setting gewertet werden. Zwar muss niemand daran glauben, dass der DFB bei der Vergabe der WM Entscheider mit finanziellen Zuwendungen unterstützt hätte, aber dass darüber breit geredet wird, das ist eindeutig.

Man kann den Begriff aber auch in den politischen Raum übertragen. Hier beschreibt er dann relativ zutreffend die Situation von Oppositionsparteien. Diese haben meist keinen entscheidenden Einfluss darauf, welche Entscheidungen zu bestimmten Themen in politischen Gremien getroffen werden, aber es muss einer Oppositionspartei gelingen, dass die Öffentlichkeit über ihre Themen redet.

Regierungsparteien haben ein Regierungsprogramm, einen Koalitionsvertrag, in dem die Ziele für die Legislaturperiode beschrieben sind, sozusagen die Regierungsagenda.
Und dann hat eine Regierung die von außen einschlagenden Themen, die behandelt werden müssen: ein Oderhochwasser, eine Wirtschaftskrise, ein Krieg vor der Haustüre oder ganz aktuell: Flüchtlinge.

Hier muss eine Regierung Handlungsfähigkeit beweisen. Oppositionsparteien stehen daneben und können den Gang der Ereignisse meist nur kommentierend begleiten.

Umso wichtiger ist es für Oppositionsparteien, eigene Themen zu platzieren, erfolgreiches Agenda-Setting zu betreiben.
Wenn man diese allgemeinen Überlegungen auf die lokale Ebene herunterbricht, so stellt man fest, dass sich eigentlich überraschend wenig ändert. Klar, die Dimensionen sind andere. Koalitionsverträge behandeln statt der Energiewende die energetische Sanierung von Gebäuden, statt Autobahnbau und Mautplänen geht es um die Sanierung von Straßen, um lokale Verkehrsentwicklungspläne und die Entwicklung der Innenstadt. Kriege sind weiter weg, die Wirtschaftskrise sieht vor der eigenen Haustüre etwas weniger dramatisch aus und lokal redet man nicht von einer halben Million Flüchtlingen, sondern von 300, die dringend ein festes Dach überm Kopf brauchen.

Aber Opposition hat ja eine funktionale Bedeutung in einer Demokratie, weswegen Claudia Stamm, MdL des bayerischen Landtags zu Recht befand, dass "eine Opposition an Berechtigung verliert, wenn sie auf Dauer simuliert, Regierung zu sein".

Das klingt nun zu groß für die Kommunalpolitik, behält aber doch seine Richtigkeit, weil auch auf kommunaler Ebene die grundsätzlichen Regeln der Demokratie nicht außer Kraft gesetzt sind. Innerhalb einer Demokratie bedarf es einer erkennbaren Gegenposition zu denjenigen Parteien, die das Heft des Handelns in der Hand haben. In Frechen ist dies die Jamaikakoalition und ihre Bürgermeisterin S.Stupp.

Das ist aber keine neue Situation. Das ist seit 1998 so, als der CDU-ler H.W.Meier zum Bürgermeister gewählt wurde und seine CDU die absolute Mehrheit im Rat gewann. Seitdem wartet Frechen auf eine Opposition, die ihrem Namen Ehre macht.

Gibt es irgendein Thema innerhalb der letzten 10 Jahre, das fest mit dem Namen der SPD verknüpft ist? Ist es der SPD in irgendeinem der Kommunalwahlkämpfe gelungen, ein eigenes Thema zu präsentieren, ein SPD-Thema sozusagen?
Und wie sah es im erst kürzlich beendeten SPD-Bürgermeisterwahlkampf aus? Gab es da ein Thema, das mit dem SPD-Kandidaten verknüpft worden ist?

Richtig, wer sich erinnert, wer durch die Presse blättert, steht vor dem „erstaunlichen“ Phänomen, dass die Frechener SPD seit rund 15 Jahren ohne eigene Themen durch die Gegend eiert. Es gibt nichts, aber man widerspreche mir, wenn ich mich täusche, es gibt kein politisches Thema, bei dem man sagen könnte: „Boaaa, da hat die SPD aber was auf’s Tableau gebracht, gut dass das endlich mal angesprochen wird.“ Nein, es findet sich nichts.

Es soll Menschen in Frechen gegeben haben, die beruflich bedingt während der Bürgermeisterwahl im Ausland weilten, zurückkamen, das Ergebnis zur Kenntnis nahmen und fragen: „Und, wer ist bei der SPD zurückgetreten?“

Die Folgenlosigkeit politischer Niederlagen in der lokalen SPD machte fassungslos.

Zusammen mit der, möglicherweise der Überalterung der SPD geschuldeten, politischen Konzeptionslosigkeit, ist es jedoch eine Gewähr dauerhafter Regierungsfähigkeit der aktuellen Jamaikakoalition. Die Oppositionsrolle in Frechen ist unbesetzt, womit aber auch die Funktionsfähigkeit demokratischer Prozesse in Frage gestellt ist.
Wer Wahlmüdigkeit, politische Abstinenz und die Auswüchse von Wutbürgertum beklagt, findet wesentliche Ursachen in der Selbstbeschädigung der Demokratie durch die Abdankung jeglicher Opposition.

Und das beginnt eben nicht erst in Düsseldorf oder Berlin. Das beginnt unten, an den Graswurzeln der Demokratie: in den Kommunen. Einer ernstzunehmenden Opposition muss es gelingen, eigene Themen zu setzen, erfolgreiches Agenda-Setting zu betrieben. Andernfalls braucht man sie nicht!

Ach ja, die JuSo-Bundesvorsitzende Johanna Ueckermann hat das sehr einfach zusammengefasst:
Mein Eindruck ist: Der SPD fehlen vor allem zwei Dinge, Haltung und Mut. Sie will es sich mit niemandem verscherzen. Aber Wischiwaschi hilft uns nicht. Wir müssen aus unseren Überzeugungen heraus klare Positionen ableiten und für diese kämpfen. Wenn wir für etwas brennen, überzeugen wir auch andere.
Und wofür brennt die Frechener SPD?