Dienstag, 10. März 2015
Thema: Zuckungen
Tatsächlich ist die Sperrklausel für unsere Demokratie keineswegs förderlich, im Gegenteil. Sie hat dazu geführt, dass sich das bestehende Parteiensystem verfestigt, ja dass es erstarrt. Sie verhindert einen offenen Wettbewerb und eine Chancengleichheit unter den politischen Ideen, und in der Folge entsteht kaum Erneuerung. Das kommt natürlich besonders den Interessen der etablierten Parteien wie CDU/CSU und SPD entgegen.
(Die Zeit 14. Januar 2014)

Da steckt alles drin, was es zur wieder aufgeflammten Debatte um die Einführung einer kommunalen Sperrklausel in NRW zu sagen gibt.
Es wundert daher nicht, dass in NRW sich sowohl SPD als auch CDU dafür stark machen.

Das NRW-Kommunalwahlrecht, bei dem der arme Wähler auf den Kandidaten, die Kandidatin seines kleinen Wahlbezirks beschränkt ist und nicht mehr als eine einzige Stimme hat, diente den etablierten Parteien. Dieses Wahlrecht stärkt die großen, die etablierten Parteien.

Parteienvielfalt, so scheint es, muss von den großen NRW-Parteien erst noch gelernt werden, denn in deren Denken ist Vielfalt kein Wert, den es zu verteidigen gilt, sondern Hemmschuh im politischen Entscheidungsprozess.

Richtig, genau deshalb werden kleine Parteien gewählt, weil durch sie das Erstarrte, das Verkrustete der kommunalen Politik aufgebrochen werden soll. Man kann also verstehen, warum SPD und CDU, die ihre je eigenen Ecken und Kanten bis zur Unkenntlichkeit aneinander abgerieben haben, die bis zur Bewegungsunfähigkeit erstarrt sind, dass diese beiden Großen eine kommunale Sperrklausel einführen wollen.

Dass nun aber die NRW-Grünen sich auch für eine Sperrklausel aussprechen, das lag bisher außerhalb des Vorstellbaren. Die Grünen, die Vielfalt als Monstranz vor sich hertragen, die den toleranten Umgang mit der Vielfalt als politische Tugend einfordern, diese Grünen finden sich im Lager der Erstarrten.

Es gibt nur sehr wenige Bundesländer mit einer kommunalen Sperrklausel, es gibt auch nur noch sehr wenige Bundesländer mit einem derart die WählerInnen einschränkendem Wahlsystem wie NRW.
Man nehme zum Beispiel Baden-Württemberg mit seinem Verhältniswahlrecht mit offenen Listen. In BaWü haben Wählerinnen und Wähler mehrere Stimmen ( so viele, wie es Mandate in der Kommune zu vergeben gibt), die sie auf verschiedene Personen und Listen verteilen dürfen (kumulieren und panaschieren, wie es so schön politologisch heißt).
In BaWü ist Vielfalt in Kommunalparlamenten seit Jahrzehnten üblich. So gibt es bspw. im Karlsruher Rat 10 Fraktionen, im Heidelberger 13 und im Freiburger 8.
Über die Einführung einer Sperrklausel wird nicht nachgedacht. Denn, Vielfalt will gelebt werden, auch in Kommunalparlamenten.

Anscheinend aber empfinden auch die NRW-Grünen Vielfalt in kommunalen Räten inzwischen nur noch als störend. Ach ihr Grünen, ihr habt auch mal ganz klein angefangen. Schon vergessen?

Liebe Grünen, solltet ihr bei der nächsten Kommunalwahl auch nur in einer einzigen Gemeinde an der Sperrklausel scheitern, der ihr eure Zustimmung geben wollt, das Hohngelächter möchte ich nicht ertragen müssen.




Montag, 2. März 2015
Thema: Grüne
Nicht nur die Grünen bedauern, dass in Frechen das Fällen von Bäumen so einfach ist. In den Städten, die eine Baumschutz-satzung haben, dürfen Privatleute Bäume nämlich nur nach Antragstellung und schriftlicher Genehmigung durch die Stadtverwaltung fällen.
Armin Schipper, sachverständiger Baumgutachter und Mitglied der Grünen-Fraktion macht sich für die Wiedereinführung der Baumschutzsatzung stark: „Baumschutz ist aktiver und gelebter Umweltschutz zum Wohle aller Bürger.“
So die grüne Fraktion im November 2011.

Und wie schrieb der Kölner Stadtanzeiger am 13. Dezember 2012:
Nach wie vor gibt es also keine Baumschutzsatzung für Frechen. (…) Im Rhein-Erft-Kreis haben nur Frechen und Wesseling keine Baumschutzsatzung, die in den anderen Städten meist bestimmte Baumarten schützt. Damit dürfen diese Bäume auch in Privatgärten nur mit Genehmigung der Behörden gefällt werden.“
Die SPD hat es auf einen einfachen aber stimmigen Nenner gebracht:
„Eine Baumschutzsatzung, die den Umgang mit Bäumen auf privatem Grund nicht regelt, ist keine Baumschutzsatzung“
Bis zur Begründung der Jamaika-Koalition waren sich die Grünen und die SPD da sehr einig.

Aber seit die Grünen nach Jamaika gezogen sind, hat sich ihr Blick – mir fehlen etwas die Worte – irgendwie, na sagen wir mal, eFDePeisiert. Denn, so findet es sich im Koalitionsvertrag:
Die Koalitionsparteien erkennen die Notwendigkeit der Erhaltung der Bäume für den Klimaschutz an und werden die Einführung einer der Baumschutzsatzung vergleichbaren Regelung beschließen, von der privat genutzte Grundstücke ausgenommen sind.
Häh? Darf nicht so heißen, darf nicht in privaten Gärten greifen aber soll irgendwie wirken?

Was daran „grün“ sein soll? Keine Ahnung aber was daran FDP sein soll, läßt sich leicht erklären, war es doch die FDP, die 2006 erklärte, „die Baumschutzsatzung (ist ein) Zeichen hoheitlicher Bevormundung der Frechener Bürger“. Und eigener Garten ist eigener Garten, da hat eine kommunale Baumschutzsatzung nichts drin zu suchen.

Zum besseren Verständnis des Sachverhalts eine einfache Anleihe bei der Werbewirtschaft:

Nur wo Nutella draufsteht, ist auch Nutella drin

Eben, wo nicht Baumschutzsatzung drauf steht ist auch keine Baumschutzsatzung drin.

Hätte man wissen können - aber eine grüne Partei, die endlich mitregieren will, die schluckt wohl jede Kröte.




Donnerstag, 26. Februar 2015
Thema: Jamaika
Das steht im Koalitionsvertrag der Frechener JamaikanerInnen:
Bestmögliche Haushaltsführung ist für uns vorrangiges Ziel. Wir leisten einen entscheidenden Beitrag für eine nachhaltige Politik, wenn wir künftige Generationen nicht mit unseren Schulden belasten. Daher ist es
gemeinsames Ziel unserer Haushaltspolitik, mit möglichst geringen neuen Schulden nur für investive Ausgaben nach diesem Koalitionsvertrag auszukommen. In diesem Verständnis wollen wir in Krisenzeiten Steuererhöhungen nur als allerletztes Mittel einsetzen.
Die Krise hat uns schon, wirklich, ehrlich und geschworen, denn am 24. Februar 2015 beschlossen unser JamaikanerInnen im, wie heißt das Ungetüm, genau, im Haupt-, Personal- und Finanzausschuss:
Für die Haushaltsjahre 2017 ff. wird der Hebesatz für Grundsteuer B auf 450 v.H. und für Gewerbesteuer auf 475 v.H. festgesetzt.
Beschluss des HPFA vom 24.02.2015:
beschlossen bei 13 Ja-Stimmen (CDU, B90/Grüne, FDP, Perspektive, BM (Bürgermeister)) und 6 Nein-Stimmen (SPD, Linksfraktion)
Wir verstehen das richtig: das ist eine Steuererhöhung, die da entschieden wurde. Heute bereits für das Jahr 2017? So im Vorgriff, um für 2017 nichts mehr entscheiden zu müssen?
Also: das „allerletzte Mittel“ ist die erste Maßnahme dieser Koalition?

Vermutlich meint die Koalition, dass die Steuererhöhungen so diskreter über die politische Bühne gehen. Bis 2017 ist noch lange hin, 2017 selber muss man dann nicht drüber reden, weil es ja schon 2015 entschieden wurde. Und wenn dann 2017 der Steuerbescheid ins Haus flattert, wer liest ihn denn dann noch so genau?

Aber im Koalitionsvertrag klang es doch so gut und politisch so hochvernünftig, wer mag da denn wirklich widersprechen Steuererhöhungen sind nur „allerletztes Mittel (…) in Krisenzeiten.“

Da steht doch die Vermutung im Raum, dass zum Zeitpunkt der Präsentation des Koalitionsvertrages am Aschermittwoch bereits klar war, dass die Koalition nur 6 Tage später eine Steuererhöhung beschließen wird.

Ein lustiger Koalitionsvertrag mit kurzer Halbwertszeit.

Was für Zeiten, was für Krisen!