Thema: Buergermeisterwahl 2015
26. September 14 | Autor: antoine favier | 2 Kommentare | Kommentieren
In Sachsen, Thüringen und Brandenburg waren kürzlich Landtagswahlen. Sollen die Grünen mit den Schwarzen oder doch lieber mit rotgrün, war so eines der liebsten Spiele vor Ort und in der nationalen Presse.
Zwischenzeitlich gibt es erste Versuche, die Wahlergebnisse vor dem Hintergrund der Farbenspiele zu interpretieren. Nun fanden die Wahlen in Ostdeutschland statt und wie alle interessierten WahlbeobachterInnen wissen, tickt der ostdeutsche Wähler anders als der Wähler im Westen. Insofern sind einfache Übertragungen der ostdeutschen Erfahrungen in die westdeutsche Erfahrungswelt mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem lassen sich Denkanstöße gewinnen, was Schwarzgrün für Wahleffekte auslösen kann.
In Sachsen beispielsweise war der Eindruck entstanden, die Grünen hätten sich bereits auf Schwarz-Grün festgelegt. Das wurde von vielen Grünwählern nicht honoriert. Die Grünen verloren 13.000 Wählerstimmen innerhalb des linken Lagers. Dem standen nur 4.000 Stimmen Zugewinn aus dem bürgerlichen Lager gegenüber. Waren die sächsischen Grünen überzeugt, zuzulegen, so stellten sie am Wahlabend ernüchtert fest, dass sie nur 5,7% erhalten hatten, 0,7% weniger als 2009.
In Thüringen versuchten die Grünen sich sozusagen mittig zwischen Rot und Schwarz zu positionieren. Auch die Äquidistanz hat sich nicht ausgezahlt. Hohen Stimmenverlusten innerhalb des linken Lagers und hin zu den Nichtwählern stehen kaum spürbare Zugewinne aus dem bürgerlichen Lager gegenüber. Auch die Thüringer Grünen haben 5,7% erreicht, 0,5% weniger als 2009.
In Brandenburg hingegen waren die Grünen eindeutig auf Opposition festgelegt. Diese Oppositionsrolle festigten sie mit klaren Positionierungen bei grünen Kernthemen: Gegen Massentierhaltung und für einen Ausstieg aus dem Braunkohletagebau. Die grünen WählerInnen haben diese klare Festlegung auf einen Oppositionsrolle honoriert. Bei diesen drei Landtagswahlen waren es einzig die Brandenburger Grünen, die mit leichten prozentualen Zugewinnen von 0,4% (=6,2%) aufwarten konnten.
Wir bewegen uns hier natürlich im Bereich der kleinen Zahlen, eine statistische Relevanz kann leicht bestritten werden. Trotzdem sind einige Aspekte bedenkenswert und sollten im Westen der Republik als Warnsignal aufgenommen werden:
Schwarzgrüne Bündnisabsichten führen bisher nicht zu substantiellen Stimmengewinnen im bürgerlichen Lager. Vielmehr führen sie zu erkennbaren Verlusten hin zu Parteien des linken Lagers.
Vergleichbar unfruchtbar sind Versuche sich mittig zwischen den Lagern zu positionieren. Es gibt ausreichend Untersuchungen, dass WählerInnen der Grünen und auch weite Teile der grünen Parteimitglieder sich im linken Lager verorten.
Trotzdem hängen weite Teile des grünen Establishments dem Mantra an, dass Opposition Mist sei. Und wie dem halt so ist, wenn man an die Fleischtöpfe der Macht will: da geht viel Programm unterwegs verloren. Das ist für Parteien wie die Grünen, die sich als Programmparteien verstehen, ein verheerendes Signal. Was bleibt von der grünen Partei, wenn das Programm zur Dispositionsmasse in Koalitionsverhandlungen verkommt? Ein Herrschaftsverband wie die FDP, dessen Existenzberechtigung sich in den vergangenen Jahrzehnten nur noch auf die Tatsache des Mehrheitsbeschaffers für die CDU reduzierte?
Auch die regionalen Wahlergebnisse zeigen, dass eine schwarz-grünen Koalition für die grüne Partei (bisher) keine positiven Effekte zeitigt. Die Jamaika-Koalition im Kreistag hat für die grüne Partei in allen Kommunen zu Stimmenverlusten (teilweise knapp 2%) geführt, mit einer einzigen Ausnahme: die Pulheimer Grünen konnten sich dem Trend entziehen, aber diese hatten auch eine Sonderkonjunktur, denn ihre Erfolgsbilanz wurde durch die Einführung der Brauweiler Gesamtschule verschönert.
Was aber bleibt vom grünen Programm auf lokaler / auf regionaler Ebene, nachdem der Atomausstieg gegessen ist? Die Energiewende ist sperrig, ist bundespolitisch und wird nur dann lokal, wenn sich Bürgerinitiativen gegen den Bau von Hochspannungsmasten und Windrädern bilden. Da kommt die Grüne Partei in die Bredouille.
Und sonst? Richtig, die programmatische Luft wird dünne, die Themen zerfasern, was dem einen ein Herzensanliegen, ist dem anderen Verhandlungsmasse.
Die Grünen werden plötzlich als beliebig erlebt, alles ist möglich, aber nichts ist zwingend und dringend.
In den vergangenen Wochen wurden in einigen Kommunen des Rhein-Erft-Kreises schwarz-grüne Bündnisse abgeschlossen. Alle grünen Ortsverbände haben ein Hohelied auf die „grüne Handschrift“ im Koalitionsvertrag gesungen. Damit ist es nicht weit her – so wollten die Hürther Grünen als erste Maßnahme die bereits beschlossene Gesamtschule auf 2 Standorte aufteilen – pädagogisch / organisatorisch und finanziell ein Unfug größten Ausmaßes, aber auf dem Altar des schwarz-grünen Bündnisses wurde wohl als allererstes die Vernunft geopfert.
Das lässt für Frechen das Schlimmste erahnen, sollten die Frechener Grünen das Thema „Koalitionsverhandlungen“ weitertreiben. Verschärfend kommt in Frechen hinzu, dass heute öffentlich wurde, dass im Etat der Stadt für 2014 bereits 13 Millionen fehlen, da bereits vereinnahmte Gewerbesteuer zurückbezahlt werden muss. Ein Gewerbesteuerzahler, der den Totalausfall der RWE ausgleichen könnte ist auch nicht in Sicht, folglich muss in den kommenden Jahren mit totaler Ebbe im städtischen Haushalt gerechnet werden. Wollen wir wetten: das Sparen wird zur obersten Priorität und die Frechener Grünen werden die Ehre haben, die Einsparvorschläge der Verwaltung mitzutragen, man ist ja der Koalition verpflichtet und muss sich beweisen. Eine wunderbare Situation. Seit 3 Jahrzehnten in der Politik, nie durfte man über die Ausgaben der Stadt mitentscheiden, nun aber darf man die Sparkommissarin markieren. Da freut man sich doch bereits, wenn uns die grüne Stadtratsfraktion erklären wird, warum die freiwilligen Leistungen der Stadt gekürzt werden müssen: für kulturelle Zwecke, für Leistungen im Bereich der OGS, der Schulsozialarbeit, vielleicht der Bücherei und der Musikschule. Ach richtig, man kann ja auch wieder über das Thema Sportplatznutzungsgebühren reden.
Zwischenzeitlich gibt es erste Versuche, die Wahlergebnisse vor dem Hintergrund der Farbenspiele zu interpretieren. Nun fanden die Wahlen in Ostdeutschland statt und wie alle interessierten WahlbeobachterInnen wissen, tickt der ostdeutsche Wähler anders als der Wähler im Westen. Insofern sind einfache Übertragungen der ostdeutschen Erfahrungen in die westdeutsche Erfahrungswelt mit Vorsicht zu genießen. Trotzdem lassen sich Denkanstöße gewinnen, was Schwarzgrün für Wahleffekte auslösen kann.
In Sachsen beispielsweise war der Eindruck entstanden, die Grünen hätten sich bereits auf Schwarz-Grün festgelegt. Das wurde von vielen Grünwählern nicht honoriert. Die Grünen verloren 13.000 Wählerstimmen innerhalb des linken Lagers. Dem standen nur 4.000 Stimmen Zugewinn aus dem bürgerlichen Lager gegenüber. Waren die sächsischen Grünen überzeugt, zuzulegen, so stellten sie am Wahlabend ernüchtert fest, dass sie nur 5,7% erhalten hatten, 0,7% weniger als 2009.
In Thüringen versuchten die Grünen sich sozusagen mittig zwischen Rot und Schwarz zu positionieren. Auch die Äquidistanz hat sich nicht ausgezahlt. Hohen Stimmenverlusten innerhalb des linken Lagers und hin zu den Nichtwählern stehen kaum spürbare Zugewinne aus dem bürgerlichen Lager gegenüber. Auch die Thüringer Grünen haben 5,7% erreicht, 0,5% weniger als 2009.
In Brandenburg hingegen waren die Grünen eindeutig auf Opposition festgelegt. Diese Oppositionsrolle festigten sie mit klaren Positionierungen bei grünen Kernthemen: Gegen Massentierhaltung und für einen Ausstieg aus dem Braunkohletagebau. Die grünen WählerInnen haben diese klare Festlegung auf einen Oppositionsrolle honoriert. Bei diesen drei Landtagswahlen waren es einzig die Brandenburger Grünen, die mit leichten prozentualen Zugewinnen von 0,4% (=6,2%) aufwarten konnten.
Wir bewegen uns hier natürlich im Bereich der kleinen Zahlen, eine statistische Relevanz kann leicht bestritten werden. Trotzdem sind einige Aspekte bedenkenswert und sollten im Westen der Republik als Warnsignal aufgenommen werden:
Schwarzgrüne Bündnisabsichten führen bisher nicht zu substantiellen Stimmengewinnen im bürgerlichen Lager. Vielmehr führen sie zu erkennbaren Verlusten hin zu Parteien des linken Lagers.
Vergleichbar unfruchtbar sind Versuche sich mittig zwischen den Lagern zu positionieren. Es gibt ausreichend Untersuchungen, dass WählerInnen der Grünen und auch weite Teile der grünen Parteimitglieder sich im linken Lager verorten.
Trotzdem hängen weite Teile des grünen Establishments dem Mantra an, dass Opposition Mist sei. Und wie dem halt so ist, wenn man an die Fleischtöpfe der Macht will: da geht viel Programm unterwegs verloren. Das ist für Parteien wie die Grünen, die sich als Programmparteien verstehen, ein verheerendes Signal. Was bleibt von der grünen Partei, wenn das Programm zur Dispositionsmasse in Koalitionsverhandlungen verkommt? Ein Herrschaftsverband wie die FDP, dessen Existenzberechtigung sich in den vergangenen Jahrzehnten nur noch auf die Tatsache des Mehrheitsbeschaffers für die CDU reduzierte?
Auch die regionalen Wahlergebnisse zeigen, dass eine schwarz-grünen Koalition für die grüne Partei (bisher) keine positiven Effekte zeitigt. Die Jamaika-Koalition im Kreistag hat für die grüne Partei in allen Kommunen zu Stimmenverlusten (teilweise knapp 2%) geführt, mit einer einzigen Ausnahme: die Pulheimer Grünen konnten sich dem Trend entziehen, aber diese hatten auch eine Sonderkonjunktur, denn ihre Erfolgsbilanz wurde durch die Einführung der Brauweiler Gesamtschule verschönert.
Was aber bleibt vom grünen Programm auf lokaler / auf regionaler Ebene, nachdem der Atomausstieg gegessen ist? Die Energiewende ist sperrig, ist bundespolitisch und wird nur dann lokal, wenn sich Bürgerinitiativen gegen den Bau von Hochspannungsmasten und Windrädern bilden. Da kommt die Grüne Partei in die Bredouille.
Und sonst? Richtig, die programmatische Luft wird dünne, die Themen zerfasern, was dem einen ein Herzensanliegen, ist dem anderen Verhandlungsmasse.
Die Grünen werden plötzlich als beliebig erlebt, alles ist möglich, aber nichts ist zwingend und dringend.
In den vergangenen Wochen wurden in einigen Kommunen des Rhein-Erft-Kreises schwarz-grüne Bündnisse abgeschlossen. Alle grünen Ortsverbände haben ein Hohelied auf die „grüne Handschrift“ im Koalitionsvertrag gesungen. Damit ist es nicht weit her – so wollten die Hürther Grünen als erste Maßnahme die bereits beschlossene Gesamtschule auf 2 Standorte aufteilen – pädagogisch / organisatorisch und finanziell ein Unfug größten Ausmaßes, aber auf dem Altar des schwarz-grünen Bündnisses wurde wohl als allererstes die Vernunft geopfert.
Das lässt für Frechen das Schlimmste erahnen, sollten die Frechener Grünen das Thema „Koalitionsverhandlungen“ weitertreiben. Verschärfend kommt in Frechen hinzu, dass heute öffentlich wurde, dass im Etat der Stadt für 2014 bereits 13 Millionen fehlen, da bereits vereinnahmte Gewerbesteuer zurückbezahlt werden muss. Ein Gewerbesteuerzahler, der den Totalausfall der RWE ausgleichen könnte ist auch nicht in Sicht, folglich muss in den kommenden Jahren mit totaler Ebbe im städtischen Haushalt gerechnet werden. Wollen wir wetten: das Sparen wird zur obersten Priorität und die Frechener Grünen werden die Ehre haben, die Einsparvorschläge der Verwaltung mitzutragen, man ist ja der Koalition verpflichtet und muss sich beweisen. Eine wunderbare Situation. Seit 3 Jahrzehnten in der Politik, nie durfte man über die Ausgaben der Stadt mitentscheiden, nun aber darf man die Sparkommissarin markieren. Da freut man sich doch bereits, wenn uns die grüne Stadtratsfraktion erklären wird, warum die freiwilligen Leistungen der Stadt gekürzt werden müssen: für kulturelle Zwecke, für Leistungen im Bereich der OGS, der Schulsozialarbeit, vielleicht der Bücherei und der Musikschule. Ach richtig, man kann ja auch wieder über das Thema Sportplatznutzungsgebühren reden.
Thema: Buergermeisterwahl 2015
22. September 14 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Im französischen politischen Sprachgebrauch gibt es den Begriff der „banlieue rouge“ (rote Vorstädte) oder gleichwertig des „centure rouge“ (roter Gürtel), womit die französischen Kommunen rund um Paris gemeint waren, die ab den 1920ern mehrheitlich von der Arbeiterklasse bewohnt wurden und die über Jahrzehnte in ihrer Mehrheit für die französische kommunistische Partei gestimmt haben.
Bei einer Wahlanalyse der Stadt Frechen in den letzten Jahren könnte man in einer weitgefassten Analogiebildung von einem schwarzen Gürtel sprechen, der die Kernstadt umfasst. Der schwarze Gürtel besteht aus den Ortsteilen Königsdorf, Buschbell/Hücheln, Bachem, Habbelrath und Grefrath, die der hiesigen CDU seit mehr als 10 Jahren ihre Mehrheiten verschafft haben.
Da im Mai 2015 die Bürgermeisterwahl stattfindet, kann es sich lohnen diese politische Struktur genauer zu analysieren.
Die fünf Ortsteile stellten bereits 2009 mit 20.701 Wahlberechtigten 52% aller Wahlberechtigten, wobei durch den Ausbau Königsdorfs sich der Schwerpunkt noch etwas stärker in den schwarzen Gürtel verschoben haben dürfte.
Eine erste Auffälligkeit bei einer näheren Betrachtung der Zahlen ergibt sich bei der Wahlbeteiligung. Im schwarzen Gürtel sind fast 58% aller Wahlberechtigten zur Wahl gegangen, in der Kernstadt nur gut 50%. Betrachtet man das CDU-Ergebnis, so wird die Bedeutung des schwarzen Gürtels für die Partei erkennbar, denn hier holte sie 60% ihrer Stimmen, in der Kernstadt nur 40%. Das Verhältnis bei der SPD war etwas ausgeglichener, wenn auch aus anderen Gründen: die SPD holte 52% ihrer Stimmen in der Kernstadt und 48% im schwarzen Gürtel.
Schaut man dann auf die Stimmverteilung zwischen den Parteien, so zeigt sich die Stärke des schwarzen Gürels. Im schwarzen Gürtel erhielt die CDU 52% aller abgegebenen Stimmen, die SPD hingegen nur gut 26%. Denkt man in den großen politischen Lagern, also das Rot-Grüne gegen das Schwarz-Gelb Lager (inklusive der Perspektive) so holt das Schwarz-Gelbe Lager im schwarzen Gürtel knapp 62% der Stimmen, das Rot-Grüne dagegen nur 38%.
Die Verhältnisse in der Innenstadt gestalten sich deutlich anders: im direkten Parteienvergleich holte die CDU gut 41% der Stimmen und die SPD 37%. Denkt man dagegen wieder in Lagerstrukturen, so ergibt sich ein kaum mehr spürbarer Vorsprung für das Schwarz-Gelbe Lager. Hier 50,6%, bei Rot-Grün 49,3%.
Strukturell entscheidend aber ist für die CDU das gute Abschneiden im schwarzen Gürtel, verknüpft mit der dort deutlich höheren Wahlbeteiligung. 2009 hätte der SPD-Kandidat seinen realen Stimmenanteil in der Innenstadt verdoppeln müssen, um seinen Rückstand resultierend aus dem Ergebnis des Schwarzen Gürtels zu egalisieren.
Unvorstellbar! Unerreichbar!
Für die SPD stellt sich die Situation auch deshalb so negativ dar, da sie im linken Lager an Bindungsfähigkeit verloren hat. Als 1999 Jürgen Schaufuß gegen Hans Willy Meier die Bürgermeisterwahl verlor, vereinte die SPD noch 91% der Stimmen des linken Lagers. Bei der Wahl 2004 konnte die SPD noch 86% der Wähler des linken Lagers an sich binden, 2009 sank der Anteil auf gerade noch 72%.
Daraus lassen sich bereits heute einige Schlussfolgerungen ziehen, ohne dass es von Relevanz ist, mit welcher Person die SPD in den Wahlkampf ziehen will.
1. Der SPD muss es gelingen, die Wahlbeteiligung in der Kernstadt substantiell zu erhöhen. Hier muss man nur an die SPD-Ministerpräsidentin erinnern, die den Straßenwahlkampf als zentrales Element begreift, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Es gibt sozialdemokratische Erfahrungen aus dem letzten Frechener Kommunalwahlkampf, die belegen, dass ein gut gemachter Stadtteilwahlkampf zum Erfolg führen kann.
2. Die SPD benötigt einen Kandidaten, eine Kandidatin, die im grünen / im linken Lager wählbar ist. Das kann beispielsweise bedeuten, dass ein sozialdemokratischer Kandidat sich als „eigenständiger Kopf“ profiliert, der Ideen umsetzen will, die in der eigenen Partei möglicherweise noch umstritten sind, aber für GrünwählerInnen einen hohen Stellenwert haben.
3. Die SPD benötigt „eine Erzählung“, die einerseits auf die grundlegenden sozialdemokratischen Werte referiert (das links-progressive Profil der Partei betont) und andererseits die Vision einer „sozialdemokratischen Stadt der Zukunft“ vermittelt. Um verständlich zu machen, worum es hierbei geht, muss nochmals an Hannelore Kraft erinnert werden, die im Landtagswahlkampf 2009 das Thema „vorsorgende Sozialpolitik“ wieder salonfähig gemacht hat. Vorsorgende Sozialpolitik, die heute kostet, aber den Menschen und der Gesellschaft langfristig nützt, diese Erzählung trug ihren Wahlkampf und ermöglichte auch den Sieg der lokalen SPD-KandidatInnen im Landtagswahlkampf 2010.
Vorsorgende Sozialpolitik ist jedoch kein Thema, um in einem Kommunalwahlkampf zu punkten, dazu ist der sozialpolitische Handlungsspielraum einer Kommune zu gering.
Was in den kommenden Jahren indes alle Kommunen beschäftigen wird ist die Entwicklung der Schullandschaft. Die Landesregierung hat einige Vorlagen gegeben, die nutzbar sind.
So forciert die Landesregierung mit dem 9.Schulrechtsänderungsgesetz die schulische Inklusion. Was muss in Frechen für eine erfolgreiche Umsetzung getan werden? Hier sind viele Felder noch unbearbeitet.
Um auf den Niedergang der Hauptschulen zu reagieren hat die Landesregierung das Tor für Neugründungen von Gesamtschulen weit aufgestoßen. Der kurzfristige Bedarf in Frechen für diese Schulform ist vorhanden. Alleine mit diesem Thema ließe sich ein Wahlkampf gestalten. Und, dieser Aspekt ist nicht gering zu achten: ein klares Bekenntnis zum sofortigen Start einer Gesamtschule könnte der SPD ermöglichen im grünlinken Lager zu wildern.
Es gibt sicherlich noch weitere Themen, die es einem sozialdemokratischen Kandidaten ermöglichen würden, sich vom rechten Lager abzugrenzen und ein eigenständiges Profil zu entwickeln. Unbeantwortet bleibt dabei die Frage: will der künftige Kandidat der SPD diesen Weg gehen, bzw. will ihn die lokale SPD auf diesem Weg unterstützen?
Sollte sich der SPD-Wahlkampf wie 2009 im lokalen Kleinklein erschöpfen, so ist die Niederlage bereits jetzt strukturell vorgezeichnet, denn bei einem Kleinklein-Wahlkampf wird der schwarze Gürtel die Wahl entscheiden, wie 1999, 2004 und 2009.
Bei einer Wahlanalyse der Stadt Frechen in den letzten Jahren könnte man in einer weitgefassten Analogiebildung von einem schwarzen Gürtel sprechen, der die Kernstadt umfasst. Der schwarze Gürtel besteht aus den Ortsteilen Königsdorf, Buschbell/Hücheln, Bachem, Habbelrath und Grefrath, die der hiesigen CDU seit mehr als 10 Jahren ihre Mehrheiten verschafft haben.
Da im Mai 2015 die Bürgermeisterwahl stattfindet, kann es sich lohnen diese politische Struktur genauer zu analysieren.
Die fünf Ortsteile stellten bereits 2009 mit 20.701 Wahlberechtigten 52% aller Wahlberechtigten, wobei durch den Ausbau Königsdorfs sich der Schwerpunkt noch etwas stärker in den schwarzen Gürtel verschoben haben dürfte.
Eine erste Auffälligkeit bei einer näheren Betrachtung der Zahlen ergibt sich bei der Wahlbeteiligung. Im schwarzen Gürtel sind fast 58% aller Wahlberechtigten zur Wahl gegangen, in der Kernstadt nur gut 50%. Betrachtet man das CDU-Ergebnis, so wird die Bedeutung des schwarzen Gürtels für die Partei erkennbar, denn hier holte sie 60% ihrer Stimmen, in der Kernstadt nur 40%. Das Verhältnis bei der SPD war etwas ausgeglichener, wenn auch aus anderen Gründen: die SPD holte 52% ihrer Stimmen in der Kernstadt und 48% im schwarzen Gürtel.
Schaut man dann auf die Stimmverteilung zwischen den Parteien, so zeigt sich die Stärke des schwarzen Gürels. Im schwarzen Gürtel erhielt die CDU 52% aller abgegebenen Stimmen, die SPD hingegen nur gut 26%. Denkt man in den großen politischen Lagern, also das Rot-Grüne gegen das Schwarz-Gelb Lager (inklusive der Perspektive) so holt das Schwarz-Gelbe Lager im schwarzen Gürtel knapp 62% der Stimmen, das Rot-Grüne dagegen nur 38%.
Die Verhältnisse in der Innenstadt gestalten sich deutlich anders: im direkten Parteienvergleich holte die CDU gut 41% der Stimmen und die SPD 37%. Denkt man dagegen wieder in Lagerstrukturen, so ergibt sich ein kaum mehr spürbarer Vorsprung für das Schwarz-Gelbe Lager. Hier 50,6%, bei Rot-Grün 49,3%.
Strukturell entscheidend aber ist für die CDU das gute Abschneiden im schwarzen Gürtel, verknüpft mit der dort deutlich höheren Wahlbeteiligung. 2009 hätte der SPD-Kandidat seinen realen Stimmenanteil in der Innenstadt verdoppeln müssen, um seinen Rückstand resultierend aus dem Ergebnis des Schwarzen Gürtels zu egalisieren.
Unvorstellbar! Unerreichbar!
Für die SPD stellt sich die Situation auch deshalb so negativ dar, da sie im linken Lager an Bindungsfähigkeit verloren hat. Als 1999 Jürgen Schaufuß gegen Hans Willy Meier die Bürgermeisterwahl verlor, vereinte die SPD noch 91% der Stimmen des linken Lagers. Bei der Wahl 2004 konnte die SPD noch 86% der Wähler des linken Lagers an sich binden, 2009 sank der Anteil auf gerade noch 72%.
Daraus lassen sich bereits heute einige Schlussfolgerungen ziehen, ohne dass es von Relevanz ist, mit welcher Person die SPD in den Wahlkampf ziehen will.
1. Der SPD muss es gelingen, die Wahlbeteiligung in der Kernstadt substantiell zu erhöhen. Hier muss man nur an die SPD-Ministerpräsidentin erinnern, die den Straßenwahlkampf als zentrales Element begreift, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen. Es gibt sozialdemokratische Erfahrungen aus dem letzten Frechener Kommunalwahlkampf, die belegen, dass ein gut gemachter Stadtteilwahlkampf zum Erfolg führen kann.
2. Die SPD benötigt einen Kandidaten, eine Kandidatin, die im grünen / im linken Lager wählbar ist. Das kann beispielsweise bedeuten, dass ein sozialdemokratischer Kandidat sich als „eigenständiger Kopf“ profiliert, der Ideen umsetzen will, die in der eigenen Partei möglicherweise noch umstritten sind, aber für GrünwählerInnen einen hohen Stellenwert haben.
3. Die SPD benötigt „eine Erzählung“, die einerseits auf die grundlegenden sozialdemokratischen Werte referiert (das links-progressive Profil der Partei betont) und andererseits die Vision einer „sozialdemokratischen Stadt der Zukunft“ vermittelt. Um verständlich zu machen, worum es hierbei geht, muss nochmals an Hannelore Kraft erinnert werden, die im Landtagswahlkampf 2009 das Thema „vorsorgende Sozialpolitik“ wieder salonfähig gemacht hat. Vorsorgende Sozialpolitik, die heute kostet, aber den Menschen und der Gesellschaft langfristig nützt, diese Erzählung trug ihren Wahlkampf und ermöglichte auch den Sieg der lokalen SPD-KandidatInnen im Landtagswahlkampf 2010.
Vorsorgende Sozialpolitik ist jedoch kein Thema, um in einem Kommunalwahlkampf zu punkten, dazu ist der sozialpolitische Handlungsspielraum einer Kommune zu gering.
Was in den kommenden Jahren indes alle Kommunen beschäftigen wird ist die Entwicklung der Schullandschaft. Die Landesregierung hat einige Vorlagen gegeben, die nutzbar sind.
So forciert die Landesregierung mit dem 9.Schulrechtsänderungsgesetz die schulische Inklusion. Was muss in Frechen für eine erfolgreiche Umsetzung getan werden? Hier sind viele Felder noch unbearbeitet.
Um auf den Niedergang der Hauptschulen zu reagieren hat die Landesregierung das Tor für Neugründungen von Gesamtschulen weit aufgestoßen. Der kurzfristige Bedarf in Frechen für diese Schulform ist vorhanden. Alleine mit diesem Thema ließe sich ein Wahlkampf gestalten. Und, dieser Aspekt ist nicht gering zu achten: ein klares Bekenntnis zum sofortigen Start einer Gesamtschule könnte der SPD ermöglichen im grünlinken Lager zu wildern.
Es gibt sicherlich noch weitere Themen, die es einem sozialdemokratischen Kandidaten ermöglichen würden, sich vom rechten Lager abzugrenzen und ein eigenständiges Profil zu entwickeln. Unbeantwortet bleibt dabei die Frage: will der künftige Kandidat der SPD diesen Weg gehen, bzw. will ihn die lokale SPD auf diesem Weg unterstützen?
Sollte sich der SPD-Wahlkampf wie 2009 im lokalen Kleinklein erschöpfen, so ist die Niederlage bereits jetzt strukturell vorgezeichnet, denn bei einem Kleinklein-Wahlkampf wird der schwarze Gürtel die Wahl entscheiden, wie 1999, 2004 und 2009.
Thema: Inklusion
17. September 14 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Es handelt sich nicht gerade um eine Lektüreempfehlung, aber auch ein Koalitionsvertrag kann mit Gewinn gelesen werden. Zumindest mit einem Zugewinn an Information.
Im Frechener Stadtrat wurde vor kurzem die Schließung der Anne-Frank-Förderschule zum Ende des Schuljahres beschlossen. In dieser Vorlage wurde die Alternativlosigkeit der Schließung auch damit begründet, dass Kooperationsangebote an den Kreis von diesem abgelehnt worden seien.
Nun braucht man sich keinen Illusionen hingeben. Die Anne-Frank-Schule muss geschlossen werden, da Eltern förderbedürftiger Kinder mit den Füssen abgestimmt haben. Soll heißen: diese Eltern wollen ihre Kinder an Regelschulen unterrichtet sehen, nicht an Förderschulen.
Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu erkennen, dass dieser Trend auch vor den Förderschulen des Kreises keinen Halt machen wird. Die Folgen sind absehbar: auch die Förderschulen des Kreises müssen mit in den kommenden Jahren mit stark rückläufigen Kinderzahlen rechnen. Die Existenz vieler Förderschulen im Kreis ist gefährdet. Wenn nicht schon heute, dann spätestens in drei bis vier Jahren.
Bereits im vergangenen Jahr sind in vielen Kommunen des Kreises Förderschulen geschlossen oder zusammengelegt (Wesseling/Hürth/Brühl, Kerpen und Erftstadt sowie Bergheim mit mit den kleineren Nordkreiskommunen) worden. Man redet von Kooperationen, die vereinbart wurden, dabei sind es Operationen am offenen Herzen, Notmaßnahmen um die Lebenszeit einzelner Förderschulen künstlich zu verlängern. Den Preis dieser Maßnahmen müssen oft genug die betroffenen Kinder und ihre Familien tragen, denn deren Fahrtzeiten zu den Förderschulen verlängern sich dadurch nicht unwesentlich.
Es ist kaum anzunehmen, dass die längeren Fahrtzeiten zu Steigerung der Popularität der Förderschulen beitragen werden.
Wenn man aber diese Effekte bereits vor Augen hat, wie kann man dann in einen Koalitionsvertrag diese Sätze hineinschreiben?
a.) Es gibt eine Rechtslage, die das Recht des Kindes in den Vordergrund stellt: das Recht des Kindes auf Beschulung in einer Regelschule. Formal gilt sogar: dieses Recht des Kindes kann sogar den Elternwillen (bei der Wahl der Schule) brechen.
b.) Es gibt einen dokumentierten Elternwillen, der sich darin ausdrückt, dass immer weniger Eltern ihre Kinder auf Förderschulen anmelden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass immer mehr förderbedürftige Kinder an Regelschulen unterkommen wollen und müssen.
c.) Bei diesem Thema nachfrageorientiert zu argumentieren, wirkt an dieser Stelle etwas deplatziert. Es gibt keinen von Angebot und Nachfrage gesteuerten Markt, der hier, im liberalen Duktus gesprochen, segensbringend funktionieren würde. Bis vor zwei Jahren wurden förderbedürftige Kinder zwangsweise einer Förderschule zugewiesen. ZWANGSWEISE! Die Nachfrage nach Förderschulplätzen entstand nicht, weil Eltern das so wollten, sondern weil man ihre Kinder einer bestimmten Förderschule zugewiesen hat. Man hat aber auch diese Zwangsmaßnahmen sicherlich damals bereits mit dem Kindswohl begründet.
d.) Fiel eine Förderbedürftigkeit eines Kindes erst im Laufe der Schulzeit auf, so konnte bisher die Schule die „Feststellung des Förderbedarfes“ beim zuständigen Amt veranlassen. Auch das ist vorbei. Es bleibt nun Eltern überlassen, ob sie einen besonderen Förderbedarf amtlich festgestellt sehen wollen oder nicht. Noch vor zwei Jahren führte dieses Verfahren dazu, dass Kinder von Amts wegen aus den Regelschulen herausgenommen und zwangsweise einer Förderschule zugewiesen wurden. Vorbei, passé, auch diese Form der von Regelschulen und Ämtern in friedlicher Eintracht produzierten Nachfrage nach Förderschulen gibt es nicht mehr.
Die Jamaika-Koalition will aber „das Förderschulangebot des Kreises (…) im Umfang der Nachfrage erhalten (…), um Wahlfreiheit zu sichern“
Das ist Unsinn. Eine aktive Nachfrage nach Förderschulen ist, wenn wir das Thema Mehrfachbehinderungen in dieser Debatte vorläufig ausblenden, kaum spürbar.
Und wenn auf das Thema der Wahlfreiheit referiert wird, so muss der Fokus nicht auf den Förderschulen liegen, sondern auf den Regelschulen. Wirkliche Wahlfreiheit bedeutet doch wohl, dass die Regelschulen fähig und willens sind, förderbedürftige Kinder aufzunehmen und zu fördern. Was unternimmt der Kreis, um Regelschulen bei der Umsetzung der Inklusion zu helfen? Welche Pläne hat die Jamaika-Koalition?
Der Koalitionsvertrag erweckt den Eindruck kompletter Ahnungslosigkeit bei den Jamaika-Abgeordneten. Sollten die Formulierung nicht Produkt kollektiver Ahnungslosigkeit sein, so ist sogar noch Schlimmeres zu vermuten.
Das wundert einen ja nicht unbedingt bei CDU und FDP – aber was für ein trauriges Bild geben die Kreisgrünen bei diesem Thema ab?
Im Frechener Stadtrat wurde vor kurzem die Schließung der Anne-Frank-Förderschule zum Ende des Schuljahres beschlossen. In dieser Vorlage wurde die Alternativlosigkeit der Schließung auch damit begründet, dass Kooperationsangebote an den Kreis von diesem abgelehnt worden seien.
Nun braucht man sich keinen Illusionen hingeben. Die Anne-Frank-Schule muss geschlossen werden, da Eltern förderbedürftiger Kinder mit den Füssen abgestimmt haben. Soll heißen: diese Eltern wollen ihre Kinder an Regelschulen unterrichtet sehen, nicht an Förderschulen.
Man braucht kein Hellseher zu sein, um zu erkennen, dass dieser Trend auch vor den Förderschulen des Kreises keinen Halt machen wird. Die Folgen sind absehbar: auch die Förderschulen des Kreises müssen mit in den kommenden Jahren mit stark rückläufigen Kinderzahlen rechnen. Die Existenz vieler Förderschulen im Kreis ist gefährdet. Wenn nicht schon heute, dann spätestens in drei bis vier Jahren.
Bereits im vergangenen Jahr sind in vielen Kommunen des Kreises Förderschulen geschlossen oder zusammengelegt (Wesseling/Hürth/Brühl, Kerpen und Erftstadt sowie Bergheim mit mit den kleineren Nordkreiskommunen) worden. Man redet von Kooperationen, die vereinbart wurden, dabei sind es Operationen am offenen Herzen, Notmaßnahmen um die Lebenszeit einzelner Förderschulen künstlich zu verlängern. Den Preis dieser Maßnahmen müssen oft genug die betroffenen Kinder und ihre Familien tragen, denn deren Fahrtzeiten zu den Förderschulen verlängern sich dadurch nicht unwesentlich.
Es ist kaum anzunehmen, dass die längeren Fahrtzeiten zu Steigerung der Popularität der Förderschulen beitragen werden.
Wenn man aber diese Effekte bereits vor Augen hat, wie kann man dann in einen Koalitionsvertrag diese Sätze hineinschreiben?
Zurzeit wird die Thematik der schulischen Inklusion im Rahmen einer gemeinsamen Schulentwicklungsplanung von Kommunen und Kreis erarbeitet. Die Koalitionsfraktionen orientieren sich dabei am Elternwillen und Kindeswohl. Das Förderschulangebot des Kreises soll im Umfang der Nachfrage erhalten bleiben, um Wahlfreiheit zu sichern.Man muss das Geschwurbsel mal auflösen, um zu verstehen, was nicht mehr wirklich zu verstehen ist:
a.) Es gibt eine Rechtslage, die das Recht des Kindes in den Vordergrund stellt: das Recht des Kindes auf Beschulung in einer Regelschule. Formal gilt sogar: dieses Recht des Kindes kann sogar den Elternwillen (bei der Wahl der Schule) brechen.
b.) Es gibt einen dokumentierten Elternwillen, der sich darin ausdrückt, dass immer weniger Eltern ihre Kinder auf Förderschulen anmelden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass immer mehr förderbedürftige Kinder an Regelschulen unterkommen wollen und müssen.
c.) Bei diesem Thema nachfrageorientiert zu argumentieren, wirkt an dieser Stelle etwas deplatziert. Es gibt keinen von Angebot und Nachfrage gesteuerten Markt, der hier, im liberalen Duktus gesprochen, segensbringend funktionieren würde. Bis vor zwei Jahren wurden förderbedürftige Kinder zwangsweise einer Förderschule zugewiesen. ZWANGSWEISE! Die Nachfrage nach Förderschulplätzen entstand nicht, weil Eltern das so wollten, sondern weil man ihre Kinder einer bestimmten Förderschule zugewiesen hat. Man hat aber auch diese Zwangsmaßnahmen sicherlich damals bereits mit dem Kindswohl begründet.
d.) Fiel eine Förderbedürftigkeit eines Kindes erst im Laufe der Schulzeit auf, so konnte bisher die Schule die „Feststellung des Förderbedarfes“ beim zuständigen Amt veranlassen. Auch das ist vorbei. Es bleibt nun Eltern überlassen, ob sie einen besonderen Förderbedarf amtlich festgestellt sehen wollen oder nicht. Noch vor zwei Jahren führte dieses Verfahren dazu, dass Kinder von Amts wegen aus den Regelschulen herausgenommen und zwangsweise einer Förderschule zugewiesen wurden. Vorbei, passé, auch diese Form der von Regelschulen und Ämtern in friedlicher Eintracht produzierten Nachfrage nach Förderschulen gibt es nicht mehr.
Die Jamaika-Koalition will aber „das Förderschulangebot des Kreises (…) im Umfang der Nachfrage erhalten (…), um Wahlfreiheit zu sichern“
Das ist Unsinn. Eine aktive Nachfrage nach Förderschulen ist, wenn wir das Thema Mehrfachbehinderungen in dieser Debatte vorläufig ausblenden, kaum spürbar.
Und wenn auf das Thema der Wahlfreiheit referiert wird, so muss der Fokus nicht auf den Förderschulen liegen, sondern auf den Regelschulen. Wirkliche Wahlfreiheit bedeutet doch wohl, dass die Regelschulen fähig und willens sind, förderbedürftige Kinder aufzunehmen und zu fördern. Was unternimmt der Kreis, um Regelschulen bei der Umsetzung der Inklusion zu helfen? Welche Pläne hat die Jamaika-Koalition?
Der Koalitionsvertrag erweckt den Eindruck kompletter Ahnungslosigkeit bei den Jamaika-Abgeordneten. Sollten die Formulierung nicht Produkt kollektiver Ahnungslosigkeit sein, so ist sogar noch Schlimmeres zu vermuten.
Das wundert einen ja nicht unbedingt bei CDU und FDP – aber was für ein trauriges Bild geben die Kreisgrünen bei diesem Thema ab?