Thema: Umwelt
17. September 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
In der Liste der von der Netzentgelten und EEG-Umlage befreiten Unternehmen in NRW befinden sich zwei Frechener Filialen bundesweit tätiger Handelsunternehmen:
Die Aldi-Niederlassung in der Bonnstraße zahlt ebensowenig für die Energiewende wie die Raab-Karcher-Filiale in der Europaallee.
Ursprünglich war eine Freistellung von Netzengelten und EEG-Umlage nur für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen vorgesehen gewesen. Zwischenzeitlich ist es der schwarz-gelben Koalition gelungen, die ursprünglichen Intentionen so zu verhunzen, dass sich anscheinend fast jedes Unternehmen von den Kosten der Energiewende befreien lassen kann.
In der Summe zahlen nun private Verbraucher und kleine Unternehmen dafür, dass Großunternehmen sich ihren Verpflichtungen, dank der besonderen Unterstützung der schwarz-gelben Koalition, entziehen können. Statt weniger hundert Unternehmen sind zwischenzeitlich über 5.000 von Umlage und Netzentgelten (teil-)befreit.
Der größte Hohn nun: erst sorgt die schwarz-gelebe Koalition dafür, dass den Kleinabnehmern alle Kosten der Energiewende aufgehalst werden, um anschließend zu erklären, das ganze Gesetz sei Mist und müsse abgeschafft werden. Vielleicht sollte man erst einmal wieder der Gleichheit vor dem Gesetz Geltung verschaffen und alle zur Finanzierung der Energiewende heranziehen, bevor man über die Qualität des Gesetzes urteilt. Man stelle sich vor, die FDP würde allen Fahrrädern die Räder abschrauben und dann erklären, der Bau von Fahrradwegen sei doof … klingt so, als sollte man verschaukelt werden, und genau das ist es, was aktuell praktiziert wird.
Übrigens sind auch die RWE Power Niederlassungen in Frechen, Hürth, Kerpen und Erftstadt von Netzentgelten und EEG-Umlage (teil-)befreit. Da freut sich doch der Kleinkunde, denn einerseits trommelt der RWE-Vorstand Terium an allen Fronten, dass er dringend staatlicher Subventionen bedürfe, um seine unrentablen Kraftwerke als „eiserne Reserve“ im Netz zu halten. Eine „eiserne Reserve“ sei aus Gründen der Versorgungssicherheit nötig, und die hierfür anfallenden Kosten könnten die Erzeuger nicht tragen, so argumentiert er. Andererseits aber läßt das Unternehmen seine Standorte von Netzentgelten und EEG-Umlage befreien. Wir Kleinkunden können uns also darauf einstellen, zukünftig zusätzlich noch eine „Versorgungssicherheitszulage“ zu zahlen, sozusagen den RWE-Zuschlag für längst abgeschriebene Altkraftwerke, währenddessen die RWE sich gleichzeitig aller Zahlungsverpflichtungen der Energiewende entzieht.
Das macht richtig froh.
Die Aldi-Niederlassung in der Bonnstraße zahlt ebensowenig für die Energiewende wie die Raab-Karcher-Filiale in der Europaallee.
Ursprünglich war eine Freistellung von Netzengelten und EEG-Umlage nur für energieintensive und im internationalen Wettbewerb stehende Unternehmen vorgesehen gewesen. Zwischenzeitlich ist es der schwarz-gelben Koalition gelungen, die ursprünglichen Intentionen so zu verhunzen, dass sich anscheinend fast jedes Unternehmen von den Kosten der Energiewende befreien lassen kann.
In der Summe zahlen nun private Verbraucher und kleine Unternehmen dafür, dass Großunternehmen sich ihren Verpflichtungen, dank der besonderen Unterstützung der schwarz-gelben Koalition, entziehen können. Statt weniger hundert Unternehmen sind zwischenzeitlich über 5.000 von Umlage und Netzentgelten (teil-)befreit.
Der größte Hohn nun: erst sorgt die schwarz-gelebe Koalition dafür, dass den Kleinabnehmern alle Kosten der Energiewende aufgehalst werden, um anschließend zu erklären, das ganze Gesetz sei Mist und müsse abgeschafft werden. Vielleicht sollte man erst einmal wieder der Gleichheit vor dem Gesetz Geltung verschaffen und alle zur Finanzierung der Energiewende heranziehen, bevor man über die Qualität des Gesetzes urteilt. Man stelle sich vor, die FDP würde allen Fahrrädern die Räder abschrauben und dann erklären, der Bau von Fahrradwegen sei doof … klingt so, als sollte man verschaukelt werden, und genau das ist es, was aktuell praktiziert wird.
Übrigens sind auch die RWE Power Niederlassungen in Frechen, Hürth, Kerpen und Erftstadt von Netzentgelten und EEG-Umlage (teil-)befreit. Da freut sich doch der Kleinkunde, denn einerseits trommelt der RWE-Vorstand Terium an allen Fronten, dass er dringend staatlicher Subventionen bedürfe, um seine unrentablen Kraftwerke als „eiserne Reserve“ im Netz zu halten. Eine „eiserne Reserve“ sei aus Gründen der Versorgungssicherheit nötig, und die hierfür anfallenden Kosten könnten die Erzeuger nicht tragen, so argumentiert er. Andererseits aber läßt das Unternehmen seine Standorte von Netzentgelten und EEG-Umlage befreien. Wir Kleinkunden können uns also darauf einstellen, zukünftig zusätzlich noch eine „Versorgungssicherheitszulage“ zu zahlen, sozusagen den RWE-Zuschlag für längst abgeschriebene Altkraftwerke, währenddessen die RWE sich gleichzeitig aller Zahlungsverpflichtungen der Energiewende entzieht.
Das macht richtig froh.
Thema: Bundestagswahl 2013
16. September 13 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Wenn man die offiziellen Stimmen hört, dann eher nicht, denn: „die Uhren in Bayern ticken anders.“ Tick-tack, Tick-tack.
Neugierig, aber ohne Anspruch auf statistische Relevanz, genügt aber ein Blick auf die Ergebnisse der städtischen Wahlkreise Augsburg, Nürnberg und München, um doch ins Grübeln zu geraten:
Wir reden hier von 14 Wahlkreisen, wovon 13 Wahlkreise einen CSU-Kandidaten direkt in den Landtag gewählt haben. Eine Additiion der Erststimmen von SPD und Grünen ergibt aber, dass insgesamt 9 Wahlkreise direkt von der Opposition hätten gewonnen werden können, wenn die Erststimmen der GrünwählerInnen auf den SPD-Kandidaten übertragen worden wären.
Sind sie aber nicht. In diesen 14 betrachteten Wahlkreisen haben Grün-Wähler mit der Erst- und der Zweitstimme grün gewählt.
Da gibt es nun verschiedene Erklärungsansätze.
Es kann sein, dass es bei den bayerischen Grünen nicht das Gefühl gab, dass eine Erststimme für den SPD-Kandidaten viel bringen wird. Tenor: „Der wird den Wahlkreis eh nicht gewinnen.“
Ein weiterer Erklärungsansatz lautet, dass die SPD in ihrer derzeitigen Verfassung keine programmatische Anziehungskraft für GrünwählerInnen entwickelt. Grüne Kernanliegen sind weder mit einer CDU noch einer SPD einfach umzusetzen. Energiewende? Klar, wollen beide, aber den Energiemonopolisten weh tun, hier im rheinischen Revier bspw. die Braunkohleverstromung in Frage stellen, das will keine der beiden großen Parteien.
Oder das Thema Mobilität: da treffen sich die beiden Großen ohne Probleme. Hier vor Ort planen sie schon den vierten Kölner Ring von Niehl über Pulheim, Frechen und Hürth, fordern den vierspurigen Ausbau der Bonner Straße usw. Die Liste von geplanten oder erhofften Straßenbauprojekten in der Region ist Legion.
Andererseits fehlen Bund, Land, Kreis und Kommunen jetzt bereits die Haushaltsmittel, um das existierende Straßennetz in Schuss zu halten. In sich ist das also unschlüssig, aber, da Neubau / Ausbau besser klingt als "reparieren" und die großen Parteien sich beide als „Infrastrukturparteien“ verstehen, deren Fokus bei den Autofahrern liegt, ist Straßenneubau ein Punkt in dem sich die beiden leicht treffen.
Wer aber vor dem Hintergrund der mit dem Verkehr verbundenen Belastungen (Landschaftsverbrauch, Lärm, Kosten) fordert, den ÖPNV auszubauen, in „Fahrrad“ zu investieren, der wird immer noch milde belächelt.
Die Liste der Punkte, bei denen es aus Sicht eines Grün-Wählers /einer Grün-Wählerin, ziemlich egal ist, wer die Wahl gewinnt, wer das Dirketmandat erhält, ist also lange.
Klar, es gibt andere Politikfelder, wo sie SPD und Grüne deutlich näher sind, aber diese Punkte spielen in diesem Wahlkampf keine überragende Rolle, wie überhaupt grüne Kernanliegen es kaum auf die große Bühne geschafft haben.
Lange Jahre ging man in der SPD trotzdem davon aus, dass Grün-WählerInnen aus prinzipieller Nähe zur SPD ihre Erststimme auf den SPD-Kandidaten übertragen würden. Das hat auch so funktioniert. Bei einer genaueren Analyse der vergangenen Bundes- und Landtagswahlen in Frechen stellt man aber fest, dass der Stimmenübertrag immer schlechter klappt.
Bei der Bundestagswahl 2005 gaben 55% derjenigen, die den Grünen die Zweitstimme gaben, ihre Erststimme einer anderen Kandidatin, vermutlich der SPD-Kandidatin. Bei der Bundestagswahl 2009 lag die Transferrate noch bei 29%, bei der Landtagswahl 2010 bei 22% und bei der Landtagswahl 2012 bei gerade mal 16%. Tendenz: stark fallend.
Das hat bei der Landtagswahl 2012, als die SPD die Direktmandate im Kreis alle gewann, keine entscheidende Rolle gespielt, da die CDU mit einem massiven Mobilisierungsproblem zu kämpfen hatte. Bei einer „normalen“ Mobilisierung aber wäre der Wahlkreis nicht an die SPD-Kandidatin gefallen, sondern bei der CDU geblieben. Denn, das sei hier nur am Rande erwähnt: der Stimmentransfer hin zum CDU-Kandidaten innerhalb des bürgerlichen Lagers funktioniert bei Bundes- und Landtagswahlen bisher immer noch anstandslos.
Wenn also die SPD das Direktmandat im Wahlkreis Rhein-Erft 1 haben will, so kann sie sich heutzutage nicht mehr damit begnügen, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren, denn die eigene Wählerschaft reicht nur unter extremen Bedingungen aus, ein Direktmandat zu erobern.
Stellt sich die Frage, ob die SPD den grünen WählerInnen im Wahlkreis in den vergangenen Jahren politisch in zentralen Fragen entgegen gekommen ist, um einen Stimmentransfer hin zum SPD-Kandidaten zu ermöglichen. Und ergänzend: glauben Grün-WählerInnen, dass die SPD den Wahlkreis erobern wird?
Diese Fragen mag jedEr für sich selber beantworten. Je nach Antwort kann man bereits heute ziemlich sicher prognostzieren, wer hier vor Ort das Direktmandat erhalten wird.
Man muss also nicht unbedingt gleich Lehren aus den bayerischen Wahlen ziehen, aber man kann am bayerischen Beispiel Fragen formulieren und die bayerischen Antworten auf ihre Übertragbarkeit überprüfen. Und siehe da, so anders ticken die Uhren in Bayern nicht.
Und sozusagen als von niemandem gerne gelesenes Postscriptum: auch die Transferrate der Linken-WählerInnen zur SPD ist unterirdisch. Wer jedoch, wie die SPD, diesen Wahlkreis direkt erobern will, muss sich fragen, wie er an dieses Stimmenpotential herankommt.
Neugierig, aber ohne Anspruch auf statistische Relevanz, genügt aber ein Blick auf die Ergebnisse der städtischen Wahlkreise Augsburg, Nürnberg und München, um doch ins Grübeln zu geraten:
Wir reden hier von 14 Wahlkreisen, wovon 13 Wahlkreise einen CSU-Kandidaten direkt in den Landtag gewählt haben. Eine Additiion der Erststimmen von SPD und Grünen ergibt aber, dass insgesamt 9 Wahlkreise direkt von der Opposition hätten gewonnen werden können, wenn die Erststimmen der GrünwählerInnen auf den SPD-Kandidaten übertragen worden wären.
Sind sie aber nicht. In diesen 14 betrachteten Wahlkreisen haben Grün-Wähler mit der Erst- und der Zweitstimme grün gewählt.
Da gibt es nun verschiedene Erklärungsansätze.
Es kann sein, dass es bei den bayerischen Grünen nicht das Gefühl gab, dass eine Erststimme für den SPD-Kandidaten viel bringen wird. Tenor: „Der wird den Wahlkreis eh nicht gewinnen.“
Ein weiterer Erklärungsansatz lautet, dass die SPD in ihrer derzeitigen Verfassung keine programmatische Anziehungskraft für GrünwählerInnen entwickelt. Grüne Kernanliegen sind weder mit einer CDU noch einer SPD einfach umzusetzen. Energiewende? Klar, wollen beide, aber den Energiemonopolisten weh tun, hier im rheinischen Revier bspw. die Braunkohleverstromung in Frage stellen, das will keine der beiden großen Parteien.
Oder das Thema Mobilität: da treffen sich die beiden Großen ohne Probleme. Hier vor Ort planen sie schon den vierten Kölner Ring von Niehl über Pulheim, Frechen und Hürth, fordern den vierspurigen Ausbau der Bonner Straße usw. Die Liste von geplanten oder erhofften Straßenbauprojekten in der Region ist Legion.
Andererseits fehlen Bund, Land, Kreis und Kommunen jetzt bereits die Haushaltsmittel, um das existierende Straßennetz in Schuss zu halten. In sich ist das also unschlüssig, aber, da Neubau / Ausbau besser klingt als "reparieren" und die großen Parteien sich beide als „Infrastrukturparteien“ verstehen, deren Fokus bei den Autofahrern liegt, ist Straßenneubau ein Punkt in dem sich die beiden leicht treffen.
Wer aber vor dem Hintergrund der mit dem Verkehr verbundenen Belastungen (Landschaftsverbrauch, Lärm, Kosten) fordert, den ÖPNV auszubauen, in „Fahrrad“ zu investieren, der wird immer noch milde belächelt.
Die Liste der Punkte, bei denen es aus Sicht eines Grün-Wählers /einer Grün-Wählerin, ziemlich egal ist, wer die Wahl gewinnt, wer das Dirketmandat erhält, ist also lange.
Klar, es gibt andere Politikfelder, wo sie SPD und Grüne deutlich näher sind, aber diese Punkte spielen in diesem Wahlkampf keine überragende Rolle, wie überhaupt grüne Kernanliegen es kaum auf die große Bühne geschafft haben.
Lange Jahre ging man in der SPD trotzdem davon aus, dass Grün-WählerInnen aus prinzipieller Nähe zur SPD ihre Erststimme auf den SPD-Kandidaten übertragen würden. Das hat auch so funktioniert. Bei einer genaueren Analyse der vergangenen Bundes- und Landtagswahlen in Frechen stellt man aber fest, dass der Stimmenübertrag immer schlechter klappt.
Bei der Bundestagswahl 2005 gaben 55% derjenigen, die den Grünen die Zweitstimme gaben, ihre Erststimme einer anderen Kandidatin, vermutlich der SPD-Kandidatin. Bei der Bundestagswahl 2009 lag die Transferrate noch bei 29%, bei der Landtagswahl 2010 bei 22% und bei der Landtagswahl 2012 bei gerade mal 16%. Tendenz: stark fallend.
Das hat bei der Landtagswahl 2012, als die SPD die Direktmandate im Kreis alle gewann, keine entscheidende Rolle gespielt, da die CDU mit einem massiven Mobilisierungsproblem zu kämpfen hatte. Bei einer „normalen“ Mobilisierung aber wäre der Wahlkreis nicht an die SPD-Kandidatin gefallen, sondern bei der CDU geblieben. Denn, das sei hier nur am Rande erwähnt: der Stimmentransfer hin zum CDU-Kandidaten innerhalb des bürgerlichen Lagers funktioniert bei Bundes- und Landtagswahlen bisher immer noch anstandslos.
Wenn also die SPD das Direktmandat im Wahlkreis Rhein-Erft 1 haben will, so kann sie sich heutzutage nicht mehr damit begnügen, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren, denn die eigene Wählerschaft reicht nur unter extremen Bedingungen aus, ein Direktmandat zu erobern.
Stellt sich die Frage, ob die SPD den grünen WählerInnen im Wahlkreis in den vergangenen Jahren politisch in zentralen Fragen entgegen gekommen ist, um einen Stimmentransfer hin zum SPD-Kandidaten zu ermöglichen. Und ergänzend: glauben Grün-WählerInnen, dass die SPD den Wahlkreis erobern wird?
Diese Fragen mag jedEr für sich selber beantworten. Je nach Antwort kann man bereits heute ziemlich sicher prognostzieren, wer hier vor Ort das Direktmandat erhalten wird.
Man muss also nicht unbedingt gleich Lehren aus den bayerischen Wahlen ziehen, aber man kann am bayerischen Beispiel Fragen formulieren und die bayerischen Antworten auf ihre Übertragbarkeit überprüfen. Und siehe da, so anders ticken die Uhren in Bayern nicht.
Und sozusagen als von niemandem gerne gelesenes Postscriptum: auch die Transferrate der Linken-WählerInnen zur SPD ist unterirdisch. Wer jedoch, wie die SPD, diesen Wahlkreis direkt erobern will, muss sich fragen, wie er an dieses Stimmenpotential herankommt.
Thema: Grüne
12. September 13 | Autor: antoine favier | 4 Kommentare | Kommentieren
2009, ich war erst vor wenigen Monaten nach Frechen gezogen, erlebte ich meinen ersten Bundestagswahlkampf in Frechen. Die Grünen standen vor der Sparkasse und als allererstes bekam ich einen Spucki in die Hand gedrückt. Ein ganz alter Spucki: ich solle auf meine dicke Karre verzichten, wurde ich damit aufgefordert. Der Spucki war schon etwas verfärbt und machte den Eindruck, als stamme er noch aus dem Wahlkampffundus längst vergangener Tage.
Der Spucki kam mir jetzt wieder in den Sinn, da die grüne Forderung nach einem Veggie-Day allumfassend zerissen wird. Es ist ja schon überraschend, zu welchen Entgleisungen dieser Vorschlag einlädt. Als Ökofaschisten werden sie beschimpft, Herr Brüderle will sich von den Grünen nicht sein Kotelett vom Teller nehmen lassen und auch andere WahlkämpferInnen sind sich für dünne Scherze nicht zu schade.
Man muss nun nicht hingehen und versuchen, die Idee des Veggie-Days schöner zu verpacken, in defensiver Manier auf die Freiwilligkeit hinweisen oder ähnliches. Man muss vielmehr die Grundsatzidee politisch zu vermitteln versuchen, die sich im Veggie-Day verbirgt.
Im Veggie-Day steckt weiterhin und immer noch eine grüne Grundidee: die Idee des ökologischen Verzichts. Wer auf den dicken Karren verzichtet, schützt die Umwelt, wer auf Flugreisen verzichtet, schützt die Umwelt, wer seinen Fleischkonsum reduziert, schützt die Umwelt und nützt im besten Falle Menschen in den Hungerregionen der Welt, da deren leere Mägen mit dem Hunger der für die reichen Ländern produzierten Schlachttiere konkurrieren.
Richtig, die Grünen der 80er haben uns noch erklärt, dass wir die Welt nur von unseren Enkeln geerbt haben und haben die damals nicht falsche und heute immer noch richtige Schlussfolgerung gezogen, dass die Art und Weise der kapitalistischen (auch der „sozialistischen“) Produktion diese Leihgabe zerstört. Damals entstand daraus die Idee, dass der Einzelne durch Verzicht sein Scherflein dazu beitragen kann, das Ausmaß der Zerstörung zu begrenzen.
Es gab daneben bei den Grünen immer auch die Ideen der staatlichen Lenkung: Der Liter Benzin für 5 Mark war mal eine Forderung, Flugbenzinbesteuerung eine andere. Wer im grünen Fundus gräbt, wird noch viele dieser Ideen finden. Hier wird das Steuerrecht dazu benutzt, unerwünschtes gesellschaftliches Verhalten zu verteuern und damit unattraktiv zu machen. Die Erhöhung der Tabaksteuer folgt dieser Logik und ist vermutlich das einfachste Mittel, um Menschen vom Glimmstengel weg zubringen.
Aber, das mit den Steuern ist eher ein sozialdemokratischer Ansatz: gesellschaftliche Änderung mittels staatlicher Regulierung. Die Grünen sind an dieser Stelle individualistischer unterwegs: die grüne Idee lautete ja immer auch: Nicht auf die anderen warten, vorausgehen, zur Not auch alleine, zeigen, dass die Gesellschaft verändert werden kann. Die aktuellen grünen Wahlplakate knüpfen daran an. Das zum Veggie-Day passende Wahlplakat erklärt: „Mit Essen spekulier’ ich nicht“ – „und Du?“
In dem „und Du?“ steckt die Aufforderung, selber aktiv zu werden, nicht auf Vatern Staat, Angie oder sonst wen zu warten.
Hierher gehört der grüne Verzichtdiskurs, der bei den Vertretern des „Weiter so“ so schlecht ankommt, denn Verzicht, das schadet dem Bruttosozialprodukt, Verzicht, das ist spießig, Verzicht ist uncool und so was von unsexy. Und man kann sich darüber so herrlich lustig machen.
Dabei, hat sich in den letzten 20 Jahren so viel verändert? Vermutlich nicht, unsere individuellen Einflussmöglichkeiten sind überschaubar, die staatliche Regulierung erscheint auch suboptimal, erinnert sei an die von der CDU groß angekündigte Energiewende, die sich für uns bisher nur in höheren Strompreisen auszuwirken scheint.
Vor diesem Hintergrund erscheint der individuelle Verzicht als eigenständige politische Strategie nicht unbedingt schlecht abzuschneiden:
Wir können weniger Autofahren, weniger Strom verbrauchen, weniger Fleisch essen. Wissend, dass solche Entscheidungen nur Veränderungen bewirken, wenn viele mitmachen. JedeR für sich und alle zusammen. Graswurzelrevolution hieß das früher mal.
Blöd nur, dass selbst bei den Grünen die Idee des Verzichts und seiner politischen Wirkung nicht mehr präsent zu sein scheint. Dabei, man sollte mal wieder daran erinnern: es war ein Buch, dass zum globalen Verzicht aufrief, das neben anderen gesellschaftlichen Entwicklungen, massiv dazu beigetragen hat, die grüne Bewegung in Deutschland zu befördern. Das Buch hieß: „Die Grenzen des Wachstums“ herausgegeben vom Club of Rome, der schon 1972 dazu aufrief,
Der Spucki kam mir jetzt wieder in den Sinn, da die grüne Forderung nach einem Veggie-Day allumfassend zerissen wird. Es ist ja schon überraschend, zu welchen Entgleisungen dieser Vorschlag einlädt. Als Ökofaschisten werden sie beschimpft, Herr Brüderle will sich von den Grünen nicht sein Kotelett vom Teller nehmen lassen und auch andere WahlkämpferInnen sind sich für dünne Scherze nicht zu schade.
Man muss nun nicht hingehen und versuchen, die Idee des Veggie-Days schöner zu verpacken, in defensiver Manier auf die Freiwilligkeit hinweisen oder ähnliches. Man muss vielmehr die Grundsatzidee politisch zu vermitteln versuchen, die sich im Veggie-Day verbirgt.
Im Veggie-Day steckt weiterhin und immer noch eine grüne Grundidee: die Idee des ökologischen Verzichts. Wer auf den dicken Karren verzichtet, schützt die Umwelt, wer auf Flugreisen verzichtet, schützt die Umwelt, wer seinen Fleischkonsum reduziert, schützt die Umwelt und nützt im besten Falle Menschen in den Hungerregionen der Welt, da deren leere Mägen mit dem Hunger der für die reichen Ländern produzierten Schlachttiere konkurrieren.
Richtig, die Grünen der 80er haben uns noch erklärt, dass wir die Welt nur von unseren Enkeln geerbt haben und haben die damals nicht falsche und heute immer noch richtige Schlussfolgerung gezogen, dass die Art und Weise der kapitalistischen (auch der „sozialistischen“) Produktion diese Leihgabe zerstört. Damals entstand daraus die Idee, dass der Einzelne durch Verzicht sein Scherflein dazu beitragen kann, das Ausmaß der Zerstörung zu begrenzen.
Es gab daneben bei den Grünen immer auch die Ideen der staatlichen Lenkung: Der Liter Benzin für 5 Mark war mal eine Forderung, Flugbenzinbesteuerung eine andere. Wer im grünen Fundus gräbt, wird noch viele dieser Ideen finden. Hier wird das Steuerrecht dazu benutzt, unerwünschtes gesellschaftliches Verhalten zu verteuern und damit unattraktiv zu machen. Die Erhöhung der Tabaksteuer folgt dieser Logik und ist vermutlich das einfachste Mittel, um Menschen vom Glimmstengel weg zubringen.
Aber, das mit den Steuern ist eher ein sozialdemokratischer Ansatz: gesellschaftliche Änderung mittels staatlicher Regulierung. Die Grünen sind an dieser Stelle individualistischer unterwegs: die grüne Idee lautete ja immer auch: Nicht auf die anderen warten, vorausgehen, zur Not auch alleine, zeigen, dass die Gesellschaft verändert werden kann. Die aktuellen grünen Wahlplakate knüpfen daran an. Das zum Veggie-Day passende Wahlplakat erklärt: „Mit Essen spekulier’ ich nicht“ – „und Du?“
In dem „und Du?“ steckt die Aufforderung, selber aktiv zu werden, nicht auf Vatern Staat, Angie oder sonst wen zu warten.
Hierher gehört der grüne Verzichtdiskurs, der bei den Vertretern des „Weiter so“ so schlecht ankommt, denn Verzicht, das schadet dem Bruttosozialprodukt, Verzicht, das ist spießig, Verzicht ist uncool und so was von unsexy. Und man kann sich darüber so herrlich lustig machen.
Dabei, hat sich in den letzten 20 Jahren so viel verändert? Vermutlich nicht, unsere individuellen Einflussmöglichkeiten sind überschaubar, die staatliche Regulierung erscheint auch suboptimal, erinnert sei an die von der CDU groß angekündigte Energiewende, die sich für uns bisher nur in höheren Strompreisen auszuwirken scheint.
Vor diesem Hintergrund erscheint der individuelle Verzicht als eigenständige politische Strategie nicht unbedingt schlecht abzuschneiden:
Wir können weniger Autofahren, weniger Strom verbrauchen, weniger Fleisch essen. Wissend, dass solche Entscheidungen nur Veränderungen bewirken, wenn viele mitmachen. JedeR für sich und alle zusammen. Graswurzelrevolution hieß das früher mal.
Blöd nur, dass selbst bei den Grünen die Idee des Verzichts und seiner politischen Wirkung nicht mehr präsent zu sein scheint. Dabei, man sollte mal wieder daran erinnern: es war ein Buch, dass zum globalen Verzicht aufrief, das neben anderen gesellschaftlichen Entwicklungen, massiv dazu beigetragen hat, die grüne Bewegung in Deutschland zu befördern. Das Buch hieß: „Die Grenzen des Wachstums“ herausgegeben vom Club of Rome, der schon 1972 dazu aufrief,
„neue Denkgewohnheiten zu entwickeln, die zu einer grundsätzlichen Änderung menschlichen Verhaltens und damit auch der Gesamtstruktur der gegenwärtigen Gesellschaft führen. [...] Zum erstenmal ist es lebensnotwendig, nach dem Preis unbeschränkten materiellen Wachstums zu fragen und Alternativen zu suchen, die dieses Wachsen nicht endlos fortsetzen.“Es geht also nicht (nur) um das Kotelett des Herrn Brüderle, es geht immer noch darum, in was für einer Welt unsere Enkelkinder werden leben müssen. Man kann nur hoffen, das die Brüderles der Welt dann weniger zu sagen haben. Schöne wäre es, das würde schon bei dieser Wahl gelingen.
Gegenentwürfe