Montag, 24. Juni 2013
Lange haben wir darüber nachgedacht, warum um alles in der Welt eine Entscheidung für eine neue Schule, nennen wir sie mal Gesamtschule, in Frechen immer am Argument der Mensa zu scheitern scheint. Schon im vergangenen Jahr hatte dein zweiter Beigeordneter im Schulausschuss darauf hingewiesen, dass eine funktionsfähige Mensa seines Erachtens Grundbedingung für eine neue Schule sei. Dieses Argument hat er in der letzten Schulausschusssitzung wiederholt. Und auch du, SPD-Fraktion im Rat der Stadt Frechen, hast in dieser Sitzung nicht nur ein klares Bekenntnis zur Gesamtschule abgelegt, nein du hast auch die "bestmöglichsten Startvoraussetzungen" für diese Schule gefordert und ausdrücklich die Mensa benannt. Es wäre jetzt „extremst“ kleinlich auf den doppelten Superlativ in „bestmöglichst“ hinzuweisen, weswegen wir auch sofort zu unserem eigentlichen Anliegen kommen.

Wir finden es echt toll, wie du uns einerseits deiner Programmtreue versicherst und gleichzeitig, ohne auch nur ein bisschen aufdringlich zu wirken, Auf 150 Jahre Parteigeschichte hinweist. Ja, schon im Erfurter Programm von 1891 stand geschrieben, dass neben den Lehrmitteln auch die
Verpflegung in den (…) höheren Bildungsanstalten für diejenigen Schüler und Schülerinnen, die kraft ihrer Fähigkeit zur weiteren Ausbildung als geeignet erachtet werden.
unentgeltlich zu sein hätten.

Und wie elegant über Bande gespielt, denn noch geht es ja gar nicht um die Unentgeltlichkeit der Verpflegung, aber die Voraussetzungen dafür wollen geschaffen sein, denn für eine Darreichung benötigt der kraft seiner Fähigkeiten zur weiteren Ausbildung geeignete Schüler und auch die entsprechend ausgewählte Schülerin, einen entsprechende zur Einnahme derselben geeignete Örtlichkeit, genau: eine Mensa.

Zu tiefst beeindruckt verbleibt

Der Blogger




Freitag, 21. Juni 2013
Da wollte die SPD den Grünen eine Abstimmungsniederlage beibringen und gleichzeitig ein „Bekenntnis zur Gesamtschule“ ablegen. Aber irgendwie, beides will zusammen nicht so richtig funktionieren.

Um einen grünen Antrag scheitern zu lassen, ist die Kooperation der SPD unnötig. Das machen CDU und FDP schon ganz alleine. Und ein nicht einmal halbherziges Bekenntnis zur Gesamtschule ist ein Muster ohne Wert.

Erstaunlich war dabei der Anlass, den die SPD gewählt hatte, denn zur Debatte stand die Beauftragung eines Schulentwicklungsplans. Dazu gab es einen Beschluss des Schulausschusses aus dem vergangenen Jahr laut dem eine ergebnisoffene Prüfung der Frechener Schullandschaft gewünscht wurde. Ergebnisoffen bedeutet: es gibt keine Vorfestlegungen, sondern der Schulentwicklungsplan prüft, ob alles so bleiben kann, wie es ist oder ob bspw. eine Sekundarschule oder eine Gesamtschule die Frechener Schullandschaft verbessern. Offen geblieben war einzig der Zeitpunkt, den die Gutachter ins Visier nehmen sollen, also wann kann man sich in Frechen vorstellen, etwas zu ändern, wenn denn das Gutachten einen Änderungsbedarf attestiert? Dieser Antrag verzichtete bewußt darauf, irgend eine Schulform zu erwähnen, da ja bekannt ist, dass speziell die Vertreterin der FDP auf den Begriff „Gesamtschule“ hochallergisch reagiert.

Die Grünen fanden, man sollte Änderungen ab dem Schuljahr 2015/16 ins Auge fassen. Das war allen Beteiligten zu früh, da ja Änderung automatisch Neubau einer Schule bedeute. Man hätte also den grünen Antrag nehmen können und den Gutachtern einen späteren Termin geben können. Das wäre leicht möglich gewesen. War aber nicht gewollt. Der Antrag der Grünen musste abgelehnt werden und er wurde es dann auch.

Dem gegenüber stand nun ein Antrag der SPD, der die Beauftragung eines Schulentwicklungsplanes in die Haushaltsberatungen des Jahres 2014 verschieben will um dadurch eine Harmonisierung mit der mittelfristigen Finanzplanung zu erreichen. Im Klartext: es sollen Mittel für einen Schulneubau reserviert werden. Und hier benannte die SPD klar: Mittel für den Bau einer Gesamtschule.

Das folgende ist schnell erzählt: CDU und FDP haben diesen Antrag abgelehnt, da eine Festlegung auf eine Gesamtschule mit ihnen nicht zu haben ist. Das war aber schon im Vorfeld klar.
Nun wissen wir also, dass die SPD irgendwie für eine Gesamtschule ist, dass sie aber den ersten konkreten Schritt, also die Beauftragung eines Schulentwicklungsplanes erfolgreich verhindert hat. Damit haben die Sozialdemokraten der Gesamtschule einen Bärendienst erwiesen. CDU und FDP werden sich heimlich freuen – solange kein Schulentwicklungsplan vorliegt, kann sich in Frechen nichts ändern.

So also sieht das sozialdemokratische Bekenntnis zur Gesamtschule aus.




Donnerstag, 20. Juni 2013
Gestern war Schulausschuss. Keine Veranstaltung, die Herzen höher schlagen läßt, Ein bisschen träge, vieles scheint im Vorfeld bereits abgestimmt … aber gestern, ja gestern erlebten wir ein echtes Highlight, sozusagen einen Leckerbissen im politischen Nahkampf.

Man stelle sich mal vor, ein Mitglied des Ausschusses stelle einen Antrag, der Schulausschuss möge beschließen, seinen gesetzlichen Pflichten nachzukommen und der Auschluss sagt: Nö.
Klingt jetzt komisch, war aber so.

Nun also in medias res:
Realschule und Gymnasium werden ab kommendem Schuljahr mehrere Kinder mit sonderpädagogischen Förderbedarf aufnehmen müssen, das Recht aller Kinder auf eine Beschulung im Regelschulsystem macht diesen Schritt unumgänglich. Man nennt das Inklusion und aktuell berät der nordrhein-westfälische Landtag das entsprechende Gesetz (9. Schuländerungsgesetz), mit dem die Pflichten der Inklusion in Gesetzestexte gegossen werden.
Der Vertreter der Schulpflegschaften der Grundschulen, Herr Tietz, forderte nun den Schulausschuss auf, zu beschließen, dass die Stadt im Rahmen ihrer Zuständigkeiten alles tun solle, um diese Schulen bei der Inklusion zu unterstützen. Er bezog sich dabei ausdrücklich auf die entsprechende Passage des Schulgesetzes, die da besagt, dass das Land die Kosten für das Lehrpersonal übernimmt, die Kommune aber für Sachkosten, Hausmeister und Sekretariat aufkommen muss.
Was bedeutet das nun konkret?
Da stellen wir uns mal ganz dumm und denken an einen Jungen mit massiven Sehbeeinträchtigungen. Der benötigt nun einen speziellen Bildschirm für den Schulcomputer, um dem Unterricht folgen zu können. Diesen Bildschirm muss die Kommune bezahlen.
Eigentlich einfach zu verstehen. Nicht aber, wenn man nicht verstehen will. Und dieser Schulausschuss wollte nicht verstehen, denn angeführt vom SPD-Vertreter im Ausschuss wurde die Behauptung aufgestellt, dieser Antrag fordere Dinge, die nicht von der Kommune zu bezahlen seien (bspw. zusätzliches Lehrpersonal). Selbst die Vorsitzende des Ausschusses wiederholte in ihrem Schlussplädoyer nochmals diese von Herrn Tietz mehrfach zurückgewiesene Behauptung. Die Stadtverwaltung hätte vermutlich aufklären können, allein sie tat es nicht. Gegen die einsame Stimme der grünen Vertreterin lehnte der Schulausschuss es ab, seinen Willen zur Unterstützung der Inklusionsbemühungen der Schulen zu bekunden. Also: ein Antrag, der inhaltlich den entsprechenden Paragraphen des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes wiederholte, wurde vom Schulausschuss abgelehnt.

Man darf gespannt sein, ob der Schulausschuss in seiner nächsten Sitzung das 9.Schulrechtsänderungsgesetz für die Gemarkung Frechen für ungültig erklärt. Überraschen sollte es einen nach diesen Erfahrungen aber nicht.
Nun ja, es tröstet, dass sich durch diesen Beschluss nichts ändern wird, die finanziellen Verantwortlichkeiten der Kommune bleiben davon unberührt, einzig, was sich ereignet hat: der Schulausschuss hat sich unsäglich blamiert, hat er doch erklärt, dass er einen Antrag, mit dem die schulische Inklusion förderungsbedürftiger Kinder unterstützt werden sollte, ablehne!
Wie leitete Herr Tietz seinen Antrag ein:
Warum stelle ich diesen Antrag, das kann man fragen, nachdem die gesetzlichen Grundlagen der Inklusion in Nordrhein-Westfalen immer noch nicht verabschiedet sind.
Womit dann auch zusammenhängt, das umstritten ist, wer was und warum überhaupt bei der Inklusion zahlen soll. Wer hat die Inklusion bestellt und wer muss nun für die Kosten aufkommen? Darum geht es beim Streit zwischen den Kommunen und dem Land. In der oberen Etagen spricht man dann vom Konnexitätsprinzip und meint doch nur: wer kriegt die Rechnung.
Aber ehrlich, das ist nicht wirklich relevant. Es geht hier um zwei Sachen: Erstens die konsequente Anwendung des § 92 Abs. 3 SchulG. Und zweitens: Wir haben Kinder mit Förderbedarf, die wollen unterrichtet werden – an einer Regelschule. Von diesen Kindern wurde die Inklusion bestellt, von Kindern, die wir bisher auf Förderschulen abschieben mit der Behauptung, dort gehe es ihnen besser. Da diese Kinder aber in unserer Gesellschaft leben, ja leben und lernen wollen, ist es Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge, diesen Kinder jede Unterstützung zu geben, die ihnen den Weg mit uns ermöglicht. Die UN-Behindertenrechtskonvention erklärt – bezogen auf das Schulsystem – das Recht auf die Beschulung in einer Regelschule zu einem Menschenrecht. Daran müssen wir uns messen lassen und mir ist kein Menschenrecht bekannt, das unter einen kommunalen Finanzierungsvorbehalt gestellt ist.
Mit diesem Antrag stelle ich daher der Stadt und ihren politischen Vertretern die Frage, was sie bereit sind zu tun, damit die schwächsten Mitgliedern der Gesellschaft in unserer aller Mitte leben und lernen können.
Hierzu gibt es nicht mehr zu sagen.
Zu anderen Aspekten dieser Sitzung aber schon, weshalb gilt: Wird fortgesetzt.