Freitag, 25. November 2011
Vor einigen Jahren ging aus dem bürgerlichen Flügel der Bürgerinitiative gegen die Verlängerung des Freiheitsrings die „Perspektive für Frechen“ hervor. Diese hat sich zwischenzeitlich den „freien Wählergemeinschaften“ angeschlossen. Programmatisch definieren sich die „freien Wähler“ mit Schlagworten wie ideologiefern, überparteilich, Sachlichkeit. Zentraler Bezugspunkt ist oft die eigene Kommune und der dort lebende Bürger, die dort lebende Bürgerin.

Zwischenzeitlich hat die neue Fraktion „Soziales Bündnis – Frechen“ auf ihrer Homepage eine knappe politische Standortbestimmung vorgenommen. Ich zitiere die Passage:

„Wir werden weiterhin Sozialpolitik hier vor Ort mitgestalten und uns besonders für Bürger mit kleinem und mittlerem Einkommen einsetzen. Dabei konzentrieren wir uns - fernab jeder Ideologie - ganz auf unsere Heimatstadt Frechen.“

Ein Blick auf die Schlagworte der Erklärung belegt die Nähe der neuen Fraktion zu den Schlüsselbegriffen der „freien Wähler“. Hier wird eine Ideologieferne behauptet, hier wird als alleiniger Bezug die eigene Kommune genannt. Auch die programmatische Kurzversion "lokal - sozial - kompetent" stellt den lokalen Bezug an die erste Stelle. Ein klarer Hinweis, dass die Fraktion dem Lokalitätsprinzip einen höheren Stellenwert einräumt als dem "Sozialen".
Prüft man die politische Verortung der Begriffe, fragt man, wer auf diese Begriffe referiert, so kann man schnell erkennen, dass es sich um ein Referenzmodell handelt, das der rechten Seite des Parteienspektrums zugeordnet werden kann.
Auch der Begriff der "Kompetenz" entstammt dem konservativen Diskurs, Kompetenz und Erfahrung waren seit der Einführung des allgemeinen Wahlrechts Schlagworte mit deren Hilfe Ansprüche auf Machtteilhabe von politischen "Newcomern" abgewehrt wurden. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts bis weit ins 20. hinein wurden diese Begriffe gegen die Parteien der Arbeiterbewegung verwendet, ab den 80ern des letzten Jahrhunderts waren es die Grünen, denen fehlende Kompetenz und Erfahrung nachgesagt wurde.

Der Hinweis auf den besonderen thematischen Schwerpunkt Sozialpolitik dagegen verweist zumindest tendenziell auf die linke Seite des Parteienspektrums, wobei gerade Sozialpolitik sich solchen Zuordnungen entzieht, denn den Anspruch auf „gute“ Sozialpolitik erheben von den sozialpolitischen Arbeitskreise der CDU über die christlichen Arbeitnehmer in der CDU hin zur SPD und weiter zur Linken bis hin zur FDP mit ihrer neuesten Chimäre, dem mitfühlenden Liberalismus, alle Parteien. Gleiches gilt für die im Text erwähnten „kleinen und mittleren Einkommen“ – auch hier tummeln sich alle Parteien, denn das ist doch, von der Einkommenslage her argumentiert, die berühmt-berüchtigte Mitte, für die sich alle Parteien zuständig fühlen.

Die Mitglieder dieser Fraktion wurden als Vertreter der Partei „Die Linke“ gewählt. Die nun vorliegende politische Standortbestimmung läßt dies an keiner Stelle erkennen. Es scheint, als handele es sich um eine auf die Person des Fraktionsvorsitzenden zugeschnittene politische Struktur. Ohne Herrn Gronewald gäbe es diese Fraktion nicht! Politisch-programmatisch ist nicht erkennbar, welche konkreten Ziele in der Frechener Lokalpolitik verfolgt werden sollen. Ob es ausreicht, sich mit der Dreiheit "lokal - sozial - kompetent" anzupreisen, scheint denn doch fraglich.

Dementsprechend endet die Standortbestimmung auch in einer dem Vertriebsmarketing entnommenen Floskel: „Ihr Anliegen ist unserer (sic!) Auftrag!“
Mit dieser Aussage werben (korrekt geschrieben) Unternehmensberater, Immobilienmakler, republikweit unzählige kleine Handwerker und die Freien Wähler der Stadt Bayreuth.

Schöner noch wäre aber der Slogan: „Ihr Anliegen ist unser Auftrag – wir machen den Weg frei!“ gewesen, denn hier wäre auch ein Lösungsorientierung zum Ausdruck gebracht worden, die dem Ursprungsslogan komplett fehlt.
Wir können nicht wissen, was aus unserem Anliegen wird, wenn es die Fraktion zu Ihrem Auftrag erklärt.




Donnerstag, 24. November 2011
Gestern war Schulausschusssitzung. Die erste in einer Reihe hoffentlich weiterhin sehr lebhafter Diskussionen über die neue Schulstruktur in Frechen.

Beginnen wir aber mal mit dem, was nicht thematisiert wurde: der Bürgerantrag „Pro Gesamtschule“ wurde an keiner Stelle erwähnt – scheint aber implizit bereits Wirkung zu entfalten. Die Nichtbehandlung des Antrags eröffnet zudem weitere Handlungsoptionen. Auf beide Aussagen wird zurückzukommen sein.

Ein weiterer Punkt handelte von der Elternbefragung. Die Stadtverwaltung hat mit der notwendigen Klarheit formuliert, dass die aktuelle Elternbefragung in keinem Punkt den Vorgaben entspricht, um damit eine Veränderung der Frechener Schullandschaft zu begründen. Will man in Frechen ein Sekundarschule oder eine Gesamtschule, so muss die Elternschaft entsprechend informiert werden und eine auf dies Frage zugeschnittene Elternbefragung durchgeführt werden. Die vorhandene Elternbefragung kann damit nicht mehr als Hinweise liefern, was sich Eltern für ihre Kinder wünschen.
Im Schulausschuss wurde erklärt, den in der Elternbefragung zum Ausdruck kommenden Elternwunsch mit den realen Anmeldezahlen der weiterführenden Schulen im kommenden Frühjahr zu vergleichen. Es bleibt also abzuwarten, in welchem Umfang die Eltern ihren Wunsch in eine konkrete Schulwahl überführen. Da die bindende Schulempfehlung weggefallen ist, sind die Eltern ziemlich frei in ihrer Entscheidung.

In einem früheren Beitrag sprach ich von der „Schulverwirrung der CDU-Fraktion“. Dies hat sich in der gestrigen Sitzung bestätigt. Frau Berger echauffierte sich massiv darüber, dass in einem Antrag der Schulpflegschaften formuliert wurde, dass die CDU über eine Fusion von Haupt- und Realschule nachdenke. Das stehe an keiner Stelle im Antrag der CDU. Stimmt, in dieser Eindeutigkeit ist es nirgends nachzulesen. Nur muss man sich dann doch fragen, warum die CDU die Verwaltung überhaupt aufgefordert hat, den Nutzen einer Sekundarschule für Frechen zu prüfen?
Mir sind dabei zwei Ideen gekommen:
1. Die CDU hat den Eindruck, der Verwaltung ist langweilig – es handelt sich bei diesem Antrag daher nur um eine Form gehobener Beschäftigungstherapie.
2. Alternativ, und dies ist viel wahrscheinlicher, sieht die CDU sehr wohl, dass die Einrichtung einer Sekundarschule mit einer inneren Notwendigkeit auf die Fusion von Haupt- und Realschule zuläuft – nur: die CDU hätte es gerne, wenn die Verwaltung dies als alternativlose Notwendigkeit darstellen würde – dann kann die CDU nämlich der Sekundarschule zustimmen, ohne in der Öffentlichkeit als Totengräberin der Hauptschule dazustehen. Das Verfahren ist bekannt und läuft unter dem Titel: „Wasch mir den Pelz, aber mach’ mich nicht nass.“

Zu diesem Aspekt hatte auch die Ausschussvorsitzende D'Moch-Schweren einen kleinen versteckten Hinweis geliefert, der den weiteren Weg weist. Sie erklärte nämlich, dass die möglichen Veränderungen der Schulstruktur auch vor dem Hintergrund der vorhandenen Gebäude zu diskutieren seien. Man kann, ganz vorsichtig formuliert, diesem Hinweis entnehmen, dass aktuell niemand an eine neue / weitere Schule denkt, sondern Veränderungen innerhalb des schulischen Gebäudebestands stattzufinden haben. Damit ist aber auch klar, dass es keine neue Schule, weder eine Sekundar- noch eine Gesamtschule neben den bestehenden Schulen geben wird. Wird die Frechener Schullandschaft verändert, so werden Haupt- und Realschule in der neuen Schule aufzugehen haben.

Es lohnt sich noch, auf einen weiteren, eher unschönen Punkt der CDU-Positionierung hinzuweisen, der um dieses Zitat, entnommen der Homepage der CDU-Frechen, kreist:
„Darüber hinaus sind die Auswirkungen des vereinbarten Schulkonsens in NRW noch nicht absehbar. „Wir wollen weiterhin auch in unsere weiterführenden Schulen investieren“, sagt die CDU-Stadtverordnete Maria Berger. „Wenn wir aber alle Rücklagen in 2 Grundschulen stecken, bleiben für die größeren Kinder keine Mittel übrig“.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen dem Schulkonsens in NRW und den dringend notwendigen Sanierungsmaßnahmen an zwei Frechener Grundschulen?
Die sachkundige Bürgerin der CDU, Frau Lehmann, hat diesen Punkt in der Sitzung dahingehend konkretisiert, dass sie erklärte, es handle sich um eine einfache Rechnung: was man der einen Schule gebe, könne einer anderen Schule nicht zugute kommen.
Mit anderen Worten, die CDU-Frechen scheint den Konkurrenzkampf zwischen den Schulen zu eröffnen, scheint die verschiedenen Schulen gegeneinander positionieren zu wollen. Es sei die Frage erlaubt, welcher strategischen Zielsetzung das folgt. Als hätten nicht alle Schulen in Frechen darunter zu leiden, das über Jahre und Jahrzehnte nicht ausreichend in die Substanz investiert worden ist.
Man könnte aber auch die Vermutung äußern, dass die CDU, für den Fall, dass sie "gezwungen" wäre, dem "alternativlosen" Vorschlag der Stadtverwaltung zu folgen und sich für die Sekundarschule aussprechen "müsste", hiermit bereits ankündigt, dass sie den Grundschulen Finanzmittel zugunsten der Sekundarschule entziehen will.

Wird dieses Thema in der von Frau Berger vorformulierten Weise weiterverfolgt, so eröffnen die CDU eine Neiddebatte mit völlig unkalkulierbaren Auswirkungen. Die CDU ruft Geister, die sie nicht wieder loswerden wird!

Nun aber zu den guten Dingen der Sitzung. Die beiden präjudizierenden Anträge von SPD und CDU sind vom Tisch. Die Ausschussvorsitzende brachte einen weiteren Entschliessungsantrag ein, mit dem die Verwaltung aufgefordert wird, die Frechener Schullandschaft vor dem Hintergrund sich verändernder Anmeldezahlen usw. zu prüfen und darzustellen, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Konsequenzen in Frechen bestehende Schulformen verändert werden können. Eine Festlegung auf die Sekundarschule wurde vermieden. Wir haben damit zumindest erreicht, dass der Prüfauftrag an die Stadtverwaltung ergebnisoffen formuliert wurde. Die Ergebnisse soll die Stadtverwaltung im Mai 2012 im Schulausschuss präsentieren.

Dieser offene Prüfauftrag ist sicherlich auch dem nicht behandelten Bürgerantrag „Pro Gesamtschule“ geschuldet, der aufzeigt, dass die Elternschaft eigene Vorstellungen entwickelt. Da der Bürgerantrag sinnvollerweise im Mai 2012 wieder aufgegriffen werden wird, können weitere Unterstüzungsunterschriften dem Bürgerantrag ein deutlich höheres Gewicht geben. Es gilt, am Ball zu bleiben.

Als Anekdote sei erwähnt, dass die Ausschussvorsitzende vom Herzen her für eine Gesamtschule ist und daher ihre Kinder bewußt auf die Gesamtschule nach Kerpen geschickt hat, eingschränkend formulierte sie aber, dass sie nicht wisse, ob eine Gesamtschule für Frechen das Richtige sei.

Dazu fällt mir ein Demonstrationsspruch aus dem Jahr 1990 ein, der von der Bürgerrechtsbewegung der untergehenden DDR skandiert wurde:
"Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr!".
Nachdem die Stadt Hürth mit ihren Entscheidungen deutlich schneller und daher damit zu rechnen ist, dass in Hürth eine Gesamtschule entstehen wird, so gilt für Frechen:

"Kommt die Gesamtschule nicht zu uns, gehen wir zu ihr!"

Mal schauen, wie sich dann die Schülerzahlen hier in Frechen entwickeln!




Dienstag, 22. November 2011
Schon mal einen Hühnerhaufen beobachtet? Ja? Schön, dann können wir gemeinsam konstatieren, dass in einem Hühnerhaufen mehr Ordnung drin ist, als in der Frechener SPD.

Am 27. September beantragte die SPD-Fraktion, die Verwaltung solle die Möglichkeiten einer Sekundarschule in Frechen prüfen. Die zentrale Begründung lautete:
„Nach unserer Auffassung sollte die Sekundarschule in Frechen Kinder mit und ohne Behinderung gemeinsam unterrichten.
Die Sekundarschule ist eine neue Schulform, die es der Stadt Frechen als Schulträger erlauben würde, dem Elternwunsch nach längerem gemeinsamen Lernen nachzukommen und die so flexibel ist, dass ihre Integration in die Frechener Bildungslandschaft eher möglich scheint, als dies z. B. bei einer Gesamtschule der Fall wäre.“

Nach dem nun der erste Beigeordnete Uttecht auch ein Genosse ist, dürfen wir annehmen, dass auch Genosse erster Beigeordneter von diesem Antrag nicht überrascht wurde. Zudem dürfen wir die Vermutung äußern, dass die Antragsteller das Ergebnis der letzten Elternbefragung bereits kannten, als dieser Antrag formuliert wurde. Der Antrag ist demnach eine Reaktion auf die Befragung, die ergab, dass nur noch 3% der befragten Eltern ihr Kind auf der Hauptschule zu sehen wünschen. Ein klarer Hinweis darauf, dass die Frechener Hauptschule um ihre Existenz fürchten muss.

Im September jedenfalls verspürte die SPD und der Genosse erster Beigeordneter noch einen gewissen Handlungsdruck, der aber spontan nachließ, als sich Eltern in die Debatte einmischten mit der Forderung, das Thema offen und unter ihrer Beteiligung zu diskutieren. Eltern aber, die nun auch noch eigenständige Forderungen erheben, sich gar noch für eine Gesamtschule aussprechen, sind der Frechener Politik gänzlich suspekt. Der erste Genosse Beigeordnete erklärt daher am 22. November im der Kölnischen Rundschau: „Wir haben keinen Druck, das Schulsystem zu verändern.“ Ein klares Zeichen, dass der Genosse erster Beigeordneter diese Debatte nicht mit den Eltern zu führen wünscht und eine Gesamtschule wohl scheut wie der Teufel das Weihwasser.

Des Genossen Beigeordneten erste Minenhündin, die SPD-Sprecherin im Schulausschuss Frau Doris Steinmetzer steht nun da wie ein begossener Pudel, hat sie doch den Antrag eingereicht und begründet. Aber so ist es bei einem überhasteten Rückzug, es gibt Kollateralschäden. Nicht schön aber unvermeidlich.

Damit wir uns aber nicht falsch verstehen: das ist kein reines Genossenproblem. Vergangenes Jahr baten die Schulpflegschaften den Schulausschuss um einen „runden Tisch“, eine jährliche Konsultationsrunde, mit dem Ziel, mögliche Probleme und Befindlichkeiten frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Dieser Vorschlag wurde von allen Fraktionen gemeinsam abgebügelt.
Der Schlüsselsatz stammte dabei von der CDU-Fraktionsvorsitzenden Stupp und er begegnet uns nun laufend und er lautet: „Politik wird im Rat gemacht!“ was aber nur heißen soll: Politik wird nicht mit den Bürgerinnen und Bürgern gemacht, Politik machen unsere Frechener "Politprofis" alleine und nach eigenem Gusto und unsere Frechener "Politprofis" wissen, was der tumbe Frechener Michel braucht.

Dumm nur, dass der Frechener Michel weniger tumb ist als es sich unsere "Politprofis" so vorstellen.