Dienstag, 15. März 2011
Thema: Umwelt
Der Begriff „Schwarzer Schwan“ gründet auf der Annahme, dass „alle Schwäne weiss sind“. In diesen Zusammenhang war der schwarze Schwan bis zum 17. Jahrhundert Sinnbild für etwas das nicht vorstellbar ist, etwas das nicht sein konnte. Mit der Entdeckung von schwarzen Schwänen im 18. Jahrhundert in West-Australien wurde diese grundlegende Annahme widerlegt. Der schwarze Schwan blieb jedoch als Metapher für extrem seltene Ereignisse, die kaum vorhersehbar sind, die aber im Nachhinein großen Einfluss auf unser Denken und Handeln haben, erhalten. Zu Weltruhm gelangte der „Schwarze Schwan“ in jüngster Zeit durch das gleichnamige Buch des Wertpapierhändlers und Essayisten Nassim Nicholas Taleb. Nach seinen Ausführungen erfüllen z.B. der Erste Weltkrieg, die Erfindung des Computers oder der Siegeszug des Internets die Charakteristika eines schwarzen Schwanes. Aber auch die aktuelle Finanzmarktkrise oder die Erdbebenkatastrophe mit dem anschließenden Tsunami was letztendlich zu der Havarie im Atomkraftwerk Fukushima führte qualifizieren sich nach oben genannter Definition als schwarzer Schwan. (Auszüge aus Allianz Global Investors – PortfolioPraxis – Schwarzer Schwan, August 2009)

Haben wir auch schwarze Schwäne in Frechen und Umgebung?

Wenn es nach den Wünschen der RWE Power AG geht, werden in den Kraftwerken Ville-Berrenrath und Wachtberg Frechen in Zukunft neben Braunkohle, Klärschlamm, Altholz und sortiertem Hausmüll auch Öle, Emulsionen, Fette, die Rückstände aus Benzin- oder Industrietanks und andere sogenannte "Biobrenn- und Flüssigbrennstoffe" zur Energiegewinnung verfeuert. Der Anteil der Abfälle in der Verbrennung stiege damit auf knapp 50 Prozent. Im Probebetrieb ist dies bereits geschehen. Jetzt ist für Ville-Berrenrath der Dauerbetrieb bei der Bezirksregierung Arnsberg beantragt. Durch die geplante Änderung wird aus dem Kohle-Kraftwerk eine Abfallverbrennungsanlage, die nach den strengeren Auflagen der 17.Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) zu betreiben ist. Die darin festgelegten Emissionsgrenzwerte kann die RWE in den Kraftwerken aber anscheinend nicht einhalten. Daher hat sie eine Reihe von Ausnahmen von der Immissionsschutzverordnung beantragt. (Vgl. Frechen Sonntags Post: Keine Ausnahme für RWE – Im Umweltausschuss stellte das RWE seine Pläne für das IKW Berrenrath vor)

Dr. Schiffer von RWE erklärt, dass die Einhaltung der Verordnung, die einen Einbau entsprechender Filteranlagen vorsähe, unverhältnismäßig und nicht notwendig sei.

Wenn es nicht notwendig sei, warum beantrag RWE dann eine Ausnahme. Handelt es sich um einen schwarzen Schwan?

Wenn auch noch so ein geringes Restrisiko besteht, darf dem Antrag von RWE nicht statt gegeben werden. Wenn nicht die absolute Unbedenklichkeit bei der Verbrennung von Bio- und Flüssigbrennstoffen für die menschliche Gesundheit besteht, darf das Vorhaben nicht realisiert werden.

Seit dem angekündigten Atom-Moratorium wissen wir, dass ein Restrisiko wie in Japan nicht mehr nur eine statistische Größe, sondern eine schreckliche Lebenserfahrung ist (so Bundesumweltminister Norbert Röttgen).

Wir, die Bürgerinnen und Bürger die in der unmittelbaren Nähe zu den Kraftwerken Ville-Berrenrath und Frechen-Wachtberg wohnen, möchten uns keinem Restrisiko aussetzen.




Donnerstag, 10. März 2011
Thema: Zuckungen
Tja, die SPD Frechen hat ein Problem: wie soll sie mit Kritik umgehen, wie mit Polemik, die nicht im Ungefähren verbleibt? Was tun, wenn die Polemik sich an den handelnden Personen festmacht?
Da werden wohl auch kampferprobte Kommunalpolitikerinnen schnell etwas dünnhäutig.

Aber schauen wir doch mal auf die Haushaltsrede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Hans Günther Eilenberger, die dieser am 01. März 2011 im Rat der Stadt Frechen gehalten hat:

"Nebenbei: Wir sind Politiker, „nur“ Kommunalpolitiker, und damit Personen des öffentlichen Lebens. Wir müssen es uns gefallen lassen, kritisiert zu werden. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, jedem nach dem Mund zu reden und es jedem recht machen zu müssen. Es geht aber nicht an, dass einzelne engagierte Ratsmitglieder in den letzten Monaten auf eine herabwürdigende und beinahe ehrverletzende Art und Weise im Internet öffentlich an den Pranger gestellt werden. Die Kolleginnen und Kollegen mögen nicht immer exakt der Meinung derjenigen sein, die diese Website betreiben. Das berechtigt aber niemanden dazu, sie so zu behandeln, und sagt im Ergebnis mehr über den Charakter derjenigen aus, die so etwas verfassen, als über diejenigen, die es treffen soll.". Haushaltsrede HG Eilenberger

Die Schlüsselbegriffe sind: „herabwürdigend“ und „beinahe ehrverletzend“.

Echt?


In einem solchen Fall bietet es sich an, den direkten Bezug zu den entsprechenden Kommentaren herzustellen.
Dazu einige Feststellungen: Wenn die betreffenden Artikel korrekt gelesen werden, so fällt auf, dass die Kritik / die Polemik sich immer auf die Funktion der Kommunalpolitikerin bezieht und nie auf die Person. D.h.: die Kritik wird nicht an der Person festgemacht. Und es ist nicht "ehrverletzend", darauf aufmerksam zu machen, dass eine bestimmte Politik nicht nur Gewinner produziert, sondern es im Gegenteil Verlierer gibt. Genausowenig "herabwürdigend" ist es, wenn man der Frage nachgeht, wie es zu solchen Entscheidungen kommen kann und trotz aller Suche bisher keine sachlich fundierten Gründe erkennbar sind. Dann verbleibt als mögliche Erklärung der "persönliche Ehrgeiz", eine Antriebskraft, ohne die keine politische Karriere funktionieren kann. Kommentar Steinmetzer
Es gibt eine kleine Passage, die eine andere Intepretation nahelegen könnte. Diese handelt von der Kinderbuchfigur „Kuh Gloria“ und stellt einen Zusammenhang mit der Schulausschussvorsitzenden D’Moch-Schweren her. Doch wie ist der Zusammenhang gestaltet? Wird hier ein Bezug hergestellt zwischen der Person D’Moch-Schweren und einer Kuh? Nein, und hier empfiehlt sich denn doch eine genaue Lektüre: Der im Text hergestellte Bezug lautete eindeutig: wir wünschen der Schulausschussvorsitzenden viel Erfolg für ihre weitere Bühnenkarriere. Mit anderen Worten: Ihr Auftreten im Schulausschuss wurde unter theatralischen Gesichtspunkten gewertet. Der konkrete Bezug, also das verwendete Zitat, entstammt, Achtung, Achtung: einer vom Autor formulierten positive Besprechung der tänzerischen Darbietungen der Kuh Gloria in der Zeitung des Nilpferdlandes. Eine persönliche Diffamierung, eine Ehrverletzung, eine Herabwürdigung kann darin kaum entdeckt werden.Kommentar D'Moch-Schweren

Und nun ein kleiner Hinweis aus dem Nähkästchen, der mit ursächlich war für die Frage, über welchen Informationsvorsprung eigentlich ein bestimmtes SPD-Mitglied des Schulausschusses verfügt. Wir gehen gemeinsam zurück in den Dezember 2009. Der Schulausschuss will um den Jahreswechsel 2009/2010 herum in Klausur gehen, um ergebnisoffen die Grundschulsituation in Frechen zu diskutieren. Erhalte ich einen Telefonanruf von besagtem SPD-Mitglied und erfahre in diesem Telefonat, also noch vor der Klausursitzung, dass man aktuell daran denke, im Kuckental eine neue Grundschule zu errichten. Wie gesagt: noch vor der Klausursitzung des Schulauschusses. Ihre Zusage, mich im Nachgang doch über die Ergebnisse zu informieren, kam betreffendes SPD-Mitglied nicht nach.

Insofern gilt mein persönlicher Dank natürlich Herrn Eilenberger, der in seiner Haushaltsrede 2010 einige Male Argumente der Bürgerinitiative Grube Carl aufgegriffen hatte und in seiner Haushaltsrede 2011 sogar einen ausdrücklichen Bezug zu unserer Arbeit herstellt. Die Homepage der Bürgerinitiative wird gelesen, vielleicht sogar mit Interesse, wer weiß? Herr Eilenberger, das ist mehr als wir vor einem Jahr erwartet haben. Danke!

Ich nehme in diesem Zusammenhang nochmals einige Gedanken aus den vorherigen Abschnitten auf und formuliere daraus ein generelles Desiderat Frechener Politik:
Es ist, so mein Eindruck, kein integraler Bestandteil der Frechener politischen Kultur, Entscheidungen transparent zu gestalten, das Für und Wider auf dem offenen Markt zu diskutieren.
Andernfalls
  • hätten die Parteien im Kommunalwahlkampf 2009 nicht so unreflektiert einen Grundschulneubau auf Grube Carl versprechen dürfen,
  • hätte die Entscheidung gegen die Grundschule auf Grube Carl mit einem Sanierungsversprechen für die Lindenschule verknüpft werden müssen (analog des Verzichts auf alle Sanierungsmaßnahmen mit dem Verweis auf den Neubau in den vielen Jahren vor 2009)
  • hätte nicht im Winter 2009 bereits intern und heimlich über eine neue Grundschule im Kuckental geredet werden dürfen, wo das Ende der Grundschule Grube Carl noch nicht verkündet war.


Ich erkenne positive Entwicklungen: bspw. scheint das Thema OGS erstmals anders behandelt zu werden, werden die Betroffenen bereits im Vorfeld in den Entscheidungsprozess integriert.
Vielleicht erleben wir hier den Beginn eines grundsätzlichen Wandel. Ich würde es begrüßen. Aber: noch ist es ein vielleicht.

Bisher jedoch, so mein Eindruck, so der Eindruck vieler im neuen Stadtteil Grube Carl, ist es notwendig, laut zu schreien, um überhaupt gehört zu werden.
Die Summe gebrochener Versprechungen ist Legion, wir haben zwischenzeitlich bereits Anfragen, ob man überhaupt in diesen Stadtteil ziehen könne, nachdem er so stiefmütterlich behandelt werde.
Und auf die uns seit Jahren beschäftigende Frage, ob es eine Grundschule im Stadtteil gebe und wenn nicht, ob denn dann wenigstens die Lindenschule vernünftig saniert werde, haben wir bisher von niemandem eine verwertbare Antwort erhalten.

Ist es so schwer, den Eltern in Frechens Westen klar zu sagen, wie es im Grundschulbereich weitergehen soll? Wovor hat die Frechener Politik Angst?

Ist es nicht nachvollziehbar, dass Eltern, die die kommenden 8 Jahre auf eine verläßliche Grundschulversorgung angewiesen sind, ihren Glauben an die kommunalpolitische Vernunft verloren haben?

Und Herr Eilenberger, um nochmals konkret zu werden: die SPD hatte 2009 hier oben einen Vertrauensbonus als die einzige Partei, die sich strukturell zum neuen Stadtteil Grube Carl bekannte. Inzwischen fragen wir uns, ob es sich nicht nur um inhaltslose Lippenbekenntnisse handelte.
Und auch dies macht sich im Schwerpunkt am Umgang mit der Grundschulthematik fest. Da die SPD den Vorsitz im Schulausschuss inne hat, da der zuständige Beigeordnete ihrer Partei angehört, ist es da verwunderlich, dass die SPD im Fokus steht?




Montag, 28. Februar 2011
Es hat sich in den vergangenen Monaten einiges getan. In Nordrhein-Westfalen. Und in Frechen.
In lockerer Aneinanderreihung die Entwicklungen, die uns, bezogen auf die Schulen in Frechen, in den kommenden Jahren beschäftigen werden.

Die Demographie

Dieses Problem, also der Rückgang der Kinder, erreicht uns in Frechen noch im gebremsten Tempo. Als Stadtrandgemeinde von Köln hat Frechen weiterhin Zuzug, darunter vielen jungen Familien. Aktuell im größten Umfang in den Neubaugebieten in Königsdorf. Zukünftig dann verstärkt im zweiten Wachstumsstadtteil, auf Grube Carl.
Intern verschieben sich damit die Wachstumspole: Königsdorf war lange Jahre ein stagnierender Stadtteil, mit den Neubaugebieten „Atrium“ und „Rotental“ wächst Königsdorf und verjüngt sich.
Damit wird die Frechener Kernstadt als Wachstumspol abgelöst. Der Zuzug von jungen Familien mit Kindern stagniert hier.

Veränderungen im Bildungsverhalten

In anderen Bundesländern schon des Längeren beobachtbar wird diese Veränderung nun auch in Nordrhein-Westfalen akut. Die verpflichtende Schulempfehlung beim Übergang von der Grundschule zu weiterführenden Schulen wurde abgeschafft. Damit liegt es an den Eltern, welche weiterführende Schule der einer Grundschule entwachsene Sprössling zukünftig besuchen wird.
Aus anderen Bundesländern ist der Trend bekannt. Die Anzahl der Kinder, die die Hauptschule besuchen werden, wird innerhalb weniger Jahre deutlich zurückgehen. Die Gemeinschaftsschulen, die Ende vergangenen Jahres in den ersten Gemeinden in Nordrhein-Westfalen im Probebetrieb genehmigt wurden, sind Reaktion auf diese Entwicklung.
Gehen immer weniger Kinder auf die Hauptschule, so ist damit zu rechnen, dass sich hier weitere Verschiebungen Richtung Gymnasium ankündigen. Kinder, die bisher auf die Realschule kamen, werden ihr Glück am Gymnasium versuchen. Möglicherweise geben bereits die Anmeldezahlen für das Schuljahr 2011/2012 darüber eine erste Auskunft.

In Pullheim haben engagierte Eltern mit der Unterstützung einzelner Parteien versucht, eine Gesamtschule auf den Weg zu bringen. Sie sind gescheitert. Am Desinteresse und möglicherweise und in kleinerem Maße als wir es in Hamburg beobachten konnten: an der Angst, Veränderungen der Schullandschaft würden sich negativ auf das bestehende Gymnasium auswirken. Da es sich bei solchen Einschätzungen um Projektionen handelt, spielen hier Ängste eine große Rolle bei der Entscheidung. Denn, keiner weiß, wie sich Eltern bei der Schulwahl verhalten, wenn neben einem Gymnasium eine Gesamtschule in einer Stadt besteht, keiner kann einschätzen, ob eine Gesamtschule den Bestand eines Gymnasiums wirklich gefährdet.

Schlussendlich werden wir aber in Pullheim erleben, wie ein Gymnasium mit einem verstärkten Ansturm der Schüler umgehen wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass hier, eher kurzsichtig, eine Entscheidung „pro Gymnasium“ getroffen wurde, die diese Institution vor unlösbare Probleme stellen wird.

Inklusion

Auch hier wird es spannend werden. Die Landesregierung bastelt an einem Inklusionsplan für das ganze Land. Die Kommunen sollten das als Hinweis darauf verstehen, dass die Einbeziehung behinderter Menschen in den Alltag, ins ganz normale Leben, auf der politischen Agenda steht.
Bezogen auf unsere Schullandschaft bedeutet das:
eine wahrscheinlich sogar kurzfristige Ausdünnung der Förderschulen und damit zwingend der Verbleib von Kindern mit Behinderungen, Integrationsproblemen etc. in den Grundschulen vor Ort. Und nur wenige Jahre später werden diese Kinder, die bisher auf Förderschulen abgeschoben wurden, darauf pochen, an weiterführenden Schulen angemessen gefödert zu werden.
ein Recht behinderter Kinder auf eine Beschulung in einer wohnortnahen Schule und zwar in Grund- und Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. Ohne hier über pädagogische Veränderungen reden zu wollen, bedeutet dies, dass unsere Frechener Schulen in einem überschaubaren Zeitraum behindertengerecht ausgebaut werden müssen. Es kann auch bedeuten, dass sich die Raumanforderungen verändern, weil Klassen mit behinderten Kindern vielleicht kleiner sein werden, weil andere Hygieneräume benötigt werden, weil Therapieräume erforderlich sein werden.

Es stellt sich also Fragen über Fragen, wie es in Frechen mit unseren Schulen weitergehen wird.

Sind die bisherigen Pläne und Vorstellungen noch zeitgemäß?
Braucht Frechen wirklich eine neue Grundschule im Kuckental?
Sollte Frechen über eine Gemeinschaftschule nachdenken?
Sollte Frechen vorrangig die vorhandenen Schulgebäude behindertengerecht ausbauen?
Muss Frechen vielleicht sogar über einen Ausbau des Gymnasiums nachdenken?
Braucht Frechen eine Gesamtschule vor Ort?