Thema: Gesamtschule
02. Dezember 11 | Autor: antoine favier | 0 Kommentare | Kommentieren
Wie zwischenzeitlich bekannt ist, wird der Rat in seiner Sitzung am 13. Dezember über den Bürgerantrag "Pro Gesamtschule" befinden.
Die Verwaltung schlägt vor, den Bürgerantrag an den Schulausschuss zu überweisen und im Gesamtkontext zu behandeln.
Das war zu erwarten, nachdem in der letzten Schulausschusssitzung das Thema in seiner Gesamtheit mittels eines Verwaltungsauftrags in den Mai 2012 verschoben wurde.
Vegleicht man den Verwaltungsauftrag mit dem Elternantrag, so ist aber festzustellen, dass der Auftrag der Verwaltung deutlich von der Intention des Elternantrags abweicht.
Die Verwaltung wurde beauftragt, anhand einer Überarbeitung des Schulentwicklungsplanes zu prüfen, ob und inwieweit Schulen mittelfristig in ihrem Bestand gefährdet sind und wie darauf reagiert werden könnte.
Der Bürgerantrag dagegen referiert darauf, dass Eltern von Schulkindern sich eine Möglichkeit wünschen, ihre Kinder nicht dem G8-Stress des Frechener Gymnasiums auszusetzen, dass es Eltern gibt, die sich eine Schule wünschen, die sie nicht automatisch nach der vierten Klasse dazu zwingt, eine nur schwer zu korrigierende Schulwegentscheidung für ihre Kinder treffen zu müssen.
Das sind berechtigte Forderungen, die leider im Verwaltungsauftrag keinen Niederschlag gefunden haben.
Zudem ist aus der Debatte um einen Grundschulstandort in der Frechener Innenstadt bekannt, dass prognostische Betrachtungen zukünftiger Schülerströme mit hohen Unsicherheiten behaftet sind. Der Schulentwicklungsplan 2009 (Datenstand 2008) musste bereits nach 2 Jahren gravierend korrigiert werden.
Die größte Unsicherheit im zukünftigen Schulentwicklungsplan ist dabei das Elternverhalten. Nachdem die verpflichtende Schulempfehlung weggefallen ist, steht es den Eltern frei, ihre Kinder auf die Schule ihrer Wahl zu bringen. Die bisherigen Größenordnungen, die hier im Raum stehen, bspw. die Aussage, dass rund 15% aller Kinder eines Jahrgangs eine Hauptschule besuchen, können sich innerhalb weniger Jahre komplett verändern.
Hier sei nur auf eine kleine Entwicklung hingewiesen, die die Dynamik aufzeigen kann, die in diesem Thema steckt: die Frechener Förderschule hat innerhalb von nur 2 Jahren 20% ihrer Kinder verloren. Die Anzahl der förderbedürftigen Kinder hat sich in diesem Zeitraum nicht reduziert. Sie ist gleich geblieben. Die Kinder die die Anne-Frank-Schule nicht besuchen sind alle an den Frechener Grundschulen untergekommen. Dieses veränderte Elternverhalten steht in einem engen Zusammenahng mit der Behindertenrechtskonvention der UN, durch die eindeutig bestimmt wurde, dass der normale Bildungsort auch für förderbedürftige Kinder die Regelschule ist. Viele Eltern haben sofort reagiert. Ihre Kinder besuchen nun keine Förderschule sondern eine Regelschule.
Zudem ist erkennbar, dass in Frechen derzeit die Hauptschule im Sekundarbereich vermehrt Kinder mit Förderbedarf aufnimmt. Wenn der Schulträger nicht schnell reagiert, dann werden wir erleben, dass die Förderschule Anne-Frank aufgrund von Schülermangel schließen muss, und sich diese Kinder schwerpunktmäßig in der Hauptschule sammeln. Dies ist ein realistisches Zukunftszenario, das Eltern zum Zeitpunkt der Schulwahl bewußt sein wird. Und persönlich bin da nicht sehr optimistisch: einerseits begrüßen Eltern den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder andererseits glaube ich aber nicht, dass eine Ballung förderbedürftiger Kinder an einer Schule von Eltern gerne gesehen wird. Die Angst, das eigene Kind könnte bei so vielen förderbedürftigen Kindern zu kurz kommen, wird eine Entscheidung gegen eine solche Schule bewußt, oder auch nur unbewußt, befördern.
Kinder, die einer besonderen Förderung bedürfen, müssen gleichmäßig über alle Schulen verteilt werden. Eine schulische Ghettobildung wird sonst in einem sehr überschaubaren Zeitraum dazu führen, dass viele Eltern ihre Kinder an einer anderen Schule anmelden werden.
Ein weiterer Gedanke sollte dabei nicht verdrängt werden: wir Eltern registrieren, dass an anderen Orten Hauptschulen schließen, mit anderen Schulen fusionieren, neu bezeichnet werden. Jede Hauptschule, die schließt, jede Hauptschule, die verschwindet ist ein Argument, unsere Kinder nicht auf die Frechener Hauptschule zu schicken. Nicht aus qualitativen Gründen, wir reden nicht über die Qualität einer Schule, aber wer schickt sein Kind schon gerne in einem Auslaufmodell zur Schule?
Mit anderen Worten, wir Eltern bringen eine neue und für Schulträger ungewohnte Dynamik ins Spiel, da unsere Entscheidungen, ob es die Politik nun gerne hört oder nicht, darüber entscheiden, welche Schulen vor Ort noch existieren können und welche nicht.
Wetten auf die mittelfristige Fortexistenz der Hauptschule werden daher nicht mehr angenommen. Offen ist vielmehr, wann die Politik bereit ist, diesen Prozess anzuerkennen und für die Zukunft zu gestalten. Dabei ist politischer Gestaltungswille gefragt. Bisher ist davon nichts zu erkennen.
Wir warten immer noch darauf, dass die Befürworter der Sekundarschule öffentlich und damit nachvollziehbar vermitteln, warum diese Schule besser zu Frechen passen soll als eine Gesamtschule. Wir warten darauf, wann den Eltern, die dies wollen, erklärt wird, warum eine Gesamtschule neben einem Gymnasium in Frechen nicht funktionieren kann. Wir warten darauf, wann uns verständlich erklärt wird, warum eine Schule die erst nach 9 Jahren zum Abitur kommt, nicht für Frechen passen soll. Mit anderen Worten: wir warten auf den Politiker, auf die Politikerin, die uns klar erklärt, warum sie persönlich, warum ihre Partei die eine oder die andere Schullandschaft für die bessere hält. Wo sind sie, die engagierten SchulpolitikerInnen, die mit Herzblut ihre Entscheidungen verteidigen, die sich der Öffentlichkeit stellen, sich mit den Eltern auseinander setzen?
Der Bürgerantrag fordert an keiner Stelle das Ende der Haupt- oder der Realschule. Der Elternantrag will eine Gesamtschule als Ergänzung zur Gymnasium. Eine Schule, die den Kindern breitere Möglichkeiten und längere Lernzeiten auf dem Weg zum bestmöglichen Abschluss bietet.
Wie sagte eine Mutter und Gymnasiallehrerin, die an einem G8-Gymnasium unterrichtet:
„Ich habe Kinder in den Klassen sitzen, bei denen es ohne psychologische Betreuung nicht mehr geht.“
Das wollen wir für unsere Kinder nicht!
Eine Beschränkung der Diskussion auf zukünftige Schülerströme wird diesem Ansinnen an keiner Stelle gerecht. Es geht um das Wohl unserer Kinder.
Die Verwaltung schlägt vor, den Bürgerantrag an den Schulausschuss zu überweisen und im Gesamtkontext zu behandeln.
Das war zu erwarten, nachdem in der letzten Schulausschusssitzung das Thema in seiner Gesamtheit mittels eines Verwaltungsauftrags in den Mai 2012 verschoben wurde.
Vegleicht man den Verwaltungsauftrag mit dem Elternantrag, so ist aber festzustellen, dass der Auftrag der Verwaltung deutlich von der Intention des Elternantrags abweicht.
Die Verwaltung wurde beauftragt, anhand einer Überarbeitung des Schulentwicklungsplanes zu prüfen, ob und inwieweit Schulen mittelfristig in ihrem Bestand gefährdet sind und wie darauf reagiert werden könnte.
Der Bürgerantrag dagegen referiert darauf, dass Eltern von Schulkindern sich eine Möglichkeit wünschen, ihre Kinder nicht dem G8-Stress des Frechener Gymnasiums auszusetzen, dass es Eltern gibt, die sich eine Schule wünschen, die sie nicht automatisch nach der vierten Klasse dazu zwingt, eine nur schwer zu korrigierende Schulwegentscheidung für ihre Kinder treffen zu müssen.
Das sind berechtigte Forderungen, die leider im Verwaltungsauftrag keinen Niederschlag gefunden haben.
Zudem ist aus der Debatte um einen Grundschulstandort in der Frechener Innenstadt bekannt, dass prognostische Betrachtungen zukünftiger Schülerströme mit hohen Unsicherheiten behaftet sind. Der Schulentwicklungsplan 2009 (Datenstand 2008) musste bereits nach 2 Jahren gravierend korrigiert werden.
Die größte Unsicherheit im zukünftigen Schulentwicklungsplan ist dabei das Elternverhalten. Nachdem die verpflichtende Schulempfehlung weggefallen ist, steht es den Eltern frei, ihre Kinder auf die Schule ihrer Wahl zu bringen. Die bisherigen Größenordnungen, die hier im Raum stehen, bspw. die Aussage, dass rund 15% aller Kinder eines Jahrgangs eine Hauptschule besuchen, können sich innerhalb weniger Jahre komplett verändern.
Hier sei nur auf eine kleine Entwicklung hingewiesen, die die Dynamik aufzeigen kann, die in diesem Thema steckt: die Frechener Förderschule hat innerhalb von nur 2 Jahren 20% ihrer Kinder verloren. Die Anzahl der förderbedürftigen Kinder hat sich in diesem Zeitraum nicht reduziert. Sie ist gleich geblieben. Die Kinder die die Anne-Frank-Schule nicht besuchen sind alle an den Frechener Grundschulen untergekommen. Dieses veränderte Elternverhalten steht in einem engen Zusammenahng mit der Behindertenrechtskonvention der UN, durch die eindeutig bestimmt wurde, dass der normale Bildungsort auch für förderbedürftige Kinder die Regelschule ist. Viele Eltern haben sofort reagiert. Ihre Kinder besuchen nun keine Förderschule sondern eine Regelschule.
Zudem ist erkennbar, dass in Frechen derzeit die Hauptschule im Sekundarbereich vermehrt Kinder mit Förderbedarf aufnimmt. Wenn der Schulträger nicht schnell reagiert, dann werden wir erleben, dass die Förderschule Anne-Frank aufgrund von Schülermangel schließen muss, und sich diese Kinder schwerpunktmäßig in der Hauptschule sammeln. Dies ist ein realistisches Zukunftszenario, das Eltern zum Zeitpunkt der Schulwahl bewußt sein wird. Und persönlich bin da nicht sehr optimistisch: einerseits begrüßen Eltern den gemeinsamen Unterricht behinderter und nicht behinderter Kinder andererseits glaube ich aber nicht, dass eine Ballung förderbedürftiger Kinder an einer Schule von Eltern gerne gesehen wird. Die Angst, das eigene Kind könnte bei so vielen förderbedürftigen Kindern zu kurz kommen, wird eine Entscheidung gegen eine solche Schule bewußt, oder auch nur unbewußt, befördern.
Kinder, die einer besonderen Förderung bedürfen, müssen gleichmäßig über alle Schulen verteilt werden. Eine schulische Ghettobildung wird sonst in einem sehr überschaubaren Zeitraum dazu führen, dass viele Eltern ihre Kinder an einer anderen Schule anmelden werden.
Ein weiterer Gedanke sollte dabei nicht verdrängt werden: wir Eltern registrieren, dass an anderen Orten Hauptschulen schließen, mit anderen Schulen fusionieren, neu bezeichnet werden. Jede Hauptschule, die schließt, jede Hauptschule, die verschwindet ist ein Argument, unsere Kinder nicht auf die Frechener Hauptschule zu schicken. Nicht aus qualitativen Gründen, wir reden nicht über die Qualität einer Schule, aber wer schickt sein Kind schon gerne in einem Auslaufmodell zur Schule?
Mit anderen Worten, wir Eltern bringen eine neue und für Schulträger ungewohnte Dynamik ins Spiel, da unsere Entscheidungen, ob es die Politik nun gerne hört oder nicht, darüber entscheiden, welche Schulen vor Ort noch existieren können und welche nicht.
Wetten auf die mittelfristige Fortexistenz der Hauptschule werden daher nicht mehr angenommen. Offen ist vielmehr, wann die Politik bereit ist, diesen Prozess anzuerkennen und für die Zukunft zu gestalten. Dabei ist politischer Gestaltungswille gefragt. Bisher ist davon nichts zu erkennen.
Wir warten immer noch darauf, dass die Befürworter der Sekundarschule öffentlich und damit nachvollziehbar vermitteln, warum diese Schule besser zu Frechen passen soll als eine Gesamtschule. Wir warten darauf, wann den Eltern, die dies wollen, erklärt wird, warum eine Gesamtschule neben einem Gymnasium in Frechen nicht funktionieren kann. Wir warten darauf, wann uns verständlich erklärt wird, warum eine Schule die erst nach 9 Jahren zum Abitur kommt, nicht für Frechen passen soll. Mit anderen Worten: wir warten auf den Politiker, auf die Politikerin, die uns klar erklärt, warum sie persönlich, warum ihre Partei die eine oder die andere Schullandschaft für die bessere hält. Wo sind sie, die engagierten SchulpolitikerInnen, die mit Herzblut ihre Entscheidungen verteidigen, die sich der Öffentlichkeit stellen, sich mit den Eltern auseinander setzen?
Der Bürgerantrag fordert an keiner Stelle das Ende der Haupt- oder der Realschule. Der Elternantrag will eine Gesamtschule als Ergänzung zur Gymnasium. Eine Schule, die den Kindern breitere Möglichkeiten und längere Lernzeiten auf dem Weg zum bestmöglichen Abschluss bietet.
Wie sagte eine Mutter und Gymnasiallehrerin, die an einem G8-Gymnasium unterrichtet:
„Ich habe Kinder in den Klassen sitzen, bei denen es ohne psychologische Betreuung nicht mehr geht.“
Das wollen wir für unsere Kinder nicht!
Eine Beschränkung der Diskussion auf zukünftige Schülerströme wird diesem Ansinnen an keiner Stelle gerecht. Es geht um das Wohl unserer Kinder.