Montag, 7. Oktober 2013
Thema: Opposition
Wir haben an dieser Stelle vor 2 Wochen die Bundestagswahl in einem sehr kleinteiligen Zugriff analysiert, nachfolgend versuchen wir Vergleichbares mit den beiden Wahlgängen zur Wahl des Landrates.

Wenig überraschend die recht schwache Wahlbeteiligung im zweiten Wahlgang von kreisweit 32%, die in Frechen noch um 3% unterboten wurde. Zweite Auffälligkeit ist die extrem hohe Anzahl an BriefwählerInnen. Rund 12% der Wahlberechtigten haben per Briefwahl abgestimmt, in manchen Wahlbezirken handelte es sich damit um nahezu jeden zweiten Wähler.

Schaut man im Vogelflug über die verschiedenen Wahlbezirke, so ergibt sich eine im Grunde wenig überraschende Erkenntnis: in den Wahlbezirken, in denen der Kandidat der CDU die 60%-Marke geknackt hat (bspw. in Königsdorf), lag auch die Wahlbeteiligung über dem städtischen Schnitt. Mit anderen Worten: CDU-WählerInnen haben ihre Stimme abgegeben.
Die Wahlbeteiligung in den Wahlkreisen, die in Frechen an den Kandidaten der SPD gefallen sind, (Wahlbezirke 9, 11, 12, 15,16 und 18) haben eine unterdurchschnittliche Wahlbeteiligung, die zum Teil bis zu 5% unter dem städtischen Schnitt liegt.

Die Ergebnisse des zweiten Wahlgangs sind daher nur in Ausschnitten repräsentativ, aber sie lassen Schlussfolgerungen zu. So erklärte Hans Krings, Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion, „Isolierte Kommunalwahlen sind nicht das Feld der SPD.“ Mit anderen Worten: der typische SPD-Wähler geht nur zu „wichtigen“ Wahlen. Das ist einer der Gründe, warum die SPD immer für eine Zusammenlegung von Wahlen plädiert.

Man kann jetzt aber nicht sagen, dass das Wahlergebnis der SPD beim ersten Wahlgang wirklich besser war, die Wahlbeteiligung war im 1. Wahlgang dank der Bundestagswahl mit 70% deutlich höher, aber prozentual hat der Kandidat der SPD im 1.Wahlgang keinen Deut besser abgeschnitten als im 2. Wahlgang, wenn man nur die Ergebnisse von CDU und SPD gegenüber stellt.
Bei dieser Wahlbeteiligung lohnt es sich auch nicht, der Frage nachzugehen, ob der SPD-Kandidat Stimmen bei der Linken oder ob der CDU-Kandidat vielleicht Stimmen bei den Grünen hinzugewonnen hat, vielmehr muss diese Wahl unter dem Aspekt der Wählermobilisierung analysiert werden.
Man sollte hierzu die Verlustquote berechnen: wie viele Wähler des 1. Wahlgangs sind im 2. Wahlgang nicht mehr zur Wahl gegangen? Liest man die Wahlergebnisse derart, so hält die Verallgemeinerung wie sie Hans Krings vorgenommen hat, einer Überprüfung nicht Stand. In den Wahlbezirken, in denen der SPD-Kandidat im 1. Wahlgang bereits vor dem CDU-Kandidaten lag (die Wahlbezirke 9, 12, 15, 16 und 18) verlor die SPD relativ gesehen weniger Wähler als die CDU, in Wahlbezirken, die im ersten Wahlgang eindeutig der CDU zugefallen waren, dreht sich dieser Effekt, die Verluste der CDU sind geringer als die der SPD. In relativ knappen Wahlbezirken (die Wahlbezirke 11 und 13) lag die Mobilisierung der SPD-Wähler höher als die der CDU-Wähler.
Im Wahlbezirk 13 bspw. lag der CDU-Kandidat im 1. Wahlgang noch 6% vor dem SPD-Kandidaten, dieser Vorsprung ist auf ein gutes Prozent zusammen geschmolzen, im Wahlbezirk 11 wurde aus einem winzigen Vorsprung für den CDU-Kandidaten eine drei Prozent Vorsprung für den SPD-Kandidaten.

Alle Schlussfolgerungen, die daraus nun abgeleitet werden können, sind bestenfalls Thesen:

1. Die CDU hat diese Wahl mit ihren StammwählerInnen gewonnen. Inwieweit einzelne WählerInnen der Grünen der Empfehlung des Grünen Kreisvorstands gefolgt sind, lässt sich anhand der Zahlen nicht erkennen.
2. Die SPD hat ihre Frechener Hochburgen gehalten, einige Verluste des ersten Wahlganges sogar reduzieren können. Die Mobilisierung der SPD-Stammwählerschaft war nicht grundsätzlich schlechter, als die Mobilisierung der CDU-WählerInnen.
3. Auffällig ist, dass die SPD-WählerInnen in den CDU-Hochburgen relativ häufiger auf eine Stimmabgabe verzichtet haben, als in den übrigen Wahlbezirken. Hier scheint es der SPD nicht gelungen zu sein, den Wert des eigenen Kandidaten zu verdeutlichen. WählerInnen außerhalb des Stammwählerpotentials wollen wohl überzeugt werden, insbesondere bei „unwichtigen“ Wahlen. Der Kandidat und / oder das Programm der SPD haben außerhalb der Stammwählerschaft wohl nur schlecht gezogen.
4. Es ist ja nicht wirklich überraschend, dass die Wahlbeteiligung abhängig ist von der „gefühlten“ Bedeutung einer Wahl, man sollte aber ergänzen, dass die Wahlbeteiligung dann ansteigt, wenn die WählerInnen vor eine klare Alternative gestellt werden. Ist es der SPD gelungen, sich im Kreis als Alternative zur CDU / zur Jamaika-Koalition zu präsentieren? Erinnerlich sind Versuche der SPD der Skandalisierung persönlich-wirtschaftlicher Verflechtungen zwischen dem ehemaligen Landrat und der Betreibergesellschaft der Gymnicher Mühle. Massiv Verwerfliches wurde bisher nicht präsentiert. Aber: ohne programmatische Alternative verpuffen die kleinen, die regionalen Skandälchen.
Und wenn das Programm fehlt, so gibt es immer noch die Möglichkeit, diese Leerstelle mit Hilfe eines charismatischen Kandidaten zu füllen.
War der Kandidat der SPD ein ausgemachter Charismatiker?

Die CDU betont in ihrer Wahlanalyse diese Aspekte: Die Sozialdemokraten seien „inhaltlich in der Sackgasse und personell am Ende“. Nun ja, zumindest ist es der SPD nicht gelungen, der Öffentlichkeit zu vermitteln, warum und zu welchem Zwecke man ihr die Stimme geben sollte und seien wir ehrlich: eine charismatische Offenbarung war der SPD-Kandidat auch nicht. Also sind die Traditionsbataillone der SPD wählen gegangen. Aber auch nur diese.




Freitag, 15. März 2013
Thema: Opposition
Wir müssen in das Jahr 2003 zurückgehen, um die heutigen Konflikte um die Frechener Sportförderung richtig einordnen zu können. Die „Allianz für den Sport“ mit der der heutige Umfang der Sportförderung (kostenfreie Nutzung der Sportanlagen) fixiert wurde, war Folge der im Jahr 2003 laufenden Verhandlungen zur Haushaltskonsolidierung.

Am 8. April 2003 hatte die Verwaltung vorgeschlagen 90.000 Euro bei der Sportförderung einzusparen, vorrangig durch die Umlegung laufender Kosten (Strom, Gas, Wasser) auf die Vereine.
In einem Gespräch zwischen Bürgermeister Meier und dem Sadtsportverband erklärte der Stadtsportverband, dass diese Kürzungen die Arbeit der Vereine erheblich erschweren würde.
Daraufhin wurden die geplanten Kürzungen gestrichen.

Wer aber den Wahlkalender studiert, der weiß, dass im September 2004 Kommunalwahlen anstanden und die SPD die Schlappe aus dem Jahr 1999 ausmerzen wollte, als sie mit Pauken und Trompeten von der CDU aus ihren Frechener Erbhöfen vertrieben worden war. (Übrigens ein Schlag, von dem sich die SPD wohl bis heute nicht erholt hat ….)

Also entschied sich die SPD, eine langfristige Sicherung der Frechener Vereine zu fordern. Das Schlagwort lautete: „Ja zum Frechener Sport“. Die Vereine sollten eine „verbindliche Planungs- und Handlungssicherheit“ durch die dauerhafte Befreiung von Nutzungsentgelten für die städtischen Sportanlagen erhalten.

Der Antrag enthielt noch etwas, was, sagen wir mal Frechen-typisch ist und sich durch die meisten örtlichen Parteien hindurchzieht: Die SPD verwarf jede Idee einer langfristigen und wissenschaftlich begleiteten Sportentwicklungsplanung: „uns reicht eine frechengemäße Sportstättenbedarfsplanung.“ Kommt einem bekannt vor, nicht wahr – Unterstützung von aussen wird als Einmischung in die inneren Angelegenheiten wahrgenommen und das darf nicht sein.

Aber weiter im Text: das Stichwort lautet „Kommunalwahlkampf 2004“. Da auch der Bürgermeister zur Wahl stand und Herr Meier wohl befürchtete, einen Wahlkampf gegen die Frechener Sportvereine nicht bestehen zu können, wurde die Verwaltung beauftragt, in Verhandlungen mit dem Stadtsportverband zu treten. Im Dezember 2003 entschied sich der Rat dann einstimmig für die zwischen diesen Partner ausgehandelte Vereinbarung, die nun den Titel „Allianz für den Sport“ erhalten hatte.
Am 09.02.2004 unterzeichnete Bürgermeister Meier und der Stadtsportverband die Vereinbarung. Seitdem gilt die kostenfreie Nutzung der Frechener Sportstätten als gesichert.

Wie stark dieses Thema Bestandteil des Wahlkampfes 2004 war zeigte sich im Nachgang, den sowohl Bürgermeister Meier als auch der SPD-Bürgermeisterkandidat Ferdi Huck kämpften um die Deutungshoheit. Wichtig war beiden, zu belegen, wer denn nun eigentlich Vater dieses Subventionssicherungsprogrammes war. In einer Presseerklärung der SPD vom 17. März 2004 darf man lesen, dass Bürgermeister Meier sich den Erfolg der Allianz alleine ans Revers hefte, wogegen die SPD heftig protestierte.

Im Dezember 2005 war die „Allianz“ nochmals Thema der Politik, denn bereits zu diesem Zeitpunkt wurde wohl über eine Kündigung der „Allianz“ durch die Stadt nachgedacht:
Was haben Bürgermeister Meier und die CDU nicht alles vor der Wahl versprochen! (…) Eine Allianz mit dem Sport wurde einstimmig beschlossen mit dem Ziel der Planungssicherheit. Und heute, knapp eineinhalb Jahre nach der Wahl gilt nichts mehr! Durch die Hintertür einer nichtöffentlichen Sitzung erfährt man, dass die Allianz für den Sport zur Disposition steht. (…) „ Hier drängt sich mir der Eindruck auf, dass vor der Wahl nur Menschen und Organisationen ruhig gestellt werden sollten, bis Herr Meier wieder auf seinem Bürgermeistersessel sitzt“, so die Frechener Parteivorsitzende Brigitte D’moch-Schweren.
Seitdem aber ist es still geworden um die „Allianz für den Sport“.

Tja, bis 2013 deutlich wurde, dass die Gewerbesteuereinnahmen, für die zu immerhin 20% die RWE Power alleine zuständig war, vermutlich längerfristig wegbrechen werden. Es ist hier bereits darauf hingewiesen worden, dass die Umstrukturierungen der RWE Power im Zusammenhang mit der Energiewende dazu führen werden, dass RWE Power die Kosten der Energiewende klug mit den Gewinnen der Braunkohleverstromung verrechnen wird, so dass die Kommunen des Rhein-Erft-Kreises längerfristig keine Gewerbesteuern mehr sehen werden. Bei der Stadtverwaltung ist man wohl zu einer vergleichbaren Einschätzung gekommen. Man spricht davon, dass Frechen in die Haushaltssicherung rutschen könne, wenn man nicht gegensteuere. Die Möglichkeiten des Gegensteuerns sind aber sehr gering, denn Einsparpotentiale sind kurzfristig nur bei den freiwilligen Ausgaben möglich und die Ausgaben für die Frechener Sportvereine sind freiwillig.

Wir dürfen gespannt sein, wie sich der Konflikt hier weiterentwickelt, nachdem die nächsten Kommunalwahlen bereits wieder vor der Haustüre stehen. Die SPD hat sich vehement für eine Beibehaltung des status quo ausgesprochen, die CDU hat, auch auf den Seiten des Stadtsportverbands Frechen, für die Kürzungen geworben. Hier zeichnet sich eine einfache Konfrontation ab: SPD und Vereine für den Bestand der „Allianz“ und CDU und Stadtverwaltung für wirtschaftliche Vernunft vor dem Hintergrund der haushalterischen Probleme der Stadt.

Aber ist es so einfach? Sportvereine, SPD und auch die CDU haben einen Punkt in den Vordergrund gestellt: die Förderung des Sports soll im Schwerpunkt eine Förderung von Kindern und Jugendlichen sein. Aus sozialen und aus gesundheitlichen Gründen. Ist ja auch richtig, denn in jungen Jahren finden die Kinder zum Sport. Ob aber eine unspezifische Förderung in Form der kostenfreien Nutzung der Sportstätten die einzige Form der Kinder- und Jugendförderung sein kann, diese Frage zu stellen ist mehr als legitim.

Die grüne Fraktion hat den Vorschlag in die Debatte eingebracht, die Frechener Sportförderung komplett auf eine Kinder- und Jugendförderung umzustellen. Zu überlegen wäre vielleicht, sich hierfür professioneller Unterstützung zu versichern, denn andernorts gibt es Sportentwicklungspläne, bei denen eine vernünftige Abstimmung zwischen den städtischen Möglichkeiten, kommunalen Zielsetzungen und Erwartungen der Sportvereine erreicht wurde. Das aber ist dann kein Thema für den Kommunalwahlkampf.

Oder ist es wirklich noch hilfreich, wenn sich CDU und SPD vor der kommenden Kommunalwahl mit Versprechungen überbieten, von denen alle Beteiligten wissen, dass sie schneller vergehen werden als der Schnee in der Frühlingssonne?




Freitag, 23. März 2012
Thema: Opposition
Sollte man irgendwann einmal geglaubt haben, die Rot-Grüne Koalition im NRW-Landtag würde auch auf die kommunale Ebene abfärben, so muss man für Frechen feststellen: Nein, da geht nichts zusammen.
Seit den Kommunalwahlen 2009 gibt es keine eindeutigen Mehrheitsverhältnisse mehr im Rat der Stadt Frechen. Aus der Landespolitik kennen wir das ja. Die „Koalition der Einladung“, wie Rot-Grün sich zu Beginn nannte, war knappe zwei Jahre erfolgreich. Eine sachliche Zusammenarbeit über die klaren Grenzen von Regierung und Opposition hinweg schien im Landtag möglich. Vor gut einer Woche scheiterte die Koalition an der Ablehnung des Haushalts durch rot-schwarz-gelb. Und so dürfen wir nun in wenigen Wochen ein weiteres Mal wählen.

Solche massiven Effekte sind natürlich auf kommunaler Ebene nicht zu erwarten, jedoch werden die Ergebnisse fehlender Eindeutigkeit vor Ort komplett unterschiedlich interpretiert und wahrgenommen - sowohl wenn man zwischen der Landes- und der Kommunalebene differenziert als auch, wenn man die Wahrnehmungen von Rot und Grün gegenüberstellt. Es gibt anscheinend keine Gemeinsamkeiten zwischen Rot und Grün:
Erkennbar war, dass es allen Fraktionen daran gelegen ist, zielführend zu diskutieren und zu guten Ergebnissen zum Wohle Frechens zu kommen. Man merkt aber auch, dass in Frechen keine Partei die alleinige Mehrheit hat.
So die Wahrnehmung der SPD in den Worten ihres Fraktionsvorsitzenden Günter Eilenberger.

Ganz anders die Interpretation der grünen Fraktion, die eine Rückkehr der großen Koalition konstatiert und sich von der sachlichen Zusammenarbeit seit Anfang 2011 ausgeschlossen sieht:
Klare Mehrheitsverhältnisse liegen hier in Frechen nicht vor. Das haben wir nach der Kommunalwahl 2009 begrüßt, da die beiden größeren Fraktionen gezwungen waren, mit uns und allen anderen das Gespräch zu suchen. In den Ausschüssen wurde sachorientierter, das heißt auch sachlicher, diskutiert und die Entscheidungen waren durchaus Kompromisse auf breiteren Füßen. Im zurückliegenden Jahr, also in 2011, schliefen diese Gespräche komplett ein, der Umgangston verschärfte sich und in den Diskussionen um unsere Vorschläge und Anträge konnten wir leider zu häufig keine Kompromissfähigkeit (…) erkennen. Stattdessen erlebten wir eine große Koalition von CDU und SPD. Äußerlich fechten Sie mit harten Bandagen, aber im Endeffekt sind Sie sich dann doch einig. Das sind für uns Schaukämpfe – wie bei diesem Haushalt.
Auch Aussenstehende erkennen eher die Elemente einer großen Koalition von SPD und CDU, denn eine sachorientierte Politik über alle Fraktionen hinweg. Nur zu oft hatte man vergangenes Jahr das Gefühl, CDU und SPD hätten sich im Vorfeld bereits abgestimmt. Erinnert sei an die Idee der Einführung einer Sekundarschule, die zeitgleich und mit gleicher Tonalität von CDU und SPD in die Debatte eingebracht wurde. Es bedurfte des Einsatzes Frechener Eltern, um hier eine öffentliche Debatte zu erzwingen und das Thema Gesamtschule zumindest gleichwertig behandelt zu sehen.

Da Eltern nur wenige direkte Rechte haben, um in der Kommunalpolitik ihre Interessen direkt einzubringen, sind sie auf die Hilfe von Parteien angewiesen. Im Bereich des Themenbereichs Sekundarschule / Gesamtschule hat sich einzig die Grüne Fraktion eindeutig auf Seiten der Gesamtschule platziert. Die SPD ist in dieser Frage wachsweich und laviert. Sie will sich nicht festlegen:
Ein bedeutsames Thema im Bereich der weiterführenden Schulen ist die mögliche Einrichtung einer Gesamtschule oder Sekundarschule, um dem starken Wunsch nach längerem gemeinsamem Lernen Rechnung zu tragen. (…) Für Frechen wurde gerade ein Gutachten beauftragt, dessen Ergebnisse abgewartet werden müssen. Dann werden wir entscheiden, welche Konsequenzen daraus zu ziehen sind. Ich mache keinen Hehl daraus: Die SPD steht einer Gesamtschule oder Sekundarschule sehr positiv gegenüber. Sie muss aber auch realisierbar sein und angenommen werden, sprich: die notwendige Zahl von Anmeldungen muss auch erfolgen
Ebenso wachsweich positionierte sich die SPD zum aktuellen Thema der Sanierung der Toilettenanlagen der Burgschule:
Schon lange gibt es Bedarfe an der Burgschule, den die SPD jahrelang in den Haushaltsberatungen dargestellt hat. Sei es für Räumlichkeiten für eine Schulküche oder weitere Räume für die Betreuung der Schulkinder. Deshalb ist zu begrüßen, dass jetzt ein Gesamtkonzept erarbeitet werden soll. In dessen Rahmen müssen zusätzliche Räume für die OGS geschaffen und auch die Toiletten angepackt werden.
Es wird dabei aber verschwiegen, dass die SPD, wie auch die CDU und im Grunde der gesamte Rat, sich seit 2008 an keiner Stelle für die Burgschule eingesetzt hat. Die Burgschule wurde von allen einfach „vergessen“.
Jetzt wäre die Gelegenheit gewesen, zumindest den größten Schandfleck der Schule, die stinkenden Toilettenanlagen im 60erJahrelook kurzfristig zu sanieren. Die SPD hat es vorgezogen, zusammen mit der CDU ein Gesamtkonzept erarbeiten zu lassen. Unter Haushaltsgesichtspunkten kostet das Gutachten 2012 50.000 Euro, die Sanierung hätte dieses Jahr mit vermutlich 400.000 Euro zu Buche geschlagen. Da ist der Ankauf des Kunstrasens in Bachem natürlich wichtiger.
Im Sinne großkoalitonärer Anwandlungen wurde der Antrag, 50.000 Euro Planungskosten in den Haushalt einzustellen, von den Fraktionen CDU und SPD gemeinsam gestellt.

In beiden Punkten ist die grüne Fraktion klarer. Sie forderte mit mehreren Anträgen die Einrichtung einer Gesamtschule und sie waren die einzigen, die an einer sofortigen Sanierung der Toilettenanlagen festhalten wollen:
Nun zur Burgschule. In den letzten Wochen zeigte sich mit Deutlichkeit die angespannte Lage bei der Mittagsbetreuung. Das Thema liegt uns allen am Herzen und wir hoffen, dass schnell eine akzeptable Übergangslösung gefunden wird. Aber die Toiletten bleiben ein Trauerspiel. (…) Wir sind nicht gegen ein gut durchdachtes Gesamtkonzept für das gesamte Schulgelände, wollen aber die größten Mängel zeitnah abgestellt wissen. Bis zum Schuljahresende müssen Lösungen für eine hygienische Benutzungsmöglichkeit der Toiletten gefunden werden. Es eilt, wir haben keine Zeit zu verlieren.
Zwischen den Zeilen jedoch wird deutlich, dass Frau Nußbergers Hinweis auf die „große Koalition“ nicht weit hergeholt sein kann, denn die SPD Frechen schießt scharf gegen die Grünen, insbesondere dann, wenn diese sich Themen annehmen, die doch, so die Wahrnehmung der SPD, ihre Themen sind:
Zu häufig erleben wir, dass einzelne Fraktionen aus Vereinbarungen ausbrechen und mit Anträgen auftreten, die einem kurzfristigen populistischen Impuls Rechnung tragen. (…) das führt zu nichts, so können wir nicht arbeiten! Einige Beispiele. Da wären die fast wöchentlichen Anträge der Grünen im Schulbereich,
Für den Busverkehr zur Grube Carl gilt für die SPD-Fraktion die Beschlusslage des Verkehrsausschusses, an die wir uns halten werden. Auch hier hat eine Fraktion mal wieder versucht, populistisch auszuscheren.
so Herr Eilenberger.

Die Grünen machen der Frechener SPD die Meinungsführerschaft im Bereich Schulpolitik streitig und im Stadtteil Grube Carl, in der sozialdemokratischen Wahrnehmung eine SPD-Erfindung, punkten die Grünen mit ihrem Thema, dem Ausbau des ÖPNV. Auch hier hat die SPD einfach zu wenig getan, hat zugeschaut, wie das ursprüngliche Konzept des „Stadtteils der kurzen Wege“ zerstört wurde, aber hat aus dieser Entwicklung keine Schlussfolgerungen gezogen. Mit dem Ergebnis, dass der Autoverkehr sich zum größten Ärgernis im Stadtteil auswächst. Mehr ÖPNV alleine löst die Probleme nicht – aber immerhin: da gibt es eine Fraktion im Stadtrat, die nicht nur darüber nachdenkt, wie die Leiche „Verlängerung des Freiheitsrings“ wiederzubeleben ist.

Eine Politik nahe an den Menschen, das war mal die Stärke der SPD. Inzwischen belegt sie ein solches Vorgehen mit dem Verdikt des „Populismus“.

Wer sich also fragt, wie der Niedergang der SPD in Frechen zu erklären ist, der sollte an solchen Punkten ansetzen: wer ein „sich kümmern“ als Populismus diffamiert, muss sich nicht wundern, wenn die Menschen sich von solchen Parteien abwenden.




Mittwoch, 11. Januar 2012
Thema: Opposition

Auch hier in Frechen läßt sich beobachten, dass die Bindekraft der großen Volksparteien nachläßt. Noch vor 18 Jahren (1994) traten bei den Kommunalwahlen nur die vier etablierten Parteien an. Schon dieses Faktum ist nicht selbsterklärend, denn an vielen Orten in NRW gab es zu diesem Zeitpunkt bereits freie Wählerinitiativen. Das Frechener Parteiensystem reagierte also in den vergangenen 20 Jahren deutlich behäbiger als an anderen Orten. Das ist sicherlich ein Ausfluss des NRW-Kommunalwahlsystems, bei dem eine einzige Stimme vergeben werden kann (für den Kandidaten im Wahlkreis), man also mit dem Kandidaten zugleich eine Partei wählt. Ganz anders bspw. das Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg. Dort hat der Wähler mehrere Stimmen (so viele Stimmen, wie Sitze im Parlament vergeben werden), die er auf verschiedene Personen und über verschiedene Listen hinweg verteilen kann. Dieses Wahlrecht stärkt einerseits den Persönlichkeitscharakter der Wahl und führt andererseits dazu, dass gesellschaftlicher Wandel ungefilterter und früher Eingang in die kommunalen Gremien findet. Diese Effekte werden durch das NRW-Kommunalwahlrecht gebremst. Der gesellschaftliche Wandel braucht länger, um die Kommunalparlamente zu erreichen.
Das politische Beharrungsvermögen spricht aber auch für eine viele Jahre vorhandene Zufriedenheit mit den beiden großen Parteien. Frechen, lange Zeit als schmutzigste Stadt im Kreis verschrieen, eine „proletarische“ Stadt, hatte den Strukturwandel, also den Verlust der Braunkohleindustrien, überraschend gut überstanden. Davon profitierten die beiden Volksparteien, denen man zugute halten konnte, den Umbau der Frechener lokale Wirtschaftsstruktur von der Braunkohlewirtschaft zu einem bunten Mix von Handel, Gewerbe und Dienstleistung unterstützt und gefördert zu haben.
Es spricht aber auch für eine gewisse Behäbigkeit, ein sich Dreinfinden der Frechener Bevölkerung in eine politische Situation, die seit Jahrzehnten von den beiden großen Parteien beherrscht wurde. Selbst das Aufkommen der Grünen änderte daran nur wenig – auch wenn die Grünen sicherlich erheblich dazu beigetragen haben, die sozialdemokratische Herrschaft in Frechen zu beenden. Trotzdem monopolisierten die beiden Großen die Frechener Politik und es gelang ihnen ein politisches Klima zu bewahren, in dem der Wunsch nach Veränderung sehr klein gehalten wurde.

„Heile Welt“

Noch 1994 musste man in Frechen den Eindruck haben, in einer heilen Welt der etablierten Parteien zu leben. CDU und SPD vereinten in diesem Jahr 90% der abgegebenen Stimmen auf sich. Dies wiederholte sich dann nochmals 1999. Die Frechener Welt kannte 2 Parteien und einen zu vernachlässigenden Rest, bestehend aus FDP und Grünen. Zusammen erhielten diese 4 Parteien knapp 100% der abgegebenen Stimmen. Andere Parteien? Fehlanzeige. Frechen, so schien es,war zufrieden mit diesen 4 Parteien. Andernorts hatte sich das linksalternative Lager schon kurz nach Wiedervereinigung und Jugoslawienkrieg auf kommunaler Ebene aufgesplittert, hatten sich kleine Interessengruppen zu Wählerbündnissen vereinigt (vorzugsweise in Universitätstädten fanden sich bspw. reine Frauenlisten, bunte Listen, Listen der Kulturschaffenden usw. usf. ) In Frechen gab es neben der FDP und den Grünen kaum Bewegung.

Hauseigentümer gegen Straßenbau – die Entstehung der „freien Wähler“

Die erste Neuerung stellte die „Perspektive für Frechen“ dar, die sich im Zuge der Auseinandersetzung um die Verlängerung des Freiheitsrings als bürgerliche Alternative und Interessenvertretung der Eigentümer entlang der geplanten Trasse etablierte. Einerseits besetzte die „Perspektive“ ein „grünes“ Thema – Verhinderung einer Straße, Schutz der Landschaft – andererseits sammelte sich in der „Perspektive“ ein Klientel, das der grünen Partei nicht wirklich grün war, das sich selber vermutlich eher dem konservativen Lager zurechnete. Da sich CDU/SPD/FDP jedoch unisono für die Verlängerung des Freiheitsringes aussprachen, fühlten sich diese Wähler und Wählerinnen bei den Parteien der Freiheitsringverlängerer nicht mehr heimisch.
Auch deshalb schrumpfte bei den Kommunalwahlen 2004 der Anteil der abgegebenen Stimmen für die beiden Volksparteien von 90 auf 83%, wobei die beiden Lager-Partner der Großen, im konservativ-bürgerlichen Lager die FDP und im linken Lager die Grüne, davon nur teilweise profitieren konnten. Der Anteil dieser beiden kleineren Parteien, die 1994 und 1999 zusammen rund 10% der abgegebenen Stimmen erreichen konnten, stieg um 3% auf 13%. Die neu angetretene „Perspektive“ erreichte immerhin 4%. Vier Jahre später war sie dem Landesverband der Freien und Unabhängigen Bürger- und Wählergemeinschaften Nordrhein Westfalen beigetreten und damit klar dem bürgerlichen Lager zuzuordnen. (Die 2015 bei den kommenden Landtagswahlen als „freie Wähler antreten wollen!)

Die Ausdifferenzierung im Zeichen der Umstrukturierungen des Sozialstaates und der Überalterung der Frechener Politik

Als echte Zäsur sind die Kommunalwahlen 2009 zu bezeichnen.
Noch nie dürfte den Wählern eine solch große Auswahl an Parteien zur Verfügung gestanden haben wie bei diesen Wahlen. Neben den vier Etablierten und der „Perspektive für Frechen“, erschienen die „Jungen Alternativen“, eine Wählerinitiative aus dem Umfeld der „Falken“. Die „Jungen Alternativen“ hatten, basierend auf ihre Erfahrungen mit der Jugendarbeit in Frechen, die Schlussfolgerung gezogen, dass die Frechener Politiker und Politikerinnen zu alt sind, der Alterschnitt im Stadtrat lag 2009 bei über 55 Jahren, und die Interessen der Frechener Jugendlichen vom Rat nicht beachtet werden.
Zudem empfanden sie politische Entscheidungen weder als transparent noch hatten sie den Eindruck, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertreten wurden.
Des weiteren präsentierte sich 2009 „Die Linke“, das Fusionsprodukt aus der Ost-PDS und der West-WASG. Hier sammelten sich die Kritiker der Schröder-SPD, die Kritiker von „Hartz IV“ und „Agenda 2010“. In NRW war es logischerweise keine echte Ost-West-Fusion sondern die Verbindung entäuschter Sozialdemokraten und Gewerkschafter mit den Resten der Altlinken, der früheren Stalinisten, Marxisten, Leninisten und wie diese Splitter sich selber so bezeichnet hatten.
Die beiden großen Parteien erreichten bei diesen Kommunalwahlen gerade noch 70% der abgegebenen Stimmen, verloren also gegenüber 2004 weitere 13% der Stimmen. Auch hiervon kamen nur Teile bei den beiden Lager-Partner, bei FDP und Grünen, an. FDP und Grüne erhöhten ihren gemeinsamen Anteil auf zusammen 20% (Grüne von 7,5 auf 11,2% und die FDP von 5,6 auf 8,6%). Die Kleinen verbesserten sich von 4 auf mittlerweile 10% der abgegebenen Stimmen (Perspektive 3%, Linke 4,1% und JA 2,7%).
Auch unter dem Blickwinkel der Lager: Schwarz-Gelb versus Rot-Grün, lässt sich die Aufsplitterung beobachten. Schwarz-Gelb erreichte 1999 und 2004 rund 56% der abgegebenen Stimmen, wurden aber 2009 auf 49,1% reduziert. Rot-Grün erreichten 1999 noch 42,8% und verharrten 2004 und 2009 bei rund 41% der Stimmen.

Noch 1999 sammelten die vier etablierten Parteien 100% aller abgegebenen Stimmen ein, die beiden Großen alleine 90%. 2009 erreichen die vier Etablierten noch 90% der Stimmen, CDU und SPD nur noch 70%. Innerhalb der beiden Lager haben die kleinen Partner deutlich an Gewicht gewonnen, während gleichzeitig die ausserhalb dieser Lager stehenden Wählerbündnisse allen vier etablierten Parteien Stimmen abgenommen haben.

Trends

Es bedarf keiner allzu großen visionären Kraft, um sich vorzustellen, dass bei den kommenden Kommunalwahlen ein weiterer Aderlass der großen Parteien zu erwarten ist. Folgende Entwicklungen sind aus heutiger Sicht zu erwarten:

1. Die „Perspektive für Frechen“ sucht sich zu konsolidieren. Dazu diente die Anbindung an die „Freien Wähler“ ebenso wie die kürzlich erfolgte Bildung einer gemeinsamen Fraktion mit dem Vertreter der „Jungen Alternativen“. Die Anbindung an die „freien Wähler“ korrespondiert mit einer thematischen Erweiterung, die die „Perspektive“ vom Odium des Einpunktebündnisses befreien soll.

2. Die auf dem Ticket „Die Linke“ gewählten Stadträte haben sich von dieser Partei gelöst, die Fraktion wurde in „Soziales Bündnis Frechen“ umbenannt. Es spricht vieles dafür, dass die Verbindung von Altlinken und den Agenda 2010-Kritikern, den Entäuschten aus Gewerkschaft und SPD, zerbrochen ist. Das „Soziale Bündnis Frechen“ repräsentiert in seinem Schwerpunkt die Kritiker der Schröder-SPD. Nachdem sich die SPD von der Schröder-Vergangenheit zu lösen sucht und selbst die "Rente mit 67" für die SPD nicht mehr sakrosankt ist, bleibt abzuwarten, inwieweit diese "sozialdemokratischen" Kritiker der Sozialdemokratie noch mit einem eigenständigen lokalen Wählerbündnis bei den nächsten Kommunalwahlen Erfolg haben werden, eingeklemmt zwischen einer teilentschlackten Sozialdemokratie und einer Richtung Fundamentalopposition tendierenden "Linken". Der vom "sozialen Bündnis" nun praktizierte Frechen-Patriotismus wird bereits von anderen politischen Gruppierungen genutzt. Er stellt kein Alleinstellungsmerkmal dar und es ist ungewiss, ob die nachlassende Bedeutung des Gründungsmythos mit Lokalpatriotismus ausgeglichen werden kann. Viel politischer Spielraum bleibt da nicht.

3. Inwiefern die „Jungen Alternativen“ als eigenständige Kraft erhalten bleiben, ist ebenfalls noch nicht abzusehen. Die Fraktionsverbindung „Perspektive/JA“ erhöht das Risiko, dass die „Jungen“ hinter den medial deutlich gewiefteren Vertretern der „Perspektive“ verschwinden, dass sie vereinnahmt werden. Denn, die „Perspektive“ wird in der Stadt als eigenständige politische Größe wahrgenommen, was den „Jungen“ bisher weder mit ihrem Stadtratsposten, noch als eigenständige politische Formation gelungen ist. Es ist dabei auffällig, dass innerhalb der gemeinsamen Fraktion die „Perspektive“ die Ratsausschüsse für sich monopolisiert hat, die den größten politischen Ertrag versprechen und die im bürgerlichen Politikverständnis den Arkanbereich darstellen: Hauptausschuss, Auschuss f. Stadtentwicklung und Bauleitplanung, Auschuss für Bau- und Vergabeangelegenheiten, Verkehr, Sicherheit und Ordnung, Umweltausschuss und Kulturausschuss.
Die „Jungen“ dürfen sich im Sportauschuss, im Jugendhilfeausschuss und im Schulausschuss tummeln. Ohne Zweifel handelt es sich hierbei um wichtige Themen, aber politisch wirkungsmächtig sind diese Themen nur in ganz seltenen Ausnahmen.
Wollen die „Jungen“ 2014 wieder antreten, so bedarf es vermutlich eines neuen Gründungselans und eines zündenden Themas. In der aktuellen Debatte ist nur das Gesamtschulthema erkennbar, mit dem die „Jungen“ sich aktiv einbringen können. Gesamtschule war Thema im Wahlprogramm der Formation und ist Thema im Schulausschuss. Zudem zeichnet sich derzeit ab, dass von den Etablierten sich einzig die Grünen für eine Gesamtschule stark machen wollen. Es handelt sich um ein Thema, das ins Profil der „Jungen Alternativen“ passen würde …

4. Die politischen Umstrukturierungen, die sich bisher abzeichnen, lassen vermuten, dass es zu einer weiteren Zersplitterung der Frechener Parteienlandschaft kommen wird.
Auf Seiten der Kleinen ist damit zu rechnen, dass „Perspektive“, Soziales Bündnis Frechen und „Die Linke“ bei den nächsten Kommunalwahlen wieder antreten wollen. Im Hintergrund drohen zusätzlich die in Frechen bisher lokal nicht in Erscheinung getretenen „Piraten“, die sowohl in den Landtag als auch in den Bundestag wollen. Laut ihren eigenen Aussagen streben die "Piraten" in NRW eine flächendeckende Präsenz an. Die Kommunalwahlen werden für die "Piraten" dabei sicherlich der Lackmustest für die eigenen Ambitionen.
Für die „Perspektive“ sind die Kommunalwahlen auch als Probelauf für die 2015 anstehenden Landtagswahlen zu werten – ein guter lokaler Auftritt hat Folgen für Landtagswahl – generell und bei der Platzierung lokaler Kandidaten auf der Wahlliste.

5. Es ist derzeit schwer vorstellbar, dass die FDP ihr Ergebnis von 2009 (8,6%) wiederholen kann.

6. Bei der SPD besteht die große Gefahr, dass sie als Opposition weiterhin so blass bleibt wie in der ersten Hälfte der Legislaturperiode. Dann ist mit weiteren Stimmverlusten an die kleinen linken Parteien (SBF und Die Linke) als auch an die Grünen zu rechnen. Zudem muss die SPD mit zunehmenden strukturellen Verlusten rechnen. Das Hauptwählerpotential der SPD ist zwischenzeitlich älter als 60. Die SPD hat lokal keinerlei Attraktivität für jüngere Wählerinnen und Wähler – es ist ja bezeichnend, dass die „Jungen Alternativen“ im Umfeld der „Falken“ entstanden sind. Der SPD sterben die alten und treuen Wählerinnen und Wähler weg. Sie kann in ihrer derzeitigen Verfassung keine jüngeren Wählerinnen und Wähler für sich gewinnen, denn sie wirkt verstaubt und langweilig. Die Marketingexperten sprechen dann gerne vom fehlenden Sexappeal. Von einer großen Programmpartei wie der SPD ("Mehr Demokratie wagen" war mal die Devise! Heute ein Widerspruch in sich: SPD und "etwas wagen") erwartet man in dieser politischen Situation eigene Ideen und Vorstellungen, ja vielleicht sogar Visionen. Speziell von der SPD wird eine moderne Idee von der gerechten Gesellschaft und ihre Übersetzung auf die lokale Handlungsebene erwartet. Die SPD hat bis heute aber keine klare Idee von einer „gerechten Gesellschaft“ und damit logischerweise keine lokale Vision. Die zentrale Frage für große Parteien lautet aber: Wozu wird dies Partei auf lokaler Ebene benötigt? Was bietet eine große Partei, was Wählerbündnisse nicht auch können?
Die SPD kann darauf derzeit keine Antwort geben. Wahrscheinlich einer der Gründe, warum sie sich nicht klar gegen die regierende Mehrheit abgrenzt, warum sie lieber Ringelpitz mit Anfassen spielt. Kommt sie aber den Erwartungen an eine Opposition nicht nach, dann ist mit deutlichen Stimmverlusten an Parteien zu rechnen, die „Opposition“ besser können.

7. Die Grünen wiederum mögen zwar Stimmen aus dem Wählerreservoir von SPD, FDP und CDU gewinnen, je bürgerlicher sie werden, sie müssen aber mit zunehmenden Verlusten bei den Jungwählern und beim eigenen linken Flügel rechnen. Die Alternativen stehen schon in den Startlöchern. Seien es die „Piraten“, seien es die regenerierten „Jungen Alternativen“.

8. Die „Perspektive“ zielt mit ihrem Themenspektrum eher ins Wählerpotential von CDU und FDP, wertkonservativ und bewahrend, bei sparsamer Haushaltsführung und „Frechen-Fokus“. Ob dies ausreicht, um neben der CDU längerfristig zu bestehen, wird sich weisen müssen. Das Ursprungsthema: die „Verlängerung des Freiheitsrings“, hat sich überlebt und das Marketingmodell Verwaltungspartei ist bereits durch die CDU belegt. Die Monstranz des ausgeglichenen Haushalts und der sparsamen Mittelverwendung eignet sich kaum als Differenzierungsmerkmal von der regierenden CDU. Die CDU hat seit 1999 rund 12% verloren, die FDP im gleichen Zeitraum nur gut 5% zugelegt. Die „Perspektive“ konnte von dieser Entwicklung jedoch nicht profitieren. Zwar ist die „Perspektive“ als eigenständige Kraft in der Stadt bekannt, doch scheint es (noch?) zu wenige Gründe zu geben, sie zu wählen. Es bleibt abzuwarten, ob durch die thematischen Erweiterungen der vergangenen Jahre sich dies grundsätzlich verändert hat.

Familienpolitik als neuer Leibegriff

Ein Punkt jedoch bleibt noch unbeantwortet und dieser Punkt könnte sich zum entscheidenden Punkt der kommenden Wahlen auswachsen. Frechen gewinnt durch seine Neubaugebiete derzeit immer noch Einwohner und auch Wähler hinzu. Meist Familien mit Kindern. Nachdem man sich in Frechen gerne auf die Familienfreundlichkeit beruft, sie aber nicht wirklich lebt, hat sich in diesem Klientel einiges an Unmut aufgestaut. Da fehlen ausreichende Betreuungsplätze im OGS, da gibt es den Elternwunsch für eine Gesamtschule, da fehlen Mensen in den Schulen, fehlen Gebäude für den Ganztagsunterricht, da gibt es marode Schulgebäude, deren Sanierung man jahrzehntelang verschleppt hat, da fehlen ausreichend Radwege für den sicheren Schulweg, da könnte der öffentlichen Nahverkehr verbessert werden, da gibt es das Versagen der Stadtverwaltung, sich rechtzeitig um die Sicherheit auf den Spielplätzen gekümmert zu haben und was der großen und kleinen Probleme mehr sind, vor die sich Familien in Frechen gestellt sehen. Oft genug handelt es sich dabei um Probleme, die der Stadt, der Politik schon länger bekannt sind, die aber ein um’s andere Mal auf die lange Bank geschoben wurden, da es immer wichtigere Themen gegeben habe.

Wen sollen Eltern wählen? Die Parteien, die für die Stadtgeschicke seit Jahrzehnten verantwortlich sind, die die Pfründe verteilt haben, die sich nicht mehr weh tun wollen, einer SPD, die bis 1999 verantwortlich war, oder einer CDU, die die Verantwortung seit 1999 hat? Die abwechselnd oder auch gemeinsam die Schulgebäude dem Verfall anheim gegeben haben?
Einer FDP, die schockgefroren erscheint, einem „soziales Bündnis“, einer „Perspektive“, der „Linken“?

Gibt es irgendwo klar erkennbar familienfreundliche Positionen im Bereich Schule und Bildung, Verkehrssicherheit und Mobilität?
Nur ein Beispiel: Mobilität wird hier in Frechen aus der Perspektive von Autofahrern gedacht und gemacht - Fußgänger und Fahrradfahrer, also die normalen Fortbewegungsmittel der Kinder, erscheinen als Ergänzungen zum Autoverkehr und damit von nachgeordneter Bedeutung. Man stelle sich vor, der innerstädtische Verkehr würde von Fußgängern und Fahrradfahrern aus gedacht und geplant und das Auto habe sich dem unterzuordnen - nicht vorstellbar?

So manche Partei, die sich, sei’s wegen des christlichen Menschenbilds, sei’s wegen der sozialpolitischen Erfahrung, dieser Elternstimmen sicher wähnte, wird noch ihr blaues Wunder erleben.

Ach ja, hier öffnet sich natürlich noch ein weiteres, ja, ein sehr weites Feld, das zum Spekuklieren einlädt:
wenn der geplante Neubau einer einzigen Straße ausreichte, um als „Perspektive für Frechen“ beim ersten Antreten 4% der abgegebenen Stimmen zu erhalten, wenn die Jungend es aus dem Stand auf 2,7% bringt, womit kann dann wohl eine Wählerinitiative rechnen, die verspricht, sich zentral um Schule, Bildung, Betreuung und die weiteren Belange von Familien zu kümmern? Eine spannende und wie gesagt, eine noch unbeantwortete Frage. Wem alles werden dann Stimmen und Sitze im Stadtrat fehlen?





Dienstag, 2. August 2011
Thema: Opposition
Die TAZ veröffentlicht heute (02.08.2011) den Text des italienischen Historikers Piero Bevilacqua, der ausgehend vom Ende der großen metaphysischen Erzählungen der Neuzeit (Aufklärung, Idealismus, Marxismus) konstatiert, dass in den großen Umbrüchen des 20 Jahrhunderts auch die Erzählung des Fortschritts zu Schaden gekommen ist. In Form der Form des Begriffs Entwicklung lebt sie aber fort und ist in dieser Form Grundlage jeder modernen Politik. Die Parteien der Linken haben den Entwicklungsbegriff verinnerlicht und um die soziale Komponente erweitert.
Bevilacqua beschreibt das Aufkommen des Neoliberalismus vor 30 Jahren als „breit gefächerte kapitalistische Gegenoffensive“ in der der Fortschritt als die Freiheit des Individuums vor jeder Bevormundung erscheint und der freie Markt als einzige Regelungsinstanz übrig bleibt.
Dieser „Heiligenlegende“ konnten sich auch die Linken nicht entziehen.
„Auch die traditionellen Parteien der Linken konnten sich ihr nicht entziehen. Liberalisierung, Privatisierung, Wettbewerb, Flexibilität befielen die gute, alte Sozialdemokratie wie Parasiten und saugten sie aus.“

Im Begriff des „neuen Fortschritts“ der deutschen Sozialdemokratie des Jahre 2011 finden sich von all diesen Erzählungen etwas wieder. Noch scheint die SPD sich davon nicht trennen zu wollen, obwohl auch ein um Lebensqualität angereicherter Fortschrittsbegriff die Befindlichkeit vieler Menschen nicht mehr trifft.

Ausgehend vom Begriff der Enteignung stellt sich doch die Frage, ob der ganze herkömmliche Fortschritt aus Sicht des Einzelnen zwischenzeitlich nicht als zweischneidig erwiesen hat. Einerseits sorgten Fortschritt und Entwicklung für einen Zugewinn an Lebensqualität und an existentieller Sicherheit, andererseits erweist sich der neoliberale Fortschritt als Mittel zur Enteignung. Man spricht von der Privatisierungen, von Entlastungen, man redet von der Kapitaldeckung irgendwelcher sozialer Systeme, die andernfalls nicht überlebensfähig seien und im Endeffekt, was steht am Ende des Prozesses: einige Gewinner und viele Verlierer, für die Privatisierungen und Entlastungen zu einer Zunahme der Lebensrisiken führt, die nicht mehr durch die Gesellschaft aufgefangen werden.
Auf kommunaler Ebene handelt dies Geschichte beispielsweise von der Privatisierung der Müllabfuhr oder dem Verkauf der städtischen Stromversorgung an einen der Big Player. So verschieden die Kommunen, so verschieden die jeweils gewählten Wege. Schlussendlich aber hat dieser dem Neoliberalismus geschuldete Privatisierungswahn fast nie zum gewünschten Ergebnis geführt, es verbesserten sich weder Qualität noch Preis.

Zwischenzeitlich hat der Wind gedreht, in Form einer Graswurzelrevolution hat sich die Idee des Gemeineigentums in den Köpfen der Menschen eingenistet. Mal fordern Bürger einer Gemeinde die Übernahme des Stromnetzes, mal wird die Privatisierung der Müllabfuhr rückgängig gemacht. Die Produktion von Strom im Stadtteil oder der Gemeinde, die Wiederbegründung technischer Werke, mal geht es darum, eine Wiese vor der Bebauung zu retten, mal darum den städtischen Wohnungsbestand nicht an einen privaten Investor zu veräußern – es wirkt nicht wie eine große kollektive Empörung und doch beobachten wir hierin eine Wiederbelebung der Idee des Gemeineigentums.


Und das Gemeineigentum ist ein ausbaufähiges Konzept, denn im Grunde handelt es sich um die Wiederaneignung von Gemeingütern, die der Neoliberalismus der privaten Vernutzung anheim gestellt hat.

Wie schreibt Piero Bevilacqua:
„Im Grunde ist die Wiederaneignung der Gemeingüter einfach Ausdruck der Sehnsucht der Individuen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt wiederzufinden, der sie aus ihrer Isolation erlöst - ohne ihnen dabei ihre Freiheit zu nehmen. Es ist die politische Erzählung, die den Menschen vor der Angst der Moderne beschützen und ihnen eine Geschichte aufzeigen kann, die Sinn hat und die das Unbehagen an der Gegenwart kritisch beleuchtet. Sie bringt unterschiedliche Interessen zusammen und ermöglicht die Partizipation aller sozialer Schichten - eine Perspektive, die in den letzten Jahren bei allen völlig aus dem Blickfeld geraten ist.
Zuletzt: Diese neue Erzählung stellt sich in offenen Gegensatz zum Grundwiderspruch des Kapitalismus. Der gemeinschaftlich produzierte Reichtum fließt immer in die engen Bahnen der privaten Aneignung. Heute geht es dabei aber nicht mehr nur mehr um die Anhäufung bestimmter Güter; heute geht es um die ganze Erde, das gemeinsame Haus der Menschen, das von der Zerstörung durch den Plünderungszug der Privatinteressen bedroht ist. Und deswegen müssten potenziell alle die Erzählung von den Gemeingütern als die ihre verstehen und annehmen können, jenseits politischer, sozialer, kultureller und religiöser Grenzen.“

http://www.taz.de/Debatte-Neoliberalismus/!75505/




Mittwoch, 16. März 2011
Thema: Opposition
Ein sportlicher Rückblick: "Wo ist Behle?" fragte Bruno Moravetz am 17. Februar 1980 während der Übertragung des 15km-Skilanglaufs bei den Olympischen Spielen in Lake Placid.
Sie fragen, was hat dies mit Frechen zu tun?
Ganz einfach: So wie Moravetz Behle suchte, so sucht der Frechener Bürger oft vergeblich den Vertreter der JA im Frechener Stadtrat und in den Ausschüssen.
Vollmundig war der Start der JA im Kommunalwahlkampf 2009. Zitat aus dem Kölner Stadt Anzeiger Link zum KStA :
"`Demokratie braucht Jugend, und Jugend braucht Demokratie. Das fehlt im Frechener Rat komplett`, kritisiert Brauer. Besonders im Jugendhilfeausschuss herrsche seit langem `Friedhofsruhe`. `Die offene Debatte ist völlig verflacht.` Dass der Jugendförderplan nicht diskutiert worden sei, bestätige die Kritik der `Jungen Alternativen`: `Lobbyisten haben Frechen fest im Griff. Kleine freie Trägergruppen sind chancenlos."
Das Wahlprogramm der JA aus 2009 verspricht: "Wir wollen den Stil der Kommunalpolitik verändern." Link zum JA-Wahlprogramm
Doch wie soll dies geschehen, wenn der Stadtverordnete der JA eher selten an Sitzungen teilnimmt. Die Frechener Lokalpolitik braucht die Opposition - junge und schwungvolle Opposition!!!! Bei der letzten Sitzung des Rates fehlte der Vertreter der JA - und das, obwohl der Haushalt 2011 verabschiedet wurde! Herr Brauer, werden Sie aktiv und sorgen Sie dafür, dass endlich Schwung in die Frechener Politik kommt.